Montag, 28. Dezember 2020

Der Tanz auf der Titanic

Silvester oder der Neujahrsabend, wie er im Englischen genannt wird, gibt gerade in diesem Jahr keinen Anlass zum Feiern. Die Welt befindet sich in Quarantäne, fast alle Staaten verbieten die Zusammenkünfte der Menschen. Auch mit Böllern können wir nicht die bösen Geister vertreiben, die uns umlauern. Ich habe ohnehin nie verstanden, warum wir diesen Tag besonders feiern. Unsere Lebenszeit hat sich wieder um ein Jahr verkürzt, wenn wir uns nicht gerade in der Jugend befinden, altert unser Körper ein weiteres Jahr, die Gesundheit lässt nach, und allenfalls erreichen wir eine höhere Ziffer auf dem Stein, der von unserem Leben übrigbleibt. Vielleicht sollen der Alkohol und die Böllerschüsse die dunklen Gedanken vertreiben, die sich in der dunkelsten Jahreszeit so leicht einstellen. - Ich frage mich: Habe ich in diesem Jahr die kurze Zeit genutzt, die mir mein Leben zur Verfügung stellt, habe ich nur an mich gedacht - und wieviel meiner Zeit habe ich für andere aufgewendet? Trage ich etwas zum Erhalt der Schöpfung bei oder verbrauche ich wie die meisten von uns die knappen Ressourcen dieses Erdballs? - Wie kann ich das Ende eines Jahres feiern, das mich meinem Ende und auch dem Ende der Welt einige Schritte näher bringt? So wie die Kapelle auf der Titanic bis zum Untergang aufspielte, bewegen wir uns einige Schritte weiter in Richtung Abgrund, Traumtänzer, blind für das Geschehen um uns. Düstere Gedanken, die so gar nicht in meine positive Grundtendenz passen. Aber gerade in den letzten Tagen des Jahres befallen sie mich und es fällt mir schwer an den Festlichkeiten der Anderen teilzunehmen. Eins aber finde ich gut - die vielen guten Vorsätze, die viele an diesem Tag fassen, mehr Bewegung, weniger essen, weniger Suchtpotential, bewusster leben, vielleicht den Anderen mehr anschauen als bisher, - und schon verbessert sich meine Stimmung. Ich wünsche in diesen Tagen allen, dass sie ihre guten Vorsätze durchhalten und gesund und wohlbehalten durch das nächste Jahr kommen. Vor allem aber, dass wir die kurze Zeit die wir zur Verfügung haben, weise nutzen.

Freitag, 25. Dezember 2020

Weihnachten - und schon wieder - Wer bin ich?

Wenn ich in den Suchkasten meines Blogs diese Frage – Wer bin ich?- eingebe, sehe ich, dass ich wohl ständig auf der Suche nach Antworten auf diese Frage bin. Jedenfalls fand ich eine Vielzahl von Gedanken und die meisten meiner Gedanken fand ich gut. Heute , Weihnachten , würde ich als erstes antworten: Ich bin das neugeborene Kind, ich bin Christus, nicht das kleine Jesuskind, sondern der menschgewordene Geist Gottes. Meine Mutter hatte wohl einen ähnlichen Gedanken, als sie mir den Namen Christian gab. Den Namen, der mich auf meinem Weg durch die Welt begleitet hat. Es gibt unendliche Antworten auf die Frage: - ´Wer bin ich? - Meine naturwissenschaftlich gebildeten Freunde würden eher sagen, wir seien pulsierende Energiekörper, auch diese Antwort ist richtig, und selbst wenn mir erklärt würde, ich sei ein Mensch aus Fleisch und Blut, kann ich mich dem nicht verschliessen. - Ich kann nur empfehlen, die Frage in meinen Suchkasten einzugeben, fast alle Antworten, die ich gegeben habe, würden mich auch heute noch überzeugen. Meine Antwort am heutigen Tag wäre: So unfassbar und so vielschichtig das sich in uns offenbarende Leben ist, so unfassbar viele Antworten gibt es auf die Frage nach dem uns innewohnenden Sein. Und am heutigen Tag meine Antwort für mich und an alle, die dies lesen: Heute sind wir das neugeborene Kind, neugeboren, weil wir in der Dunkelheit der Nacht das Licht in uns hineinlassen, und das Licht leuchtet in der Finsternis und zeigt uns den Weg, und wir erkennen, dass dieses Fest der Geburt und des Lichts eine Erinnerung daran ist, wer wir wirklich sind: Ewiges Leben, für eine kurze Zeitspanne herabgesunken in die Materie, uns gerade heute wieder daran erinnernd woher wir kommen und wohin wir gehen. Und ich wünsche mir und Euch allen, dass das Licht der Erkenntnis uns auf unserem Weg durch das nächste Jahr begleitet. - Wenn wir in dieser der Erinnerung geweihten Nacht, etwas von dem Licht des Lebens und der Erkenntnis erahnt haben, dann hatten wir unser Weihnachtserlebnis. – FROHE WEIHNACHTEN -

Mittwoch, 23. Dezember 2020

Gefängnis oder Freiheit

Befinden wir uns im Gefängnis unserer Kultur, unseres Denkens, unserer Theorien, unseres Wissens? Was müssen wir tun, um die Kerkermauern zu durchbrechen? Mao dachte, er könne in seiner Kulturrevolution alles Alte beseitigen: Alte Denkweise, Alte Kultur, Alte Gewohnheiten, Alte Sitten. Er hat nur ein Gefängnis durch das nächste ersetzt. Früher reichte ein - Gedankenfreiheit Sire - um die Freiheit des Denkens zu fordern. Heute wissen wir, dass es mit dem Gefängnis in uns viel schlimmer aussieht. Die überwiegende Menschheit glaubt, wir hätten mit Technologie und Wissenschaft die alten Denkmuster überwunden. Tatsächlich haben wir sie nur durch einen neuen Glauben ersetzt, den Glauben, wir hätten mit unserem Wissen und Fortschritt einen neuen Gipfel erklommen. Es ist der gleiche Glaube, den wir in alten Religionen, Ideologien und Wissenschaften hatten. Solange wir uns nur mit der Erforschung dieser Welt befassen, werden wir uns nur in den alten Wissenschaften wiederfinden. Wie aber entkommen wir dem Gefängnis unseres Denkens und im weitesten Sinn, dem Gefängnis dieser Welt? Wollen wir ihm überhaupt entkommen, haben wir es uns nicht schon längst gemütlich gemacht in der guten Stube unseres Denkens? Vielleicht denken wir sogar, lass uns doch den Tod die Arbeit machen, der soll uns von dieser Welt befreien. Und was ist das überhaupt die Freiheit hinter dem Denken, wie gelangen wir dorthin? - Die Antwort haben uns nicht Wissenschaft und Denken gegeben, sondern die wenigen grossen Weisheitslehrer der Menschheit. Sie haben uns darauf hingewiesen, dass wir in einer Illusion unserer Sinne leben, schon unser Abbild im Spiegel ist eine Illusion, wir sind nicht in der Lage die Energiekörper zu sehen, aus denen unsere Zellen gebildet sind, wir sehen nicht die Kraft, die unsere Atome und Moleküle in ihre Bahn bringt, die alle Lebewesen schafft und vergehen lässt, den Kosmos zum unendlichen Enstehen und Vergehen bringt. Aber was unser Verstand nicht schafft, das können wir dennoch begreifen, denn wir sind selbst ein Teil dieser Kraft und dieser Teil versteht was er tut, weil er diese Kraft ist. Wenn wir diese Kraft GOTT nennen, dann sind wir ein Teil von GOTT, ein Teil der sich stets aufs neue formenden, gebärenden und sich ewig ändernden Energie, ein Teil des nicht begreifbaren und nicht in Worte zu fassenden Ewigen. Es ist dieses Ewige in uns, das wir spüren, wenn der Schleier der Wissenschaften fällt und wir das Reich der endgültigen Gedankenfreiheit betreten. Freiheit von Gedanken, aber ohne das Denken, die Freiheit des Wissens um das Ewige.

Sonntag, 20. Dezember 2020

Weihnachten 2020

Hinter uns liegt ein schwieriges Jahr. Ein Jahr der Beschränkung, des Sich- Abschottens, der Isolierung. Und nun die immer kürzeren Tage, die Dunkelheit um uns. Und plötzlich steht Weihnachten vor der Tür. Mit seinen Lichtern, den freudigen Gesichtern der Kinder, die hoffnungsvollen Gesichter der Erwachsenen. In die Dunkelheit hinein wird das Licht geboren, und das Licht siegt über die Dunkelheit. Die ganze Welt feiert mit uns, wenn Weihnachten die Lichter am Baum angehen und wir Licht und Wärme und Leben geschenkt erhalten. Eine neue Hoffnung erfüllt uns , Hilfe naht, die Dunkelheit des vergangenen Jahres geht ihrem Ende entgegen. Wir können wieder voller Hoffnung und Optimismus auf das neue Jahr blicken. Das Kind in der Krippe kündet vom Neubeginn des Lebens, in der Stille seiner nicht gesprochenen Worte liegen Hoffnung und Verheissung. Ich wünsche Euch, ein freudvolles Fest, in der Liebe und dem Frieden dieser Tage !

Donnerstag, 17. Dezember 2020

Verantwortung übernehmen

Wenn ich sehe, wie viele Menschen die Verantwortung für sich selbst bei anderen abladen, vor allem beim Staat, dann ist offensichtlich, keiner hat ihnen eigenverantwortliches Handeln beigebracht. Das Anspruchsdenken wird immer grösser, die Eigenverantwortung immer kleiner. Die Menschen mit den höchsten Ansprüchen an das Gemeinwesen tragen am Wenigsten zum Allgemeinwohl bei. Viele sind nicht bereit für ihr eigenes Leben zu sorgen und erwarten, die anderen sollten das für sie tun. - Dabei sind alleine wir selbst für uns und unser Leben verantwortlich. Für unsere Ausbildung, für unseren Beruf, für unsere Gesundheit, und für unsere Welt. Wenn wir einen Teil unseres Einkommens an den Staat abgeben, dann erwarten wir, dass wir entsprechende Leistungen zurückerhalten. Das Unbehagen in der Gesellschaft entsteht dann, wenn die Menschen den Eindruck haben, das Geld das sie als Steuer abgeben, komme nicht dort an, wofür es gedacht war. Es ist nicht damit getan, unsere Abgabe an den Staat zu leisten. Diese Abgabe entbindet uns nicht von unserer Verpflichtung in erster Linie für uns selbst zu sorgen und uns nicht auf andere zu verlassen. Neben der Eigenverantwortung hat jeder von uns auch Fremdverantwortung, die wir dort übernehmen, wo wir mit anderen Menschen zusammenleben. Im Beruf, in der Familie, in Gemeinschaften. Wir übernehmen Verantwortung für unsere Mitmenschen, für alle, die uns anvertraut sind, aber auch für für unsere Umwelt, sogar für die ganze Schöpfung, überall dort, wo wir unseren Fussabdruck hinterlassen. Verantwortung ist ein sich ständig verändernder Prozess. Erst tragen die Eltern die Verantwortung für mich. Dann lerne ich langsam Verantwortung für mich selbst zu übernehmen und schliesslich übernehme ich Verantwortung für die Menschen, die mit mir leben, ich verbinde ihr Leben mit meinem Leben, helfe dort wo es nötig ist, vor allem aber sorge ich dafür, dass alle Menschen in ihre eigene Verantwortung hineinwachsen können Für mich ist es beglückend, wenn ich die Menschen sehe, die ich eine Zeitlang begleiten durfte, wie sie die Verantwortung für sich selbst übernehmen, für ihre Familien, für ihren Beruf , und wie ich langsam alle Verantwortung abgeben kann. Nur für mich selbst trage ich die Verantwortung bis zum letzten Tag.

Sonntag, 13. Dezember 2020

Die Türen meines Adventskalenders

Mit welcher Freude und Neugier meine Enkelkinder jeden Tag ein Türchen ihres Adventskalenders öffnen. Hinter jeder Tür wartet eine Überraschung auf sie. Ich kann mich erinnern, dass ich als Kind einmal ein Türchen geöffnet habe, obwohl noch gar nicht der Tag gekommen war. Und in diesem Augenblick merkte ich, dass ich nicht die gleiche Freude empfand, wie an jedem anderen Morgen. Heute begreife ich, dass jede Tür nur dann geöffnet werden kann, wenn der Moment gekommen ist. Hinter jeder Tür verbirgt das Leben eine Überraschung, die sich aber nur dann offenbart, wenn ich dazu bereit bin. Wenn der Moment da ist und ich die Tür öffne hat das Leben für mich ein Geschenk vorbereitet. Jeder Mensch erhält das Geschenk, dass er in diesem Augenblick braucht. Der Künstler, der eine Eingebung für seine Arbeit erhält, die müde Pflegerin, die die Dankbarkeit der ihr anvertrauten Menschen fühlt, der Kranke, der empfindet wie das Leben in ihn zurückkehrt, der alte Mensch, der wieder Zeit hat das Leben hinter der Tür zu entdecken. . Wir können an jedem Tag im Jahr ein Türchen in uns öffnen, immer dann, wenn wir dazu bereit sind, und dann entdecken wir, dass in Allem was um uns ist, das Leben eine Überraschung für uns verbirgt. Wenn der Moment gekommen ist brauchen wir nur die Tür zu öffnen und es zeigt sich das, was wir in diesem Augenblick benötigen.

Freitag, 11. Dezember 2020

Mein Testament

In der FAZ schreibt regelmässig ein Autor, wie man sich richtig verhalte, wenn man seinen Nachlass weitergeben will. Wenn ich in dieser Kolumne zu schreiben hätte, würde ich auf einen wichtigen Satz hinweisen, die ein kluger Mensch vor unserer Zeit hinterlassen hat. – Was sorgt Ihr Euch um Eure Güter, die von Motten und Rost zerfressen werden. - Alles was wir in unserem Leben aufbauen hat mit uns selbst etwas zu tun. Es ist, wie wir selbst auch, dem Gesetz der Vergänglichkeit unterworfen. Wenn wir gehen, geht auch das, was mit uns zu tun hat, was wir geschaffen haben. Goethe hat das begriffen, wenn er sagte, - Was Ihr ererbt von Euren Vätern, erwerbt es, um es zu besitzen. – Es reicht nicht, ein Erbe zu bekommen und zu verwalten, es muss immer wieder von nachfolgenden Generationen aufs Neue erworben werden. Das gilt nicht nur für den einzelnen Menschen, es gilt auch für Völker und Nationen. Nichts hat Bestand, alles befindet sich in einer ewigen Wandlung und muss immer wieder erworben werden. Wenn wir unsere Kinder in die Welt entlassen, haben sie alles mit auf ihren Weg bekommen, was sie zu ihrem Leben brauchen. Ich gehöre der Nachkriegsgeneration an, die mit Nichts begonnen hat. Und doch habe ich ein grosses Erbe mit auf den Weg bekommen. Meine Mutter hat mich das gelehrt, was notwendig war, mein Leben zu bestehen. Heute schreibe ich nieder, welche Erkenntnisse mein Leben mir vermittelt hat. Wenn meine Kinder oder meine Enkelkinder meine Überlegungen lesen, dann erfahren sie etwas von dem, was ich für wert halte meinen liebsten Menschen weiterzugeben. Es sind nicht die weltlichen Güter, die wir hinterlassen, es sind die Werte, die unser Leben bestimmt haben, das was wir gedacht haben, welche Ethik unser Leben geprägt hat - es ist das was ich als meinen eigentlichen Nachlass betrachte.

