Wenn ich heute das Gedicht von Hesse lese – Im Nebel – dann verstehe
ich etwas ganz anderes, als die Interpreten von Hesse, und auch ich selbst in früheren Jahren verstanden
habe. Gerade weil Hesse es in jungen Jahren geschrieben hat, erlebt er noch
nicht die Ganzheit des Seins. Er befindet sich noch im Nebel seines
gedanklichen Bewusstseins, das ihn getrennt von der Natur, von seinen Freunden,
vom Leben und Licht, erscheinen lässt. Die
Unbeschwertheit der Jugendjahre ist von ihm abgefallen, und er sieht sich
plötzlich allein mit seinen Gedanken. Er hat noch nicht erkannt, dass es seine
Gedanken sind, die ihn vom Licht der Erkenntnis trennen. Ihm geht es, wie dem grössten Teil der
Menschheit, er sieht die Welt nur durch seine Sinnesorgane, die seinen Lebensweg
noch in einem trügerischen Nebel verbergen. Es ist der Moment im Leben des
Menschen, an dem er vor einem Scheideweg steht, ohne es zu wissen. Der eine Weg
führt in die Welt, so wie sie den Sinnesorganen des Menschen begegnet, der
andere Weg ist der Weg der Erkenntnis in das Begreifen, der Weg in die Unendlichkeit des Seins. Hesse wusste damals auch nicht, wohin sein Lebensweg führen
würde, und das Leben erscheint bei ihm in düsteren Worten, die noch nichts von dem
erahnen lassen, was ihn später bewegt.
Seltsam, im Nebel zu wandern!
Einsam ist jeder Busch und Stein,
Kein Baum sieht den andern,
Jeder ist allein.
Dieses Alleinsein ist der Hinweis auf das, was kommt, das
All-Eins-Sein. Wenn es uns gelingt die Nebel
beiseitezuwischen, werden wir das Licht sehen. Die Nebel werden von unseren
Sinnesorganen erzeugt, die uns eine Welt zeigen, die nicht so ist, wie sie
erscheint. Da wo wir Materie sehen, da
ist Raum und Leere, und wir brauchen nur den kleinen Schritt zu tun, der uns in
den Raum führt, der in uns selbst ist. Es ist dieser Raum in uns, der uns mit
dem Raum verbindet, der in allem ist und das gesamte Weltall erfüllt, und der
uns mit allem verbindet, was von Raum erfüllt ist. Wenn wir diesen inneren Raum
betreten sind wir mit allem verbunden, mit jedem Busch, mit jedem Stein, mit
dem gesamten Universum, und wir begreifen, dass wir niemals allein sind,
sondern Teil von etwas viel Grösseren, Teil der gesamten Schöpfung, die sich
auch in uns äussert.
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