Samstag, 30. Juli 2022

Wenn ich nicht gesehen werde

Ich treffe immer wieder Menschen, die mit ihrem Leben nicht zurechtkommen. Gescheiterte Lebensentwürfe,  geschiedene Ehen,  Zerwürfnisse in den Familien -  und das  über Generationen. Immer wenn ich dann näher hinschaute, sah ich Menschen die von ihren Eltern nicht gesehen wurden, ein Vater, der seine Tochter nicht sah, weil er sich einen Sohn gewünscht hatte, eine Mutter, die auch schon eine egoistische exzentrische Mutter hatte, bei der es sich nur um sie selbst ging, und die ihre Tochter nicht sehen konnte, weil sie selbst nie gesehen wurde. Wir können es verstehen, warum Menschen  ihre Kinder nicht sehen können,  sie haben es selber nie erfahren, helfen können wir diesen Menschen nicht -  Das Schlimmste, was einem jungen Menschen geschehen kann, ist von seinen Eltern nicht wahrgenommen zu werden. Wahrnehmen heisst, das eigentlich Wahre, die Seele des andern zu erfassen,  wenn die Seele zur Seele spricht, wenn die Sprache Liebe ist und Liebe der Mantel, der den Anderen umhüllt, ihn beschützt ihn tröstet, wenn er des Trostes bedarf. Wer Liebe von seinen Eltern nicht erfahren hat, der hat nicht das Heiligste erfahren, das Eltern ihren Kindern geben können, der wird durch das Leben gehen, immer auf der Suche nach Liebe, und sie nur selten finden. Liebe wird dann oft ersetzt durch Sex, durch Erwerb von Dingen, durch beruflichen Erfolg  und Ansehen, aber wir merken den Menschen an,  was ihnen fehlt,  - sie haben nicht gelernt zu lieben. Kein Erfolg im Leben kann die Liebe ersetzen, die uns als Kind fehlte, deshalb ist es so wichtig, unsere Kinder zu sehen,  sie in den Armen zu halten, sie zu trösten, wenn sie Trost bedürfen, ihnen  alle Liebe zu geben, die wir in der Lage sind zu geben.  Nachholen lässt sich das nicht im späteren Leben. Was  wir versäumt haben, den Kindern  zu geben, können sie nicht weitergeben.  Menschen, die als Kind nicht gesehen wurden, gehen durch das Leben, immer auf der Suche nach Anerkennung, auf der Suche nach Liebe, auf der Suche, gesehen zu werden. Sie  selbst sehen nur sich, sie sind nicht in der Lage den Anderen zu sehen. Sie haben es als Kind nicht gelernt zu sehen, und gesehen zu werden.

Donnerstag, 28. Juli 2022

Ist es Zeit für Pessimismus?