Mittwoch, 9. Dezember 2020

Meine Erbsünde

Von meinen Eltern, in der Schule, in den Kirchen und Universitäten lernte ich, wer ich sei, ein Wesen aus Fleisch und Blut, oder aus Elementen, Zellen und Energie bestehend. Ich lernte nicht , wer ich wirklich bin. Und damit wurde ich von dem Wesen getrennt, das ich wirklich bin. Sie lehrten mich die Illusion, hier sei ich, der kleine Mensch, und dort sei die gewaltige Schöpfung, dort sei das, was wir Gott nennen . Diese Trennung , Schöpfung – Mensch, nannten sie die Erbsünde. Ich nenne es Irrtum oder Illusion. Dieser Irrtum ist allen Menschen eigen, und es reicht das einfache Wort Irrtum, um unsere Trennung vom Göttlichen zu benennen. Wie konnte der Irrtum entstehen, das Göttliche, von dem wir ein Teil sind, sei etwas, das nur ausserhalb von uns selbst zu erfahren sei, und wir seien getrennt von der Schöpfung? Die Ursache liegt vor allem in der Wissenschaft, die unsere Welt physikalisch, chemisch und biologisch erklärt. Die Welt die uns erklärt wird, ist aber nur zum kleinsten Teil aus dem entstanden, was wir Energie, Zellen und Elemente nennen. Auch die Teilchen, die wir wissenschaftlich erforschen können, sind nur Teilchen eines grösseren Ganzen, sind Teil einer übergeordneten Intelligenz, einer Intelligenz, die sich in Allem was ist offenbart. Und immer wenn ich denke, ich sei der den ich im Spiegel sehe, den mir mein Verstand oder meine Sinne zeigen, der Mensch von Fleisch und Blut, der wir glauben zu sein, sehen wir nur eine Illusion von dem was wir wirklich sind, wir sehen nur Materie und übersehen das viel Grössere, das wir auch sind, wir übersehen das Leben das uns erfüllt, die übergeordnete Intelligenz, die alles ordnet und schafft was ist, wir übersehen das Nichtsichtbare, das sich unseren Sinnen entzieht. So leben wir in der Illusion einer Trennung vom Leben, und im Glauben, diese Welt, dieser Körper sei das allein Existierende. Der Weg des Menschen ist es, diesen Irrtum zu überwinden, hinter sich zu lassen, es ist der Weg der Erleuchtung oder der Erlösung vom Irrtum. Wenn wir Erleuchtung erfahren, dann begreifen wir, dass in der Welt Elemente, Teilchen und Körper ständig ihre Struktur verändern, dass die Welt im stetigen Wandel begriffen ist, dass aber neben dieser Welt eine unveränderbare, übergeordnete Dimension besteht, eine nicht veränderbare und für unseren Verstand nicht fassbare Nichtwelt, die allem innewohnt, die Alles mit Allem verbindet, die diese Welt entstehen lässt, Dich und mich, die alle Welt vergehen lässt, die selber aber unveränderlich, keiner Vergänglichkeit unterworfen mich ganz erfüllt, immer da war und immer da sein wird. Erbsünde ist nur ein theologisches Konstrukt des Christentums. Allen Religionen und Menschen aber ist die Illusion und der Irrtum bekannt. Und unser Leben dient der Überwindung dieser Illusion. Wenn der Schleier der Illusion fällt, dann erkennen wir das Leben in uns und in allem und wir erfahren, dass wir Teil eines grossen Ganzen sind, das wir auch das Göttliche nennen können.

Sonntag, 6. Dezember 2020

Die Evolution des Glaubens

In einem klugen Artikel las ich, dass der Autor in den leeren Gotteshäusern wieder zu dem zurückfand, was der Ursprung jedes Glaubens ist, GOTT. Es war die Leere und die Stille, die er dort fand, das was uns jeder erleuchtete Meister predigt, wenn wir auf der Suche nach Gott und Erleuchtung sind. - Die Kirchenaustritte und der Zerfall der Staatskirchen beunruhigen mich nicht. Es ist höchste Zeit, dass unsere Vorstellung von GOTT nicht in Büchern und Kodexen nachzulesen ist, nicht in Geboten und Verboten besteht, nicht in Organisationen und Körperschaften gelehrt wird. Wenn unserer Blick als Mensch nach aussen geht, dann sieht er nur Welt, wenn wir GOTT erleben wollen, dann richtet sich unserer Blick nach innen. Im tiefsten Inneren von uns selbst öffnet sich der Raum der Stille, der Raum, in den wir eintreten, wenn wir mit GOTT kommunizieren. Auch in den grossen leeren Kirchen können wir dieses Erlebnis haben, wenn keine Worte uns ablenken, keine anderen Menschen um uns sind, und wir Stille in uns hereinlassen. Die Stille und die Leere sind die Dimension aus dem das Göttliche fliesst, keine leeren Formeln, keine Worte, keine Gebote und Verbote. Wenn die Epigonen der grossen Meister, die wenigen Lehren, die diese hinterliessen, zu mächtigen Büchern und menschlichen Institutionen ausbauten, haben sie nicht verstanden, welches Vermächtnis uns ein Christus und ein Buddha hinterliessen. Der Zerfall der kirchlichen Institutionen ist für mich eine Evolution des eigentlichen Wissens um das Göttliche in uns, eine Evolution des Glaubens. Wir sollten die wunderbaren Kirchen als Räume der Leere und der Stille erhalten, als Sinnbild dessen, was wir in uns finden, wenn sich unser Blick nach innen wendet. Wer GOTT sucht, der findet ihn nicht in Büchern, nicht in Religionen, nicht in Indien oder Klöstern, er findet ihn in sich selbst. Wenn wir GOTT nicht mit dem Verstand suchen sondern mit dem Herzen, wenn wir Stille und Leere in uns eintreten lassen, die unser eigentliches Wesen, ja die das Leben selbst sind, aus dem wir entstehen, und in das wir vergehen, dann fühlen wir uns dem Göttlichen nahe. Es ist das was ein grosser Meister meinte, wenn er sagte: - Der Himmel ist mitten unter uns. -

Donnerstag, 3. Dezember 2020

Genschere und Körperintelligenz

Ich bewundere Menschen, die eine Genschere erfinden und so tief in die Geheimnisse des menschlichen Körpers eindringen, dass sie selbst Viren verändern können. Der menschliche Verstand hat ungeheures geleistet und scheint sich in einer ständigen Weiterentwicklung zu befinden. Der Verstand scheint sich aber nur mit Materie und Energie befassen zu können. Selten lese ich über die uns innewohnende Körperintelligenz. Unser Verstand ist nur ein Bruchteil dieser uns innewohnenden Körperintelligenz. Jede Zelle, jedes Molekül unseres Körpers ist durchdrungen von dieser Intelligenz, die alles erschafft, durchdringt und am Leben erhält. Jedes Atom verfügt über diese Intelligenz, warum wissen wir so wenig über diese eigentliche Kraft , die uns unser ganzes Leben begleitet? Kann es sein, dass unser Verstand und Wissen als Teil dieser Intelligenz sich nicht selbst begreifen kann, weil er nur Teil dieser Intelligenz ist, nicht aber die Intelligenz selbst? Unser Verstand scheint gerade noch verstehen zu können, wie die Mechanik kleinster Energieteilchen aussieht, kann die Kraft messen und die Bewegung beschreiben, kommt aber dann an seine Grenzen, wenn Entstehung und Existenz von Materie und Energie erklärt werden sollen. - Wenn wir bei Krankheit über unsere körperlichen Abwehrkräfte sprechen, dann meinen wir diese Körperintelligenz. Wir können in diese Intelligenz nur eingreifen, indem wir uns ihr anpassen oder auch indem wir sie ignorieren und sie damit schwächen. Unser Verstand hat keine Kontrolle über diese Körperintelligenz. Die Körperintelligenz ist Teil des Lebens, das uns ausmacht, Körper und Leben sind in uns eins, der eine kann ohne das andere nicht sein. - Ich habe es mir angewöhnt, jeden Tag meines Lebens diese Intelligenz meines Körpers in der Meditation zu bewundern. Wenn ich in mich hinein gehe, wenn ich dieses Wunder des Lebens fühlen kann, das mich erfüllt. Im kleinsten Energiekörper der Atome, im Menschen, in der Fauna und Flora der Natur, in unserem Planeten, im ganzen Kosmos, überall sehe ich diese übergeordnete Intelligenz, die alles belebt, erfüllt, entstehen und vergehen lässt. Wir können diese Intelligenz auch Leben nennen, Seele oder auch GOTT, nicht der Name ist wichtig, sondern die Existenz dieser alles innewohnenden Kraft. Wie bescheiden wirkt unser kleiner Verstand und wie wenig Wissen haben wir über diese uns ausmachende Kraft, über diese Intelligenz, die alles erfüllt. Die Religionen machen es sich leicht, wenn sie alles, was wir nicht mehr begreifen können mit dem Begriff GOTT belegen. Sie versuchen das Unbegreifbare begreifbar zu machen. Ein grosser Lehrer der Menschheit hat einmal davon gesprochen, Gott nicht in den Tempeln dieser Welt zu suchen, sondern in uns selbst. Was er damit meinte: Gott als das Wunder des Lebens in sich selbst zu entdecken, im Eins werden mit unserem Körper, im Eins werden mit der uns inne wohnenden Kraft, im Eins sein mit dem Leben. Das was sich unserem Verstand entzieht , kann in uns selbst begreifbar werden. Wenn wir uns selbst betreten erleben wir das Leben, das Leben, das nicht nur uns erfüllt, das in Allem ist, das uns mit Allem verbindet was ist, mit Allem was immer war und immer sein wird Unsere Körperintelligenz ist Teil dieses einen Lebens, das grösste Geschenk der Natur an uns. Wenn wir dieser Intelligenz gut zuhören, können wir verstehen lernen, wie wir im Einklang mit uns selbst leben können und im Einklang mit allem Leben das uns umgibt. Die Entdeckung der Genschere ist nur ein kleiner Schritt in die richtige Richtung.

Sonntag, 29. November 2020

Gott und das Prinzip Hoffnung

Es beginnt schon als Kind. Wir stellen uns vor - Wenn ich einmal gross bin, dann … Und es setzt sich fort, - Wenn ich mein Examen geschafft habe, - Wenn ich erst mal viel Geld verdienen werde, - Wenn ich den richtigen Partner gefunden habe, und jetzt - Wenn ein Impfstoff gegen den Virus gefunden ist - überall in unserem Leben das Prinzip Hoffnung. Und dann die Hoffnungslosigkeit, eine Krankheit die nicht geheilt werden kann, das Alter, das keine Zukunft kennt, der Tod, der unumkehrbar zu sein scheint , der Verlust eines Menschen, der Verlust von Beruf und Besitz. Solange wir in der Hoffnung leben, denken wir an die Zukunft. Wenn wir die Hoffnung verlieren, denken wir an den Tod. Gestern sah ich einen Film über das Thema Suizid. - Ein Mann ist alt geworden und hat seine Partnerin verloren und mit ihr die Freude am Leben. Vor ihm liegt die Hoffnungslosigkeit des Alleinseins. Er will sein Leben durch Suizid beenden. In dem Film geht es darum, ob er rechtlich, medizinisch und moralisch dazu berechtigt ist. Keiner der im Film auftretenden Experten findet die richtige Antwort auf diese Situation. Kein Arzt, kein Jurist und auch der Vertreter einer Kirche nicht. – Meine Antwort wäre: Es sind nicht Hoffnung oder Hoffnungslosigkeit die unser Leben bestimmen. Jeder Tag Deines Lebens ist ein Geschenk an Dich, der milde Herbsttag, die fallenden Blätter, die letzten Strahlen der Sonne. Unser Leben findet nicht in der Zukunft, in der Hoffnung statt. Es findet nur in der Gegenwart statt. Kein Verlust dieser Welt kann den Wert Deines Lebens verändern. Du und ich und wir alle sind voller Leben. Keiner kann uns unser Leben nehmen, nicht einmal wir selbst. Dein Leben war immer da und wird immer da sein Das Leben ist nicht Geburt und Tod unterworfen, wie willst Du etwas beenden, das nicht beendet werden kann? Hoffnung und Hoffnungslosigkeit haben keinen Raum im wahren Leben. Jeder Moment, den Du lebst ist der wertvollste, den Du je erleben wirst. Hoffnungslosigkeit verdeckt nur das Leben vor Dir. Wenn Du zu Dir selbst erwachst erkennst Du, dass Leben Liebe ist. Liebe zum Leben macht das Leben schwerelos. Die Schwere des Lebens ist nur mit der materiellen Welt verbunden, sie macht jeden Verlust schwer. Die Liebe zum Leben, das sich in mir selbst offenbart, ist die Liebe zu Gott, denn das Leben ist Gott. Wir erkennen das nur, wenn wir erwachen, wenn wir zu Bewusstsein kommen. Das Fernsehspiel trug den Titel GOTT. Vielleicht hatte der Autor des Spieles eine Vorstellung davon, dass Gott eine Rolle in diesem Stück spielte. Ich hätte als Antwort auf die Frage nach dem Recht des Menschen auf Selbstbestimmung auch im Tod auf die Inschrift im Tempel von Delphi hingewiesen: ERKENNE DICH SELBST – DANN ERKENNST DU GOTT. Oder anders ausgedrückt: Du kannst Dein Leben nicht beenden, weil Dein Leben das ist, was wir Gott nennen. Du lebst in Gott und Gott in Dir, wache auf und erkenne, wer du bist.

