Sonntag, 26. Juni 2022

Das Ende eines Traumes

Die Menschheit teilt mit den Tieren und Pflanzen, aber auch mit der starren Materie,  eine begrenzte Lebenszeit. Aber nur der Mensch glaubt an den Tod.  In der organischen und anorganischen Welt, ist der Glaube an die Endlichkeit der Existenz unbekannt. Wenn der Löwe eine Antilope schlägt, ein Vogel ein Insekt frisst, endet eine Existenz, es ist der natürliche Ablauf des Lebens, es ist weder gut noch schlecht.  Wenn sich der Mensch um seinen Tod Gedanken macht, dann ist es der Verstand, aus dem diese Gedanken fliessen. Der Verstand glaubt an das Ende seiner physischen Existenz, weil er über diese Existenz hinaus nicht zu denken vermag. Der Verstand kann wohl verstehen, dass es eine übergeordnete Intelligenz gibt, die eine physische Existenz ermöglicht, weil er ein kleiner Teil dieser höheren Intelligenz ist. Aber mit dem Ende seiner physischen Existenz endet seine Tätigkeit. Daher fürchtet der Verstand sein Ende.  Der überwiegende Teil der Menschheit glaubt an den Verstand und fürchtet daher den Tod. – Dabei ist die Tätigkeit des Verstandes trügerisch:  Sinne und Verstand täuschen eine Welt vor, die es so gar nicht gibt. Wo der Mensch feste Körper sieht,  Natur, Meere, Sterne,  befinden sich in der realen Wirklichkeit Energieansammlungen,  wo es feste Materie zu geben scheint, ist auch Leere und Raum, nichts ist so, wie es scheint. In den weisen Büchern Indiens wurde das früh erkannt. Das Leben des Menschen wurde als ein Traum gesehen, der Mensch wandelt träumend durch eine Welt, die es so nicht gibt. Der Tod beendet diesen Traum und es bleibt nur das, was diesen Traum verursacht hat. – Auch da ist die überwiegende Menschheit sich einig, in ihren weisen Büchern, in ihren Religionen, in ihren Philosophien,  es gibt einen Teil  der von den trügerischen Sinnen nicht erkannt werden kann, eine höhere Intelligenz, die allem innewohnt, die alle materiellen Prozesse steuert und die immer noch da ist, wenn die Materie scheinbar zerfällt. Wenn wir unseren Traum vom Leben ausgeträumt haben und die Bühne der Welt verlassen, dann ist da immer noch dieser Teil von uns, der zurückkehrt dorthin, woher er gekommen ist.  -  Fast alle Religionen haben hierzu Gedanken und Bilder entwickelt, fast alle mit Bildern die mit der Sicht der Welt zu tun haben. – Das Christentum hat die Person des Christus geschaffen, den Archetyp des Menschen, der durch die Leiden dieser Welt geht, am Ende gekreuzigt und begraben.  Und dann tritt die Trennung von Körper und  Seele ein, - die Seele trennt sich vom Körper und kehrt zurück ins Vaterhaus und das Bild endet mit dem Vater und der zurückgekehrten Seele, die zu seiner Rechten sitzt.  Dieses Bild lässt offen, ob sich die Seele wieder mit dem Vater vereint, oder in diesem Prozess der ewigen Wandlung neue Aufgaben übernimmt.  Wir wissen nicht, ob diese Bilder frommen Wünschen entsprechen, oder ob die Menschen, die aus ihrem Traum erwachen diese Erkenntnis hatten und uns diese mitteilten.  Eins aber wissen wir, das was uns wirklich ausmacht ist jenseits aller materiellen Regeln, aber es bestimmt diese Regeln, es ist der wichtigste Teil in uns, nicht Geburt und Tod unterworfen. Das was Jesus uns vor 2000 Jahren gelehrt hat, gilt noch immer, jeder von uns ist Christus,  ganz aus Göttlichem geboren und ganz Mensch,  ein Kind der Zeitlichkeit und der Ewigkeit in Einem.

