Donnerstag, 27. Juli 2017

Mehr


Dieses Wort  Mehr ist symptomatisch für unsere heutige Kosumgesellschaft. Die ganze Werbebranche ist damit beschäftigt in uns Bedürfnisse auf Mehr zu wecken. Wir sollen uns nicht mehr auf das Dauerhafte Wertvolle konzentrieren,  Schuhe, die ein Leben lang hielten, Kleider die von einer Näherin nur der jeweiligen Mode angepasst wurden,  Jacken, die bei durchgescheuerten Ärmeln einen Lederlappen aufgenäht bekamen, bei denen  erst der Schick entstand, wenn die Patina sichtbar war. Noch heute sehen wir die Überreste dieses verflossenen Wertesystems in den Lederlappen an den Ärmeln von Saccos, die nun künstlich aufgenäht werden und nicht mehr der Lebensdauer des Stücks entsprechen. Heute sind wir zu einer Wegwerfgesellschaft mutiert, unsere Bedürfnisse nach immer schnellerem Wechsel, immer neuer Mode,  lässt unzählige Fabriken entstehen, ganze Flotten fahren über die Weltmeere, Millionen von Menschen werden beschäftigt, in ganzen Regionen die Umwelt verpestet. Nicht nur in der Mode ist diese Entwicklung nach Mehr festzustellen. Unsere soziale Stellung definieren wir über Position, Geld, Autos, es muss immer mehr werden, die Häuser die wir bauen immer grösser, die berufliche Stellung immer höher.   Das Bedürfnis nach Mehr prägt unsere ganze Gesellschaft.  Durch das Wachsen der Menschheit verstärkt sich dieser Trend  und führt zu einer rücksichtslosen Ausbeutung aller Resourcen, die uns die Natur zur Verfügung stellt. Solange unser Selbstwertgefühl von Dingen abhängt, solange wir uns über Besitz, Position und Macht definieren, wird es keine Besserung geben.

Zu Recht gibt es heute grosse Bewegungen, die diesen Trend umdrehen wollen. Wir machen uns zu wenig Gedanken, was dieses Mehr für uns und unsere Nachwelt bedeutet. Auf unserer eigenen  physischen Ebene, unserem Körper,  sehen wir, was geschieht, wenn sich Zellen beliebig vermehren, entarten und am Ende ihren Wirt fressen.  Auf diesem Planeten sind wir die Krebszellen, die sich ständig vermehren und die Welt mit ihren Bedürfnissen unbewohnbar machen. Ist der Trend überhaupt noch umkehrbar, reicht es wenn wir anfangen, unseren Impakt auf unsere Umwelt,  nur etwas einzuschränken?

Die wesentliche Folge unseres Konsumdenkens ist  die Ausserachtlassung unserer geistigen Werte. Mit der neuen Wegwerfmentalität, haben wir auch unsere alten geistigen Werte mit über Bord geworfen und entsorgt. Was zählen noch Philosophie, Religion, Kultur, was zählen noch Weisheit, Milde, Liebe, Frieden, Genügsamkeit?  Alles wird verdeckt von dem Streben nach Mehr.  Gibt es noch Schulen, Universitäten oder Familien, die die klassischen Tugenden lehren?  Stattdessen werden wir  zu immer mehr Lernen und mehr Wissen geführt, damit wir für die moderne Industrie zu  willfährigen Erfüllungsgehilfen werden. Dieser Prozess des Mehrs wird immer hektischer, die Spirale des Mehr dreht sich immer schneller.

Der einzelne Mensch ist diesem Prozess hilflos ausgeliefert.  Wir gehen sehenden Auges in eine Welt hinein, die unbewohnbar wird. Es sind nicht die Kriege, die eine Bedrohung für diese Welt sind,  es sind unsere Lebensgewohnheiten, die die Welt unbewohnbar machen. Jeder Einzelne von uns muss bei sich beginnen  nicht mehr mitzumachen.  Nicht mehr leben nach dem Motto, die Hauptsache mir geht es gut.  Jeder sollte sich rückbesinnen auf das was er wirklich ist, auf sein Menschsein, darauf dass er  ein Teil dieses Planeten, ein Teil der Natur ist,  die dieser Planet entwickelt hat. Er sollte sich auf die alten klassischen Tugenden besinnen, Weisheit, Gerechtigkeit, Mut und Mäßigung.    Die Weisheit die Zugehörigkeit  des Menschen zur Natur zu erkennen,  die Gerechtigkeit, nicht alles für sich haben zu wollen, sondern die anderen an den Geschenken der Natur teilhaben zu lassen, den Mut, sich dem allgemeinen Trend entgegenzustellen und die Mitmenschen  zum Erwachen zu bringen und  vor allem bei sich selbst mit der Genügsamkeit zu beginnen.

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