Sonntag, 7. September 2014

Metamorphose

Der Sommer geht zu Ende, in diesen Spätsommertagen wird mir die Vergänglichkeit von allem bewusst.  In Gesprächen mit J.  wird immer wieder die Trauer und der Verlust deutlich, den der Tod meines Bruders in ihrem Leben hinterlassen hat.  Es wird mir aber auch bewusst, dass der Tod nichts Schreckliches an sich hat,  das Schreckliche sind nur unsere Gedanken über den Tod, nicht aber der Tod selbst.  Schon in der Geburt ist  unsere Körperform dem Verfall ausgesetzt, und wenn der Tod eintritt schwindet unsere Körperform und hinterlässt da, wo sie vorher gewesen ist eine Leere.   Es ist diese Leere,  die hinter der schwindenden Form aufscheint, die uns  einen Blick in die Dimension ermöglicht, aus der wir kommen und in die wir zurückkehren.   In der scheinbaren Leere scheint  das durch, das die Körperform geschaffen hat, das was wir das Göttliche nennen.  Der Tod  ist nur die Metamorphose des Gegenständlichen in das nicht Gegenständliche,  es ist ein heiliger Moment in der Existenz des Menschen.  So wie die Raupe sich verpuppt und zum Schmetterling wird, transformiert sich der Mensch im Moment des Todes in etwas für unseren Verstand nicht Fassbares.   Wenn wir tief in uns Hineinhören, dann erkennen wir in uns und in allem das Leben.  Das Leben vergeht nicht, nur die Form.  Wenn das Leben unsere Form verlässt, kehren wir nur dorthin zurück,  wo wir immer gewesen sind.  In der Leere die mir der Tod eines nahestehenden  Menschens hinterlässt, erkenne ich das Leben, und in dem heiligen Moment des Todes sind nicht nur der Sterbende, sondern auch die Menschen, die an seiner Seite sein dürfen, dem Numismatischem, dem Schöpfungsprozess, am Nächsten.  Erst der Tod ermöglicht uns das Leben zu erkennen, das in allem ist,  er ist nicht das Ende des Lebens,  sondern nur der Wandel der Form.
In unserer Verdrängungskultur,  in der wir den  Tod nicht wahrhaben wollen, entgeht uns ein ganze wesentlicher Aspekt,  der Aspekt des Lebens.  Nur wenn ich den Tod  sehe, erkenne ich das Leben in mir.  Ich lebe bewusster, ich lasse dem Tod seinen Platz in meinem Leben und kann jetzt erst  das Geschenk des Lebens in seinem vollen Umfang würdigen. 

Ich  erblicke das Wunder des Lebens in den Kindern, die um mich spielen, ich schaue auf das Leben in den Lilien auf meinem Tisch, ich schaue auf die Elemente um mich,  höre das Rauschen der Brandung, lasse mich in den Spätsommertagen von dem diesigen Licht davontragen,  atme die salzige Meeresluft,  sehe in den Bäumen die Oliven reifen.  Der Sommer geht zu Ende, der Herbst naht,  um mich die Fülle des Seins und alles im Wandel begriffen, wie wir selbst auch,  alles im Wandel,  kein Anfang und kein Ende,  das ist das Leben. 


Keine Kommentare: