Donnerstag, 29. Februar 2024

Ein Leben voller Ängste

Bei Montaigne las ich eine interessante Beobachtung. Die meisten Menschen leben in der Angst vor einem zukünftigen Ereignis. Angst vor Krankheit, Angst vor Verlust, Angst vor der Armut, Angst vor dem Tod. Dabei scheint in der Realität der Eintritt eines dieser Ereignisse die vorherige Angst nicht zu rechtfertigen. Tritt Krankheit in unser Leben, dann leben wir oft ganz selbstverständlich in der Krankheit, sie wird Teil unseres Lebens. Armut  herrscht in der Mehrheit der Menschheit. Die in Armut lebenden Menschen gehen mit der Armut ganz selbstverständlich um, sie macht ihnen keine Angst. Glücksgefühle werden auch in der Armut erlebt.  Die Hybris des Westens, arme Völker mit der Zivilisation zu beglücken, beruht auf dem Irrtum, dass Besitz oder Reichtum glücklich machen. Und wir leben in der Angst vor dem Tod, solange der Tod nicht an uns herantritt. Ich habe noch nie von sterbenden Menschen gehört, die im Moment des Todes noch Ängste hatten. Ich selber hatte schon mehrfach einen Moment, in dem ich die  Nähe des Todes gefühlt hatte.   Ich  gehe davon aus, dass wir das gleiche erleben wie beim Geburtsvorgang, der auch der Weg von der Dunkelheit in das Licht ist. Tod und Leben sind Geschwister,  Leben ist der Tod von etwas was vorher war, und Tod ist  die Rückkehr in das Leben, das allumfassende Leben, dessen Teil wir sind.  Angst brauchen wir nicht zu verspüren, denn Eingang und Ausgang sind die gleiche Tür mit zwei Seiten, nach beiden Seiten gehen wir in das Leben.

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