So viele Dinge kommen zusammen, die den Pessimisten recht geben.  Krieg, Inflation, Corona, Energiekrise, Klimakrise. Selten stand die Welt vor so vielen Problemen. Ich kenne viele Menschen, die geborene Pessimisten sind, manche hochgebildet.  Sie sind von dem schlechten Ausgang aller Krisen fest überzeugt. Sie gehen durch eine Welt voller Probleme, alles nimmt für sie einen schlechten Ausgang. Wenn sie am Ende auch krank werden, weil sich ihr negatives Weltbild auch auf ihre eigene Person ausgewirkt hat, erhalten sie die ultimative Bestätigung, dass sie immer recht hatten. -  Pessimisten vergessen, dass jeder Mensch selbst die Welt erschafft, in der er lebt.  Die Welt des Pessimisten wird immer eine dunkle, traurige Welt sein. In der Zeit des Friedens sieht der Pessimist bereits den nächsten Krieg. Geht die Wirtschaft aufwärts, sieht er bereits den nächsten Abschwung.  Er geht durch die Welt ohne Freude am Leben. -  Krisen, persönliche  und auch politische,  überleben wir nur, weil wir an den ewigen Wandel glauben, auch die schlimmsten Krisen, den Zusammenbruch der Wirtschaft,  Krieg und Seuchen hat die Menschheit überlebt, weil  sie noch in den schlimmsten Momenten an das Leben glaubte. Nicht der Pessimist behält recht, für den nun alles so eingetreten ist, wie er es sich ausgemalt hat, sondern der Mensch, der an den Wandel zum Guten glaubt, der auch in den Krisen etwas Gutes sehen kann, der das Werden und Vergehen als Prinzip des Lebens versteht. Die wahren Kräfte, die uns zur Verfügung stehen, erkennen wir erst in der Krise -  wenn wir über uns selbst hinauswachsen, wenn wir erkennen, dass wir die Kraft haben, dem schlimmsten Grauen zu widerstehen. Wir erleben es bei den Soldaten,  die jeden Tag mit dem Tod bedroht sind, in den Gefangenenlagern, in denen verbrecherische Regime ihre Gegner einsperren,  wir sehen Menschen, die den grossen Seuchen entgegentreten und anderen helfen und begreifen nicht  die Menschen, die Ängste haben, weil ihre Stuben vielleicht einige Grad kühler werden.-  Wenn die Zeit kommt, die den Abschwung mit sich bringt, schnallen wir den Gürtel enger, werden bescheidener, schrauben unsere Lebensziele herab und krempeln unsere Ärmel hoch.  Es ist die Zeit der Optimisten gekommen, derjenigen, die diese Welt  in Ordnung halten und die das innere Wissen haben, dass auf schlechte Zeiten wieder gute folgen.  Wenn   die Mehrheit der  Menschheit nicht Optimisten wären,  wäre die  Menschheit schon längst zu Grunde gegangen,  denn der Pessimist gestaltet eine Welt, die aus Untergang, Krankheit und Tod besteht, der Optimist sieht den Wandel, das Auf und Ab des Lebens, die Zeiten der Fülle und des Mangels. Alles hat seine Ordnung und muss so sein wie es ist.  Und wir kleine unbedeutende Menschen erhalten diese Welt  für uns und für die, die uns folgen mit all unserer Kraft und all unserem Optimismus, weil wir an die Kraft des Lebens glauben.

Dienstag, 26. Juli 2022

Unterschiedliche Welten in der Medizin

In der westlichen Welt haben wir uns ganz den Wissenschaften unterworfen,  es gilt die materialistische Sichtweise – der Mensch definiert sich über seinen Körper und seinen Verstand. Andere Sichtweisen werden belächelt.  - Wie immer  bewegen wir uns im Bereich der Halbwahrheiten, und der Blick auf andere Sichtweisen lohnt. Auf die völlige Ignorierung der naturwissenschaftlichen Erkenntnisse  der Quantenphysik auf unser Weltbild hatte ich in mehreren Beiträgen hingewiesen. Ein Bereich  der menschlichen Existenz,  die Bedeutung der Energieflüsse, die in der chinesischen Medizin in der Lehre des Quigong ihren Niederschlag gefunden hat, wird im Westen weitgehend ignoriert. Dabei ist auch im  Westen jedem bewusst, dass  er Zeiten hoher Energie und niederer Energie hat, Zeiten von Krankheit und Gesundheit, von Tagesrhytmen, Wachsein, Schlaf,  Biorhytmen mit hoher Leistung und Müdigkeit. Es gelingt noch immer nicht, die wertvollen Erkenntnisse, die in allen Teilen der Welt gesammelt wurden zu sammeln und zu einem grossen medizinischen Erbe der Menschheit zusammenzufassen. Ich greife hier nur das Wissen des Quigong heraus. Die Energieflüsse, die unseren physischen Körper, mit unserer geistigen Existenz verbinden,  die uns beide Welten nutzbar macht und von uns einfach ignoriert wird. Die Arztpraxen und Krankenhäuser würden entlastet werden, wenn wir die wenigen wirksamen Übungen lernen würden, die helfen den natürlichen Energiefluss zu stärken. Viele Wohlstandleiden könnten gelindert werden, wenn wir auch die Akupunktur (TCM) beachten würden. Es sollte keine Verdrängung des alten Wissens erfolgen, vielmehr das alte Wissen nutzbar gemacht werden und Teil unseres medizinischen Betriebes werden. Wir leben alle in der gleichen Welt und sollten uns das Wissen der Anderen zugänglich machen. Statt Krankheiten zu behandeln sollte in den Universitäten das  Krankheitenvermeiden  gelehrt werden.  Die Sichtweisen in den  verschiedenen Kulturen mögen unterschiedlich sein,  wir sollten alle respektieren lernen und  uns auch aneignen. Bei Quigong geht es um Energieflüsse, -  vielleicht spielt auch eines Tages der menschliche Geist  jenseits des Verstandes eine Rolle für unsere  Gesundheit, nicht  als Experimentierfeld für Psychologen,  sondern als Grundlage für unsere Existenz. 

