Freitag, 27. September 2019

Die Quelle des Lebens


Viele Religionen sprechen vom Ewigen  Leben. Es wird als Preis für ein gottesfürchtiges, den religiösen Gesetzen folgendes Leben in Aussicht gestellt. Dabei folgt das ewige Leben ganz anderen Gesetzen.

Alles was lebt, ja sogar alles was ist, hat das ewige Leben in sich.  Nur ist das ewige Leben nicht der Welt unserer Gedanken zugänglich. Wenn wir vom ewigen Leben sprechen müssen wir alle Bilder vom Paradies, Engeln  und anderen religiösen Vorstellungen vergessen.

Jeder Gedanke ist Energie, jede Vorstellung vom Leben nach dem Tod ist eine energetische Form. Sie kann nicht  die Essenz des Lebens fassen. Wenn ich dennoch darüber nachdenke und schreibe, dann nur um  an die Grenzen meines Denkens zu gelangen.

Jede physische Form entsteht aus der Nichtform und kehrt in die Nichtform zurück. Mit unserem Denken können wir die Nichtform nicht fassen. Sie ist nicht denkbar und wir können ihr auch keine geheimnisvolle Kraft geben aus der alles entsteht.  Und dennoch bestehen wir im Wesentlichen aus  der Nichtmaterie und unsere materielle Form kehrt in diese Nichtmaterie zurück, wenn unsere physische Form sich auflöst.  Jede Nacht  im Schlaf ziehen wir uns in diese Nichtmaterie zurück, es ist dort wo wir unsere Lebensenergie auftanken, die uns durch den Tag bringt.

Wenn ich mich bewusst in mein nichtphysisches Sein zurückziehen möchte, habe ich verschiedene Wege. Ich muss mich ganz in mein Jetzt hineinbegeben, darf keine Gedanken mehr zulassen, muss Stille in mir eintreten lassen. Es ist der Zustand, den wir mit Meditation erreichen können.

Ich kann auch in meinen inneren Körper eintreten, kann mir bewusst werden, dass mein Körper nicht nur eine biologische Existenz hat, sondern dass jede einzelne Zelle aus Atomen und Molekülen besteht, also aus reiner Energie. Und  jeder Physiker wird bestätigen, dass in diesen Energiekörpern so grosse Räume vorhanden sind, wie wir sie im Kosmos zwischen Sternen wahrnehmen.  Wir nehmen zur Kenntnis, dass wir im Wesentlichen aus leerem Raum bestehen. Wir sind an unserer Nichtform angelangt. Aus dieser Nichtform entstehen wir und in diese Nichtform kehren wir zurück. In religiösen Metaphern: Der Himmel ist mitten in uns.

Die leeren Räume beherrschen nicht nur das Universum, sondern jede Form von Materie, jede Form von Energie. Wenn Wissenschaftler in diesen leeren Raum als Herkunft und Rückzugsort schwarze Löcher als Herkunft und Rückzugsort aller Materie hineindeuten wollen, dann sind sie sich nicht bewusst, dass alle was ist, bedingt wird, durch alles was nicht ist. Alle Energie die sich auflöst kehrt in ihren eigenen  nichtenergetischen Raum zurück, alle Lebewesen die sich auflösen gehen nirgendwo hin, sie kehren nur in ihren eigenen  inneren Raum zurück,  sie sind schon da, wo sie immer waren.

So wie meine Worte aus der Stille entstehen, und in die Stille zurückkehren, so entsteht Energie aus der Stille und kehrt in die Nichtenergie , in die Stille zurück.  So wie ich aus meinem leeren Raum entstehe, kehre ich in diesen leeren Raum zurück. Dieser leere Raum ist Anfang und Ende von allem was ist, aber selbst ist er keinem Anfang und Ende unterworfen.  Nichts, Raum und Stille sind die eigentlche Essenz unseres Seins, aus ihnen fliesst das Leben und kehrt das Leben zurück.

Wenn ich Stille in mir eintreten lasse, öffnen sich die Räume des Lebens vor mir, ich bin an der Quelle angelangt.

