Dienstag, 26. Mai 2020

Soll und Haben

Wenn wir geboren werden wird unser Buch des Lebens geöffnet. Auf der Sollseite steht das Ewige, unsere Seele, unser Geist vermerkt, alle unsere Begabungen, der ganze Schatz des Lebens, der uns mit auf den Weg gegeben wird. Auf der Habenseite wird unser Weg durch die Welt vermerkt, von unserem Namen, zu unseren Taten, alles was wir an irdischen Gütern, Positionen und Wissen erwerben.
Jeder von uns sollte von Zeit zu Zeit Bilanz über sein Leben ziehen, sehen wie es mit seinem Soll und Haben aussieht. Wenn ich den Reden meiner Freunde und Bekannten bei wichtigen Ereignissen, Geburtstagen, Hochzeiten, Begräbnissen zuhöre, dann dreht sich alles um die Habenseite, um Leistung, Besitz, Rang, Titel. Es wird fast immer über den Weg nach aussen, über das Haben gesprochen. Oft denke ich dabei an den kleinen Prinzen der auf seinem Besuch auf den verschiedenen Planeten die unterschiedlichen Menschen trifft, den König der einen Planeten ohne Volk regiert, den Kaufmann, der sein Geld zählt und sich dafür nichts kaufen kann, den Professor der etwas lehrt was keiner versteht, weil keiner da ist, der ihm zuhört. Alle glauben etwas ungemein Wichtiges zu tun . Die Habenseite ist auf diesen Planeten übergewichtig, die Sollseite vernachlässigt. Erst als der kleine Prinz in der Wüste landet, wo er den Fuchs trifft, der ihn lehrt mit dem Herzen zu sehen, erkennt er plötzlich die Sollseite seines Lebens, das Leben in einer kleinen Pflanze die er mit Liebe pflegt.
Wir erschrecken, wenn wir die Habenseite unseres Lebens bedenken. Ist das nicht völlig überdimensioniert, alles ist Haben, wo ist unser Soll? Und dann erinnern wir uns, dass unser Haben vielleicht gar nicht so schwergewichtig ist, weil jeder Besitz nur vorübergehend und spätestens mit unserer Vergänglichkeit auch vergänglich ist. Unser Haben ist uns nur geliehen und jede Leihe muss zurückgegeben werden. Wenn wir unsere Habenseite so betrachten, ist sie vielleicht doch nicht so überlastig.
Und nun zur Sollseite. Da ist das alles verbucht, was nicht von dieser Welt ist. Das was unsere Welt erschafft, auch unseren Verstand und unsere Sinne. Es ist das Leben selbst, das wir auf der Sollseite erfassen. Für das Leben selbst gibt es auch keine Worte, es ist das Unaussprechliche, das Göttliche, der eigentliche Reichtum , der uns mit auf den Weg gegeben ist. Dieser Reichtum ist die Liebe zum Leben, zu der kleinen Pflanze Leben, die mitten im Nichts spriesst, die sorgfältig gedüngt und gepflegt werden muss, damit sie gedeiht. Die kleine Pflanze Leben wird so zum grossen Baum, der Früchte trägt, wenn wir ihn richtig pflegen.
Nur wenn wir Soll und Haben immer in einem ausgeglichenen Verhältnis erhalten wird unser Leben in dieser Welt gelingen. Gewinn werden wir nur haben wenn wir den Schatz des Lebens pflegen, dann wird die Habenseite dieser Welt auch an den Schätzen der Seele teilnehmen. Dann wird auch das Christuswort verständlich, - Wer da hat dem wird gegeben, und wer da nicht hat dem wird alles genommen.- Sind wir uns des Reichtums unseres Lebens bewusst, dann wird uns auch der Reichtum dieser Welt zuteil. Vergessen wir aber den Reichtum unserer Seele, dann verlieren wir spätestens mit unserem Tod allen Reichtum dieser und jener Welt.

