Samstag, 18. Februar 2017

Dualität


Erstaunlich, dass wir uns Christen nennen und von der Lehre kaum etwas beherzigen. Im Judentum wurde noch von der Dualität zwischen Mensch und Gott ausgegangen. Hier der Mensch und dort Gott, der strafende und der gerechte.  Christus lehrt, das Schöpfer und das Geschaffene eins sind, Mensch und Gott sind eins.  Was macht der Mensch aus dieser Lehre?  Kaum gibt es den Menschen Christus nicht mehr, wird er selbst in die  Position Gottes erhoben,  wir halten es   nicht aus,  in der Einheit mit Gott zu sein, es muss für uns diesen Graben zwischen Gott und Mensch geben. Dabei sind wir Teil der Schöpfung und die gesamte Schöpfung spiegelt sich in uns wieder und wir sind Teil des Schöpfers und der Schöpfer spiegelt sich in uns wieder. Es gibt nicht eine Welt und einen Gott, sondern die Welt und Gott sind eins. Wir sind  wieder in die alten Vorstellungen des Judentums zurückgefallen, wenn wir Gott als etwas anderes sehen, als seine Schöpfung.  Erst wenn wir begreifen, dass Dualität Illusion ist und alles Geschaffene auch den Schöpfer enthält, können wir wahre Christen sein.  Wie der Mystiker Angelus Silesius schon gesehen hat: Jeder von uns ist  Christus,  Geschaffener und Schöpfer zugleich. Buddha heisst der Erleuchtete, erleuchtet sind wir, wenn wir den Weg in die Einheit gefunden haben, Einheit von Schöpfer und Geschaffenem. Nur das Geschaffene geht den Weg des Vergänglichen, der Schöpfer in uns  ist ewig, immer da, und in einem ewigen Schaffensprozess befindlich.

Mittwoch, 15. Februar 2017

Angst und Schmerz



Ich beobachte oft Angst und Schmerz in Menschen die um mich sind. Angst vor Verlust, Angst vor Versagen, Angst vor dem Leben, Angst vor dem Tod. Angst und Schmerz finden auf der emotionalen Ebene unseres Körpers statt, auf der dualen Ebene unseres Selbst. Sie sind der Spiegel unseres Kopfes, des Denkers, der unser Leben bestimmt.  Solange wir Gedanken unser Leben bestimmen lassen, werden wir auch Angst und Schmerz nicht verlieren. Wenn wir tiefen Schmerz in uns spüren, der uns nicht verlassen will und wir nicht wissen wo die Gründe liegen, gehen  wir  zum Psychiater. Das ist wie zum Arzt gehen, der seit Jahrhunderten auf der Grundlage des jeweiligen Wissens unsere Krankheit heilen will. Wenn der Arzt klug ist, wird er sich der Grenzen seines eigenen Wissens bewusst sein. Er  wird versuchen uns den Weg zu weisen aus  der Krankheit aus dem Schmerz , denn Krankheit Schmerz wurden von uns selbst verursacht und können auch nur durch uns Selbst geheilt werden.   Tiefer Schmerz ist im Schöpfungmythos beschrieben, es ist der  Verlust des Paradieses.  Paradies ist die Metapher für unsere Mitte, unser eigentliches Sein, die übergeordnete Kraft in uns und in Allem.   Unsere Seelenärzte geheimnissen in unsere Ängste Kindheitserlebnisse und andere traumatische Ereignisse. Sie erkennen aber nicht, dass die Freude am Sein und damit der Verlust von Schwermut und Angst nicht auf der körperlichen  Ebene, nicht im Kopf und nicht in den Emotionen gefunden werden kann. Freude und Liebe finden auf der tieferen Ebene des Seins statt. Diese Ebene erreichen wir nur jenseits des Verstandes, wenn wir die Gedanken hinter uns lassen, den Denker zum Schweigen bringen und unsere Mitte wiederfinden. Das ist die mythologische Rückkehr ins Paradies.  Dann gibt es keine Vergangenheit mehr, keine belastenden Erinnerungen, dann befinden wir uns im gegenwärtigen Moment. Wenn der bedeckte Himmel sich öffnet, dann erst können wir die Sonne sehen. Die Sonne war die ganze Zeit da, wir haben sie nur nicht wahr genommen. Die Freude am Sein ist in unserem Inneren verborgen, unsere Gedanken verhindern uns nur den Zugang, denn sie wissen, dass der Zugang der Tod der Gedanken wäre. Angst und Schmerz kann kein Arzt auf der Ebene des Denkens lösen, da gibt es keinen Weg.  Aber in jedem von uns ist eine innere Stimme und eine innere Sehnsucht die uns den Weg in das Licht zeigen kann, denn das Licht ist in uns  und die innere Stimme ist unser Wegweiser durch die Dunkelheit unseres Wissens in die Helligkeit unseres Seins. Wo Schmerz und Angst am dunkelsten sind, da ist die Erleuchtung ganz nahe.