Sonntag, 19. Juni 2022

Das Paradies auf Erden

In den alten Religionen wurde das Paradies auf das Leben nach dem Leben verschoben. Das Trübsal der Welt sollte erträglicher werden, durch das Versprechen einer himmlischen Belohnung. Wie immer wurde das Menschengemachte  vollständig von dem tiefen Wissen der Religionsgründer entfremdet.  Der Himmel ist mitten unter uns, hat  Jesus gewusst, oder im Buddhismus: Wenn nicht Jetzt – Wann?  -   Schon in den alten Religionen war das Paradies bereits in der Gegenwart, nicht in der Zukunft,  -  immer dann, wenn sich der Mensch des Himmels  in sich bewusst  war. -  So wie es den  alten Religionen nicht gelang, den Himmel in die Gegenwart zu legen, und Millionen von Menschen in Religionskriegen ihr Leben lassen mussten. - So  gelang es auch nicht der modernen Utopie des Kommunismus, das Paradies auf Erden zu  schaffen. 50 Millionen Menschen mussten ihr Leben verlieren, als  der Kommunismus in Russland regierte, weitere 50 Millionen in China,  in Kambodscha.  Moderne Utopien haben mehr Opfer gefordert, als Pest und Cholera.  -  Wenn  wir heute in der westlichen Welt versuchen in der Demokratie Wege des Kompromisses zu finden,  gezeichnet durch die leidvollen  Erfahrungen der Vergangenheit,  dann nicht im Bestreben den Himmel auf Erden zu bringen,  sondern  den Menschen zu ermöglichen, in Frieden zu leben. Das ist dann noch nicht das Paradies -  aber wir können uns dann wieder an die alten Lehren erinnern,  und in der Freude am Sein wieder zu uns selbst finden. -  Freud und Jung haben ein tiefes Unbehagen in der Gesellschaft festgestellt. Es ist die kollektive Unbewusstheit der Gesellschaft, der Verlust der Mitte, der dies Unbehagen verursacht. Der Staat oder die Gesellschaft mit ihren Institutionen können uns  nicht helfen unsere Mitte wiederzufinden. Es sind die Familien die gefordert sind, es ist der Einzelne, der das Unbehagen spürt und sich auf die Suche begibt, nur der Suchende wird finden.- Für mich waren meine grossen Lehrmeister die Kinder, wenn ich sie beim Spielen beobachtete, wie sie ganz in das Spiel versunken waren, ganz in ein Bild das sie malten, ganz in ihre Bausteine, mit denen sie ihre Welt schufen. Es ist das Eins werden mit der Gegenwart,  mit dem was sie tun, was sie glücklich macht.  Da gibt es keinen Gedanken, das ist doch sinnlos, was bringt das? Keine Gedanken, die uns von dem trennen, was wir gerade tun. -  Und das müssen wir wieder von den Kindern lernen, ganz in der Gegenwart zu leben, ganz bei uns selbst -  uns daran erinnern, dass wir selber Kinder waren und  das Wissen in uns haben, wie es ist, wenn wir eins mit uns selbst sind. Für Kinder gibt es kein Gestern und kein Morgen, es gibt nur die Gegenwart.  Es ist die Gegenwart, in der wir unsere Mitte und unseren Himmel finden.

Samstag, 18. Juni 2022

Neugier

Gier gehört zu den Todsünden.  Kann aber Gier auf Neues,  auf Entdeckung, auf Erfahrung der Welt, auf Wissen etwas Schlechtes sein? Wie immer hat das Wort sowohl eine positive als auch eine negative Färbung.  Wenn die Gier sich auf  Anhäufung von Materie, Geld, Macht und Ansehen bezieht,  dann ist das Wort Todsünde angebracht, nicht aber wenn sich die Gier auf Neues bezieht, auf das Leben, auf die täglichen Ereignisse, auf die Abenteuer die wir täglich erleben.  Neugier wird oft als Mutter des Wissens bezeichnet.  Der Forscher, der immer tiefer in die Geheimnisse der Natur eindringt, der Reisende, der die Welt durchstreift, immer auf der Suche nach Neuem. Vor allem aber die Kinder, die sich mit offenen Augen der Welt stellen,  die alles  wissen und erforschen wollen, jeden Tag auf das Neue.  Die Kinder sollten unser Vorbild sein, wenn wir täglich die Bühne der Welt betreten, immer offen für Neues.  -Heute Morgen hat sich eine gelbe Blüte an einem Hibiskus geöffnet.  Welche Farbe, welche Pracht, welches Wunder.  Neugier führt uns in eine Welt voller Wunder -  in die Natur, in unsere Familien, vielleicht sogar in uns Selbst.  Jeder Tag, den ich mit Neugier beginne ist ein Tag, den ich nicht vergessen werde.