Sonntag, 22. November 2020

Wenn das Leben zum Stillstand kommt

Wir alle erleben gerade, wie es ist, wenn das Leben mit Corona zum Stillstand kommt. Aber auch an anderen Stellen bleibt das Leben stehen, in der EU blockieren zwei Länder die Hilfsmassnahmen der Gemeinschaft, in den USA blockiert die alte Regierung dem neu gewählten Präsidenten den Zugang zum Weissen Haus. Immer wenn das Leben auf einem Punkt des Planeten zum Stillstand kommt fragen wir uns, wie konnte das passieren? Wie soll es jetzt weitergehen? - Ich empfinde Stillstand als das Wichtigste, was uns in unserem Leben passieren kann. Alles was wir erleben hat zwei Dimensionen, das was scheinbar an der Oberfläche passiert und dann die Dimension der Tiefe. Schon das Wort Stillstand weist darauf hin auf das, was jenseits der Oberfläche liegt. - Es ist die Stille, die uns begegnet, wenn alles still steht. Die Stille ist die Dimension der Tiefe, die jenseits der Oberfläche liegt. Die Tiefe enthält das gesamte Potential der Möglichkeiten, aller Möglichkeiten, die wir auf unserem Lauf durch die Zeit nicht erkennen können. Wir verhalten uns wie Kinder mit ihren Fragen : Und was machen wir jetzt? Und was kommt jetzt? – Haben wir die Antwort vergessen: Wir halten an - im Laufen – im Denken - wir halten an bei uns selbst - es geht keinen Schritt weiter – denn vor uns breitet sich die Tiefe aus, mit ihrem unbegrenzten Potential. Bei meinen Enkelkindern erlebe ich, was passiert wenn wir sie anhalten lehren, wenn wir ihnen ein Blatt Papier und Stifte in die Hand drücken. Sie setzen sich hin und träumen und aus ihrem Inneren entstehen Bilder. Sie sind noch in der Lage die Zeit anzuhalten und in sich selbst zurückzugehen, in die Stille und in ihre eigene Tiefe. – Auch wir müssen wieder den Sprung in die Tiefe wagen, nur so kommen wir in den Bereich der unbegrenzten Möglichkeiten. Wir sehen diese Möglichkeiten nicht, weil wir so sehr mit Laufen und Denken beschäftigt sind, dass ab und zu das Schicksal unseren Lauf anhalten und uns zum Nichtdenken zwingen muss. Nur im Anhalten und Nichtdenken können wir einen Schimmer der Möglichkeiten erahnen die uns umgeben. Wenn wir nicht von uns aus immer wieder unter die Oberfläche tauchen, muss das Schicksal eingreifen und uns zum Innehalten bringen. Von Stillstand keine Spur, wenn wir erkennen, dass Stillstand uns in die Dimension der unbeschränkten Möglichkeiten führt.

Samstag, 14. November 2020

Es gehört nicht mir

Der Satz, es gehört nicht mir, kann eine tiefe Weisheit oder ein grosses Missverständnis enthalten. Nichts was uns umgibt gehört uns, kein Lebewesen, kein Ding, kein Land, vor allem nicht die Natur, die uns umgibt. Der in jedem Wesen enthaltene Schöpfergeist erschafft die Welt, in der er leben möchte, alles was er erschafft wird ihm für eine kurze Dauer anvertraut, es gehört ihm aber nicht. Nur was wir selbst haben, hat für eine kurze Dauer Bestand, solange wir ihm unsere Zuwendung und volle Aufmerksamkeit geben. Das Erschaffene verschwindet mit seinem Schöpfer. Von den Naturvölkern wird erzählt, dass sie voller Unverständnis auf die weissen Eindringlinge schauten, die ihr Land kaufen wollten. Das Land war nach ihrem Verständnis nicht das Eigentum eines Menschen. Sie haben noch verstanden, dass uns Menschen nichts gehört, nur das was wir selbst erschaffen, wird zum vorübergehenden Besitz. Besitz und Eigentum haben die Zwietracht zwischen Menschen und Völker gesät, und das Gebot notwendig gemacht, Du sollst nicht begehren was Dein Nächster hat. Das was wir in unserem Leben erschaffen haben hat nur Wert für uns selbst, in den Händen anderer verschwindet es in kürzester Zeit. Oft stehe ich staunend vor dem Werk eines Künstlers, der seine Vorstellung in seinem Werk realisiert hat. Vielleicht kann ich ein solches Werk käuflich erwerben, gehören würde es mir trotzdem nicht. Es bleibt immer im Besitz des Künstlers, es ist mir nur anvertraut. Nicht anders ist es mit dem Wunder der Schöpfung, mit diesem Planeten und mit dem ganzen Kosmos. Die Welt und der Kosmos gehören uns nicht, sie sind uns nur anvertraut. Anvertrautes Gut tritt man nicht mit Füssen, lasst uns die Schöpfung bewundern, pflegen und versuchen sie für alle Lebewesen lebenswert zu erhalten.

Die Vermüllung der Welt durch Lärm

Wohin ich auch sehe, überall sehe ich Menschen mit einem Earphone im Ohr, auf der Strasse, im Zug, beim Sport. Ohne Unterbrechung lassen sie sich beschallen. Kaum nehmen sie die Kopfhörer aus dem Ohr, wird der Fernseher angestellt und wieder läuft ohne Unterbrechung ein Hintergrundgeräusch, das meiste ohne jeden Wert, es ist so als ob der Mensch ohne ein Geräusch in seinem Kopf nicht leben könnte. Es ist das gleiche Phänomen das wir als Menschen dem Planeten antun, wir vermüllen die Welt mit unserem Unrat, auf den wir angeblich nicht verzichten können, wir vermüllen unseren Kopf mit Lärm, weil wir die Stille nicht ertragen können. Brauchen wir vielleicht den äusseren Lärm, um unseren inneren Lärm zu unterdrücken, die Welt unserer Gedanken, die wie eine Mühle sich unablässig sinnlos in unserem Kopf drehen? Sind wir nicht mehr in der Lage den Lärm um uns abzustellen, Stille eintreten zu lassen, uns klar zu machen, das jeder Ton aus der Stille kommt? Stille ist das, was wir wirklich suchen, erst wenn wir die Stille gefunden haben, können wir die Töne würdigen. Nicht die Töne, die aus den Medien schallen, die zum gleichen Müll gehören, den wir um uns verbreiten. Die Töne der Natur, das Rauschen des Meeres, das Rascheln der Blätter im Wind, das Zwitschern eines Vogels. Wir müssen wieder lernen mit der Stille zu leben, der Stille aussen, der Stille innen. Erst wenn wir die Stille lieben lernen können wir die Töne wieder würdigen.

Mittwoch, 11. November 2020

Herbstzeiten

Wenn ich den kleinen Pfad entlang vom See nehme fällt der Blick durch das Schilf auf viele weisse Punkte, die fast die ganze Bucht ausfüllen. Alles Schwäne, die dort draussen liegen, die letzten Herbsttage geniessen. Die grauen Jungen sind herangewachsen und haben sich in weisse Schwäne verwandelt und in drei Monaten verlassen sie ihre Eltern, wenn die Paarungszeit beginnt. Um mich sehe ich die Blätter fallen, die Bäume sind schon fast kahl und ziehen sich in sich selbst zurück. Für die Dichter Anlass über Tod und Vergänglichkeit zu schreiben. Ich kann in Allem nur das Leben sehen, in den Tieren, in den Pflanzen, in mir, das ewige Leben, das nicht Tod und Vergänglichkeit unterliegt. Das Leben, das jeden von uns mit Allem verbindet, selbst mit den Sternen und dem All. Ich sehe nur Wandel, Transformation, nicht Tod und Zerstörung. Der Boden liegt voller Eicheln, jede Eichel gefüllt mit Information für den ganzen Baum. Jeder Samen ein Wunder der Natur. Und nichts wäre, wenn nicht das Geheimnis des Lebens in allem wäre, das schöpferische Sein das alles in den Händen hält, schafft und verwandelt. Es ist dieses ewige Leben auch in mir, das mir die Gewissheit gibt, es wird mich nie verlassen und mich immer auf dem Weg meiner Evolution begleiten. Früher haben wir das ewige Leben am Ende aller Zeiten erwartet. Heute weiss ich, das Ewige Leben war schon immer da, zu allen Zeiten und wird immer da sein, jetzt und auch jenseits aller Zeiten.

Sonntag, 8. November 2020

Mut zum Leben

Meine Mutter hat mich in meinem Kindergebet gelehrt, ein mutiger Junge und Mensch zu werden. Heute verstehe ich, was sie damit gemeint hat. Es gehört Mut dazu, das Leben zu leben, das Neue das Unbekannte anzunehmen, nie stehen zu bleiben, nie das Mephisto Wort zu gebrauchen - Verbleibe doch, du bist so schön -. Wenn wir anhalten und glauben, jetzt haben wir es geschafft, mehr kommt nicht, wenn wir glauben, uns ausruhen zu können, tritt der Tod in unser Leben, wir sterben, wir verlieren das Leben. Wir können es uns nicht gestatten den Blick zurück zu werfen, was gewesen ist, ist gewesen. Ich vergleiche mein Leben mit einem Wassertropfen in einem Fluss, der von der Quelle bis ins Meer fliesst. Geboren aus der Tiefe der Erde und mündend in das alles umfassende ewige Meer. Da gibt es keinen Moment des Stillstands, keinen Moment des Zurückschauens, kein Hindernis, die Kraft des Lebensstromes ist so gewaltig, dass weder Wind noch Wetter, keine Steine und Felsen auf dem Weg, je den Fluss aufhalten können. Es erfordert Mut sich dem Fluss des Lebens anzuvertrauen, Mut die Herausforderungen der Stürme und Hindernisse zu trotzen, Mut an das Leben zu glauben. Als Kind habe ich zu Gott gebetet, dass er mir diesen Mut verleiht, heute weiss ich, dass dieser Mut aus der Tiefe meines Seins kommt, aus der ewigen Tiefe, die mich mein ganzes Leben begleitet, bis ich einmünde in das allumfassende ewige Meer. Stefan George hat einmal gedichtet - Wer je die Flamme umschritt – bleibe der Flamme Trabant – wie er auch wandert und kreist – wo noch ihr Schein ihn erreicht – treibt er zu weit nie vom Ziel. – Was der Dichter nicht verstanden hat, es geht nicht darum, die Flamme zu umschreiten, es geht darum, den Kreis zu betreten, mitten hinein in die Flamme, auf die Gefahr sich zu verbrennen, es ist die Flamme des Lebens, die in uns brennt, es geht darum den Mut zu haben die Flamme des Lebens in uns lodern zu lassen, bis sie im Meer des Ewigen erlischt. Das ist der Mut, den ich im Gebet meiner Mutter kennengelernt habe.

Samstag, 7. November 2020

Die Heiligen Bücher

Allen Religionen liegt in ihrer tieferen Bedeutung die Suche des Menschen nach seiner Herkunft, nach dem Sinn seines Lebens und nach seinem Sein zu Grunde. Der Kern aller Religionen ist esoterisch und handelt von der Nichtwelt, dem Unbegreiflichen, von dem was wir Gott nennen. Allen Religionen liegt auch das Gebot zu Grunde, sich von Gott kein Bild und kein Gleichnis zu machen. Das Unerklärliche kann nicht in Worte und Bilder gefasst werden. An dieses Gebot hat sich keine Religion gehalten. Die Gründer der Religionen wurden von ihren Mitmenschen, mangels eines fassbaren Gottes, zu gottähnlichen Geschöpfen erhoben. Statt Liebe, Freude und Frieden wurde von den Religionen Angst, Terror und Schrecken über die Welt gebracht. Die Epigonen der Religionsgründer haben deren Lehren in Schriftform gefasst, aber sich nicht auf das geistige esoterische Erbe beschränkt, sondern eine Fülle von Regeln und Vorschriften geschaffen, die mit der eigentlichen Lehre nichts mehr gemein hatten. Was heute als heilige Bücher bezeichnet wird, ist eine Ansammlung von Gesetzen, aber kaum mehr der Weg der Meister zur inneren Erkenntnis und Erleuchtung . Der Missionsgedanke, die Aufforderung , die heiligen Lehren auch anderen Kulturen zu bringen, hat diese Kulturen vernichtet. Von der Heiligkeit der Lehre ist nicht mehr viel geblieben. Die Geschichte der christlichen Mission und Kolonisation und die muslimischen Glaubenskriege zeichnen eine blutige Spur von Mord und Totschlag durch die Zeitgeschichte. Noch heute toben in den Entstehungsländern der heiligen Bücher grausame Kriege. Unter dem Mantel unterschiedlicher religiöser Auffassungen bringen sich Brudervölker gegenseitig um. So tragen auch die Religionen den gleichen Makel in sich, der die Ideologien der Neuzeit kennzeichnet. Nicht dem Menschen in seiner Suche nach innerer Erkenntnis, nach Frieden und Gerechtigkeit soll geholfen werden, sondern eine Idee oder Theorie wird in eine Herrschaftsform gewandelt und mit Gewalt den Mitmenschen aufgezwungen. So verwandelt sich In den Händen des Menschen das Heilige in den Lehren der alten Meister in der Realität des Lebens in Angst und Schrecken.

Donnerstag, 5. November 2020

Grenzen der Toleranz

In den alten heiligen Büchern der Hirten und Nomadenvölker ist eines der höchsten Gebote das der Gastfreundschaft. Betrete ich das Zelt oder das Land meines Gastgebers bitte ich demütig um Gastfreundschaft und Aufnahme und begnüge mich mit dem, was mir mein Gastgeber von seinem Tisch zukommen lässt. In allen Zeiten und Religionen ist ein Gast der diese Regeln verletzte mit Schimpf und Schande aus dem Haus gewiesen worden. Wir sollten uns an diese Regeln erinnern, wenn Anhänger alter Nomadenreligionen unser Haus mit Forderungen und Ansprüchen betreten und sich nicht an die Sitten und Gebräuche ihrer Gastgeber halten wollen. Wer die Regeln unserer Gastfreundschaft verletzt, Ansprüche stellt oder sich anmasst , seine eigenen Vorstellungen in unser Land zu tragen, ist kein Gast, sondern ein Feind der umgehend unser Land zu verlassen hat. Kein Gebot von Toleranz oder Nächstenliebe schützt den, der die heiligen Gesetze von Gastfreundschaft verletzt. Jede Toleranz hat dort ihre Grenzen, wo sie vom anderen nicht in gleicher Weise ausgeübt wird.

