Samstag, 29. November 2025

Glaube und Wissenschaft

Schriftliche Aufzeichnungen über Religionen und Glauben sind erst seit  kurzer Zeit der Menschheitsgeschichte vorhanden.  Bei den heute bekannten Buchreligionen hat immer   eine Gruppe von Menschen die Auslegung übernommen und Religion zur Ausübung von Macht und Einfluss verwendet. Die Schriftgelehrten des jüdischen Glaubens  legen noch heute jedes Wort der Bibel aus und viele Schulen sind zerstritten und äussere Bräuche scheinen wichtiger zu sein als der geistige Bereich . Im Christentum hat sich um den Glauben eine absolute Monarchie gebildet, deren Repräsentanten behaupten im Besitz der Deutungshoheit der überlieferten Worte eines Menschen  zu sein. Im Islam glauben die Mullahs  allein die Auslegung des Korans zu kennen und fühlen sich berufen sogar  weltliche Staaten zu lenken und Kriege zu führen.  In Indien trennen sich die  Völker wegen der unterschiedlichen Religionen  in zwei Staaten und bedrohen sich mit Krieg. Allen Religionen ist Gewalt nicht fremd. Es ist kein Wunder, dass sich die Menschheit  immer mehr von den Religionen abwendet.  Wahrscheinlich hat zu allen Zeiten, auch aus denen uns keine Aufzeichnungen bekannt sind, eine kleine Minderheit  von Priestern und Schamanen die Deutungshoheit der jeweiligen Religionen  an sich gerissen und den Glauben der Menschen für die Ausübung  der eigenen Macht verwendet.

In der Neuzeit hat für grosse Teile der Menschheit die Wissenschaft die Rolle der Religion übernommen. Die Menschen sind wissenschaftsgläubig geworden, die überlieferten Buchreligionen haben weitgehend an Bedeutung verloren. Aber gerade die Wissenschaft hat die Menschen an die Grenzen ihres Denkens geführt. Der Mikrokosmos und der Makrokosmos scheinen in die Unendlichkeit zu führen, die scheinbare Endlichkeit von Materie wird in Frage gestellt, alles scheint nur ein Wandel, eine Veränderung von Form zu sein. Die gesamte Schöpfung scheint von einer Intelligenz durchdrungen zu sein, die dem menschlichen Geist nur beschränkt zugänglich ist. Staunend steht die Menschheit vor den Wundern des Lebens und muss zur Kenntnis nehmen, dass alle Mythen von Ende und Tod  nicht den Gesetzen der Natur entsprechen.  An die Stelle von Glauben tritt die Gewissheit, dass die ganze Schöpfung und auch der Mensch Teil einer höheren Kraft sind, die sich unserem Verstand entzieht. Der Glaube an die Unsterblichkeit der menschlichen Seele weicht der Gewissheit, dass die gesamte Schöpfung von einer Intelligenz erfüllt ist, die nur Veränderung und Evolution kennt, nicht aber Tod und Vernichtung. Wenn der Glaube durch Gewissheit ersetzt wird, hat die Wissenschaft die Grundlagen ein neues Verständnis von der Schöpfung, dem Leben und dem schaffenden Geist hervorgebracht. Ist das nicht Religion, die Rückverbindung zu dem, was uns ausmacht? Ist das nicht Religion, wenn wir bewundernd und staunend vor dem Kosmos stehen, in der Gewissheit, dass wir selbst ein Teil dieses schaffenden, schöpferischen Geistes sind?  Die Wissenschaft hat erst die Gewissheit geschaffen, dass die gesamte Schöpfung unsterblich ist, dass alles nur in ewigen Wandel, Teil der schöpferischen Gesamtheit ist, und der schöpferische Geist in allem sichtbar ist, unvergänglich und ewig. Wenn Glaube zur Gewissheit  unseres Wissens wird, entsteht eine neue Welt und eine neue Menschheit, die sich in der Einheit mit der Schöpfung sieht.


Sonntag, 23. November 2025

Das Kleinste wird zum Grössten

Als Kind las ich alles, was mir in die Hände viel. Ich träumte von Abenteuern und Heldentaten. Später lernte ich die Welt kennen, zog mit meinen Eltern in fremde Länder, eignete mir Wissen an. Alles, was ich tat, schien mir, im jeweiligen Moment, immer das Wichtigste zu sein. Die Träume meiner Kindheit wurden wahr, das ganze Leben, wurde zu einem grossen Abenteuer. Und wenn meine Taten gelangen und auch manchmal misslangen, so konnte ich mir immer sagen, ich habe in jedem Moment mein Bestes versucht. Im Handeln fand ich meine Befriedigung.

