Donnerstag, 29. Februar 2024

Ein Leben voller Ängste

Bei Montaigne las ich eine interessante Beobachtung. Die meisten Menschen leben in der Angst vor einem zukünftigen Ereignis. Angst vor Krankheit, Angst vor Verlust, Angst vor der Armut, Angst vor dem Tod. Dabei scheint in der Realität der Eintritt eines dieser Ereignisse die vorherige Angst nicht zu rechtfertigen. Tritt Krankheit in unser Leben, dann leben wir oft ganz selbstverständlich in der Krankheit, sie wird Teil unseres Lebens. Armut  herrscht in der Mehrheit der Menschheit. Die in Armut lebenden Menschen gehen mit der Armut ganz selbstverständlich um, sie macht ihnen keine Angst. Glücksgefühle werden auch in der Armut erlebt.  Die Hybris des Westens, arme Völker mit der Zivilisation zu beglücken, beruht auf dem Irrtum, dass Besitz oder Reichtum glücklich machen. Und wir leben in der Angst vor dem Tod, solange der Tod nicht an uns herantritt. Ich habe noch nie von sterbenden Menschen gehört, die im Moment des Todes noch Ängste hatten. Ich selber hatte schon mehrfach einen Moment, in dem ich die  Nähe des Todes gefühlt hatte.   Ich  gehe davon aus, dass wir das gleiche erleben wie beim Geburtsvorgang, der auch der Weg von der Dunkelheit in das Licht ist. Tod und Leben sind Geschwister,  Leben ist der Tod von etwas was vorher war, und Tod ist  die Rückkehr in das Leben, das allumfassende Leben, dessen Teil wir sind.  Angst brauchen wir nicht zu verspüren, denn Eingang und Ausgang sind die gleiche Tür mit zwei Seiten, nach beiden Seiten gehen wir in das Leben.

Freitag, 23. Februar 2024

Von der Kunst des Teetrinkens

Über meine japanische Schwägerin Junko lernte ich eine Meisterin der Teezeremonie kennen. In Japan ist das eine hochangesehene Berufung. Wer gerne Tee trinkt, wie ich, entwickelt seine eigenen Vorstellungen, wie Tee zubereitet werden sollte.  In Japan aber  eröffnet die Teezeremonie noch einmal eine ganz andere Dimension des Teetrinkens. Es beginnt schon damit,  das Material Tee  von seiner ursprünglichen Natur zu befreien und zu Staub zu mahlen. Das Teeblatt  verliert seine eigentliche Erscheinung und tritt in den Hintergrund. Die Substanz bleibt aber erhalten. Dann wird Tee mit Wasser verbunden,  Erde mit der Kraft, die Leben hervorbringt. Und wenn aus der Schale die Aromen des Tees aufsteigen, dann erfahren wir den Geist des Tees.  Für mich entstehen beim Teetrinken Bilder, wie die Natur aus den Elementen entsteht, und Tee als Symbol für die Schöpfung des Lebens  steht. Und wenn die Natur  des Tees dann eingefangen wird in kostbare Gefässe, deren Wert  von der Seele des Schöpfers ausgeht, und wir diese Gefässe in den Händen halten dürfen, dann geht eine Ahnung durch uns, dass wir vielleicht diesen kostbaren Gefässen ähneln, in die etwas Kostbares hineingeflossen ist. -  In Japan nimmt man sich viel Zeit für die Teezeremonie, sie ist ein Zeichen einer hohen Kultur. Manchmal dauert es ein ganzes Leben, um  zu begreifen, dass wir selbst ein kostbare Gefäss sind, in das  unser Leben fliesst. Wenn wir einmal das Geheimnis der Teezeremonie erfasst haben, dann gelingt es uns auch, die wunderbare Substanz des Lebens zu begreifen, die in uns geflossen ist,  und die wir nie genug bewundern und geniessen können. Jeder Schluck Tee bedeutet dann, das Leben in uns fliessen zu fühlen, uns Zeit für das Leben zu nehmen, das Leben als grosses Geschenk der Natur an uns zu begreifen. - Die Ausbildung zur Meisterin der Teezeremonie dauert in Japan viele Monate, oft Jahre.  Wenn sie grosse Meisterinnen sind, dann können sie uns  frei machen von der Erdgebundenheit und uns eine Idee davon geben, dass Tee als ein Symbol für die Geistwerdung von Materie steht. Für unsere westliche Welt ist es schwer begreiflich, sich so viel Zeit für Teetrinken zu nehmen, wir nehmen uns nicht einmal Zeit für unser Leben. Ich wünschte mir, wir hätten auch im Westen Sinn für die Teezeremonie, wir könnten viel  für unser Leben lernen.