Sonntag, 17. Mai 2020

Eigenverantwortlichkeit

Gerade in Zeiten von Mangel und Entbehrung werde ich mir des ungeheuren Reichtums bewusst, den mir das Leben schenkt. Es fühlt sich wieder an wie am Ende des letzten Krieges, - alles ist zerstört, viele Existenzen sind vernichtet, niemand weiss wie es weitergehen wird. Und gleichzeitig fühlen wir in uns das Geschenk des Lebens, den Reichtum der Natur, wir hören wieder das Zwitschern der Vögel, das Geschenk des Regens oder die Kraft der Sonne, die überall neues Leben entstehen lässt. Es ist nicht die Zeit zu klagen, sondern die Zeit neu anzufangen, erneut der Herausforderung des Lebens zu begegnen. Es ist nicht das Ende unserer bisherigen Existenz, sondern der Beginn von etwas Neuem. Das Wunderbare am Leben ist, es geht eben nicht immer so weiter, wie es bisher war, sondern wir lernen mit immer neuen Situationen umzugehen. Statt in allem Tod und Vernichtung zu sehen, können wir auch nach vorne blicken, auf die neuen Möglichkeiten, die uns das Leben gibt. Es sind diese Möglichkeiten, die uns reich machen, die ganze Fülle des Seins liegt in uns und um uns. Wir werden alle mit dem gleichen inneren Reichtum geboren, den uns das Leben schenkt – diesen Reichtum können wir nur verlieren, wenn wir ihn nicht sehen. Wir verlieren ihn aber auch, wenn wir ihn für uns behalten und nicht mit anderen teilen wollen. – Auch wenn die Welt, wie wir sie kennen, in den grossen Katastrophen der Menschheit um uns untergeht, - es ist nie zu Ende, etwas Neues entsteht. Das haben wir vor 75 Jahren am Ende des grossen Krieges gelernt, das erleben wir vielleicht gerade jetzt mitten in einer unser bisheriges Leben bedrohenden Seuche. Wir sehen, wie die ganze Menschheit an der Seuche leidet, der Virus kennt keine Nationen, keine Grenzen, er schlägt auf dem ganzen Planeten zu und alle Menschen sind betroffen. Vielleicht gelingt es uns jetzt auch, globaler zu denken, über den Tellerrand hinaus zu sehen, das gemeinsame Schicksal der Menschheit zu erkennen. Auch globaler zu denken, wenn es um das Wohl der Schöpfung auf dem ganzen Planeten geht. Wir sitzen nicht mehr in einem sicheren Haus und in einem einzelnen Land, der ganze Planet ist betroffen. Es geht heute darum, dass jeder für alle mitdenkt und mithandelt. Da ist kein Raum mehr für egoistische, anachronistische Staatslenker, die kommen nur noch bei den ewig gestrig Denkenden an. Dabei ist ihre Zeit längst abgelaufen. Ein Virus lehrt uns, was geschehen muss, wenn wir überleben wollen. Wir müssen uns auf uns selbst zurückbesinnen auf die Tugenden von Disziplin und innerer Stärke. In jedem Einzelnen von uns liegt die alleinige Verantwortung für sich selbst und damit für die anderen. In dem wir uns selbst schützen, helfen wir den anderen. Die Gefahr ist nicht der Virus, der auch nur ein Ausdruck des Lebens ist, die Gefahr ist die Missachtung des Lebens in uns und um uns. Vielleicht will der Virus uns daran erinnern, dass wir nicht ungestraft in die Gesetze der Schöpfung eingreifen dürfen und uns in jedem Moment daran erinnern sollen, wer wir wirklich sind, - Träger des Lebens und zugleich dessen Schützer, nicht nur des eigenen Lebens, sondern von Allem, was Leben in sich trägt. Es ist die Zeit des Erwachens, die Zeit des Neubeginns.

Dienstag, 12. Mai 2020

Wissen und Glaube

- Wir wissen dass der Mensch und diese Welt aus Energie besteht.
- Wir glauben, dass mit unserem Tod unsere Energie endet.

- Wir wissen, dass jeder Körper aus Raum, Atomen und Molekülen besteht.
- Wir glauben aber an die Illusion der Sinne, es handele sich um feste Körper.

- Wir wissen dass die Zeit relativ ist - Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft eins sind.
- Wir glauben aber , dass Zeit endlich ist, an Beginn und Ende der Zeit.

- Wir wissen, dass wir nicht wissen.
- Wir glauben aber zu wissen.

- Wir wissen nicht, wer wir wirklich sind.
- Wir glauben aber zu wissen wer wir sind.