Mittwoch, 25. September 2019

Die Zeiten des Lebens


Mit 60 ist es Zeit innezuhalten und einmal zurückzublicken auf die vergangenen Jahre. Was haben wir in den vergangenen Jahren erlebt, was ist in der Erinnerung gespeichert?  Unsere Erinnerung ist keine kontinuierliche Geschichte sondern eine Aneinanderreihung von Lebensmomenten. Einen Teil unserer Lebensmomente haben wir sicher in die Truhe des Vergessens geschoben, aber alle wichtigen Momente, sowohl positive als auch negative können wir aus unserem Gedächtnis abrufen.
Wenn wir uns diese Momente anschauen, dann erinnern wir uns and den Frühling unseres Lebens,  die Jugendjahre, wo wir noch behütet bei unseren Eltern lebten. Wenn wir für diese Zeit  im Wesentlichen nur positive Erinnerungen haben, dürften die Eltern alles mit uns Kindern richtig gemacht haben. Aber schon früh setzte der Lerndruck ein, jedes Jahr musste das Klassenziel erreicht werden, dann die Uni und immer wieder Stand ein Examen vor uns, eine scheinbar unüberwindliche Barriere – und immer wieder haben wir es geschafft.  Ich frage mich oft, ob wir die Anforderungen, die an uns gestellt wurden für uns erfüllt haben oder weil man dies von uns erwartet hat. Wahrscheinlich ist es beides, die Eltern und Schule haben uns motiviert und wir wussten, dass wir unsere Lebensziele nur  erreichen, wenn wir zumindest das beherrschen was unsere Umwelt von uns verlangte, aber wichtiger noch die Bereiche, wo unsere Neigungen und Veranlagungen lagen,  mit besonderer Aufmerksamkeit behandelten.  Und so haben unsere Umwelt und wir selber uns zu dem Menschen geformt den wir heute darstellen.
Den Sommer unseres Lebens hatten wir dann mit 30 erreicht. Unsere Lehr- und Wanderjahre waren abgeschlossen. Wenn wir uns bisher mit uns selbst beschäftigt hatten, richtete sich der Blick nach aussen, auf die Aufgaben, die uns das Leben stellte, auf unsere Position in der Welt, auf unser berufliches Fortkommen. Die Jahre von 30  bis 60  sind die Jahre, die im Gedächtnis unserer Umwelt prägend für das sind, was mit unserer Person verbunden wird. Es sind die Jahre in denen wir Spuren in der Welt hinterlassen haben.
Mit 60 treten wir nun in den Herbst  unseres Lebens ein.  Wir  können   nun auf  einen grossen Teil unseres Lebens zurückblicken.  Es ist alles so unglaublich schnell gegangen. Haben wir alles erreicht, was wir uns vorgenommen haben?  Unser Leben ist keineswegs  zu Ende, aber wir fragen uns, was war das Wichtige  was wir gemacht haben – und waren alle unsere Entscheidungen richtig, die wir getroffen haben, wie haben sie den Lauf unseres Schicksal bestimmt?   Von einem bin ich überzeugt, alle Entscheidungen die ich mit dem Herzen getroffen habe, waren gute Entscheidungen und ich kann mich mit ihnen  identifizieren. Entscheidungen, die nur mit dem Verstand getroffen wurden  sind oft nicht befriedigend verlaufen.  Mit 60 sind wir  älter und weiser, wir wissen was im Leben wirklich wichtig ist.  Es ist Erntezeit. Wir fahren das in die Scheuer, was wir in unserem Leben angebaut haben. Wichtig sind uns nicht die Güter, die wir geschaffen haben, wichtig sind die Menschen, mit denen wir zu tun hatten, wichtig ist die Welt, in der wir leben und die wir für die Nachfolgenden zurücklassen, wichtig sind unsere Gefühle und vor allem die Liebe, mit der wir unsere Handlungen begleitet haben,  und vor allem die Liebe zu diesem jetzigen Moment in dem wir auf unser Leben zurückblicken und sagen können – es war alles gut und richtig was ich gemacht habe oder ich habe alles so gemacht wie ich es konnte und ich vergebe mir selbst, wenn ich es nicht richtig gemacht habe.