Samstag, 2. Juli 2022

Jetzt wird wieder in die Hände gespuckt

Eine Bank hatte mich kürzlich zu einem Investmentkongress eingeladen. Eine Vielzahl von Risiken hatte sich in den letzten Monaten angesammelt, Pandemie, Inflation, Rezession, Krieg. Ein sympathischer Professor der Universität Zürich erläuterte die Auswirkungen auf die Wirtschaft und die Massnahmen, die  Staat und Notenbanken zur Bekämpfung der Inflation ergreifen können. Der Hauptverantwortliche der Bank für die Investmentstrategien erläuterte die Folgen für die Investments der Bankkunden. Wenn es um Ursachen und Wirkungen  für Aufschwung und Abschwung der Wirtschaft  ging, dann schien mir das Treffen das Thema ganz gut zu erfassen.  -  Mir fiel auf, dass  alle Beteiligten den Abschwung als negativ sahen, den Aufschwung als positiv. Ich stellte im Anschluss an die Diskussion an den Professor die Frage, ob es hierzu Forschungen gebe, denn nach meinem Verständnis sind Aufschwung und Abschwung  gleichwertig, weil das eine das andere bedinge.  Der Professor wies auf die negativen Folgen des Abschwungs hin, Verlust von Arbeitsplätzen usw, ob nicht zugleich etwas Positives damit verbunden sei schien ihm fraglich  . -  Ich hatte den Eindruck, dass die Wissenschaft sich mit dieser Frage noch nicht beschäftigt hatte.  Wir haben uns seit den letzten grossen Krisen der Menschheit  einfach daran gewöhnt, dass es immer aufwärts geht, mit allen Folgen wie Anspruchsdenken, Klimawandel,  Zerstörung der Welt – darin viel Posisitives zu sehen fällt mir ebenfalls schwer. Wenn ich im Abschwung  etwas Notwendiges, mindestens dem Aufschwung Gleichwertiges sehe,  bin ich Aussenseiter,  nicht einmal die Wissenschaft scheint sich mit der Notwendigkeit eines Gleichgewichtes der Kräfte  der Wirtschaftszyklen zu beschäftigen, mit der Notwendigkeit eines Abschwungs. - Ein einfaches Beispiel:  In Zeiten der Überbeschäftigung,  der Lohnexplosion,  versuchen wir einmal einen Handwerker zu finden, der noch bereit ist, einen kleinen Auftrag zu erledigen.  Viele Handwerksbetriebe müssen schliessen, weil der Nachwuchs fehlt.   Die  Jugend spricht nur von Lebensqualität, als ob nicht auch Arbeit  Lebensqualität bietet und eine sinnvolle Möglichkeit  wäre, Lebensqualität zu haben . Ist nicht der Abschwung notwendig,  um den Traum vom ewigen Wachstum zu beenden, der Utopie eines Paradieses, in dem niemand mehr für seinen Lebensunterhalt zu sorgen braucht. Ich glaube an eine Weltintelligenz, die uns davor bewahrt am eigenen Wachstum unterzugehen. -  Der jetzt eintretende Abschwung ist dringend nötig gewesen.  Er wird hoffentlich das Ende des Anspruchsdenken mit sich bringen, den Menschen  an seine Selbstverantwortlichkeit erinnern.  Im Abschwung erhoffe ich mir ein Erwachen der Menschen zu  mehr Eigenverantwortung, zu einer Rückbesinnung an Werte, die über Gendern und Woken  hinausgehen. Wo sind die Menschen geblieben, die Freude daran haben, ihren Acker zu bestellen, noch eine Lehre zu machen, Freude an der Arbeit ihrer Hände zu empfinden?  Ist das Leben vor einem Bildschirm wirklich so wünschenswert?  Wenn der Abschwung, der  die nächsten Jahre bestimmen wird, zu einer Neubesinnung führt, so würde ich darin  die Bestätigung  meiner Auffassung sehen, dass jeder Wandel  notwendig  und gut ist, und zu einer besseren Welt führen wird. Im Augenblick gilt für mich wieder der alte Song: - Jetzt wird wieder in die Hände gespuckt, wir heben das Bruttosozialprodukt. -

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