Schriftliche Aufzeichnungen über Religionen und Glauben sind
erst seit kurzer Zeit der Menschheitsgeschichte
vorhanden. Bei den heute bekannten
Buchreligionen hat immer eine Gruppe von Menschen die Auslegung
übernommen und Religion zur Ausübung von Macht und Einfluss verwendet. Die
Schriftgelehrten des jüdischen Glaubens
legen noch heute jedes Wort der Bibel aus und viele Schulen sind
zerstritten und äussere Bräuche scheinen wichtiger zu sein als der geistige
Bereich . Im Christentum hat sich um den Glauben eine absolute Monarchie
gebildet, deren Repräsentanten behaupten im Besitz der Deutungshoheit der
überlieferten Worte eines Menschen zu
sein. Im Islam glauben die Mullahs allein
die Auslegung des Korans zu kennen und fühlen sich berufen sogar weltliche Staaten zu lenken und Kriege zu
führen. In Indien trennen sich die Völker wegen der unterschiedlichen
Religionen in zwei Staaten und bedrohen
sich mit Krieg. Allen Religionen ist Gewalt nicht fremd. Es ist kein Wunder,
dass sich die Menschheit immer mehr von
den Religionen abwendet. Wahrscheinlich
hat zu allen Zeiten, auch aus denen uns keine Aufzeichnungen bekannt sind, eine
kleine Minderheit von Priestern und
Schamanen die Deutungshoheit der jeweiligen Religionen an sich gerissen und den Glauben der Menschen
für die Ausübung der eigenen Macht verwendet.
In der Neuzeit hat für grosse Teile der Menschheit die
Wissenschaft die Rolle der Religion übernommen. Die Menschen sind
wissenschaftsgläubig geworden, die überlieferten Buchreligionen haben
weitgehend an Bedeutung verloren. Aber gerade die Wissenschaft hat die Menschen
an die Grenzen ihres Denkens geführt. Der Mikrokosmos und der Makrokosmos scheinen
in die Unendlichkeit zu führen, die scheinbare Endlichkeit von Materie wird in
Frage gestellt, alles scheint nur ein Wandel, eine Veränderung von Form zu
sein. Die gesamte Schöpfung scheint von einer Intelligenz durchdrungen zu sein,
die dem menschlichen Geist nur beschränkt zugänglich ist. Staunend steht die
Menschheit vor den Wundern des Lebens und muss zur Kenntnis nehmen, dass alle Mythen
von Ende und Tod nicht den Gesetzen der
Natur entsprechen. An die Stelle von
Glauben tritt die Gewissheit, dass die ganze Schöpfung und auch der Mensch Teil
einer höheren Kraft sind, die sich unserem Verstand entzieht. Der Glaube an die
Unsterblichkeit der menschlichen Seele weicht der Gewissheit, dass die gesamte
Schöpfung von einer Intelligenz erfüllt ist, die nur Veränderung und Evolution
kennt, nicht aber Tod und Vernichtung. Wenn der Glaube durch Gewissheit ersetzt
wird, hat die Wissenschaft die Grundlagen ein neues Verständnis von der
Schöpfung, dem Leben und dem schaffenden Geist hervorgebracht. Ist das nicht
Religion, die Rückverbindung zu dem, was uns ausmacht? Ist das nicht Religion,
wenn wir bewundernd und staunend vor dem Kosmos stehen, in der Gewissheit, dass
wir selbst ein Teil dieses schaffenden, schöpferischen Geistes sind? Die Wissenschaft hat erst die Gewissheit
geschaffen, dass die gesamte Schöpfung unsterblich ist, dass alles nur in
ewigen Wandel, Teil der schöpferischen Gesamtheit ist, und der schöpferische
Geist in allem sichtbar ist, unvergänglich und ewig. Wenn Glaube zur Gewissheit
unseres Wissens wird, entsteht eine neue
Welt und eine neue Menschheit, die sich in der Einheit mit der Schöpfung sieht.
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