Donnerstag, 22. Februar 2024

Energiekrise und die Verantwortung des Menschen

Fast täglich werden wir mit Meldungen über die Energiekrise von  den Medien überschüttet.  Die Ursachen werden untersucht, die hemmungslose Ausbeutung der  Erdressourcen als Ursache der Klimaveränderungen wird in den Raum gestellt. Ganze Bewegungen entstehen, um dem Klimawandel entgegen zu wirken. Dem Planeten Erde sind diese Veränderungen gleichgültig. Seit Anbeginn von Leben auf dem Planeten  hat sich das Klima ständig verändert, und mit ihm die Lebewesen, die auf dem Planeten entstanden sind. Wenn die Klimaverhältnisse auf dem Planeten menschliches Leben nicht mehr zulassen, wird es kein menschliches Leben mehr geben. Es ist durchaus möglich, dass die Energiekrise mit dem Klimawandel zusammenhängt, das Gegenteil ist auch möglich.  Der Mensch fragt sich, ob er für den Klimawandel verantwortlich sein könnte. Vielleicht ist die Energiekrise des Planeten auch nur ein Symptom für die Energiekrise des Menschen?  Für was setzt heute der einzelne Mensch seine Energien  ein, für das Überleben seiner Spezies? Oder geht es um seine eigenen Vorteile, um hemmungslosen Konsum, um Ausbeutung der Ressourcen des Planeten zu Lasten  anderer Geschöpfe? Setzt der Mensch nicht rücksichtlos seine ihm zur Verfügung stehende Energie dafür ein, sich selbst darzustellen, Reichtümer anzuhäufen, die Welt mit Produkten zu überschütten, die nur durch verantwortungslose Ausbeutung des Planeten, aber auch der Mitmenschen entstehen?  Die Verschwendung von Energieressourcen beginnt immer bei uns selbst. Die Welt ist für den Menschen nur ein Spiegelbild  seiner selbst.  Solange der Mensch nur seinen eigenen Vorteil sucht, sich im Berufsleben hemmungslos gegen  andere Menschen durchsetzt, nach Macht, Ansehen  und Reichtum strebt, verschwendet er seine  Energien sinnlos und trägt wenig dazu bei, das Leben und die Schöpfung zu erhalten.  Wenn aber die gesamte Spezies Mensch sich nur eigennützig  verhält, dann werden die Resourcen   des Planeten für die Spezies Mensch sich irgendwann erschöpfen. So  wie der einzelne Mensch zu Grunde geht, wenn er seine ihm eigenen Energien falsch einsetzt,  wird die ganze Menschheit verschwinden, wenn sie nicht zu Bewusstsein kommt. Es geht darum unsere eigenen Lebenskräfte zu erkennen, unsere Energie nicht nur zum eigenen Vorteil einzusetzen, sondern für die Gesamtheit der Schöpfung verantwortlich handeln, sich als Teil dieser Schöpfung zu sehen. Wenn der einzelne Mensch glaubt, er könne als Einzelner nichts bewegen, dann würde es schon reichen, wenn er für sich die  Verantwortung übernimmt, sie nicht auf andere abwälzt, die ihm mitgegebene Lebensenergie sorgfältig verwaltet und nicht vergeudet.  Die Energiekrise beginnt immer bei uns selbst, daran sollte sich jeder einzelne Mensch erinnern. Wir können die Welt verändern, wenn wir uns selbst verändern.

