Samstag, 22. August 2020

Mein Leben verlieren

In Zeiten der Pandemie fürchten manche von uns, das Virus könnte sie das Leben kosten. Können wir wirklich das Leben verlieren und kann ein Virus der Grund hierfür sein? Vielleicht finden wir eine Antwort in unserer abendländischen Mythologie des Christentums. Mir kommt das Christuswort in den Sinn - Die Welt gewinnen, das Leben verlieren-. Es lohnt sich, dieses Wort näher anzusehen. Wenn ich jung bin gehe ich voll Vertrauen in die Welt – ich will die Welt erobern. Vertrauen kommt von meinen Eltern, ich vertraue ihnen, sie sind am Anfang meine Welt. Ich strebe die Ziele an, die mir meine Eltern vorgeben, Schule, Ausbildung und Beruf. Wenn ich diese Ziele erreiche, habe ich dann ein erfolgreiches Leben? Wenn ich alle Ziele und alle Reichtümer dieser Welt erlangen würde, wäre dann mein Leben erfolgreich? Oder besteht Gefahr, dass ich auf meinem Weg in und durch die Welt mein Leben verlieren kann? Wir lesen von den grossen Wohltätern der Menschheit, die einen Teil ihres Erfolges und Wohlstands in Stiftungen einbringen, sie wollen der Welt einen Teil dessen zurückgeben, von dem was die Welt und die Gesellschaft ihnen gegeben hat - ist da ein Bewusstsein zu spüren, dass all dieser Erfolg und Reichtum in Kürze für sie verloren sein wird oder die Angst, ihr Leben zu verlieren auf ihrem Weg durch den Erfolg dieser Welt. Das Christuswort über das Lebenverlieren ist so aktuell wie zu allen Zeiten. Das Lebenverlieren heisst sein eigenes inneres Sein zu vergessen, den Zugang zu dem was und wer wir wirklich sind, den Zugang zu unserer Seele. Die Gefahr ist gross, dass Erfolg, Reichtum und Macht mit dem Verlust unseres eigentlichen Lebens verbunden sind. Nicht einmal bei den grossen Philantropen ist es sicher, dass die Wohltaten an die Mitmenschen nicht dem äussern Ansehen dienen, der Eigenliebe und der Selbstdarstellung . Wirklicher Erfolg im Leben ist nur dann vorhanden, wenn mit dem äusseren Erfolg auch der innere Erfolg Schritt hält, wenn mein Weg nach aussen, mit meinem Weg nach innen harmoniert. Dann kann ich die Welt gewinnen und habe mein Leben nicht verloren. Die Pandemie kann mich mein eigentliches Leben nicht kosten, aber der Verlust meines inneren Bewusstseins schneidet die Verbindung zu dem der ich wirklich bin ab. Verloren ist mein Leben deshalb nicht, es ist nur in dieser meiner menschlichen Existenz verloren gegangen.

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