Wenn ich heute auf mein Leben zurückblicke, dann war es ein Leben voll von wichtigen Momenten. Jeder Moment war wichtig, den ich lebte. So wie ein Atom oder die Zelle, die kleinsten wichtigsten Bausteine der Welt sind, so ist der Moment, der jeweilige Augenblick, der Wichtigste in meinem Leben gewesen und ist es noch. So wie die Atome die Welt zusammensetzen, so bilden alle Momente zusammen unser Leben. Kein Atom geht in der Welt je verloren und kein Moment unseres Lebens ist je sinnlos. Mir ist bewusst geworden, welche gewaltig Kraft in den kleinsten Teilchen der Welt liegt, und wie wichtig jeder Moment für das war und ist, was ich mein Leben nenne. Eine Aneinanderreihung von Momenten machen ein ganzes Leben aus, so wie die kleinsten Energieteilchen in der Lage sind eine ganze Welt zu formen, sogar den gesamten Kosmos.  Das kleinste Teilchen birgt in sich die Kraft, die ganze Schöpfung zu formen, so wie der kürzeste Moment für ein ganzes Leben verantwortlich sein kann. Das Grösste ist ohne das Kleinste nicht vorstellbar.

Donnerstag, 20. November 2025

Auf der Flucht

 

Die meisten Menschen befinden sich auf der Flucht. Ich spreche hier nicht von der Flucht aus unerträglichen politischen Verhältnissen, von der Flucht vor Verfolgung und Tod. Ich spreche von den Menschen, die sich auf der Flucht vor sich selbst befinden. Von der Flucht aus einem ungeliebten Beruf, aus einer falschen Beziehung, aber auch der Flucht vor der langen Weile, die Flucht vor der Verantwortung für sich selbst und für andere.

Wenn schon die Flucht vor etwas   problematisch ist, dann erst recht, wenn die Flucht in etwas erfolgt. Die Flucht in den Alkohol, in die Drogen, in das Vergessen und in den Tod als letzten Fluchtpunkt. Letztlich geht es um die Flucht vor sich selbst, weil wir nie gelernt haben, wer wir wirklich sind, welche Rolle uns die Schöpfung zugedacht hat.

Wir fliehen aber vergeblich. Wie können wir vor etwas fliehen, was wir sind?  Wir sind das Leben, vor dem wir die Augen verschliessen, weil wir  es nicht sehen können, vor dem wir fliehen wollen, und dem wir nicht entkommen können. Es gibt keine Flucht vor und aus dem Leben, dessen Teil wir sind. Nicht einmal der Tod trennt uns von unserem Leben. Wir sind das Ewige, das immer war, bevor wir diese Welt betraten, und das noch immer unverändert da ist, wenn wir schon lange Geschichte sind. Wie kann nur ein Mensch glauben, er könnte vor diesem Teil der Schöpfung fliehen, wo doch jede Flucht nur im Leben enden wird?

Sonntag, 16. November 2025

Die Dimension der Tiefe

Die Schöpfung macht es uns nicht einfach, sie in der Welt und in uns selbst zu erkennen. Wenn wir geboren werden, verlieren wir alle Erinnerung und alles Wissen, woher wir kommen und wohin wir gehen. Und es ist auch nicht einfacher geworden, sich zu erinnern, woher wir kommen und wohin wir gehen, mit allen Errungenschaften der heutigen Zeit, mit Social Media, Fernsehen und den Verlockungen der Unterhaltungsindustrie.

Als ich ein Kind war, da gab es das alles nicht. Aber es gab die Literatur, Dichtung und Musik.  Sobald ich lesen konnte, stürzte ich mich auf alles, was mir an Literatur und Dichtung in die Hände viel, las alle grossen Klassiker, wagte mich an die Bibel, liebte Gedichte. Aber es erschloss sich nur die Oberfläche für mich, das sichtbare Geschehen. Ich kann sagen, dass ich fast alles gelesen habe, was es an klassischer Literatur gab, unsere Eltern förderten das, und selbst die Philosophen waren vor mir nicht sicher, obwohl ich nicht alles verstand.

Erst in den oberen Klassen der Schule begriff ich, dass die grossen Denker und Dichter mit Worten nach den tieferen Wahrheiten suchten, Worte, die nur wenig geeignet waren, das zu offenbaren, was sie auszudrücken suchten. Musik war da schon eher geeignet, den Menschen in Tiefen zu ergreifen, die Worten nicht zugänglich waren. Worte konnten nur Hinweise geben, Wegweiser sein. Erst die Beschäftigung mit Weisheitslehren des Ostens führten mich tiefer in das, was ich suchte. Ich begriff, dass die Lehre die Leere ist, das Nichts das Alles. Ich bin in der Dimension der Tiefe angelangt, ohne diese Dimension betreten zu können, solange ich Teil dieser Welt bin. Ich bin mir aber sicher, dass die eigentlichen Wahrheiten sich mir erschliessen werden, wenn ich in meine eigentliche Heimat zurückkehre.

 

Sonntag, 9. November 2025

Ein grosses Missverständnis

Mich hat schon immer der Satz des Neuen Testamentes beschäftigt:  Das Leben verlieren, um das ewige Leben zu gewinnen. -  Ich kann doch nur etwas verlieren, was ich habe. Habe ich denn ein Leben, ist das Leben etwas Gegenständliches,  den Vorstellungen von Welt Zuzuordnendes, oder entzieht sich das Leben der menschlichen Vorstellungskraft und ist einer anderen Dimension zuzuordnen?  

