Samstag, 30. Juni 2012

Wir alle sind Magier

Auf unserem Weg durch das Leben scheinen wir oft durch etwas behindert zu werden. Einmal scheint es, als ob wir beruflich einen starken Rückschlag erleiden, eine Ehe zerbricht, ein geliebter Mensch stirbt, eine Krankheit greift tief in unser Leben ein. Wir neigen dazu erst einmal in die Klage auszubrechen, „Oh, welches Unglück“! Schauen wir aber genauer hin, dann birgt alles was zunächst als Unglück erscheint auch das Gegenteil in sich, also Glück. Wir müssen nur genauer hinschauen. Der Beruf hat uns vielleicht eingeengt, unsere natürlichen Talente konnten sich nicht entwickeln, Menschen um uns herum haben das Leben schwer gemacht und plötzlich tritt der Bruch ein, es bietet sich die Möglichkeit ganz von vorne zu beginnen, etwas zu machen, zu dem wir uns wirklich berufen fühlen. Eine Ehe zerbricht, eine Welt scheint zusammenzustürzen. Ich stehe plötzlich allein da. Welch ungeheures Potential birgt diese Situation in sich. Es bietet sich die Möglichkeit zum Neuanfang. Um mich herum die Vielfalt der Möglichkeiten, nicht mehr die Fixierung auf meine kleine Welt, die ganze Welt steht wieder offen. Ein geliebter Mensch stirbt. Sein Tod hinterlässt eine tiefe Lücke in unserem Umfeld. Es fehlt etwas in unserem Leben. Ist es die Trauer um den Menschen allein, oder mischt sich in diese Trauer nicht auch das Bewusstsein von der Vergänglichkeit unseres physischen Lebens? Können wir auch hier die Möglichkeiten eines Neuanfangs sehen? Wir haben ein schweres körperliches Leiden, vielleicht eine tödliche Krankheit. Lässt sich eine solche Situation auch in Glück verwandeln? Ich las über Stephen Hawkings, an den Rollstuhl gefesselt, von einer tödlichen Krankheit bedroht, von einem Studenten befragt über sein Leben, antwortete er : „Könnte es ein besseres Leben geben?“ Bei allen diesen Situationen haben wir die Möglichkeit das scheinbar Negative in etwas Positives zu verwandeln. Es kommt auf den inneren Blickwinkel an. Es ist eine uns innewohnende Kraft zur Verwandlung. Manche würden sagen Wunschdenken. Wunschdenken wäre es, solange sich dieses Sehen auf der Ebene des Denkens, des Verstandes bewegt. Die Kraft der Wandlung und der Magie liegt auf einer anderen Ebene in uns, auf der Ebene der Wahrnehmung, auf der Ebene unseres Seins. Dieses Sein in uns, unser Ich, schaut das Leben an, unsere spezielle Situation und beschliesst eine andere Sichtweise. Im gleichen Moment wandelt sich die Situation und aus Unglück wird Glück, aus Ende wird Neuanfang, aus den Zwängen des Umfelds wird Freiheit. Wer von uns hat noch nicht diese Magie erlebt? Irgendwann kommt der Moment wo wir auf diese Kraft in uns zurückgreifen müssen und lasst uns hoffen, dass in diesen Momenten unser inneres Wissen die Herrschaft übernimmt, unsere Fähigkeit die Magie der Wandlung einzusetzen.

