Donnerstag, 24. Juli 2014

Nachruf

Man hat mich gebeten einen Nachruf auf einen Weggenossen meiner Jugend zu schreiben. Kann ich dieser Aufgabe gerecht werden?  Was weiss ich über ihn,  reicht es, wenn ich die äusseren Daten seines Lebens sammle?  Ich war auf seiner Beerdigung, habe mich von seiner Frau und seinen Kindern verabschiedet, einige Gefährten meiner Jugend wiedergesehen. Aber ich kann es nicht bei diesen äusseren Dingen belassen,  die der Tote  hinter sich gelassen hat, wie wir im Moment des Todes  alles hinter uns lassen, was unser äusseres Leben ausgemacht hat. In der Predigt hörte ich, dass er längere Zeit eine Krankheit hatte,  der Tod hatte sich angekündigt. Was ging in ihm vor,  hat er sich mit seinem Leben und seinem Sterben auseinandergesetzt?  Konnte er in seiner Krankheit vielleicht einen Boten erkennen der ihn den Weg zu sich selbst gewiesen hat?  Was ist das überhaupt,  das  ich selbst -  ist das meine physische Existenz, wie vielleicht die meisten meinen- oder ist das  mein eigentliches Leben, das was mich wirklich ausmacht?  So viele Fragezeichen. 
Ich meditiere und  denke über das Bild des gestirnten Himmels über mir nach. Ich  sehe die ungeheure Weite des Raumes und sehe die Sterne im Raum, die nach Gesetzen die wir zu erforschen trachten ihre Bahn ziehen.  Ich nehme dieses Bild und sehe den gleichen gestirnten Himmel in mir, die ungeheure weite des Raumes und die Atome und Moleküle die in mir ihre Bahn ziehen und das alles nach Gesetzen, die unser menschlicher Verstand nicht im geringsten erfassen kann, weil es der Raum ist, das nicht fassbare, das diese Gesetze bestimmt und mein Verstand nicht das ausdrücken kann, was ihn, den Verstand selbst geschaffen hat.  Es ist dieser Raum, der in mir eine heilige Ehrfurcht erzeugt, den ich nicht beschreiben kann, der  über mir   und in mir ist und in allem ist, der uns mit allem verbindet, der mich mit dem Toten verbindet, der uns alle geschaffen hat, der Raum der wir aber auch selber sind.   Die Kraft, die  meine Atome und meine Moleküle ordnet und ihre Bahn ziehen lässt und damit den menschlichen Körper schafft,  das bin ich, das ist mein Leben,  un dieses mein Leben ist  nicht dem Gesetz der Vergänglichkeit unterworfen, nur mein Körper, meine physische Existenz  gehorcht  dem Gesetz der Vergänglichkeit und kennt Geburt und Tod.    Wenn ich mit dem Tod konfrontiert bin,  dann sehe ich das Ende der physischen Existenz,  ich sehe aber auch das Leben das den Körper  aus seiner physischen Existenz entlassen hat  und das mitten unter uns ist. Das Leben, das immer war, das immer ist und immer sein wird.   Christus hat das Leben als den Himmel bezeichnet,  die Ebene der Vergänglichkeit als die Erde und er hat  gesagt, „Der Himmel ist mitten unter uns“  und er meint damit in mir,  in Dir, in allem.  Es ist dorthin wohin wir gehen,  wenn wir unseren Körper verlassen, in diesen Raum, in diesen Himmel, wir gehen nirgendwo anders hin, wir sind schon immer dagewesen, wir haben den Raum nur nicht wahrgenommen, den Raum, den wir den Himmel nennen.
Krankheit  ist  oft ein Bote, der uns auf das Ende unserer physischen Existenz vorbereitet,  ein Bote der uns aber auch der Heiligkeit unseres Körpers bewusst werden lässt,  Krankheit lässt erst richtig  das Leben spüren das uns belebt.  Oft wird uns erst in der Krankheit bewusst, wie wenig wichtig das äussere Leben ist und wie wichtig es ist den Blick dorthin zu lenken  wo sich das Leben für uns manifestiert, nämlich mitten in unserer physischen Existenz.  In uns, in unserem Körper, in unserer Umwelt zeigt sich  das Leben in seiner ganzen Vollkommenheit . Vor der Ewigkeit ist es nur ein kurzer Moment in dem unser Leben  sichtbar wird,  um dann dorthin zurückzukehren woher es gekommen ist.

Diese Gedanken kommen mir, bevor ich den Nachruf schreibe, diese Gedanken sind mein eigentlicher Nachruf und ich bin sicher sie erreichen den, für den sie bestimmt sind.

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