Dienstag, 19. Juli 2022

Wie ich nicht Milliardär wurde

In den  sechziger Jahren war ich, während meiner Berufsausbildung,  Reiseleiter für amerikanische Reisegruppen, die Europa kennenlernen wollten. Eine dieser Gruppen bestand aus den Inhabern der wichtigsten  US Fernseh- und Radiostationen. Wir wurden in allen Hauptstädten von den Botschaftern der USA empfangen, in Rom selbst vom Papst in Privataudienz. Ich kümmerte mich besonders um ein deutschstämmiges Ehepaar, das in der Gegend von Rothenburg  nach den Spuren ihrer Herkunft suchte. Nach dem Abschluss der Reise erhielt ich einen Anwaltsbrief, in dem mir das Ehepaar anbot mich zu adoptieren, da sie keine Kinder bekommen konnten. Es war ein sympathisches Ehepaar und beide  gehörten in der damaligen Zeit zu den wichtigsten Unternehmern der öffentlichen Medien. Ihr Unternehmen hätte heute einen Milliardenwert.-  Natürlich habe ich über dieses Angebot nachgedacht, wer bekommt schon aus heiterem Himmel eine  solche Chance. Durfte ich eine solches Angebot des Schicksals überhaupt ausschlagen? – Ich habe mich  bei dem Ehepaar für ihr grosses Vertrauen bedankt, ich konnte das Angebot nicht annehmen. Wir werden in eine Identität hineingeboren, ich hatte liebevolle Eltern, Brüder denen ich nahestand, ich wollte mein eigenes Leben leben, nicht  das Leben anderer, mir meine Welt schaffen, eine Welt wie ich sie mir vorstellte. Bei einer Adoption hätte ich mein ganzes Leben das Gefühl gehabt, dass mir die Leistung anderer nicht zustehe.  Mir tat das  reizende Ehepaar leid, als ich ihr Angebot ablehnte, ich war die richtige Person, die sie adoptieren wollten, weil ich es ablehnte. Vielleicht sind sie selber zu dem Schluss gekommen, dass jemand der ihr Angebot annehmen würde,  nicht die geeignete Person als Nachfolger wäre.   Das Ehepaar starb in den neunziger Jahren  kinderlos. Ihr riesiges Vermögen wurde in eine noch heute bestehende wohltätige Stiftung eingebracht. - Ich habe meine Entscheidung nie bereut, - mein Schicksal hat es mir gedankt, mit einem reichen und erfüllten Leben. 

Sonntag, 17. Juli 2022

Kontemplation

Das schöne am  Altwerden ist das mehr an Zeit, das man für sich selbst gewinnt.  Während früher der Blick nach aussen gerichtet war, ist jetzt der Blick mehr nach  innen gerichtet. Das bedeutet auch das Wort Kontemplation.  Aber es ist nicht vielen von uns vergönnt, nach innen zu schauen. Immer meldet sich der lästige Geselle Verstand zu Worte und versucht unsere Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Alle  Weisheitslehren beschreiben daher auch als grösstes Hindernis auf dem  Weg des Erwachens  den Denker im Kopf, der mit allen Mitteln versucht, unseren Blick auf sich  zu lenken. Und doch können wir auf unserem Weg nach  innen nicht auf unseren Verstand verzichten. Es ist der Verstand, der es uns ermöglicht die übergeordnete  Intelligenz in uns,  in den Tieren und Pflanzen und  im gesamten Kosmos zu erkennen. Der Verstand, der den Menschen von allen anderen physischen Erscheinungsformen unterscheidet. Nicht der wilde, losgelassene Verstand, der unsere mörderische Zivilisation geschaffen hat, sondern der disziplinierte, unserem Willen unterworfene Verstand, der es uns ermöglicht, die  Allem innewohnende, übergeordnete  Intelligenz zu begreifen.  Tier, Pflanze und Stein sind auch  von dieser Intelligenz erfüllt, sie sind nur nicht in der Lage dies zu begreifen.  Solange  wir bei Verstande sind,  können wir diesen bändigen, ihn zur Ruhe bringen und erst dann unseren Blick nach innen wenden, in die Tiefe unseres Seins. Wie wichtig  der Verstand als Werkzeug der Selbsterkenntnis ist, wurde mir klar, als mich ein Freund aus meinen Jugendtagen besuchte, der inzwischen dement geworden war.  Der Verlust des Verstandes hatte ihn der Möglichkeit beraubt, durch Meditation  seinen Blick nach innen zu richten,  obwohl vom Göttlichen erfüllt,  verweigert das Göttliche sich ihm zu offenbaren. Natürlich frage ich nach dem Warum?  Hat es etwas mit unserem Leben zu tun, wenn am Ende dieses Lebens, uns die Möglichkeit verlässt, das Göttliche wahrzunehmen. Der Mediziner sucht nach den Ursachen im Nervensystem. Ich suche die Gründe im Leben, das wir geführt haben. Kein schöner Gedanke, wenn ich nicht mehr nach Innen  blicken könnte, es keine Kontemplation mehr für mich gäbe.