Sonntag, 1. November 2020

In den Tempel gehen

Die Kirchen beschäftigen sich mit Sitzordnungen. Sie beschäftigen sich mit Worten. Die Worte sollen die Wahrheit enthalten. Sie beschäftigen sich aber nicht mit Gott. Alle Religionen dieser Welt enthalten auf ihrer tiefsten oder höchsten Ebene ewige Wahrheiten. Um den Satz von Christus - den Tempel Gottes in sich errichten - machen sie einen weiten Bogen. Wo blieben denn alle die Bischöfe, die Würdenträger und die ganze Organisation, wenn jeder Mensch den Tempel in sich errichten würde? Und vor lauter Organisation, Ritus und Welt vergisst die Menschheit die Frage zu beantworten: Woher komme ich - wohin gehe ich? Wer bin ich? Dabei ist jeder von uns in der Lage, diese Frage zu beantworten. Er muss nur auf seinem Weg durch das Leben anhalten, verharren, die Welt zum Stillstand bringen, bei sich selbst ankommen. Da gibt es keine Ziele, die es zu erreichen gilt, da gibt es keine Lebensgeschichte auf die ich mich berufen kann, da gibt es nur diesen einen Moment, in dem ich zu mir komme und in dem ich ICH bin. In diesem einen Moment betrete ich den Tempel meines Lebens. Alle Worte und Gedanken lasse ich hinter mir, alle Vorstellungen von mir. Ich tauche ein in die Tiefe meines Seins, in das was mich ausmacht, in das Leben, das jede Zelle meines Körpers erfüllt, in das was mich geschaffen und geformt hat. Ich komme bei mir selbst an. Ich fühle meine Verbundenheit mit allem Leben das um mich ist, das diesen Planeten erfüllt, den ganzen Kosmos geschaffen hat, ich bin bei mir selbst angekommen, bei Gott, den ich nicht im Aussen finden kann, den ich nur in mir finde. Das hat ein grosser Lehrer der Menscheit gemeint, wenn er sagte -DEN TEMPEL IN SICH SELBST ERRICHTEN. Und in diesem Tempel finde ich die Antwort auf die ewigen Fragen der Menscheit: Ich komme aus dem ewigen Sein. Ich kehre zurück in das ewige Sein. Ich bin ein Teil des ewigen Sein.

Samstag, 31. Oktober 2020

Wenn ich Langeweile habe

Im Augenblick regen sich überall Proteste gegen Einschränkungen in Coronazeiten. Discos, Bars, Restaurants, Fussballstadien, alles wird geschlossen. Nicht einmal im engsten Freundes- und Familienkreis dürfen wir mehr feiern. Wir sind auf uns selbst zurückgeworfen, und viele können mit sich selbst nichts anfangen. Jede Minute die wir mit uns selbst verbringen müssen kommt uns unendlich lang vor, sie dauert eben eine lange Weile, und tiefer Missmut erfüllt uns. Dabei bietet sich eine einmalige Chance, die Möglichkeit etwas mehr über uns selbst zu erfahren. Alle diese Möglichkeiten draussen in der Welt, auszugehen, sich zu amüsieren, die Zeit zu vertreiben sind entfallen und plötzlich habe ich nur noch mich selbst zur Verfügung. Was wir im Aussen suchen ist im Grunde Bestätigung, Bestätigung durch die Freunde, Bestätigung unseres guten Aussehens, Bestätigung durch den Partner, Bestätigung durch die erfolgreiche Mannschaft eines Fussballclubs und vor Allem Identifikation mit Gruppen, Zugehörigkeitsgefühle und Anerkennung. Befriedigung kann dieses Suchen nach Bestätigung im Aussen nie finden. Die Suche nach Bestätigung ist im Tiefsten eine Suche nach Erfüllung, nach Glück. Die Suche nach Erfüllung ist eine Suche nach dem Leben selbst, die Suche nach meinem Leben. Mein Leben finde ich aber nicht im Aussen, ich finde es nur in mir selbst. Wenn ich im Aussen, in der Welt auf die Suche nach mir selbst gehe, treffe ich auch nur die Welt, ich glaube ich treffe auf das Leben, finde aber eine Aneinanderreihung von Vergnügungen und Ablenkungen von mir selbst und indem ich immer hektischer suche gelingt es mir tatsächlich die Zeit zu vertreiben, die kurze Spanne Zeit, die mir für mein Leben zur Verfügung steht, ich verliere mein Leben,. - Kommt da nicht mit einem Virus eine grosse Chance auf mich zu, wenn mir eine Auszeit verordnet wird, Kein Ausgang, keine Vergnügungen, keine Ablenkung von mir selbst. Ich habe plötzlich eine lange Weile Gelegenheit mich mit der anderen Seite von mir zu beschäftigen, vielleicht ein gutes Buch zu lesen, einen Gedanken in mich herein zu lassen, vielleicht auch einen Philosophen zu Wort kommen zu lassen oder mich an meine Kindheit zu erinnern, wo ich noch eine Ahnung von Gott hatte. Ich weiss, dass das eine grosse Herausforderung ist, zu sich selbst zu finden, aber es ist das wirklich spannende Leben auf das ich treffe , wenn ich von aussen nach Innen gehe und beginne die Tiefe meines Seins zu erforschen. Wir müssen wie unsere Kinder vorgehen, wenn diese die Welt erforschen, voller Neugier, voller Offenheit. Vielleicht auch den einen oder anderen Gedanken zu Papier zu bringen und zu Ende denken. Wenn ich Langeweile für mich zu nutzen weiss, merke ich erst , dass ich garnicht genug Zeit in meinem Leben habe, um die ganze Tiefe in mir je ausloten zu können. Jeder Moment wird zum kostbarsten Moment in meinem Leben. Erfüllung und Anerkennung finde ich in mir selbst, wenn ich erkenne, welches Abenteuer der Weg in mich selbst bietet. Von Langeweile keine Spur.

Donnerstag, 29. Oktober 2020

Auf den Spuren meiner Mutter

Vor kurzem las ich die Tagebücher meiner Mutter. 1903 geboren, kam sie aus dem Vielvölkerstaat Österreich. Ihr Vater ein österreichischer Gymnasialprofessor in Lemberg. In Lemberg kamen Deutsche, Polen, Ukrainer, Juden und Armenier zusammen und schufen eine der reichsten und tolerantesten Kulturen des damaligen Europas. Wenn wir heute die Bücher von Eugen Roth oder Gregor von Rezzori lesen, bekommen wir eine Vorstellung von der Toleranz und dem Reichtum der Kulturen im damaligen Österreich. Der ukrainischen Sprachfamilie angehörend, wären meine Grosseltern nie auf die Idee gekommen sich als etwas anderes als Österreicher zu empfinden. Aus diesem toleranten Land musste meine Mutter emigrieren als nach dem 1. Weltkrieg das galizische Österreich von Polen besetzt wurde und keine andere Sprache als das Polnische gesprochen werden durfte. Meine Grosseltern blieben in Galizien und wurden 1940 nach Einmarsch der Kommunisten ermordet, weil sie Teil der Intelligenz des Landes waren und jeder Bewohner mit einer höheren Bildung nicht in das Weltbild der Linken passte. Meine Mutter, eine studierte Frau ,wurde zur Immigrantin und Deutschland wurde ihre neue Heimat. Eine bessere Deutsche als sie kann ich mir nicht vorstellen. Aber es gibt keinen Zweifel, ich bin der Sohn einer Immigrantin, mein Bruder Arnim, der berühmteste deutsche Linguist unserer Zeit , ist der Sohn einer Immigrantin, mein Bruder Andreas, ein Diplomat, hat sein Land als Botschafter Deutschlands auf der ganzen Welt vertreten, auch er der Sohn einer Immigrantin. Kein Mensch würde auf die Idee kommen, wir wären keine Deutschen. Ich schreibe das, weil ich mich als Deutscher für die Deutschen schäme, die ein Hetze gegen die Immigranten führen, eine Hetze, die mich an den Nationalsozialismus erinnert, mit seiner Rassenideologie. In Deutschland sind wir immer ein Vielvölkerstaat gewessen, eine Mischung von allen europäischen Völkern, Germanen, Slawen, Kelten, Romanen. Mein kluger Bruder sagte einmal, es gibt keine Rassen, sondern nur Menschen, die einer Sprachfamilie zugehören. Wenn eine politische Führerin sagt: Wir schaffen das. - dann meint sie – gebt den Immigranten eine Chance sich zu integrieren, unsere Sprache zu lernen und unsere Kultur anzunehmen. Wir waren schon immer auf Immigration angewiesen und werden es auch weiter bleiben. Ich jedenfalls bin stolz darauf der Sohn einer Immigrantin und ein deutschsprachiger Angehöriger der grossen europäischen Familie zu sein. Gemeinsam mit den Menschen, die zu uns kommen, um sich ein neues Leben aufzubauen, können wir eine reiche und vielseitige Kultur im Herzen Europas schaffen.

Freitag, 23. Oktober 2020

Ein anderer Blick auf den Virus

Wir leben in Symbiose mit drei Billionen Kleinstlebewesen, wie Viren und Bakterien. Wir Menschen sind der Wirt und unsere Bevölkerung, die Billionen Lebewesen in uns und auf uns, zeigen sich erkenntlich, indem sie uns in den zahlreichen Körperfunktionen behilflich sind. Wir leben nicht nur miteinander, sondern auch von einander. Ein Virus, der bisher einen anderen Wirt hatte, tritt an uns heran und möchte uns als Wirt benutzen. Wir haben noch nicht mit ihm Bekanntschaft gemacht und es hat kein gegenseitiger Anpassungsprozess stattgefunden. Die ersten Begegnungen sind nicht gut verlaufen, weder für uns, noch für den Virus. Wenn unser Organismus ihn nicht vertragen hat, erfolgte Krankheit, in vielen Fällen Tod. Die körpereigene Intelligenz des Virus ist auf Überleben programmiert, genauso wie die Körperintelligenz des Menschen. Vernichtet der Virus seinen Wirt, dann vernichtet er sich selbst. Beide Körperintelligenzen, die des Virus und die des Menschen reagieren daher sofort aufeinander. Der Virus beginnt zu mutieren, sich anzupassen, er möchte überleben, möchte in die Gemeinschaft der Viren aufgenommen werden, die in Symbiose mit den Menschen leben. Sehr bald bemerken wir, dass der neue Virus anders wird, weniger tödlich, am Ende dieser Entwicklung steht die Anpassung, er wird zum Bestandteil unserer Körperfamilie. Das Lebewesen Mensch reagiert auf zwei Weisen auf dieses neue Wesen. Der Körper baut von sich aus eine langsam stärker werdende Immunität auf, solange bis er mit dem Virus kompatibel ist und er dem Virus als Wirt dienen kann. Daneben entwickelt er mit seinem Verstand Mittel, die diesen Vorgang beschleunigen können. Es geht dabei nicht um einen Kampf gegen den Virus, sondern um Mittel , die eine Anpassung von beiden Seiten, auf Seiten des Virus und auf Seiten des Wirtkörpers beschleunigen. Anstelle des Kampfes gegen den Virus, tritt eine Politik der Anpassung an den Virus. Wir lernen etwas anzunehmen was nicht zu ändern ist, die Lebensintelligenz der beiden Lebewesen Mensch und Virus miteinander in Einklang zu bringen. Ich hoffe, dass diese Herangehensweise in der Medizin Schule machen wird, die Körperintelligenz in den Lebewesen respektieren zu lernen, und nicht mehr gegen etwas zu kämpfen, sondern durch kluges Zurückweichen Raum zu schaffen für die gegenseitige Annäherung und vor allem Respekt zu haben vor der ungeheuren Lebenskraft der Körperintelligenz in allen Lebensformen, der es immer gelingen wird Wege zu finden, um zu überleben. Ich habe gelernt, den Virus nicht als Feind zu betrachten, sondern als eine Lebenform, die an uns herangetreten ist und Bestandteil unseres Systems werden wird.

Dienstag, 20. Oktober 2020

Ängste und Negativität - wie ich damit umgehe

Jeder von uns kennt das Gefühl des Versagens, die Angst vor dem Leben. Den Rückblick auf das Leben – die Frage: was habe ich erreicht? Den Wunsch nach dem richtigen Partner – oder der Blick auf die eigene Beziehung, wie hat sich alles verändert - so habe ich mir das nicht vorgestellt. Den Blick auf bevorstehende Prüfungen – das schaffe ich nie. Die Angst vor dem Altern, die Angst vor dem Tod. Es sind immer Gedanken die in die Vergangenheit blicken oder in die Zukunft. In „Ein Kurs in Wundern“ las ich, dass wir nicht negativ denken würden, wenn wir nicht glauben würden, dass dies uns hilft. - Wenn wir uns nicht mit der Vergangenheit identifizieren – So viele verlorene Jahre – oder mit der Zukunft – Was soll alles Werden, wie geht es weiter mit meinem Leben – dann bleibt eigentlich nur der Blick auf die Gegenwart. Es ist das Jetzt in dem alles stattfindet, unser so wichtiges und wertvolles Leben, nur im Jetzt können wir die Blockade durch unsere Gedanken abwerfen, unser Ängste und unseren Pessimismus. Wenn wir unsere Negativität und unsere Ängste im Jetzt zulassen - gewinnen wir Abstand von ihnen, und wir sind ganz dicht am Punkt unserer Erlösung von aller Negativität: nur im Jetzt können wir das Licht unseres Bewusstseins auf das Dunkel unserer Emotionen richten und Erleuchtung erfahren - Licht verdrängt alles Dunkel - und wir können den Wert unseres eigenen Lebens erfahren und die Schönheit und den Wert von allem was uns umgibt. Jeder von uns hat diese Kraft in sich und wir können unsere Ängste und unsere Negativität nutzen, um die Wandlung in uns zu vollziehen, die es uns ermöglicht mit Mut und Freude und innerem Frieden durch das Leben zu gehen. Wenn wir glauben, dass wir einen ganz dunklen Punkt in unserem Leben erreicht haben, dann ist der Moment der Erleuchtung ganz nahe. Das Licht der Gegenwärtigkeit besiegt alle Gedanken die aus dem Dunkel kommen . Wir müssen nur jeden Gedanken an Vergangenheit und Zukunft hinter uns lassen, den Ballast unserer Gedankenmühle abwerfen und hinaus in die Schönheit und das Licht des Lebens treten.