Mittwoch, 21. Februar 2024

Im Jahr des Drachen

In China ist in dieser Woche das Jahr des Drachen angebrochen. Wir kennen bei uns Horoskope, die sich an Sternbildern orientieren. Bei seriösen Horoskopen, nicht denen in Wochenzeitschriften, habe ich die erstaunlichsten Erfahrungen gemacht. Sie stimmen erstaunlich oft mit der Realität überein. Das entspricht nicht nur der geistigen, sondern auch der physikalischen Erkenntnis, dass alles mit allem zusammenhängt und  die scheinbare Trennung nur eine Illusion unserer Wahrnehmungsmöglichkeiten ist. So wie unsere Welt in der Sternenwelt ihren Ursprung hat, ist alles was diese Welt bedeutet, auch mit der Sternenwelt verbunden, auch der Mensch. -  In der chinesischen Kultur sind die Menschenzyklen mit Jahreszyklen verbunden.  Jahrtausendalte Beobachtungen haben dieses Gesetzmässigkeiten festgestellt.  Für mich, der versucht die grossen Zusammenhänge der Schöpfung zu verstehen, ist auch diese Betrachtungsweise durchaus schlüssig.   Unter dem Drachen geborenen Menschen sind mit den starken Kräften des Drachen ausgestattet. Bei den Kaisern versuchte man die Geburt des Nachfolgers in das Jahr des Drachen zu legen. Die Eigenschaften des Drachens will ich hier nicht einzeln aufführen, sie sind in Wikipedia nachzulesen.  Ich selber bin 1940 im Jahr des Drachen geboren. Mein jüngster Sohn ist auch ein Drache,  ebenfalls meine Partnerin, und auch Freunde. Nach den Regeln der Wahrscheinlichkeit ist es nicht nur ein Zufall, dass so viele Drachen in meinem Leben eine Rolle spielen. Der Drache ist ein uraltes mystisches Tier.  Er braucht für seine Entwicklung Zeit. In seiner Jugend sind seine Dracheneigenschaften noch nicht sichtbar. Aber wenn die Zeit gekommen ist, dann zeigt sich der Drache mit seinen Kräften. Manchmal sind es die grossen Heerführer,  manchmal die weisen alten Männer oder die klugen familienerhaltenden Frauen, die noch nach Generationen verehrt werden. Ich kann mich noch an die Lehrer in meiner Jugend erinnern, die für mich von Bedeutung waren. Sie haben die Eigenschaften in mir entwickelt, die für mein Leben wichtig waren.  Vielleicht haben Sie den Drachen in mir gesehen, den ich noch nicht sehen konnte.  Von den Menschen mit Dracheneigenschaften können wir erwarten, dass sie ihre Begabungen ausleben, jeder Drache in seiner Art. Und irgendwann im Leben erwacht der Drache und setzt seine Kräfte ein.