Samstag, 9. Juli 2022

Das Übersinnliche

In der Wochenendausgabe der FAZ las ich einen Artikel über die Kirchenaustritte.  Als Gründe wurden die Missbräuche, das fehlende Interesse an Religion oder der fehlende Glaube an das Übersinnliche genannt. Wenn der Glaube an das Übersinnliche fehlt müsste ja der Glaube an das Sinnliche vorhanden sein, an das, was die Sinne erfassen können.  Das was die Sinne erfassen,  unser Bild von der Welt, von der Natur, wird den meisten Menschen aber nicht als Glauben, sondern als Realität vorkommen, obwohl es sich in Wirklichkeit um  Illusion handelt. Trotzdem glauben wir an unsere Sinnestäuschung. Weil wir als Realität die Illusion unserer physischen Existenz, ihre Entstehung, ihr Leben und ihren Tod erleben, haben die Religionen die Angst des Menschen vor seiner physischen Vernichtung , durch Jahrhunderte als Basis für ihre Existenz  benutzt. Erst mit der Aufklärung wurde die Macht der Kirchen in der westlichen Welt gebrochen.-   Der Mensch steht aber noch immer vor dem Wunder seines Lebens, seiner Existenz, auch wenn ihm klar ist,  dass sein Leben nicht das ist, was es zu sein scheint. Wo er früher festen Boden unter den Füssen hatte, tut sich Leere auf, der schöne Glaube an heilige Bücher,  an die  Strukturen der Religionsgemeinschaften, an vorgeschriebenen Regeln,  die das Leben beherrschten, war plötzlich der Ernüchterung gewichen.  Niemand ist mehr da,  der einem das Himmelreich  versprechen kann. Der Mensch ist auf sich selbst zurückgeworfen. -   Gerade wenn wir nicht weiterwissen,  ist ein Wendepunkt erreicht, die Möglichkeit sich zurück zu besinnen, auf das was wir sind, auf die  Doppelnatur unseres Menschseins -  ganz von dieser Welt – und ganz aus dem geschaffen, was jenseits von Welt ist. - Religion ist die Rückverbindung  auf die Ebene jenseits der Welt,  Rückkehr zum Leben, aus dem wir entstehen, in das wir vergehen, im ewigen Kreislauf der Zeit.  -Vielleicht helfen uns die leeren Kirchen,  die Leere als  Ausgangspunkt von Allem zu begreifen, den leeren Raum als  das Göttliche, als die schaffende, Allem innewohnende Intelligenz, oder die Stille, die sich ohne Worte verständlich macht, als die mächtigste Sprache des Göttlichen.  Und aus der Leere und der Stille entsteht eine neue Welt, nicht eine Welt in der das Gute vom Bösen bedrängt wird,  sondern  eine Welt in der sich das Sinnliche mit dem Übersinnlichen verbindet, zu einer Einheit wird,  die nicht mehr gesucht werden muss, weil sie schon da ist. Die wunderbaren leeren Kirchen der Vergangenheit  werden so zum Symbol für den Neubeginn. Der leere Raum öffnet sich, aus ihm erwächst die Blüte  einer neuen Menschheit, einer neuen Religion, der Mensch kehrt zurück ins Vaterhaus. Die Leere in den Kirchen mit ihrer Stille  erinnert an die Worte eines Weisen,  der schon vor 2000 Jahren darauf hinwies,  dass die Menschheit das Göttliche erst begreifen wird, wenn  jeder von uns den Tempel des Göttlichen in sich selbst betritt und das Göttliche in sich wahrzunehmen lernt, in der Leere und der Stille, unserer eigentlichen Natur. Die leeren Kirchen und Priesterseminare  weisen uns den Weg dorthin, zum Übersinnlichen, zum  Sein.