Sonntag, 18. Oktober 2020

Der Reichtum des Lebens

Einmal Lottogewinner sein – ist der Traum vieler die in den Annahmestellen stehen und wöchentlich ihren Schein abgeben. Bei manchen geht dieser Traum in Erfüllung und dann liest man immer wieder, wie schnell das Geld verschwindet und wie das Gefühl arm zu sein um so heftiger auftritt. Geld hat da anscheinend seine eigenen Vorstellungen, wohin es gerne geht und wo es bleibt. Geld wird dorthin angezogen, wo die Menschen sind, die sich reich fühlen. Es ist eine ganz besondere Energie, die Geld anzieht. Sich reich zu fühlen hat nichts mit reich zu sein zu tun. Sich reich fühlen heisst, das unbegrenzte Potential in sich zu spüren, welches das Leben uns bietet und und die Energie und Kraft dieses Potential sinnvoll für das eigene Leben einzusetzen. In meiner Nachkriegsgeneration sind wir alle fast mit Nichts dagestanden. Da gab es nur das ungeheure Potential aus dem Nichts wieder Etwas zu gestalten. Unsere Kinder sagen oft , Ihr habt es leicht gehabt etwas aufzubauen, wenn nur Nichts da war. Ich entgegne dann, jeder steht vor der gleichen Situation. Wer erbt hat es viel schwieriger etwas Neues zu schaffen. Die bereits vorhandene Materie, der Wohlstand der Eltern verdeckt das Potential des Lebens. Sie glauben das Leben besteht darin, das nicht selbst Erworbene zu erhalten. Das wird in den seltensten Fällen gelingen. Sie werden immer Angst haben, das zu verlieren, was Ihnen übertragen wurde und diese Angst vor Verlust wird ihnen das nehmen, was ihnen so wichtig ist. Ich habe Geld immer nur als Mittel zum Zweck betrachtet. Etwas aufzubauen, etwas zu schaffen, andere Menschen auf meinem Weg mitzunehmen. Verantwortung für andere zu übernehmen, niemanden im Stich zu lassen und vor allem für mich keine materiellen Ansprüche zu stellen. So konnte ich mich mein ganzes Leben lang reich fühlen. Ich fühle mich reich, wenn meine Kinder ihren eigenen Lebensweg gehen und ihr eigenes Potential entwickeln, wenn meine Partnerinnen ihre eigenen Vorstellungen umsetzen können, wenn alle Menschen, die mich auf meinem Weg begleiten ein gutes Leben führen können. Es ist ein Wunder, wenn ich mein Leben betrachte, wie aus dem absoluten Nichts mein Leben und das Leben meiner Geschwister entstanden und vergangen sind und den Reichtum, den jeder von uns geschaffen hat, jeder in seiner Art. Das alles Erschaffene vergeht, liegt in der Natur der Dinge - wie Goethe sagt: was Du ererbt von Deinen Vätern, erwirb es, um es zu besitzen. Wir erben alle das unbegrenzte Potential des Lebens, und jeder von uns muss es immer auf das Neue erwerben, darin liegt der Reichtum des Lebens.

Donnerstag, 15. Oktober 2020

Altwerden - ein Geschenk der Natur

Wenn ich analysiere was ich in meiner morgendlichen Meditation in mich hineinlasse, dann sind es immer konkrete Anlässe oder Gedanken, die ich überprüfe. Dabei komme ich immer wieder zu dem Schluss, dass ich in jedem einzelnen Gedanken auch das Ganze sehen kann. Es lohnt sich das Einzelne zu betrachten, um die Fülle des Seins zu erfassen. Es ist einer der vielen Vorteile des Alterns, mehr Zeit für sich zu gewinnen. Auch das Alleinsein ist hilfreich die Gedanken zu ordnen. Ich bin mir bewusst, dass ich in Worten nicht fassen kann, was das eigentliche Sein und die Tiefe des Lebens ausmachen, wie könnte ich Stille und Leere beschreiben, wie fände ich Worte und Sätze, die Grenzenlosigkeit des Raumes wiederzugeben, den ich in Allem empfinde, auch in mir selbst. Ich bewege mich an der Oberfläche der Dinge, versuche das zu erfassen, was die Natur uns erlaubt zu wahrzunehmen und das zu ahnen, was jenseits meines Fassungsvermögens liegt. So müssen die Physiker empfunden haben, die in die Grenzenlosigkeit des Alls und in die Geheimnisse der Energie vorgestossen sind. Immer neue Welten tun sich auf, im Mikro- und im Makrokosmos, wahrscheinlich bis in alle Unendlichkeit. Das was ich zu Papier bringe ist der Versuch, Ordnung in meine Gedanken zu bringen, im Kleinen die Gesetzmässigkeiten zu erkennen, die Gedankenspirale zum Stillstand zu bringen und in die Tiefe vorzudringen, die in allem sichtbar wird. So wie die Worte entstehen die ich niederschreibe, werden diese Worte wieder vergehen. So sehen es die Buddhisten und die Physiker sagen vielleicht, Worte sind Energie, wie kann Energie vergehen? Wahrscheinlich haben beide Recht. Es ist ein grosses Geschenk, wenn das Leben einem im Alter noch einmal Zeit und Gelegenheit gibt, sich frei zu machen von den Alltagstätigkeiten und Ruhe in sich einkehren zu lassen, vor allem in die Welt der Gedanken. Die Bedeutung der Welt nimmt ab und die Tiefe dessen, was die Welt ausmacht und mich selbst als Teil der Welt, wird immer sichtbarer. Es ist ein grosser Luxus immer weniger Dinge zu haben und immer mehr Raum um sich und in sich zu schaffen. Und wenn dann in diesem Raum ein Umstand oder ein Vorkommnis, ein Wort oder ein Gedanke, meine Aufmerksamkeit anspricht, habe ich die notwendige Zeit und Ruhe, ihn in Ruhe wahrzunehmen. Für wen bringe ich meine Wahrnehmungen zu Papier? Natürlich für mich, auch für meine Kinder mit ihren Familien und einige Freunde, die mir was bedeuten.

Dienstag, 13. Oktober 2020

Wie van Gogh mich in einen Lichttunnel zog

In einem Film sah ich ein Bild von van Gogh aus der Serie seiner Sternenbilder. Die Bilder waren über einen Projektor auf eine Wand geworfen und man sass im Dunkel mitten im Sternenmeer. Ein Bild rief eine Erinnerung an ein Kindheitserlebnis wach. Ein Lichttunnel aus Sternen und Lichtpunkten, ein Kreis mit einer magischen Anziehung, am Ende des Tunnels das Licht. Es war 1946 in einem kleinen Dorf in Thüringen. Es gab nach dem Krieg absolut nichts, kein Essen, keine Medikamente, kein Zuhause. Ich bekam Diphterie. Ein Todesurteil ohne Serum. Im Endstadion der Krankheit trat ich in diesen Tunnel ein, der gleiche, den ich bei Van Gogh sah, Licht umgab mich und ich ging durch dieses Licht auf eine leuchtende Wand zu. Tiefe Ruhe und Frieden erfüllten mich. Ich war sechs Jahre alt, es ist aber wie heute. Ein Onkel, der im gleichen Dorf Arzt war setzte mich in letzter Minute auf sein Motorrad und fuhr mit mir in der Nacht in das Kreiskrankenhaus. Sie hatten, wie ein Wunder, noch eine letzte Ampulle von dem Diphterieserum. Van Gogh soll mehrere Selbstmordversuche gemacht haben. Er muss ein ähnliches Tunnelerlebnis gehabt und es in einem seiner Bilder zur Ewigkeit erhoben haben. Eins weiss ich, vor diesem Lichttunnel braucht sich keiner zu fürchten, es ist ein Gang in das Licht und in den Frieden. Wenn ich das nächste Mal in Paris bin, werde ich in den Louvre gehen und mich an meine Kindheit erinnern.

Mittwoch, 7. Oktober 2020

Feminismus und Evolution

Auf dem Tisch liegt ein Buch von Susan Sontag. Eine bekannte Feministin. Viele können das Thema Feminismus nicht mehr hören. Und doch ist Feminismus noch solange nötig, bis das männliche und das weibliche Prinzip sich wieder in der Balance befinden. In Jahrtausenden hat das männliche Prinzip die Oberhand gewonnen und mit Gewalt und Aggressivität das weibliche Prinzip benachteiligt. Beide Prinzipien sind aber gleichwertig und auch in beiden Geschlechtern gleichwertig angelegt, nur mit einer leichten Verschiebung in die eine oder andere Richtung. In der Natur beobachten wir, dass die weiblichen Tiere die grössere Bedeutung haben. Da wo der Mensch nicht eingegriffen hat leben weibliche Tiere getrennt von den männlichen Tieren und lassen die männlichen Tiere nur zur Paarung zu. Die weiblichen Tiere sind die Leittiere, ihre Lebensinstinkte sind stärker ausgeprägt und Gefahren werden mit Vorsicht und Vermeidung bewältigt. Das weibliche Prinzip ist das lebenserschaffende, das lebenserhaltende Prinzip, das männliche Prinzip ist auf Kampf, Widerstand, Macht und Herrschaft angelegt. Ich kann verstehen, dass Frauen sich heute wieder auf ihre lebenserschaffende Rolle besinnen und sich frei machen von Bevormundung und Abhängigkeit. Wenn ich Frau wäre, und nicht den geeigneten Partner fände, der bereit ist ein Leben in beiderseitiger Gleichwertigkeit zu führen, würde ich, wie in der Natur, das männliche Prinzip nur zur Paarung zulassen. Die grosse Gemeinschaft der Frauen steht zusammen, wenn es um die Erhaltung des Lebens geht. Das männliche Prinzip ist hierzu weniger geeignet. Die Erkenntnisse der Gesellschaft zur Gleichwertigkeit der Geschlechter sollten sich nicht nur auf die Gleichberechtigung der Frauen richten, sondern vor allem auf die soziale Sicherung der alleinerziehenden Frauen. In der Evolution der Menschheit haben wir den Punkt erreicht, wo wir die Gleichwertigkeit der beiden Prinzipien erkannt haben. Es wird aber noch Zeit kosten, bis die Schäden in der Psyche von Männern und Frauen beseitigt sind. Der kollektive weibliche Schmerzkörper, der durch Jahrtausende Unterdrückung, Gewalt und Abhängigkeit geprägt ist und der kollektive männliche Schmerzkörper, der durch die Ausübung von Gewalt, Macht und Herrschaft, Kriege und Tod gelitten hat, brauchen Zeit um wieder ins Gleichgewicht zu kommen. Erst wenn die patriarchalischen Gesellschaften mit Ihren strafenden männlichen Gottheiten untergehen und die Gleichwertigkeit der beiden Prinzipien in uns zur Selbstverständlichkeit geworden ist, wird Feminismus nicht mehr nötig sein.

Sonntag, 4. Oktober 2020

Wer von uns ist Alchemist?

Wir kennen die Figur des Alchemisten, der versuchte aus Blei Gold herzustellen. Es ist die Geschichte der Verwandlung, aus Unedlem Edles zu formen. Ich kenne Alchemisten, denen dies gelungen ist. Denn es geht in Wahrheit um die Verwandlung des Menschen. Nicht wie bei Kafka, der die Verwandlung in ein hässliches Insekt beschreibt, das am Ende die Verurteilung erwartet. Eher ist Alchemie die Metamorphose des Menschen in seiner nicht entwickelten Form in seine höhere entwickelte Bestimmung. Wenn wir ein allegorisches Bild gebrauchen, dann lieber das Leben der Raupe, bis zur Verpuppung und die Sprengung der Hülle, um als schöner Schmetterling in die Lüfte zu steigen. Um mich herum sind Alchemisten, die aus Farbe und Leinwand Kunstwerke schaffen, Komponisten die aus Tönen ganze Stücke zusammenfügen, Architekten, die aus Steinen und Sand unvergängliche Bauten herstellen, Köche, die aus einfachen Zutaten wunderbare Gerichte zaubern. Wir sind umgeben von Alchemisten, die Unedles in Edles verwandeln. Wie steht es um uns selbst, auch wir könnten Alchemisten sein. Wir könnten uns von einer unedlen, der Materie verhafteten Form, in eine höhere Existenz verwandeln, aufsteigen aus der Erdgebundenheit, aus der Gedankenlastigkeit, aus dem schmalen Wissen, das uns Schulen und Universitäten vermitteln, in unsere höhere geistige Form, die uns in der Evolution von der Natur auch zugedacht ist. Unsere rein materielle Existenz mit der in uns angelegten geistigen Form verbinden, das ist Verwandlung. Ganz mit unseren beiden Füssen auf dieser Erde stehen und gleichzeitig hinaufzufliegen in die unendliche Weite des Raums, aus dem wir und diese Welt kommen, den wir nur zu leicht in unserer Erdgebundenheit übersehen. Es ist die Verwandlung der Raupe in den Schmetterling, die Auflösung der Seinsvergessenheit durch Rückkehr in das Sein, die Erlösung aus der dumpfen Verbindung mit dem Blei, Symbol für Materie, die wir als Alchimisten unseres Lebens anstreben. - Ich freue mich täglich, wenn ich die Alchemisten sehe, die mich umgeben. Die Gestalterin, die dumpfe Hässlichkeit in harmonische Schönheit umformt, die Musikerin die uns die Töne für unsere Filme zusammenfügt, die Eltern, die kleine Wesen zu Menschen formen und die Geheimnisse der Verwandlung an die nächste Generation weitergeben, überall sehe ich die Goldmacher am Werk, überall sehe ich Schmetterlinge aufsteigen, und ich erkenne, dass auch ich zu dem Prozess der Verwandlung beigetragen habe, ein wenig Alchemist war und bin.

Sonntag, 27. September 2020

Mein Flug zu den Sternen

Wir lesen von den grossen Visionären, die die Welt verändern. Es sind diese Menschen, die an die Grenzen des Denkens gehen. Ein Elon Musk wird es sicher schaffen unsere Mobilität zu verändern, vielleicht auch den Weltraumflug zu kommerzialisieren. Die Philosophen führen uns an die Grenzen unserer Wahrnehmung , die Wissenschaftler in immer tiefere Dimensionen des menschlichen Wissens. Wahrscheinlich werde ich belächelt, wenn ich sage, dass auch ich jeden Tag zu den Sternen fliege und dass ich meine Lebenskraft aus diesen Flügen schöpfe. Wenn die Stunde meiner Reise kommt, halte ich die Zeit an. Die Zeit bleibt stehen, wenn ich das Rad meines Denkens zum Stillstand bringe. Ich blicke in mir hinauf zu den Sternen, in die ungeheuren Weiten des Alls, in die unbeschreibliche Leere und in die nichtzählbaren Mengen der kleinen Lichtpunkte, jeder eine Welt für sich. Ich ahne, dass die Leere das ist, was die Energie schafft, die grossen Energiezentren aus denen die Sterne in jedem Moment entstehen und von denen ganze Milchstrassen wieder aufgesogen werden. Es ist diese nicht mehr begreifbare Leere von der die Buddhisten sprechen, dass sie dem Begriff Gottes am nächsten kommt, der Schoß aus dem alles entsteht und in den alles vergeht, ewig ohne Anfang und ohne Ende, ohne dass unserer menschlicher Geist dieses grenzenlose Alles jemals erfassen könnte. – Es ist natürlich mein Geist der zu den Sternen fliegt und mich ergreift jedesmal ein körperloses Gefühl in der Stunde meines Fluges, so als ob ich schwerelos werde, um fliegen zu können. Manchmal sind es nur kurze Momente, in denen ich abhebe und die grosse Leere in mir und um mich empfinde, die Leere ergreift mich vollständig, als ob es mich nicht mehr gäbe - in manchen Nächten dauert die Reise länger und wenn ich zurückkehre ist es, als ob nur ein Moment vergangen wäre und es war eine Stunde und mehr. Ich hoffe, dass es vielen Menschen vergönnt ist, die Zeit anzuhalten und das All zu durchfliegen, wir brauchen dazu keine Hilfe von aussen, wir haben diese Fähigkeit in uns.

