Eine Bank hatte mich kürzlich zu einem Investmentkongress
eingeladen. Eine Vielzahl von Risiken hatte sich in den letzten Monaten
angesammelt, Pandemie, Inflation, Rezession, Krieg. Ein sympathischer Professor
der Universität Zürich erläuterte die Auswirkungen auf die Wirtschaft und die
Massnahmen, die Staat und Notenbanken
zur Bekämpfung der Inflation ergreifen können. Der Hauptverantwortliche der
Bank für die Investmentstrategien erläuterte die Folgen für die Investments der
Bankkunden. Wenn es um Ursachen und Wirkungen
für Aufschwung und Abschwung der Wirtschaft ging, dann schien mir das Treffen das Thema
ganz gut zu erfassen. - Mir fiel auf, dass alle Beteiligten den Abschwung als negativ
sahen, den Aufschwung als positiv. Ich stellte im Anschluss an die Diskussion
an den Professor die Frage, ob es hierzu Forschungen gebe, denn nach meinem
Verständnis sind Aufschwung und Abschwung
gleichwertig, weil das eine das andere bedinge. Der Professor wies auf die negativen Folgen
des Abschwungs hin, Verlust von Arbeitsplätzen usw, ob nicht zugleich etwas Positives
damit verbunden sei schien ihm fraglich .
- Ich hatte den Eindruck, dass die
Wissenschaft sich mit dieser Frage noch nicht beschäftigt hatte. Wir haben uns seit den letzten grossen Krisen
der Menschheit einfach daran gewöhnt,
dass es immer aufwärts geht, mit allen Folgen wie Anspruchsdenken,
Klimawandel, Zerstörung der Welt – darin
viel Posisitives zu sehen fällt mir ebenfalls schwer. Wenn ich im Abschwung etwas Notwendiges, mindestens dem Aufschwung
Gleichwertiges sehe, bin ich Aussenseiter, nicht einmal die Wissenschaft scheint sich mit
der Notwendigkeit eines Gleichgewichtes der Kräfte der Wirtschaftszyklen zu beschäftigen, mit der
Notwendigkeit eines Abschwungs. - Ein einfaches Beispiel: In Zeiten der Überbeschäftigung, der Lohnexplosion, versuchen wir einmal einen Handwerker zu
finden, der noch bereit ist, einen kleinen Auftrag zu erledigen. Viele Handwerksbetriebe müssen schliessen,
weil der Nachwuchs fehlt. Die
Jugend spricht nur von Lebensqualität, als ob nicht auch Arbeit Lebensqualität bietet und eine sinnvolle Möglichkeit
wäre, Lebensqualität zu haben . Ist
nicht der Abschwung notwendig, um den
Traum vom ewigen Wachstum zu beenden, der Utopie eines Paradieses, in dem
niemand mehr für seinen Lebensunterhalt zu sorgen braucht. Ich glaube an eine
Weltintelligenz, die uns davor bewahrt am eigenen Wachstum unterzugehen. - Der jetzt eintretende Abschwung ist dringend
nötig gewesen. Er wird hoffentlich das
Ende des Anspruchsdenken mit sich bringen, den Menschen an seine Selbstverantwortlichkeit erinnern. Im Abschwung erhoffe ich mir ein Erwachen der
Menschen zu mehr Eigenverantwortung, zu
einer Rückbesinnung an Werte, die über Gendern und Woken hinausgehen. Wo sind die Menschen geblieben,
die Freude daran haben, ihren Acker zu bestellen, noch eine Lehre zu machen,
Freude an der Arbeit ihrer Hände zu empfinden? Ist das Leben vor einem Bildschirm wirklich so
wünschenswert? Wenn der Abschwung, der die nächsten Jahre bestimmen wird, zu einer
Neubesinnung führt, so würde ich darin
die Bestätigung meiner Auffassung
sehen, dass jeder Wandel notwendig und gut ist, und zu einer besseren Welt
führen wird. Im Augenblick gilt für mich wieder der alte Song: - Jetzt wird
wieder in die Hände gespuckt, wir heben das Bruttosozialprodukt. -
Samstag, 2. Juli 2022
Jetzt wird wieder in die Hände gespuckt
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