Das schöne am Altwerden ist das mehr an Zeit, das man für sich selbst gewinnt. Während früher der Blick nach aussen gerichtet war, ist jetzt der Blick mehr nach innen gerichtet. Das bedeutet auch das Wort Kontemplation. Aber es ist nicht vielen von uns vergönnt, nach innen zu schauen. Immer meldet sich der lästige Geselle Verstand zu Worte und versucht unsere Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Alle Weisheitslehren beschreiben daher auch als grösstes Hindernis auf dem Weg des Erwachens den Denker im Kopf, der mit allen Mitteln versucht, unseren Blick auf sich zu lenken. Und doch können wir auf unserem Weg nach innen nicht auf unseren Verstand verzichten. Es ist der Verstand, der es uns ermöglicht die übergeordnete Intelligenz in uns, in den Tieren und Pflanzen und im gesamten Kosmos zu erkennen. Der Verstand, der den Menschen von allen anderen physischen Erscheinungsformen unterscheidet. Nicht der wilde, losgelassene Verstand, der unsere mörderische Zivilisation geschaffen hat, sondern der disziplinierte, unserem Willen unterworfene Verstand, der es uns ermöglicht, die Allem innewohnende, übergeordnete Intelligenz zu begreifen. Tier, Pflanze und Stein sind auch von dieser Intelligenz erfüllt, sie sind nur nicht in der Lage dies zu begreifen. Solange wir bei Verstande sind, können wir diesen bändigen, ihn zur Ruhe bringen und erst dann unseren Blick nach innen wenden, in die Tiefe unseres Seins. Wie wichtig der Verstand als Werkzeug der Selbsterkenntnis ist, wurde mir klar, als mich ein Freund aus meinen Jugendtagen besuchte, der inzwischen dement geworden war. Der Verlust des Verstandes hatte ihn der Möglichkeit beraubt, durch Meditation seinen Blick nach innen zu richten, obwohl vom Göttlichen erfüllt, verweigert das Göttliche sich ihm zu offenbaren. Natürlich frage ich nach dem Warum? Hat es etwas mit unserem Leben zu tun, wenn am Ende dieses Lebens, uns die Möglichkeit verlässt, das Göttliche wahrzunehmen. Der Mediziner sucht nach den Ursachen im Nervensystem. Ich suche die Gründe im Leben, das wir geführt haben. Kein schöner Gedanke, wenn ich nicht mehr nach Innen blicken könnte, es keine Kontemplation mehr für mich gäbe.
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