Sonntag, 20. September 2020

Die Heiligkeit der Familie

Was wir von Migranten lernen können ist die besondere Bedeutung, die Familie für jeden Menschen hat. Junge Menschen verlassen ihre Familien weil die Armut ihnen keine andere Wahl lässt. Sie hoffen vom Ausland monatlich Geld schicken zu können und zuhause ist ein Esser weniger da. Sie opfern ihr Leben für ihre Familie. In den westlichen Kulturen ist dieser Familiensinn weitgehend verloren gegangen. Der Staat übernimmt alle wesentlichen Aufgaben, wenn es zuhause nicht mehr für alle reicht. Deswegen ist die Familie nicht weniger wichtig als in früheren Generationen. Eine funktionierende Familie, in der alle die gegenseitige Verpflichtung fühlen, sich zu helfen , für einander da zu sein, ist der Kern jeder Zivilisation. Wenn wir uns um unser tägliches Brot keine Sorgen mehr zu machen brauchen, dann sollten wir uns darum sorgen, dass zumindest in unserer Familie gegenseitige Achtung, Interesse und Toleranz zueinander erhalten bleiben. Wenn in unserer Kultur nur jeder für sich selbst sorgt, nach dem Motto, - die Hauptsache es geht mir gut, was kümmern mich die Anderen - dann haben wir einen wesentlichen Teil von dem verloren, was ein menschliches Miteinander ausmacht. Von den Migranten, die vor unserer Tür stehen und um Hilfe bitten können wir lernen, was im Leben wichtig ist – für einander einzustehen. Ich habe in meinem Leben noch gelernt, was es heisst, im Nichts angelangt zu sein und auf die Hilfe anderer zu hoffen. Es war die Familie, die mich nach dem Krieg am Leben hielt und immer wieder Menschen, die auch nicht viel hatten, aber das Wenige teilten was ihnen geblieben war. Wenn wir diese Verantwortung füreinander von unseren Eltern gelernt haben, dann fühlen wir auch mehr Verantwortung für die, denen es schlechter geht als uns. Ich habe grosse Hochachtung vor den jungen Menschen, die ihre Heimat und ihren Kulturkreis verlassen, um in einer ihnen nicht freundlich gesinnten, neuen Umgebung ihren Familien zu helfen. Sie können unserer Gesellschaft in Erinnerung rufen, was es heisst Familie zu haben und füreinander einzustehen.

Freitag, 18. September 2020

Wie Shakespeare mir ein Lebenlang folgte

Schon seit meiner Jugend verfolgt mich das Sonnet 144 von Shakespeare. „Two loves I have of comfort and despair, that like two angels do suggest me still, The better angel is a man right fair, the worser spirit a woman coloured ill. “ In meiner Jugend haben wir noch die Gedichte auswendig gekonnt und ich habe viele Interpreten zu diesem Gedicht gelesen. Erst im Alter erkenne ich, das Shakespeare über die menschliche und göttliche Liebe in uns schreibt. Kein Interpret hat das richtig gedeutet. Die menschliche Liebe ist die Liebe der Sinne, die sich auf den anderen Geschlechtspartner richtet, aus der Sicht des Dichters die Frau, die immer wieder seinen Blick trübt und daher „coloured ill“ ist, dagegen hält er die göttliche Liebe, die er in sich spürt und die er mit einem schönen Engel vergleicht. In dem Sonnet befinden sich die göttliche und die menschliche Liebe ständig im Konflikt und der Dichter weiss nicht, wer am Ende den Sieg davon trägt. - Es ist genau dieser Konflikt, um den es geht, um die Erkenntnis, dass göttliche und menschliche Liebe in uns vorhanden sind, die Engel stehen hier für diese zwei Seiten der menschlichen Seele. In dem Gedicht wird die menschliche Liebe mit einer „dunklen Frau“ verglichen, aus der Sicht des Dichters das andere Geschlecht, das genauso „a man coloured ill“ sein könnte. Ich habe keinen Interpreten Shakespeares gefunden, der die Tiefe dieses Gedichts begriffen hat, dass es nicht um eine „dark lady“ geht, bei der gerätselt wird, welche Frau es wohl sein könnte, sondern um den Konflikt von göttlicher und menschlicher Liebe. Es ist diese tiefe Dimension der Liebe, in der ich im vorhergehenden Essay schrieb.

Liebe und Erlösung

Eine der geheimnisvollen Bitten im Vaterunser ist der Wunsch nach Erlösung von dem Übel oder Bösen. Was ist mit dem Bösen gemeint – das Böse als Gegenteil vom Guten? Diese Bitte ginge fehl, weil es illusorisch wäre um etwas zu bitten, was Bestandteil der Schöpfung ist. Gemeint kann damit sein, die Erlösung von der Täuschung unserer Sinneswahrnehmung. Nicht nur die sinnlich erfahrbare Oberfläche der Welt und des Menschen wahrnehmen zu können, sondern den Blick öffnen zu lernen, der nach innen geht und die Einheit hinter aller Dualität zu sehen lernt. Einer der Wege in die Einheit mit dem Leben ist die Liebe. Nicht die Liebe von der wir in den Gazetten lesen, gemeint ist die tiefe Liebe die jenseits aller Vernunft dieser Welt und jenseits unserer sinnlichen Wahrnehmung liegt. Es ist die Liebe zum Leben das sich in allen Erscheinungsformen äussert und die wir oft nicht wahrnehmen. Am ehesten erfahren wir diese Liebe bei unseren Kindern, die wir jenseits allen Denkens lieben können. Es ist eine Liebe aus dem Urgrund der Seele, jenseits aller sinnlichen Wahrnehmung. Wir können diese Liebe auch bei unserem Partner erfahren, wenn wir sein eigentliches Menschsein sehen können, wenn wir ihn annehmen können, so wie er ist, wenn wir die Dimension der Tiefe in ihm fühlen können, wenn wir eins mit ihm werden können, ohne jedes Begehren und ohne jeden Besitzanspruch. Liebe die aus der Tiefe unseres Seins aufsteigt ist die Liebe Gottes, die nicht von aussen kommt, sie ist von Beginn unseres Lebens in uns und endet nicht mit der Auflösung unserer materiellen Seins, sie schenkt uns Erlösung von der Bindung an Materie, sie gibt uns Zugang zum Geheimnis des Lebens, sie lässt uns einen Blick in die Geheimnisse der Schöpfung werfen, und das Geheimnis des Lebens in uns und in Allem erahnen. Die Dualität von Gut und Böse werden in der wahren Liebe wieder zur Einheit. Warum wir um die Erlösung von der Wahrnehmung der Dualität bitten, wenn sie schon da ist? Weil die Erlösung von dem Schleier, den der Denker in uns gewoben hat, eine Gnade ist, die uns gewährt wird, wenn wir darum bitten. Sie ist nicht durch die Fähigkeit des Denkens zu erlangen,wir können uns aber der göttlichen Liebe öffnen, indem wir Raum in uns schaffen, Raum in den Stille eintreten kann, Raum in dem wir unsere Seele spüren können. Es ist dieser Raum den Liebe und Erlösung brauchen, um sich uns mitzuteilen. Gebet um Erlösung ist nichts anderes als diesen Raum in uns zu schaffen, in dem Liebe wahrnehmbar wird.

Sonntag, 13. September 2020

Romantische Liebe

Ein ganzer Medienzweig lebt davon die romantischen Beziehungen der Medienstars zu schildern und auch das Ende der Beziehungen, meistens in einem schmutzigen Scheidungsstreit. Hintergrund ist die Unvollkommenheit des Menschen, der hineingeboren wird in die Polarität der Welt. Jedem Menschen ist ein Geschlecht zugeteilt, und dieses Geschlecht ist unvollkommen, solange es sich nicht mit dem ergänzenden andere Geschlecht vereinigt. Ein genialer Zug der Natur, so könnte man meinen, um den Fortbestand des Lebens zu bewirken. Auf der emotionalen Ebene entwickelt unser Körper ein Sehnsuchtsgefühl, das nach Ergänzung sucht und erst mit dem richtigen Partner gestillt werden kann. Was am Anfang als Liebe zum Anderen in Erscheinung tritt ist genauso dem Gesetz der Dualität unterworfen und wir wissen, dass im Hintergrund auch das Gegenteil von Liebe lauern kann, wenn die Phase der Euphorie im Alltagsleben umschlägt in Gewohnheit, Langweile, Gleichgültigkeit. Der vorher geliebte Mensch ist plötzlich nur noch normal, der Verliebte wird ent-täuscht und sieht seinen Partner plötzlich mit anderen Augen. Diese Ent- Täuschung ist nichts Schlechtes. Sie zieht nur den rosaroten Schleier fort und zeigt das Leben in seiner Realität. Das muss nicht das Ende einer Beziehung bedeuten, denn inzwischen könnte eine tiefere Erfahrung, ein tieferes Wissen um den anderen eingetreten sein. Dieses tiefere Wissen tritt ein, wenn wir dem anderen Zutritt zu unserem inneren Wesen gewähren, wenn wir das Rollenspielen fallen lassen und der Mensch sind, mit allen Eigenschaften, mit allen Stärken und Schwächen, der wir wirklich sind. Wenn wir nur unsere Oberfläche zeigen, den Zutritt zu uns verweigern oder unser eigenes Inneres noch gar nicht wahrgenommen haben, dann kann eine Beziehung kaum Bestand haben und die Auseinandersetzungen, die bei einer Trennung folgen, können unangenehm werden. Wenn eine romantische Beziehung aber Zugang gewährt zum eigentlichen Sein eines Menschen und die eigentlichen Wesenszüge des anderen erkennbar werden, dann können wir in die tiefe Region der Liebe vordringen, die zwei Menschen verbindet, die sich gegenseitig erkannt haben. Sich erkennen heisst in die Tiefe des eigenen und des anderen Seins vorzudringen und dort das Gleiche vorzufinden wie in uns selbst.

Freitag, 11. September 2020

Warum Zuhören so wichtig ist

Eine der wesentlichen Voraussetzungen des menschlichen Zusammenseins ist das sich gegenseitige Mitteilen, aber auch das Zuhören können. Bei Kindern ist das starke Mitteilungsbedürfnis normal und die Eltern hören gerne dem Geplapper ihres Nachwuchses zu, bringen eine Geduld auf, die sie oft unter Erwachsenen nicht haben. Bei Erwachsenen beobachte ich, wie jeder gerne reden und sich mitteilen möchte, aber kaum die Fähigkeit hat zuzuhören. Aber gerade das Zuhören können ist eine wesentliche Voraussetzung für das menschliche Miteinander. Ich habe immer die Menschen besonders gemocht, die diese Eigenschaft hatten. Es ist nicht damit getan, den anderen zu Wort kommen zu lassen, wenn gleichzeitig deutlich erkennbar das Gedankenkarussell sich im Gegenüber weiter dreht und er gar nicht richtig zuhört. Wichtig ist es beim Zuhören in sich Stille eintreten zu lassen, dem Gegenüber Raum in sich zu geben. In diesem Augenblick begreift der Andere vielleicht, dass Du ihm wirkliche Aufmerksamkeit schenkst, ihn ernst nimmst und auch andere Gedanken zulässt als Deine eigenen. Warum können wir etwas bei Kindern, was uns bei Erwachsenen nicht gelingt, ihnen unsere vollkommene Zuwendung zu geben? Weil wir unseren Kindern Raum in uns selbst geben, sie als einen Teil von uns sehen. Ich denke, dass viele Beziehungen daran scheitern, dass wir unserem Partner nicht den Raum einräumen, der bei unseren Kindern selbstverständlich ist. Vielleicht sollten wir ein Gespräch mit unserem Partner damit beginnen einfach zu schweigen, ihn zu Worte kommen zu lassen, bewusst erfassen was er sagt, weil wir bei bewusstem Zuhören das eigene Gedankenkarussell zum Stillstand bringen und ihm damit vermitteln, dass er tatsächlich in uns angekommen ist. Wenn wir dem Anderen Raum in uns geben, wird er Teil von uns - und das ist es worauf es ankommt, Teil zu werden am Leben des Anderen. Ich denke, wenn Einer von uns damit beginnt dem Anderen zuzuhören, wird der andere nicht nur das Interesse des Anderen merken, sondern auch selber lernen dem Anderen Raum in sich zu geben. Vielleicht verhilft das Verstehen von diesem Zusammenhang zu einem besseren gegenseitigen Verständnis.