Freitag, 16. Februar 2024

Unsere Ahnen

Wir haben  in den Familien meistens nur noch eine Vorstellung von unseren Eltern und den Grosseltern, vielleicht noch von den Familien der Onkel und Tanten. Schon bei den Urgrosseltern hört unsere Vorstellung  und Erinnerung auf. Auch sind unsere  Erinnerungen an Familienangehörige, sofern sie nicht auf die engere Familie bezogen sind, auf das Äussere, auf Beruf und Vermögen beschränkt. Viel mehr wissen wir nicht.  In traditionsbewussten Familien wird Genealogie betrieben,  immer auf die männlichen Namensträger abgestellt. Jeder merkt, wie oberflächliche eine solche Betrachtungsweise ist, sie sagt nichts über die Menschen aus, die sich hinter den Namen verbergen. Was ist schon ein Name, wenn wir nichts über den Menschen wissen, der hinter dem Namen steht, nichts über sein Leben, über sein Sterben, über seine Gedanken, über seine Seele wissen? - In den alten asiatischen Kulturen gab es den Ahnenkult, in jedem Haus und Zelt gab es einen Hausaltar, auf dem die Ahnen verehrt wurden. Und die Verehrung galt besonders  den Frauen, den Trägerinnen des Lebens. Die Anwesenheit der Ahnen war selbstverständlich, keiner ging davon aus, dass  die Seele des Menschen mit seinem Tod nicht mehr anwesend sei. Diese Form der Ahnenverehrung macht für mich viel  Sinn. Die Ahnen setzen sich in uns fort, sind Teil von uns, unsere Seele ist tief mit den Seelen unserer Ahnen verbunden, und unsere Ahnen bleiben in uns lebendig. Wir wissen über unsere Ahnen mehr, als wir glauben, denn wir sind ein Teil von ihnen.  Und wenn ich über unsere Ahnen nachdenke und zu den genealogischen Büchern greife, dann suche ich vor allem nach den Müttern. Die Mütter waren es, die uns zur Welt brachten, die uns schützten, die Trägerinnen des Lebens waren, die unsere Familien durch die Jahrhunderte getragen haben. Wie viele Schicksale sind mit den Namen der Mütter verbunden.  Die früheren Kulturen, die noch dichter am Menschen waren, verehrten die Mütter als Trägerinnen des Lebens. -  Wir tragen in unseren westlichen Gesellschaften die Namen der Väter, aber in unseren Herzen tragen wir die Namen der Mütter.

Sonntag, 11. Februar 2024

Begabung, Inspiration, Ausführung

Die Begabungen sind ungleichmässig verteilt. Wir haben die verschiedensten Begabungen, vom Künstler, bis zum Krankenpfleger. Auch die schönsten Begabungen brauchen die Inspiration, um erfolgreich zu sein.   Inspiration, in spirito, wie der Name schon sagt, ist  die Verbindung mit dem göttlichen Geist, der uns veranlasst,  das entstehen zu lassen, was auf seine Entstehung durch unser Handeln wartet. Und es gehört eine dritte Kraft dazu, die den kreativen Schöpfungsakt in die Tat umsetzt, das ist die Willenskraft. Wie viele Menschen lassen ihre schöpferischen Kräfte verkümmern, weil ihnen eine diese  Eigenschaft fehlt. Man kann ein ganzes Leben über das träumen, was in unserer geistigen Welt existiert und dabei vergessen, das Erträumte in die Tat umzusetzen. Die Welt befindet sich in einem ständigen Schöpfungsprozess und die Menschheit ist Teil dieses Schöpfungsprozesses, aber auch die Tiere, die Pflanzen, der Himmel über uns, die Meere und der Planet befinden sich in ständiger Veränderung.  Nur der Mensch erlebt bewusst seine Rolle in dieser Schöpfung, nimmt Teil an der Schöpfung, ist Werkzeug der Schöpfung.  - Wir stehen oft voll   Bewunderung vor den Bildern, die uns die Kinder malen. Wir fühlen, wie sie uns berühren, wie sie das wesentliche erfassen, ein Haus, einen Baum, die Sonne, die Menschen. Wenn wir bewusst durch unser Leben gehen, dann müssen wir es wie die Kinder machen,  sehen, erfassen und umsetzen, und das Papier und die Farbstifte  sind unsere Fertigkeiten und Begabungen, die das zur Realität werden lassen, was in unserem Geist schon längst erstanden ist.