Samstag, 2. Juli 2022

Jetzt wird wieder in die Hände gespuckt

Eine Bank hatte mich kürzlich zu einem Investmentkongress eingeladen. Eine Vielzahl von Risiken hatte sich in den letzten Monaten angesammelt, Pandemie, Inflation, Rezession, Krieg. Ein sympathischer Professor der Universität Zürich erläuterte die Auswirkungen auf die Wirtschaft und die Massnahmen, die  Staat und Notenbanken zur Bekämpfung der Inflation ergreifen können. Der Hauptverantwortliche der Bank für die Investmentstrategien erläuterte die Folgen für die Investments der Bankkunden. Wenn es um Ursachen und Wirkungen  für Aufschwung und Abschwung der Wirtschaft  ging, dann schien mir das Treffen das Thema ganz gut zu erfassen.  -  Mir fiel auf, dass  alle Beteiligten den Abschwung als negativ sahen, den Aufschwung als positiv. Ich stellte im Anschluss an die Diskussion an den Professor die Frage, ob es hierzu Forschungen gebe, denn nach meinem Verständnis sind Aufschwung und Abschwung  gleichwertig, weil das eine das andere bedinge.  Der Professor wies auf die negativen Folgen des Abschwungs hin, Verlust von Arbeitsplätzen usw, ob nicht zugleich etwas Positives damit verbunden sei schien ihm fraglich  . -  Ich hatte den Eindruck, dass die Wissenschaft sich mit dieser Frage noch nicht beschäftigt hatte.  Wir haben uns seit den letzten grossen Krisen der Menschheit  einfach daran gewöhnt, dass es immer aufwärts geht, mit allen Folgen wie Anspruchsdenken, Klimawandel,  Zerstörung der Welt – darin viel Posisitives zu sehen fällt mir ebenfalls schwer. Wenn ich im Abschwung  etwas Notwendiges, mindestens dem Aufschwung Gleichwertiges sehe,  bin ich Aussenseiter,  nicht einmal die Wissenschaft scheint sich mit der Notwendigkeit eines Gleichgewichtes der Kräfte  der Wirtschaftszyklen zu beschäftigen, mit der Notwendigkeit eines Abschwungs. - Ein einfaches Beispiel:  In Zeiten der Überbeschäftigung,  der Lohnexplosion,  versuchen wir einmal einen Handwerker zu finden, der noch bereit ist, einen kleinen Auftrag zu erledigen.  Viele Handwerksbetriebe müssen schliessen, weil der Nachwuchs fehlt.   Die  Jugend spricht nur von Lebensqualität, als ob nicht auch Arbeit  Lebensqualität bietet und eine sinnvolle Möglichkeit  wäre, Lebensqualität zu haben . Ist nicht der Abschwung notwendig,  um den Traum vom ewigen Wachstum zu beenden, der Utopie eines Paradieses, in dem niemand mehr für seinen Lebensunterhalt zu sorgen braucht. Ich glaube an eine Weltintelligenz, die uns davor bewahrt am eigenen Wachstum unterzugehen. -  Der jetzt eintretende Abschwung ist dringend nötig gewesen.  Er wird hoffentlich das Ende des Anspruchsdenken mit sich bringen, den Menschen  an seine Selbstverantwortlichkeit erinnern.  Im Abschwung erhoffe ich mir ein Erwachen der Menschen zu  mehr Eigenverantwortung, zu einer Rückbesinnung an Werte, die über Gendern und Woken  hinausgehen. Wo sind die Menschen geblieben, die Freude daran haben, ihren Acker zu bestellen, noch eine Lehre zu machen, Freude an der Arbeit ihrer Hände zu empfinden?  Ist das Leben vor einem Bildschirm wirklich so wünschenswert?  Wenn der Abschwung, der  die nächsten Jahre bestimmen wird, zu einer Neubesinnung führt, so würde ich darin  die Bestätigung  meiner Auffassung sehen, dass jeder Wandel  notwendig  und gut ist, und zu einer besseren Welt führen wird. Im Augenblick gilt für mich wieder der alte Song: - Jetzt wird wieder in die Hände gespuckt, wir heben das Bruttosozialprodukt. -