Dienstag, 8. September 2020

An der Quelle trinken

Wenn ich in meinem Zuhause anwesend bin kann ich auch Räume erreichen, die mir normalerweise nicht zugänglich sind. Ich denke da vor allem an das innere Energiefeld. Das innere Energiefeld baut sich auf aus den Energiefeldern von Atomen und Molekülen, die in meinem Körper anwesend sind. So wie die Atome und Moleküle in meinem Körper einer inneren Ordnung unterliegen, ist auch das innere Energiefeld einem höheren Gesetz unterstellt, vergleichbar dem Gesetz, das den ganzen Kosmos um uns ordnet. Diese Energiefelder sind im Osten schon lange bekannt, in Indien werden die Energie Chakren gestärkt, in China durch Akupunktur die Energiefelder behandelt. In der westlichen Medizin werden den Energiefelder im Menschen noch zu wenig Beachtung geschenkt. Jedem Menschen ist es gegeben, seine eigenen Energiefelder zu stärken. Wir erreichen das durch Beachtung und Aufmerksamkeit. Wenn ich bewusst meinen Körper bewohne und in meiner Meditation jeden Bereich des Körpers bewusst besuche, steigt die Schwingungsfrequenz meines Energiefeldes und ich bin stärker und lebendiger. Auf dem Weg durch meinen inneren Körper erreiche ich auch Räume, die vom Verstand nicht mehr erfasst werden können.Es sind die Räume jenseits des physisch zugänglichen Körpers. Das was physisch nicht erfahren werden kann ist auch durch Sprache nicht mehr greifbar. Wie gelange ich in diese Räume? Mit meiner Vorstellungskraft gehe ich bis in die einzelnen Zellen, bis in die Atome und Moleküle und entdecke die ungeheure Weite und Leere in meinen Energiekörpern. Es ist diese Leere, der unfassbare Raum in meinem Inneren, der der fassbaren Energie Struktur und Form gibt. Wenn ich diesen grenzenlosen und zeitlosen Raum betrete bin ich dort angelangt wo ich jenseits von Geburt und Tod bin, dort wo es keine Worte gibt, an der Quelle des Lebens. Ich trinke unbewusst von dieser Quelle des Lebens , jede Nacht wenn ich im Tiefschlaf dort Lebensenergie aufnehme und bewusst, wenn ich in meiner Meditation in diese nicht denkbaren Räume vorstosse. Es ist dieser nicht fassbare Raum der Stille, jenseits aller sinnlichen Erfahrung, den wir das Leben nennen und der uns mit allem Leben und dem gesamten fassbaren und dem nicht erfahrbaren Kosmos verbindet. In diesem Raum entsteht Leben und vergeht Leben, entstehen Sternensysteme und vergehen sie. Es ist das Ewige in uns, jenseits von Allem, was wir uns vorstellen können.

Samstag, 5. September 2020

Wo wohnst Du?

Die Antwort wird meistens mit einer Adresse oder einem Land verbunden sein. Die richtige Antwort lautet: In meinem Körper. Wichtig ist nur ein Ort für uns, unserer Körper. Es ist unser eigentliches Zuhause, der einzige Ort, wo wir unser Leben verbringen. Wie vielen Menschen mag das bewusst sein? Einige von uns kümmern sich mehr, andere weniger um diesen Lebensort. Bei vielen ist das Bewusstsein vorhanden, etwas für den Körper tun zu müssen. Fitness ist zumindest bei den Jüngeren angesagt, aber auch Ernährungsbücher sehe ich zusehends auf den Tischen liegen. Essen und Bewegung wird als Quelle der Gesundheit wahrgenommen. Inzwischen ist vielen von uns bewusst geworden, dass wir nicht nur an den Energiebedarf der Zellen denken dürfen, sondern auch an die richtige Ernährung der vielen Mitbewohner unseres Körpers. Diese vielen Kleinstlebewesen die zu Millionen unseren Körper bevölkern wollen richtig ernährt sein, wenn sie das bleiben sollen, was ihre Bestimmung in uns ist, unsere Freunde und Helfer zu sein. Ich bin mir immer wieder bewusst, dass ich nicht allein meinen Körper bewohne, und dass ich auch Verpflichtungen meinen Mitbewohnern gegenüber habe, wenn es mir gut gehen soll. Es ist diese Aufmerksamkeit, die ich meinem Körper und seinen Mitbewohnern schenke, die mich gesund erhält. So wie ich gerne mein Zuhause in Ordnung halte, vielleicht auch einen ästhetischen Sinn entfalte, um mein Zuhause schön zu gestalten, bin ich bemüht, mein eigentliches Zuhause , meinen Körper, auch in seinem optimalen Zustand zu erhalten. Die Aufmerksamkeit die ich bei Allem was ich tue nach aussen richte, lasse ich auch meinem Körper zukommen. Mein Körper dankt es mir mit Wohlbefinden. Mir ist es gleichgültig, ob einer Veganer, Vegetarier oder Allesesser ist. Wichtig ist nur, dass wir daran denken, unserem Körper frische und lebendige Nahrung zuzuführen. Wenn wir unsere Aufmerksamkeit auf das richten, was wir essen und trinken, dann kommt diese Aufmerksamkeit auch unserem Körper zugute, er dankt es uns mit Gesundheit. Für unser eigentliches Zuhause sollten wir uns nur das Beste leisten, dann bleibt uns unsere eigentliche Wohnung bis ins hohe Alter erhalten, wir sorgen für die innere Ordnung und diese innere Ordnung wird sich auch in unserem Äusseren zeigen.

Mittwoch, 2. September 2020

Das Polykrates Syndrom

Wir kennen alle aus Schillers die Geschichte eines griechischen Königs, dem alles gelingen will und des Gastfreundes, der mit den Worten „die Götter wollen Dein Verderben, fort eil ich, nicht mit Dir zu sterben“ ihn am Ende verlässt. An dieses Gedicht denke ich, wenn ich in eine schwierige Lage gerate. 75 Jahre meines Lebens habe ich in Frieden gelebt und alles wollte mir gelingen. Wenn jetzt ein Ereignis wie Corona eintritt, sehe ich das als Zeichen der Götter, ein Zeichen, das nicht Vernichtung anzeigt, sondern, dass die Götter es gut mit uns meinen, sie erinnern uns daran, dass auf gute Zeiten auch schwierige Zeiten kommen. So geht es mir auch mit anderen negativen Ereignissen - gerade gelingt mir so gut wie alles – und plötzlich aus heiterem Himmel trifft mich ein Unglück, eine Krankheit, ein verlorener Prozess, ein finanzieller Fehlschlag. Ich betrachte diese Ereignisse als positiv. Die Gottheit erinnert mich daran, dass alle Dinge dieser Welt zwei Seiten haben und das Eine nicht ohne das Andere zu haben ist. Vielleicht fragen meine Mitmenschen - was bringt es, alles positiv zu sehen? – Es bringt die Kraft mit den Hindernissen umzugehen, die auf uns zukommen. Besorgt wäre ich, wenn mir alles gelingen würde. Dann müsste ich wie Polykrates befürchten, dass die Götter mein Verderben wollten.

Sonntag, 30. August 2020

Meinen Verstand verlieren

Wenn mich ein Gedanke umtreibt, dann stosse ich wie durch Zufall, immer wieder auf Ergänzendes, das mir zufällt. Heute stiess ich auf einen Artikel in der NZZ über Kierkegaard, den grossen dänischen Philosophen. Wieder geht es um den Menschen, der hinausgeht in die Welt und an irgendeinem Punkt nicht mehr weiterkommt. Es ist dieser grosse Moment im Leben eines Menschen, der Moment des Wandels. Der Mensch ist an der Grenze seiner Vernunft angelangt, wie geht es weiter, wie findet er den richtigen Weg? Es geht um den Weg des Menschen, der hinausführt in die real existierende Welt und den Weg zurück zum Vaterhaus. Ich zitiere: Kierkegaard forderte jeden auf, nicht im Schwarm der Masse mitzuschwimmen. Und sich stattdessen auf die «Existenzinnerlichkeit» zu konzentrieren. Kierkegaard als existenzielles Wesen brauchte Gott, als rettendes Gegenüber. Seine Metapher vom Sprung in den Glauben lautete: Einfach springen, mit Mut zur Angst, zum Nichtwissen, zur Leere. «Glauben heisst den Verstand verlieren, um Gott zu gewinnen.» Es ist dieser Moment im Leben eines Menschen, der Punkt der Wende, den die Religionen Erleuchtung, Erlösung oder Erwachen nennen, den Kierkegaard meint, der Sprung ins Leere, ins Nichtwissen, - der Sprung in das eigene Innere, in die innere Gewissheit. Den Verstand verlieren heisst, das innere Rad der Gedanken zum Stillstand zu bringen und den Raum der Stille in sich zu erfahren, die absolute Leere, das Nichts, aus der Alles ensteht und in die alles vergeht. Der Weg zurück ins Vaterhaus beginnt, wenn der Mensch am Scheideweg steht und sich auf das besinnt, was er in Wirklichkeit ist.

Samstag, 22. August 2020

Mein Leben verlieren

In Zeiten der Pandemie fürchten manche von uns, das Virus könnte sie das Leben kosten. Können wir wirklich das Leben verlieren und kann ein Virus der Grund hierfür sein? Vielleicht finden wir eine Antwort in unserer abendländischen Mythologie des Christentums. Mir kommt das Christuswort in den Sinn - Die Welt gewinnen, das Leben verlieren-. Es lohnt sich, dieses Wort näher anzusehen. Wenn ich jung bin gehe ich voll Vertrauen in die Welt – ich will die Welt erobern. Vertrauen kommt von meinen Eltern, ich vertraue ihnen, sie sind am Anfang meine Welt. Ich strebe die Ziele an, die mir meine Eltern vorgeben, Schule, Ausbildung und Beruf. Wenn ich diese Ziele erreiche, habe ich dann ein erfolgreiches Leben? Wenn ich alle Ziele und alle Reichtümer dieser Welt erlangen würde, wäre dann mein Leben erfolgreich? Oder besteht Gefahr, dass ich auf meinem Weg in und durch die Welt mein Leben verlieren kann? Wir lesen von den grossen Wohltätern der Menschheit, die einen Teil ihres Erfolges und Wohlstands in Stiftungen einbringen, sie wollen der Welt einen Teil dessen zurückgeben, von dem was die Welt und die Gesellschaft ihnen gegeben hat - ist da ein Bewusstsein zu spüren, dass all dieser Erfolg und Reichtum in Kürze für sie verloren sein wird oder die Angst, ihr Leben zu verlieren auf ihrem Weg durch den Erfolg dieser Welt. Das Christuswort über das Lebenverlieren ist so aktuell wie zu allen Zeiten. Das Lebenverlieren heisst sein eigenes inneres Sein zu vergessen, den Zugang zu dem was und wer wir wirklich sind, den Zugang zu unserer Seele. Die Gefahr ist gross, dass Erfolg, Reichtum und Macht mit dem Verlust unseres eigentlichen Lebens verbunden sind. Nicht einmal bei den grossen Philantropen ist es sicher, dass die Wohltaten an die Mitmenschen nicht dem äussern Ansehen dienen, der Eigenliebe und der Selbstdarstellung . Wirklicher Erfolg im Leben ist nur dann vorhanden, wenn mit dem äusseren Erfolg auch der innere Erfolg Schritt hält, wenn mein Weg nach aussen, mit meinem Weg nach innen harmoniert. Dann kann ich die Welt gewinnen und habe mein Leben nicht verloren. Die Pandemie kann mich mein eigentliches Leben nicht kosten, aber der Verlust meines inneren Bewusstseins schneidet die Verbindung zu dem der ich wirklich bin ab. Verloren ist mein Leben deshalb nicht, es ist nur in dieser meiner menschlichen Existenz verloren gegangen.

Sonntag, 16. August 2020

Die Grenzen der Welt

Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt. – Auch dieser Satz stammt von Wittgenstein. In der zweiten Phase seines Lebens hat er noch einmal komplett umgedacht und die Sprache mit dem Sinnlichen verbunden, mit dem was unsere Sinne aus Sprache machen. Die Epigonen, die sich nach dem Tod Wittgensteins seiner geistigen Hinterlassenschaft bemächtigt haben, haben uns eine Vielzahl von Deutungen seines Werkes hinterlassen. Für mich ist in Wittgenstein die Evolution eines menschlichen Schicksals erkennbar, der Weg von Welt zur Tiefe des Seins . Wenn ich das Wort Sprache durch Welt ersetze, die Gebundenheit des Menschen an die Sprache und an das Denken, dann verstehe ich die Aussage von W. so, dass unser Denken uns auf die Welt der Sprache beschränkt. Bedenke ich aber sein Leben, - vom reichen Bürgertum, vom Ingenieur zum armen Dorflehrer, zum Professor in Oxford, mehrere Leben in Einem, auch die Hinwendung in die Welt Tolstois, dann kann ich mir nicht vorstellen, dass er der Welt nicht die Nichtwelt gegenüber gestellt hat. Die Dimension der Tiefe und des Raumes lassen keine Sprachspiele zu, sie sind das Ewige, das Weltüberschreitende in uns. In dieser vielschichtigen Person hat das Transzendentale sicher die gleiche Rolle gespielt, wie die Welt. Für mich stehen den Grenzen der Welt und der Sprache - die nicht in Sprache zu fassende Nichtwelt, die Tiefe und die Leere des Raums als Ausgang von Welt und Sprache gegenüber, als Bedingung und Voraussetzung von dem was wir unter Welt verstehen.

Samstag, 15. August 2020

Das Verstummen meines Bruders

Vor zwei Tagen traf ich mich mit meinem Bruder und seiner Frau. Mein Bruder ist verstummt, er hört kaum noch und spricht nur noch das Nötigste. Ihm, der einer der Sprachgewaltigen seiner Zeit war, der eine ganze Generation von Sprachwissenschaftlern geprägt hat, ist die Sprache durch einen Gehirnschlag genommen worden. , So wie das Leben ihm diese besondere Gabe gegeben hat, bis in die grössten Tiefen der Sprache vorzudringen und die Funktionen der Sprache zu entschlüsseln, den Begründer der heutigen Linguistik, hat das gleiche Leben die Sprache wieder genommen. Er spricht nur noch das Notwendige mit seiner Umgebung, hat sich ganz in sein Innerstes zurückgezogen. Es schmerzt mich, meinen Bruder so zu sehen, wir haben uns immer nahe gestanden, und ich hoffe, dass das Leben ihn durch diese Phase gehen lässt, damit er in der Tiefe seines Seins noch Bereiche entdecken kann, die die Sprache ihm nicht geben konnte. Mich erinnert sein Leben etwas an Wittgenstein, der Sprache in der ersten Phase seines Lebens nur ganz wissenschaftlich betrachtet hat und jede Philosophie über das Leben als unsinnig ansah – und dann im weiteren Leben die Sprache als Sprachspiel erkannte und kritisierte, eine Rückkehr vom Äusseren in das Innere, das uns Menschen mit auf unseren Weg gegeben ist. Vor einigen Jahren sagte mein Bruder zu mir, als wir über sein Werk sprachen, dass alle Wissenschaft bedeutungslos sei, auch sein eigenes Werk, das vom Leben und der Zeit überholt und in die Vergessenheit verschwinden wird. Für mich und wahrscheinlich auch für seine Zeitgenossen ist seine Lebensleistung gigantisch und seine innere und äussere Bescheidenheit ehrt ihn. Ich hoffe ihn noch einige Zeit begleiten zu dürfen.