Sonntag, 12. Juni 2022

Vergessen und Erinnern

Eine typische Erscheinung des Alterns ist das Nachlassen des Erinnerungsvermögens. An Gesichter und Namen konnte ich mich ein Leben lang schlecht erinnern. Ich habe aber viel für die Verbesserung meiner Erinnerung tun können,  indem ich mich jeweils auf das konzentriert habe, was ich gerade tat. So passiert es mir selten, dass ich auf der Suche nach Schlüsseln, Brille oder anderen Gegenständen bin, fast immer bin ich in der Lage zu rekonstruieren, was ich vor kurzem getan habe.  Ein guter Helfer ist immer mein Verstand gewesen, auf den ich mich ein Leben lang verlassen konnte. Und doch hat mein Verstand mich auch oft getäuscht, zu oft hat er mir vorgespielt, er sei es, der mein Leben bestimme, ich könnte durch ihn die Welt erklären, mich selbst, mein Leben und mein Schicksal. - Der Verlust des Verstandes durch Unfall oder Krankheit scheint uns  das schlimmste Unglück zu sein. Und doch macht gerade der Verlust des Verstandes deutlich, dass unser Leben nicht den Verstand voraussetzt, wir leben noch, auch wenn wir unseren Verstand verloren haben.   -  Der Verstand ist ein grosser Helfer für ein sinnerfülltes Leben, aber er verstellt uns auch gleichzeitig  eine  vollständige Sicht auf unser Leben, - wie ein Schleier legt er sich über unser Wahrnehmung und lässt uns nur Teile des Ganzen sehen, nur kleine Ausschnitte der Wirklichkeit. - Als Kind hatte mich ein Buch beeindruckt,  Dr. Dolittles wunderbare Reise in einen Wassertropfen, eine Reise in eine unbekannte Welt des Lebens in einer Miniwelt eines Tropfens, die für unser Auge unsichtbar ist.  Mir  wurde zum ersten Mal klar, dass wir nur kleine Teile der Welt sehen, und das die Perspektiven, die uns unsere Sinneswahrnehmung bietet nur Teile eines Ganzen sein können. Eine frühe Erkenntnis. – Und doch vergesse ich immer wieder, dass die Welt, die ich wahrnehme, eine Sinnestäuschung ist.  Das Sinnesorgan Verstand ist  so beschaffen, dass es mich immer wieder vergessen lässt, dass es eine Illusion ist, die mir entgegenschaut und es einer Erinnerung bedarf, die weit mächtiger als der Denker in meinem Kopf ist, die mich daran erinnert, dass ich weit mehr bin, als mir mein Denker erlaubt zu sein. -   So bewege ich mich durch den Tag,  zwischen Vergessen und Erinnerung,   mein Verstand, der mir dauernd zuruft,  das was er mir zeige, sei die einzige Wahrheit,  und die Erinnerung  in mir,  meinen Verstand nicht überzubewerten, er zeige mir nur kleine Teile meines Seins.  Eine Wanderung  durch das Leben,  zwischen Vergessen wer ich bin,  und Erinnerung, wer ich auch bin, zwischen dem Traum  der Sinne und  der  Erinnerung  an die grössere Wirklichkeit. Und wieder ist es heute,  und wieder muss ich mich erinnern, dass mein Geburtstag noch immer heute ist, denn Zeit ist nur in unserem Kopf vorhanden. Wenn ich die Zeit aus meinem Denken verbanne, dann bin ich immer noch am 1. Tag meines Lebens, ich bin immer noch der, der ich immer war und der ich immer bleiben werde, und ich werde mir Mühe geben, jenseits von Zeit zu bleiben, auf der Seite des Lebens, das keinen Tod kennt.