Montag, 11. Juni 2012

Das hohe Lied der Liebe

Bei Trauungen wird gerne zur Lesung der 1. Korintherbrief verwendet. Ein schönes Liebesgedicht wäre besser geeignet. Der Text des Paulus ist tief philosophisch und kann ohne Erläuterungen kaum verstanden werden und das junge Paar hat bestimmt eine andere Liebe im Sinn als die, von der Paulus spricht. Wenn wir den Text genau lesen, beschreibt Paulus die verschiedenen Qualitäten der Liebe, - Langmut, Güte, Bescheidenheit, Rechtes Tun, Verzeihen, Wahrheitsliebe, Geduld, Glaube, Hoffnung – dieser Katalog, den Paulus benennt liesse sich noch fortsetzen mit allem was man der Lebensform Liebe zuordnen kann. Er stellt dieser Liebe eine Vielzahl von Tätigkeiten gegenüber, wie Zungenreden, Wissen und Erkenntnis, Glaubenskraft, Freigebigkeit und stellt fest, dass diese Eigenschaften und Handlungen keinen Wert als solche hätten, wenn sie nicht in der Liebe geschehen. Wenn sie nicht in der Liebe geschehen, in was geschehen sie dann, sind sie aus der Angst geboren ? -denn das Leben in seiner Dualität wird nur von diesen beiden Grundelementen beherrscht. Er geht vom Wissens-und Erkenntnisstand der damaligen Zeit aus und bezeichnet diesen als Stückwerk, gar als Kinderglauben. Dann als Erwachsener spricht er von sich, schaut in den Spiegel und erkennt nur rätselhafte Umrisse der Wahrheit und ihm bleiben nur Glaube, Hoffnung und Liebe. Eigentlich ein Text, der sehr selbstkritisch mit dem eigenen Handeln umgeht, der die Grenzen unserer Erkenntnis schildert, der Handeln aus der Konvention heraus kritisiert, Freigebigkeit vor dem Nachbarn, Glauben der Religionen, Wissen und Erkenntnis als Verstandestätigkeit, alles unser Tun als wertlos bezeichnet, wenn es denn nicht in der Liebe geschieht. Die Liebe von der Paulus spricht ist die allumfassende göttliche Liebe, die Liebe aus der unser ganzes Sein fliesst, das göttliche in uns und in allem um uns, die Schönheit des Seins, die Geborgenheit in der Gewissheit der göttlichen Liebe. Dabei geht er wohl auch davon aus, dass diese Liebe in allem vorhanden ist, es aber auf die Erkenntnis dieser Liebe durch uns ankommt. Er meint , dass alles menschliche Handeln hinter dieser Liebe verblasst und seine Bedeutung verliert. Und er erkennt, dass er von dieser Liebe nur ein Stückwerk erfährt und dass sich der Spiegel der Erkenntnis erst klären wird, wenn wir hinter diesen schauen können, er meint damit in der Symbolik der damaligen Zeit, die Tür von Geburt und Tod zu durchschreiten. In diesem Text könnte man auch Zweifel erkennen, ob denn die göttliche Liebe vorhanden ist in diesem Leben oder ob sie erst dann sichtbar wird, wenn wir hinter den Spiegel blicken. Insgesamt ein schöner Text des Paulus, eine dichterische grosse Sprache, aber für die Hochzeit eines jungen Paares wenig geeignet.

Mittwoch, 6. Juni 2012

Das Ende ist der Anfang

Neulich las ich, dass Terziano Terzani gefragt, ob er Angst vor dem Tod habe, geantwortet habe, mein Körper hat Angst vor dem Tod, ich selber nicht. Da ist es wieder, dieses Ich, das keine Angst vor dem Tod hat. Warum hat es keine Angst vor dem Tod? Weil es für das Ich keinen Tod gibt. Das Ich ist der unsterbliche Teil in uns, der immer war und immer sein wird. Das Ich ist das was wir die Seele nennen, das was uns geformt hat und von Geburt und Tod nur insoweit betroffen ist, als es sich im Moment der Geburt an unsere Form bindet und im Moment des Todes, sich von der Form löst. Viele Menschen wollen ihr Ich nicht wahrnehmen, es ist da und sie wollen es nicht sehen. Sie meinen es sei der Verstand, der sie ausmache, oder das Gehirn. Natürlich ist der Verstand und das Gehirn einer der wichtigsten Teile unseres Körpers, aber auch der Verstand ist nur da, weil er vom Ich materialisiert wurde. Es ist der Verstand und das Ego unserer materiellen Existenz die vom Tod betroffen sind und die Angst haben, weil sie wissen, dass mit dem Tod sich die materielle Form auflöst und mit dieser Auflösung ihre Existenz beendet ist. In unserer Kultur wird daher der Tod verdrängt, wir wollen ihn nicht wahrhaben. Tod ist heute eine Krankheit, der Mensch wird in Kliniken gebracht, an Apparate angeschlossen, auch wenn das Gehirn für seinen Körper schon weitgehend die Tätigkeit eingestellt hat, werden die Körperfunktionen aufrecht erhalten, als ob es ein Wert an sich sei am Leben zu sein. Dabei hat der sterbende Mensch meistens seinen Frieden mit sich gemacht, sein Ich hat die Herrschaft übernommen, wir beobachten, wenn wir einen Menschen in Ruhe sterben lassen, den tiefen Frieden, der sich über ihn breitet. Wer schwer stirbt, ist derjenige, der das Leben nicht loslassen kann, weil er bis zuletzt der Stimme des Egos zuhört, das nicht sterben will, und der die Stimme seines Ich nicht wahrnehmen kann, weil er auf die Illusion seiner physischen Form fixiert ist. Solange wir leben, leben wir in der Polarität von Angst und Liebe, Angst, die aus unserem Ego fliesst und der Gehirntätigkeit entspringt, die den dunklen Bereich unseres Seins erfüllt und Liebe, die mit unserem Ich verbunden ist und aus der anderen Dimension fliesst aus der unser Ich kommt. Die Dunkelheit der Angst können wir auflösen, indem wir sie in das Licht der Liebe tauchen. Wenn der kranke oder sterbende Mensch liebevoll seinen sich auflösenden Körper betrachten kann, in allem, auch im Auflösungsprozess, dieses ungeheure Wunder der Natur sehen kann, die in allem wirkt, im sich Lösen von der körperlichen Form, eine Befreiung von der Bindung an die Materie erblicken kann, dann kehrt der Frieden in ihn ein, der eben höher ist als alle Vernunft und den wir den Frieden Gottes nennen. Ein schönes Buch über das Sterben: Terzani , Das Ende ist mein Anfang.