Freitag, 1. Juli 2022

Mein Kampf mit dem Drachen

In der Mythologie steht der Drache  für das Böse, bei C.G. Jung für unsere Schattenpersönlichkeit, in der Religion für den Teufel. In den Legenden bewacht er einen Schatz, eine Jungfrau, und immer geht es um den Kampf mit dem Drachen und die Gewinnung eines Schatzes.  Der Drache kommt in allen Kulturen vor  und jeder ist schon einmal seinem persönlichen Drachen begegnet. Natürlich habe ich mich gefragt, was ist mein eigenes Erlebnis mit meinem Drachen gewesen, und welchen Kampf musste ich bestehen, um meinen Schatz zu finden? Als Kinder erleben wir den Drachen selten, wir leben noch in der Einheit, nur manchmal rührt er sich, zeigt sein dunkles Gesicht, wenn wir bewusst etwas Böses tun,  oder einen unerklärlichen Wutanfall  haben.  Meistens treten wir erst in der Pubertät bewusst in die Dualität ein, wir fallen aus der Einheit in die Wirklichkeit, in der  alles in Frage gestellt ist.  Es ist der Moment, in dem sich der Drache in seiner Höhle rührt und anfängt in unser Leben einzudringen, die dunkle Macht fängt an sich zu zeigen. - Als Eltern sind wir in diesem Moment besonders gefordert, denn wir sind die ersten die in Frage gestellt werden, genauso wie die Schule, die Autoritäten.  Stattdessen zählen die coolen Freunde, die Verlockungen der Welt,  und wir können froh sein, wenn der Prozess des Selbständigwerdens  sich nur gegen uns als Eltern richtet,  und nicht die Wurzeln zur Selbstzerstörung  gelegt werden. Es sind die gefährlichsten Jahre in unserer Menschwerdung und es  ist alle Kraft des jungen Menschen erforderlich, um den Drachen in seine Höhle zurückzudrängen. Und wenn wir weitergehen auf unserem Weg der Menschwerdung, und alles Wissen dieser Welt erlangen und vielleicht auch noch alle Schätze dieser Welt, immer noch liegt der Drache vor dem Tor  der Erkenntnis und verweigert uns den Zugang. Die Wenigsten von uns Menschen haben den Mut, ihr Schwert anzulegen und den Kampf mit dem Drachen aufzunehmen. Es ist ein Kampf um Leben und Tod. Wenn wir den Kampf  nicht  führen, bleiben wir der Welt verhaftet, wir werden geboren, gehen durch die Welt und am Ende unseres Weges erwartet uns der Tod. Wenn wir aber den Kampf mit dem Drachen aufnehmen, und siegreich sind,  dann erwartet uns der Schatz, der uns so lange verborgen war, der Schatz des Lebens.  Dies alles findet in uns selbst statt.  Jeder Mensch hat seinen eigenen Drachen, seine dunkle Seite, seine Dämonen, die ihm das Leben schwer machen, oft so schwer, dass er sein Leben nicht mehr wahrnimmt. -  Wenn ich mein eigenes Leben betrachte, dann hat mir die Welt alles geboten, an ihren Gütern, an Wissen und Erfolg. Erst in der zweiten Lebenshälfte bin ich langsam erwacht. Mir fehlte noch etwas auf meinem Weg durch die Welt, mir fehlte das Wissen um mich selbst. Es schien mir tatsächlich wie in der Legende zu sein, eine gewaltige Macht verwehrte mir den Zugang zu mir selbst. Als ich das endlich begriffen hatte, öffnete sich eine Tür in mir,  der Wächter des Tores hatte sich zurückgezogen, ich konnte mich selbst betreten, ich konnte den Raum betreten, der den eigentlichen Schatz aufbewahrte, den die Welt so lange vor mir verborgen hatte -  den Schatz des Lebens. Wenn ich Raum sage, dann meine ich buchstäblich Raum, den Raum der Leere in meinem Körper,  den Raum, der das Alles enthält, diese Welt und die Leere,  das nicht Sagbare,  das ewige Nichts,  das alles trägt, die Leere als Matrix von allem was ist. Als ich mich umdrehte und sehen wollte, was aus dem Drachen geworden war, der so lange unüberwindlich schien, da war der Drache verschwunden.