Samstag, 4. Juni 2022

SI VIS PACEM - PARA BELLUM

Jeden Tag sehen wir erschreckende Bilder über den Krieg in der Ukraine. Mich erschreckt aber auch noch  ein anderer Umstand, die Desinformation, die es dem Angreifer erst ermöglicht diesen Krieg zu führen. Eine kleine Gruppe von Verbrechern, fast alle dem KGB und der früheren russischen Machtelite angehörend, hat jede freiheitliche Informationsquellen im eigenen Land beseitigt, jeden Andersdenkenden in Lager geschickt, jede Meinungsfreiheit unterdrückt. Der Krieg wurde nicht erst jetzt begonnen, er wurde  schon seit Jahren gegen das eigene Volk geführt, ein Cyber War, der  eine  freie Meinungsentfaltung unterdrückte, alle freiheitlichen Institutionen wie Parlament, Presse, Schulen und Universitäten gleichschaltete.  Die kurze Zeit  von Jelzin und Gorbatschow hat nicht gereicht, um in Russland ein freiheitliches System zu errichten. Die 50 Jahre kommunistische Unterdrückung werden mit allen Mitteln der Meinungsmanipulation von dem heutigen Machtzirkel fortgesetzt. Es ist der Krieg der Mächtigen gegen das eigene Volk und  nun fortgesetzt gegen die Ukraine. Inzwischen glaubt eine Mehrheit des russischen Volkes den Lügen und  Mythen ihrer Führung. Es war so unter der kommunistischen Führung, es ist  so unter der jetzigen  Herrschaft der Oligarchen.  Kriege nach aussen sollen von den eigenen Missständen ablenken,  und so werden die jungen desinformierten Menschen in einen Krieg geführt, den sie nicht verstehen, weil er nicht verstanden werden kann. Warum hat der Westen nicht schon seit Jahren die Zeichen  erkannt, die Vorboten der Gewalt, die sich  erst  im Inneren zeigt  und sich jetzt nach aussen entlädt.  Muss erst ein Krieg ausbrechen, um zu erkennen, was sich lange angekündigt hatte?  Die biedere politischen Führungen der europäischen Länder, haben sie keinen Geschichtsunterricht gehabt, waren sie eingeschlafen in ihrer Selbstzufriedenheit?  Wenn in einem Land der Krieg der Mächtigen gegen das eigene Volk eröffnet wird, dann  müssen die Nachbarn aufwachen,  der Krieg wird bald über die Grenzen dringen. Das war bei den Kommunisten so, bei den Nazis, in China kündigt sich das Gleiche an. Wenn wir wegschauen, werden wir bald selber das Opfer sein.  Europa scheint aufzuwachen, ich hoffe es bleibt so, - der Ukraine muss jede Hilfe angeboten werden, auch militärische.  Nicht Russland muss besiegt werden, sondern der Machtmissbrauch durch Verbrecher muss beendet werden.  Wenn wir ängstlich auf Atomwaffen  blicken, werden wir bald selbst zum Opfer. Die  Freiheit unserer demokratischen Welt ist es Wert  Opfer zu bringen.  Europa erwacht.

-          SI VIS PACEM, PARA BELLUM     -

Mittwoch, 1. Juni 2022

Gedanken an einem 80. Geburtstag

Um mich alles Altersgenossen, zwei Enkel und drei Töchter können den Altersdurchschnitt nur geringfügig senken.  Mir ist klar,  in diesem Kreis werden wir in 5 Jahren kaum mehr zusammenkommen, wir haben dann unsere statistische Lebenserwartung überschritten. Die drei Töchter sprechen einige Worte, und ich vermisse nicht die Laudatio über das Lebenswerk der Einladenden. Meine Altersgenossen sind alle vom Leben gezeichnet und scheinen auch mit dem Alter unterschiedlich umzugehen. Bei manchen haben wohl die Ärzte ihre Kunst angewendet  und die Bewegungsmöglichkeiten scheinen eingeschränkt zu sein. Aber  es scheint doch  eine Übereinstimmung zu herrschen, dass sich der Altersprozess nicht aufhalten lässt.  – Ich frage mich, ob wohl  die Jugendträume bei den Gästen Wahrheit geworden sind,  haben sie den richtigen Partner geheiratet, sind sie vielleicht geschieden und haben ihre  beruflichen Ziele erreicht?  - Wahrscheinlich geht es den Meisten finanziell gut, - hat ihnen das geholfen ein glückliches Leben zu führen?  Bestimmt waren viele beruflich erfolgreich und wie gehen sie jetzt im Ruhestand mit dem Verlust ihrer früheren Positionen um, wie mit ihrer verbliebenen Lebenszeit? -  Wenn der Weg in der Jugend  hinaus in die Welt ging,  hat es sicher auch einen Wendepunkt gegeben, an dem der Weg zurück  ging,  und wer von den Anwesenden  ist diesen Weg gegangen und wohin hat er geführt?  Das Alter zwingt uns alle Illusionen  hinter uns zu lassen.  Wenn das Leben es gut mit uns gemeint hat,  dann haben wir Frieden mit der Welt gemacht,  empfinden das Glück des Lebens, das uns jeder Tag auf das Neue schenkt,  das  eigentliche Leben,  das die ganze Zeit anwesend war, das wir aber vor lauter Welt nicht sehen konnten. -  Mit einer reizenden Dame meines Alters, die mir gegenüber sitzt, versuche ich ins Gespräch zu kommen. Sie zeigt auf ihre Ohren und ich verstehe, dass sie, wie ich,  bei dem  Geräuschpegel der Gespräche, nichts versteht. Wir sind eben über 80.