Freitag, 9. Februar 2024

Bewusstsein

Vergeblich scheint sich die Wissenschaft mit dem zu beschäftigen, was wir Bewusstsein nennen.  In einem Wissenschaftsartikel, der sich mit dem gegenwärtigen Stand der Forschung zu neuronalen Zusammenhängen beschäftigt, erfährt man, dass der Begriff  Bewusstsein immer wieder den Händen der Forscher entgleitet. Es scheint schon an einer zutreffenden Definition des Wortes zu fehlen. Unterbewusstsein wird dem höheren Bewusstsein zugeordnet, und was Bewusstsein überhaupt sein könnte, wird nicht definiert. Man kann sich dem Wort  Bewusstsein nähern, wenn wir den Wortbestandteil  sein  definieren. Das Wort  Sein  ist  gleichzusetzen mit Leben. Es gibt ein bewusstes Leben, ein unbewusstes Leben und ein dem menschlichen Bewusstsein entzogenes Leben, das nicht den neuronalen Zusammenhängen zugeordnet werden kann. Es handelt sich um einen Grenzbereich des menschlichen Wissens, ähnlich der Physik, die auch die Grenzen des menschlichen Denkens nie überschritten hat. Dabei wäre eine grenzüberschreitende Betrachtung der Zusammenhänge zwischen physikalischen und neurobiologischen Zusammenhängen hilfreich, tiefer in die Materie und die Nichtmaterie einzudringen. Gehen wir von den Erkenntnissen der Physik aus, nach denen die Materie, und damit auch der Mensch im Wesentlichen aus dem leerem Raum in den Atomen besteht, dann entspricht dies den Erfahrungen der Meditation, die eben diese Erfahrung der Leere macht.  Jenseits des menschlichen Denkens, in der Gedankenstille betreten wir diesen leeren Raum, und das führt zu der Erkenntnis, dass es dieser Raum ist, aus dem die Welt, der Kosmos, alles was existiert entsteht. Es ist der Raum einer übergeordneten schöpfenden Intelligenz,  eines  Überbewusstseins, das alle Atome und Moleküle, alle Energieteilchen, aus denen sich die Schöpfung zusammensetzt, ordnet  und in Erscheinung treten lässt.  Dieser leere Raum ist dem menschlichen  Bewusstsein und der Wissenschaft verschlossen, weil das menschliche Wissen  und der Verstand  unterhalb des Überbewusstseins liegen. Und nur die Meditation ist ein Mittel in diese Räume der Leere und der Stille einzutreten, aus denen alles entsteht und in die alles vergeht. Das Menschliche Bewusstsein kann alles erforschen und entschlüsseln was Materie ist, bis hin zu den neurobiologischen Zusammenhängen des menschlichen Körpers. Darüber hinaus kann der Mensch nur gehen, wenn er seinen Verstand zum Schweigen bringt und die Räume der Leere und des Nichts betritt.  