Dienstag, 14. Februar 2017

Lanserhof




Ich beobachte die Menschen um mich. Viele sind gezeichnet von den Drogen unserer Zeit. Essen, Trinken, Sitzen, Stress. Gezeichnet von der fehlenden Achtsamkeit auf das was wir tun. Schon der Entschluss sich in etwas hineinzubegeben, das völlig anders ist als das was ich bisher tue ist der Weg in ein neues Bewusstsein. Ich kaue mein trockenes Stück Brot, das ist der Beginn in eine neue Welt. Ich werde mir meiner Kaubewegungen bewusst, des Geschmacks eines natürlich gebackenen Brotes, des wunderbaren Geschmacks von Brot – Kindheitserinnerungen werden wach, als ein Stück Brot die einzige Nahrung war und wir das Kauen solange wie möglich hinzogen. Die Achtsamkeit, die ich neu lerne zieht sich durch alles hindurch was ich hier mache. Ich lerne meinen Körper neu kennen, werde mir seiner Bedürfnisse bewusst. Essen und trinken gewinnen eine neue Qualität, einfache naturbelassene Nahrung, Wasser aus den Quellen der Berge, Wasser als Quelle des Lebens. Äussere und innere Anwendungen auf den Körper, diesem Wunderwerk, das mir anvertraut ist. Mein Körper erhält das was es wirklich braucht, nicht nur ärztliche und körperliche Zuwendung, sondern meine Aufmerksamkeit. Wenn nicht der Hunger mich so schwächt, das ich mich nur in mein Zimmer zurückziehen kann, dann habe ich von morgens bis abends Gelegenheit mich zu bewegen, vom morgendlichen Spaziergang, über Yoga, Pilates, Quigong, bis zu Gymnastik und Schwimmen im grosszügigen Aussenbad, aus dem der Nebel steigt und ich bei Frost in 32° Salzwasser schwimme, um mich die Berge und der Schnee. Erlebnisse, die der Seele guttun.  Endlich einmal kein Handy erlaubt, keine lauten Stimmen, die mich am Leben der anderen teilnehmen lassen. Angebote von Yoga und Meditation geben mir die Möglichkeit meinen Denker abzuschalten, Achtsamkeit zu lernen, no mind.  Zehn Tage gehen zu Ende, ich habe mich wieder auf das Wesentliche beschränkt. Auf mich Selbst.  Ein wunderbarer Platz, wenn es ihn nicht gäbe, würde ich ihn erfinden.

Christian von Stechow

Samstag, 4. Februar 2017

Seinsvergessenheit


Gestern unterhielt ich mich über die  „Seinvergessenheit“ bei Heidegger. Das berechnende oder wissenschaftliche Denken hat von allen Lebensbereichen Besitz ergriffen. Der Planet, die Natur und der Mensch werden vom wissenschaftlichen Denken beherrscht. Die Gefahren, die auch von H. gesehen wurden, sind offensichtlich geworden. Der Planet, die Natur und selbst der Mensch werden von den wissenschaftlichen Techniken langsam zerstört,  der „berechnende Verstand“ zerstört sich am Ende selbst.  Heidegger spricht in diesem Zusammenhang von der „Seinsvergessenheit“, er meint damit, dass sich der Verstand auf sein anderes Sein besinnen soll. Der  „berechnende Verstand“ muss durch den  „sich besinnenden Verstand“ begleitet werden, wenn der Planet und die Menschheit im Sinne der Schöpfung diesen Planeten weiter bewohnen wollen. Sich besinnen auf was?  Auf das Sein hinter den Dingen,  nicht der Denker ist massgebend, sondern das was den Denker denken macht (Upanischaden).  Wir scheinen diese Dimension hinter unserem „berechnenden Denken“ vergessen zu haben,  das ist das was H. die  „Seinsvergessenheit“ nennt.  Wenn der wissenschaftliche Denker dies als Mystik abtut, dann vergisst er, dass auch die Wissenschaft inzwischen an den Grenzen des Denkens angelangt ist und unsere menschliche Wahrnehmungsmöglichkeiten weitgehend auf Illusion beruhen. Wenn ich im Sinne von H. meinen besinnenden Verstand einsetze, erschliesse ich mir die Räume, die der berechnende Verstand nicht mehr wahrnehmen kann. Jenseits der Illusion unseres Denkens beginnt die Realität unseres Seins.