Sonntag, 9. August 2020

Vergänglichkeit und Ewigkeit

Was mich am meisten beschäftigt und Gegenstand meiner Meditation ist, wie verhält es sich mit dem Raum in mir und in allem. Bei aller Vergänglichkeit von Materie ist für mich die Ewigkeit des Raum gegeben. Hat sich der Raum in mir individualisiert und ist mit dem Ende des Trägers von Raum die Individualisierung aufgehoben und der mir eigene Raum vereinigt sich wieder mit dem ewigen Raum – oder hat sich der Raum entschlossen auch die Evolution durch Wiedermaterialisierung fortzusetzen, wie die Buddhisten meinen . Oder vielleicht das Sowohl als Auch – unser Raum zieht sich zurück in die Gesamtheit, tankt neue Kraft auf und keht zurück in ein neues Leben. Die Unvergänglichkeit des Seins steht für mich fest, weder die Energie der Materie vergeht, sie wandelt nur ihre Erscheinungsform – und die Nichtmaterie, der Raum in mir, der die Materie ordnet und mich zu dem fügt, was ich bin, ist ohnehin nicht Geburt und Tod unterworfen. Jede Nacht im Schlaf kehre ich in den Raum zurück, aus dem ich komme, es ist aus diesem Raum aus dem ich die Kraft für den Tag hole und jeden Abend sterbe ich einen kleinen Tod wenn ich in den Raum zurückkehre, ein ewiger Kreislauf. Bald werde ich mehr wissen. Besser als ich es kann hat Tagore in seinem Gedicht „Am Ende meines Lebens“ seine Sicht der Dinge beschrieben: „Ich habe die See bei Windstille gesehen, wie sie dalag unter der Last ihres unergründlichen Schweigens, und bei Sturm, wie sie rang das Geheimnis ihrer eigenen Tiefe aufzubrechen.“ Werden wir es je schaffen die Tiefe unseres Seins zu erfassen?

Samstag, 8. August 2020

Haben und Wollen

Die Wurzel allen menschlichen Leids hat schon Buddha als das Haben und Wollen erkannt. Es ist die Unfähigkeit den jetzigen Moment zu erkennen, jeden Moment in unserem Leben als den Wichtigsten zu sehen den es für uns gibt. Immer wieder bewegen sich unsere Gedanken weg von diesem Moment und beschäftigen sich schon mit etwas anderen, mit etwas Gewesenem oder mit etwas künftigem und dieser Moment vergeht, ohne dass wir ihn so recht wahrgenommen haben. So kann unser ganzes Leben vergehen, ohne das wir richtig gelebt haben, denn das Leben zeigt sich uns nur in diesem Moment. Nehmen wir diesen Moment nicht wahr, entgeht uns das Leben. Das Wollen und Wünschen ist immer auf die Zukunft gerichtet. Zukunft aber gibt es nicht, Zukunft ist ein Produkt unserer eigenen Phantasie. Was wir als zerstreut bezeichnen ist die Nichtwahrnehmung des jetzigen Momentes, das Abirren unserer Gedanken von dem was wir tun. Wenn wir uns nicht auf das Jetzt konzentrieren, nehmen wir das Leben nicht wahr Auch die Visualisierung der Zukunft findet im Jetzt statt. Wenn ich ein Ziel erreichen will, kann ich es visualisieren. Ich kann dieses Ziel gestalten, indem ich im jetzigen Moment mir dieses Ziel setze. Der Künstler der ein Werk schaffen will , der Architekt, der ein Gebäude entwirft, visualisiert es und im gleichen Augenblick entsteht es in seinem Geist, auch wenn die Ausführung noch Zeit kosten wird. Alles entsteht im Jetzt und nicht in der Zukunft. . Ein anderes Übel ist das Habenwollen. Wir sind nie zufrieden mit dem was uns das Leben bietet, wir wollen es anders oder wir wollen mehr. Das menschliche Zusammenleben wird immer wieder durch dieses Mehrwollen gestört, das gilt in den zwischenmenschliche Beziehungen , aber auch in den kollektiven Wünschen ganzer Völker, die übereinanderherfallen, um das zu besitzen, was der andere hat. Dabei ist die Vergänglichkeit von allem Haben auch dem einfachsten Menschen bekannt, alles wird uns nur geliehen und wird im Moment unseres Todes aufgelöst und zurückgegeben. Immer mehr setzt sich die Erkenntnis bei den reichen Nationen durch, dass Reichtum auch Verpflichtung ist und sie die anderen Völker teilnehmen lassen müssen an ihrem Wohlstand, wenn sie den Wohlstand nicht verlieren wollen. Das gilt für Völker, das gilt aber auch für den einzelnen Menschen. Es ist der einzige Weg wie wir das Übel des Habens und des Habenwollens überwinden können.

Dienstag, 4. August 2020

Die Lösung von Problemen

In meinem Umfeld sehe ich häufig wie auftauchende Schwierigkeiten zu Problemen gemacht werden. Schon die Herkunft und die Bedeutung des griechischen Wortes – Aufgabe, Schwierigkeit, Lösung – deutet an, das die auftretende Schwierigkeit die Lösung in sich trägt. Wie oft geraten wir im Leben in Situationen, in denen wir vor scheinbar unlösbaren Problemen stehen. Wir geraten in Panik und dann geht gar nichts mehr. Das Leben ist immer mit Widerständen verbunden, aber erst unser Verstand macht diese Widerstände zum Problem. Ich habe eine Arbeit bis zu einem bestimmten Zeitpunkt fertigzustellen. Alle, die mir zuarbeiten liefern nicht rechtzeitig - ein Problem? Nein, ich mache es zum Problem. In Wirklichkeit tritt eine Zeitverschiebung ein. - Ich bekomme eine gefährliche Krankheit - wenn ich in Panik gerate, trage ich nichts zur Lösung des Problems teil, ich habe nur zwei Möglichkeiten, ich überwinde die Krankheit oder die Krankheit überwindet mich. Der richtige Weg zur Lösung von Problemen ist Ruhe in sich einkehren lassen, die Zeit zum Stillstand zu bringen, vor allem den Kreisel meiner Gedanken, und aus der Stille die eintritt heraus zu entscheiden, welchen Weg ich gehen will. Plötzlich lösen sich scheinbar unlösbare Probleme auf und ich sehe wieder, wie ich in Einzelschritten Widerstände überwinden kann. Wenn ein anderer Mensch mir seine Probleme berichtet, mache ich es genauso : ich schaffe einen Raum der Stille um mich, lasse das was ich an Problemen höre in diesen Raum und beobachte, wie sich die Probleme von allein auflösen und zu kleinen Einzelaufgaben werden, die nur abgearbeitet werden müssen. - Probleme schaffen wir uns selbst, indem wir Widerstände zum Problem machen. Es gilt wie bei jedem Widerstand, zurückweichen und Raum schaffen und aus diesem Raum, der die Kraft unseres Lebens enthält, die Aufgaben zu erfüllen, die das Leben uns stellt.

Sonntag, 2. August 2020

Das Böse und das Übel

Wenn wir uns in unserem Gebet an Gott wenden, um die Erlösung von allem Bösen zu erbitten, dann verlangen wir das Unmögliche. Das Böse ist inhärent zum Guten, wir sind in die Welt der Dualität hineingeboren und müssen die beiden Seiten des Lebens akzeptieren. Unsere Aufgabe als Mensch ist es, die beiden Seiten im Gleichgewicht zu halten. Kein ganz einfacher Prozess, an dem die Mehrheit scheitert. In der Mythologie haben wie die Einheit – das Paradies - verlassen und Heilung erfolgt, wenn der Heiler Aeskulap uns am Baum der Erkenntnis wieder den Weg ins Paradies zeigt. Bei Luther heisst es im Gebet auch nicht - das Böse - es heisst das Übel. Die Erlösung vom Übel scheint mir realistischer zu sein, wenn wir uns über die Bedeutung einigen können. Wenn das Böse - die dunkle Seite - des Guten – darstellt ist – das Übel - eher im Sinn schlecht zu verstehen, etwas was uns daran hindert das Gute zu sehen. Der Wunsch vom Übel befreit zu werden kann hingegen erfüllt werden. Er bedeutet den Schleier der Illusion zu heben der uns umgibt. Illusion wird von unseren Sinnen und unseren Gedanken erzeugt, die uns vorgaukeln wir hätten es mit der Welt zu tun, die von unserem Verstand begreifbar ist. Und obwohl die moderne Physik uns lehrt, dass alles was wir sind und was umgibt Energie ist und die Welt in Wirklichkeit aus Energiekörpern besteht, glauben wir an das was wir sehen. Wir glauben an die Welt unserer Gedanken, und erschaffen in unserem Kopf ein Welt der Phantasien. Eine falsche Wirklichkeit kann man als Übel bezeichnen, und die Bitte um Befreiung von diesem Übel richtet sich nicht an einen fremden Gott, sondern an uns selbst, an die tiefste Instanz in uns, befreie uns von dem Übel der Illusion, lass uns erkennen wer wir wirklich sind, jenseits von Gedanken und Vorstellungen.

Dienstag, 28. Juli 2020

Inneres Wissen

Der Weg zum inneren Wissen ist losgelöst von den Dingen dieser Welt. Er ist losgelöst von dem Begriff der Zeit. Inneres Wissen gelingt nur in Zeiten der Musse, in Momenten der Zeitlosigkeit, wenn ich den Sonnengang aufhalte, den Wind des Meeres in mir selbst spüren kann, die Weite und Tiefe des Wassers auch in mir fühle, das Vergängliche und das sich ewig Wandelnde in Allem und in mir wahrnehmen kann. Inneres Wissen lässt die Schleier der Illusion fallen, die unsere Gedankenwelt hochgezogen hat und uns in der Vorstellung lässt, die Welt sei das, was unsere Sinne uns wahrnehmen lassen. Inneres Wissen macht uns frei von der Dimension Zeit, es macht uns frei von der Welt der Dinge, es macht uns frei von der Vergänglichkeit. Inneres Wissen macht uns eins mit dem Ewigen, mit der Dimension von Leere und Tiefe, es lässt uns teilnehmen am ewigen Schöpfungsprozess, der ewigen Veränderung. Inneres Wissen macht uns eins mit allem was ist und allem was nicht ist.

Samstag, 25. Juli 2020

Wissen und Weisheit

Wer sich heute mit Philosophie beschäftigt wird an den Hochschulen fast nur auf die Lehren vom Wissen über die Philosophie und die Theorien über Erkenntnis und Anwendung von Wissen erfahren. Wissen kommt immer nur von aussen auf uns zu. Hat Wissen Einfluss auf mein Leben? Richte ich mein Leben nach meinem Wissen aus? Gibt es nicht auch ein inneres Wissen, oder geht es da schon in Weisheit über? Auch inneres Wissen lässt sich formulieren , die alten griechischen Philosophen haben ganze Lebensschulen entwickelt, um inneres Wissen in Lebensform einfliessen zu lassen. Was nützen uns Menschen moderne Erkenntnistheorien, wenn wir daraus keine Anleitung für unser eigenes Leben gewinnen können oder wenn sie verwendet werden, um die grauenhaftesten Exzesse gegen das Menschsein zu begründen? Wenn ich mich nur mit meinem Wissen den Dingen der Welt widme, vernachlässige ich das, was für mein Leben wirklich wichtig ist. Wichtig ist das innere Wissen, das Wissen über das Leben, das Wissen vom Tod. Wenn die alten Stoiker unterscheiden zwischen dem was ich im Aussen nicht ändern kann und dem was ich in in meinem inneren Leben ändern kann, dann muss ich auch in Betracht ziehen, dass ich durch meine innere Veränderung das Aussen zumindest in meiner Wahrnehmung verändern kann. Nicht das Wissen ist hierfür entscheidend, sondern die Weisheit, die aus meiner Innensicht fliesst.

Donnerstag, 16. Juli 2020

Das Ziel verfehlen

Bei der Kunst des Bogenschiessens kommt es darauf an, geistig auf dem Ziel zu sein, bevor der Schütze mit dem Ausführen der notwendigen Handgriffe beginnt . Wer nicht mit seinem Geist auf dem Ziel ist, wird das Ziel verfehlen. Wenn der Philosoph die Menschheit betrachtet, dann ist in den seltensten Fällen ein auf das Ziel ausgerichtetes Leben zu beobachten. Meistens wird das Leben so gelebt, wie es sich gerade anbietet. Müsste man davon ausgehen, dass es das Ziel des Lebens zu verfehlen heisst, wenn wir nicht vor unseren Augen ein bestimmtes Ziel haben?
Ein Ziel zu haben bedeutet einen Gedankenprozess auf ein Ziel zu richten. Ohne den Gedanken und den Willen gibt es kein Ziel. Wenn der Schütze sich auf das Ziel konzentriert hat, kommt der Moment sich von den Gedanken frei zu machen. Erst wenn der Kopf ganz frei ist von Gedanken, werden der Schütze und sein Ziel eins. Dann gelingt der Schuss. So ist es wahrscheinlich mit allen Dingen die wir tun. Das Ziel wird von den Gedanken erfasst, die Ausführung wird aber nur dann gelingen, wenn der Handelnde und die Tat eins werden, wenn die Tat nur noch der Vollzug des Gedankens ist, frei von Bedenken, anderen Möglichkeiten, anderen Gedanken. Das gilt nicht nur für die grossen Entscheidungen des Lebens, die kleinsten Dinge des Altags gelingen am besten, wenn wir uns auf sie konzentrieren, das Rad der Gedanken im Kopf zum Stillstand bringen und uns im Tun von innen her leiten lassen, eins werden mit unserem Tun, eins werden mit dem Leben. Müssen wir ein Ziel für unser Leben haben oder sollten wir unser Leben dem Schicksal anvertrauen und das Leben so annehmen wie es kommt? Beides kann richtig sein, es gibt keine Regel. Das einzige was entscheidend für den Erfolg ist, sich auf das jeweilige Ziel zu konzentrieren und vor der Tat eins werden mit der Tat. Eins zu werden mit der Tat ist zu Bewusstsein zu gelangen, den Kopf leeren von den Gedanken, die der Vorbereitung des Handelns dienten, und das Leben spüren, das in allem Handeln liegt. Dann wird alles gelingen was wir tun. Gedanke und Handeln bedingen einander, ohne Gedanken kein Handeln. Gedankenloses Handeln führt selten zum Erfolg, Handeln nur mit Gedanken und Bedenken wird auch meistens erfolglos bleiben. Der Schütze verfehlt dann sein Ziel. Das Ziel erreichen wir, wenn wir zu Bewusstsein kommen. Zu Bewusstsein kommen wir, wenn wir unsere Gedanken loslassen können. Im kleinsten Handeln können wir zu Bewusstsein kommen, in dem Moment, in dem wir unsere Gedanken loslassen und unser Handeln zu einem Teil der ewigen Evolution wird, werden wir eins mit der Schöpfung. Wenn wir eins mit der Schöpfung sind , dann sind wir am Ziel des Lebens, das Leben wird dann eins mit uns.