Sonntag, 4. Februar 2024

In den Schützengräben

Ich denke in diesen Wintertagen oft an die Soldaten in den Schützengräben auf beiden Seiten. Die Maschinerie des Todes hat sich verändert, sie ist unpersönlicher geworden, viel wird am Bildschirm getötet. Auch die Zahl der Toten hat sich gegenüber früheren Kriegen verringert, es geht heute mehr darum dem Gegner materiellen Schaden zuzufügen.  Aber noch immer werden Menschen vom Staat autorisiert getötet.  Man liest wenig, wie es den betroffenen Soldaten dabei geht, - wie geht es ihnen, wenn sie andere Menschen töten, heute nicht mehr mit einem Bajonett, sondern mehr indirekt aus Kampfmaschinen und mit Computern. Der Tötungsvorgang bleibt der gleiche, er rührt an das grösste menschliche Tabu: Du sollst nicht töten.  Auf beiden Seiten sind  die Soldaten in gleicher Weise betroffen. In Russland, der Leibeigenschaft durch Gutsherrn entronnen, gerieten die Menschen unter die Leibeigenschaft des kommunistischen Staates und jetzt noch schlimmer unter die Herrschaft von Oligarchen und Demagogen.  In der Ukraine sind die Tötung der 3 Millionen Bauern in den 30er Jahren durch Hunger, und die Vernichtung der Intelligenz des Volkes in den 40er Jahren, durch die Moskauer Regierung, tief in das nationale Bewusstsein eingegraben.  Und wieder werden die jungen Soldaten auf beiden Seiten, auf Anweisung von Moskau, in einen neuen Krieg gezwungen, die Schrecken des Tötens. Das, was von den Soldaten täglich gefordert wird,  anderen Menschen das Leben zu nehmen, überfordert  die menschliche Seele. Wie sollen die Menschen damit fertig werden?  Viele betäuben sich mit Alkohol oder anderen, das Bewusstsein verändernden Drogen.  Es geht auch in den Schützengräben um die Seele des Menschen, dem  nicht Erträgliches zugemutet wird.  Es geht um das Leben, das jedem Menschen geschenkt wird, und dass uns andere Menschen nicht nehmen dürfen. Es geht aber auch darum,  dass  jeder Mensch  das Recht hat, sich zur Wehr zu setzen, sein Leben zu verteidigen. -So stehen sich auf beiden Seiten Menschen gegenüber, die ein Problem damit haben, sich gegenseitig das Leben zu nehmen, ein unlösbarer Konflikt, der auch gleichermassen für den Angreifer und den Angegriffenen gilt, der sein Leben verteidigt. Und am Ende von jedem Krieg stehen die versehrten Menschen,   körperlich und seelisch kaum heilbar, denen man ihre Jugend und oft das ganze Leben verändert hat, und die Toten, denen Monumente zur Erinnerung errichtet werden. -Aber nach wenigen Generationen sind die Kriege vergessen, die Monumente für die Gefallenen zerfallen, die Versehrten des Krieges aus dem Bild der Städte verschwunden.  Und alles beginnt wieder von vorn,  auf Aufbau folgt Zerstörung. Auf Frieden folgt Krieg. Der Leidtragende ist der Mensch.

Freitag, 2. Februar 2024

Das Ziel erreichen

Gestern unterhielt ich mich mit einem Bankberater  über mein Leben. Ich erzählte, wie ich und meine Brüder in  den Krieg, in Hunger und Tod hinein geboren wurden und durch welche verschiedenen Lebensabschnitte sich mein Leben entwickelte. Er hatte bestimmt den Eindruck, dass meinem Leben ein Plan zu Grunde lag, und dass ich alle meine Lebensziele erreicht hätte. Wenn ich ihm erklärt hätte, warum ich glaubte, mein Lebensziel erreicht zu haben, hätte er mich verwundert angeschaut, und an meinem Verstand gezweifelt.  Dabei hätte er nicht ganz unrecht gehabt. Der Zweifel an unserem Verstand ist der Anfang des Weges zu uns selbst. Erst wenn wir die Illusion unserer menschlichen Lebensziele begreifen, fangen wir an die Welt und uns selbst mit anderen Augen zu sehen. Es kann durchaus sein, dass die anderen Menschen unser Leben als erfolgreich sehen, eine blühende Familie, wirtschaftlicher Erfolg, Gesundheit bis ins hohe Alter. Und doch sind das nur möglicherweise Symptome eines erfolgreichen Lebens. Sie sagen nichts darüber aus, ob wir das Ziel erreichen, das Ziel unseres Lebens.  Das Ziel ist das Leben selbst, das Leben in uns, und das Leben um uns, zu erkennen. Das Leben zu erkennen, beginnt mit dem Zweifel an unserem Verstand,  mit der Einsicht, dass die Welt und wir selbst, möglicherweise nicht die sind, die uns unsere Sinne zeigen. Erst Wenn wir auf die Suche gehen nach dem Leben, den Weg durch das Leben zum Leben hin gehen, nähern wir uns dem Ziel.  Und das Ziel ist erst erreicht, wenn wir dem Leben begegnen, dem Leben in Allem, aber vor allem in uns selbst. Ein einziger bewusster Atemzug würde genügen,  um das Ziel des Lebens zu erreichen, wenn dieser Atemzug uns in die ewigen Räume in uns selbst führt, in denen alles entsteht  und alles vergeht. Es ist eine Gnade, dieses Ziel zu erreichen.