Was mit  - Das Leben verlieren – gemeint ist, unsere Vorstellung von Leben,  ein Leben, das mir gehört, und das ich verlieren könnte.  Es geht nicht um den Verlust meines Lebens, sondern um den Verlust meiner Vorstellung von Leben. Unsere Vorstellung  von Leben geht davon aus, dass unser lebendiger Körper das Leben sei, und mit dem Tod des Körpers, das Leben sein Ende finde. Unsere heutige Wissenschaft hat uns geholfen zu verstehen, dass unsere Vorstellung von Leben und  Tod  falsch ist, dass mit dem Tod des Körpers kein Verlust eintritt, sondern nur eine Veränderung der energetischen Zusammenhänge.  Wir haben also schon unsere Vorstellung von  - Das Leben verlieren – geändert. Haben wir aber damit – das ewige Leben gewonnen -?  Auch dieser Teil des Satzes wurde missverstanden.  Wir können nicht etwas gewinnen, das wir schon haben, wir sind  Teil des Lebens,  eine Erscheinung des  Ewigen Lebens. Dieses Leben können wir nicht verlieren, weil wir es sind und immer waren, noch bevor diese Welt entstanden ist  - und noch sein werden, wenn es nicht mehr die Menschheit gibt, und  auch diese Welt in all ihren Erscheinungsformen nicht mehr existiert.

Wenn wir unsere falschen Vorstellungen von  Leben  verlieren, dann offenbart sich das  ewige Leben in seiner ganzen Fülle in uns, als das, was  keinen Anfang und kein Ende kennt, als das allgegenwärtige Alles, dessen Teil wir sind.-  Unser menschlicher Verstand verlangt nach Beweisen für das Leben. Gibt es einen Beweis für Luft und Wasser – ist die Zusammensetzung von Luft und Wasser der Beweis ? - Nein, denn unsere Fragekette geht weiter und endet an dem Punkt, an dem Erklärungen aufhören. So ist es auch mit dem Leben, es ist und ist in Allem erkennbar, aber nicht sichtbar, es entzieht sich der Dimension des menschlichen Denkens. Wir brauchen keinen Beweis für das Leben, wir sind das Leben,  und wenn Leben das ist, was wir  Gott nennen,  dann brauchen wir auch keinen Gottesbeweis. Wir sind Teil dessen, was wir Leben oder Gott nennen. – So wenig wir das Leben verlieren können, weil wir es nicht haben, sondern das Leben sind, - können wir  Gott nicht  verlieren, weil Gott und das Leben  eins sind.


Freitag, 7. November 2025

Eine Welt von Egomanen

Krankhafte Egos scheinen für den Zustand der Welt verantwortlich zu sein. Nicht nur die einzelnen Egomanen an der Spitze von Staaten in Ost und West.  Auch die kollektiven Egos, die sich in allen Gesellschaften bilden, sind für die Missstände in vielen Ländern der Welt verantwortlich. Gemeinsam scheint ihnen zu sein, dass sie sich im Besitz der Wahrheit wähnen. Wenn früher Pest und Cholera, und natürlich Kriege,  die halbe Menschheit hinrafften, sind es ab dem 20.Jahrhundert die kollektiven Egogesellschaften, die unter der Fahne von Ideologien, Theorien und Religionen glauben im Besitz der absoluten Wahrheit zu sein, und sich berechtigt fühlten, Tod und Verderben über ihre Mitmenschen zu bringen. So wie für den einzelnen Menschen sein Ego der grösste Feind ist, so ist auch in Völkern das Gruppenego der grösste Feind der Menschheit.

Kaum haben wir in unserem Land die furchtbaren Erfahrungen des 1. Und 2. Weltkriegs hinter uns, bilden sich schon wieder Gruppen und Parteien, die sich im Besitz der absoluten Wahrheit wähnen. Die Linken und die Rechten scheinen nichts begriffen zu haben. Niemand ist im Besitz der absoluten Wahrheit. Weder politische Richtungen noch Religionen noch Staatssysteme. Noch immer gelten die grossen Prämissen der französischen Revolution:  Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit für alle Menschen.  

Wer aber richtet sich schon nach diesen Prinzipien?  Wir erlauben in Europa die Einwanderung von Gesellschaften, die unter religiösen Wahnvorstellungen leiden, die die Unterdrückung der Frauen propagieren und die Unterwerfung ihrer Mitmenschen unter  mittelalterliche Glaubensvorstellungen fordern. In Russland ist ein Egomane an der Spitze des Staates, der die alte Unterdrückung dieses Vielvölkerstaates  wieder herstellen will. In China  ist eine freie Meinungsäusserung nicht möglich, Recht hat nur die Partei,  -  kollektive Egomanie, wohin wir auch schauen. Die Erfahrungen der Vergangenheit scheinen vergessen zu sein, die Fehler  der früheren Generationen setzen sich fort. Die Demokratie scheint auch kein Allheilmittel zu sein. Das haben schon die alten Griechen begriffen. Immer wieder gelingt es Egomanen die Macht zu ergreifen.  So pendelt die Welt weiter zwischen den ewigen Wahrheiten und dem, was kranke Egos der Menschheit als Wahrheit verkaufen wollen.