- Wir wissen nicht, welche Kraft uns leben lässt.
- Wir glauben aber alle Kräfte der Natur zu kennen.

- Wir wissen nicht, ob es das Nichtmanifeste gibt.
- Wir glauben an das Nichtmanifeste oder glauben nicht daran.

Wird die Zeit kommen in der wir wissen werden?
Hat diese Zeit vielleicht schon begonnen?

Samstag, 9. Mai 2020

Das Erwachen des Menschen

Es muss ein grosser Moment gewesen sein, als ein Lehrer in Königsberg seine Studenten aufforderte aus einer selbstverschuldeten Unmündigkeit zu erwachen. Wahrscheinlich schauten seine Schüler ihn ungläubig an, als sie aufgefordert wurden in sich selbst die Maxime ihren Handelns zu suchen. Waren sie nicht hergeeilt, um Anleitung zu erfahren? Seit Jahrtausenden waren es die Menschen gewohnt, dass andere ihnen ihren Weg zeigten, Herrscher, Religionen und auch Philosophen. Hatte sich in der Zeit der Aufklärung irgendetwas geändert, war die Welt eine andere geworden? - Die Welt war immer noch dieselbe, was sich möglicherweise in einzelnen Menschen änderte war das Bewusstsein. Einzelne Menschen erkannten, dass nicht im Aussen ein mächtiger Gott oder ein allmächtiges Schicksal das Leben dirigierte, und auch nicht Herrscher oder Lehrer, sondern dass die Quelle des Lebens im Menschen selbst ihr zuhause hatte, und dass der gewaltige Anspruch eines Kant an seine Studenten, selbst die Maxime ihres Handelns zu bestimmen, gar nicht so schwierig war zu erfüllen. Sie entdeckten, dass jeder von ihnen im Besitz der Quelle und der Wahrheit war und selbst sein Handeln und die Grenzen seines Handelns zu bestimmen hatte, also eigenverantwortlich für sein Leben war. Die Zeit der Aufklärung war angebrochen.
Haben wir seitdem etwas dazugelernt, oder sind wir nach einem kurzen Erwachen wieder in den Schlaf der Unmündigkeit zurückgefallen? Die Evolution lehrt uns, dass sie nicht in einer ständigen Aufwärtsentwicklung ist, sondern dass auf eine Zeit des Wachstums, eine Zeit des Niedergangs folgt, wieder gefolgt von einem neuen Wachstum. Der Zeit der Aufklärung folgte die Zeit des Vergessens, das wieder erlangte Bewusstsein wurde von Wohlstand und Egoismus verdrängt, am Ende standen die grossen Kriege, an die Stelle der ewigen Wahrheiten traten Ideologien und Wahn, der Organismus Mensch taumelte erneut seinem Untergang entgegen.
Seit den grossen Menschheitskathastrophen hat die Evolution uns eine Pause des Nachdenkens eingeräumt. Haben wir etwas aus dieser Pause gemacht und sind wir wieder zu Bewusstsein gekommen? Ich meine zu erkennen, dass mit dem Ende des menschenverachtenden Kommunismus, auch gleichzeitig der egoistische und ausbeutende Kapitalismus an seine Grenzen gestossen ist. Der Mensch zeigt wieder mehr sein Gesicht als mündiges Wesen. Die grosse Mehrheit erkennt, dass es dem Einzelnen nur gut gehen kann, wenn es auch den Mitmenschen gut geht. Zumindest in der westlichen Welt ist Versklavung und Unterdrückung entfallen. Wir kümmern uns nicht mehr nur um uns selbst und unsere Familien. In unseren Gemeinwesen sorgen wir uns um alle, um Ausbildung und Gesundheit. Wir beziehen nicht nur die Menschen, sondern auch die Natur und die Artenvielfalt in unser Denken ein. Wir erkennen zunehmend die Grenzen unseres Handelns Es gilt noch immer das Gebot des kategorischen Imperativs für uns: Die Lösung der Probleme liegt in jedem Einzelnen, wenn jeder Einzelne für sich so handelt, dass er nicht nur seine Mitmenschen respektiert, sondern auch die Natur und unseren Planeten, lebt er gesamtverantwortlich für sein Leben und auch das Leben der Anderen. Wir erwachen, wenn wir diese Eigenverantwortlichkeit für uns selbst erkennen