Dienstag, 17. April 2012

Gedanken an meinen Bruder

Jetzt, wo Du am Sprechen gehindert bist und Dein Sohn Dir vorliest, ähnelst Du einem Gefangenen in seiner Zelle, der Von der Aussenwelt abgeschnitten ist. In einem solchen Moment bist Du auf Dich allein gestellt, allein mit der Welt Deiner Gedanken. Ist da immer noch dieser Lärm in Deinem Kopf, dieses ich denke nicht, es denkt mich? Bin ich es, der da denkt oder denkt da jemand für mich? Und wenn ich es bin, wer ist dieses ich? Und wenn jemand anderes es ist der da denkt, wer ist dieser andere? Könnte es sein, dass dieses Ich das mein Denken betrachtet, das ist, was mich ausmacht, und dass der andere der denkt, meine an den Körper, an meine äussere Form, gebundene Persönlichkeit ist, die mein Gehirn benutzt um zu denken? Alles was uns in unserer formellen Erscheinungsform entgegentritt, auch ein solcher Krankheitszustand, will uns etwas sagen. Jetzt bist Du hilflos an Dein Bett gefesselt, aber Dein Geist ist noch in Bewegung. Vielleicht will Dir Dein Zustand sagen, lass jetzt auch einmal die Welt Deiner Gedanken los, geh in die Stille, hör auf zu denken, bevor Deine Form Dich zwingt, mit dem Denken aufzuhören. Ein Weiser hat einmal gesagt, Stille ist die Sprache Gottes, alles andere ist nur eine schlechte Übersetzung. In der Stille erlebst Du das Einssein mit dem was Du wirklich bist, das Einssein mit dem was Dich ausmacht, mit dem was Dich geschaffen hat. Wenn du eins wirst mit der Stille, erlebst Du Liebe in ihrer höchsten Form. Als Menschen haben wir Jahrtausende gebraucht, um uns von der Stille zu trennen und den Glauben an unseren Verstand zu entwickeln, wir sind Gläubige geworden, Gläubige an unseren Verstand, dabei trennt uns nur ein ganz kleiner Schritt von der Wahrheit, an die wir nicht glauben müssen, weil sie ist. Diesen Schritt können wir in jedem Moment unseres Lebens gehen, dann gehen wir ihn bewusst, es ist der Schritt in die Stille, in das Alles, dann werden wir wieder eins mit dem Leben und mit dem was uns wirklich ausmacht. Geburt und Tod betreffen nur unsere physische Erscheinungsform, das hinter unserer Form stehende Leben ist nicht der Vergänglichkeit unterworfen, es war immer und wird immer sein. Vielleicht fragst Du mich, wie ich dieses Leben erfahre, wie ich dorthin gelange. Ich benötige dazu keine esoterischen Schulen, Kurse oder selbsternannte Meister. Ich benötige nur meinen Atem. Ich begleite meinen Atem hinein in meinen Körper, besuche mit meinem Atem meine Hände, meine Füsse und dann langsam jedes Organ, ich atme ein und atme aus. Ich stelle mir vor wie ich durch meine Hände atme, durch meine Füsse, durch mein Herz. Und plötzlich merke ich, dass ich in meinen Händen bin, in meinem Herzen, ich bin meine Hände, ich bin das Leben in meinen Füssen ich bin nicht mehr mein Verstand, sondern das Leben selber das in allem ist. Mein Verstand könnte nicht einen Moment dieses Wunder an Zellen, Molekülen und Atomen steuern, alles würde sofort zusammenbrechen, es ist das Leben in mir und in allem das dieses Wunder vollbringt. Eine meiner Lieblingsmeditationen, die ich die Kant´sche nenne, ist die vom Firmament. Ich schaue mit meinem inneren Auge ins Firmament, ins All, und ich nehme die ungeheure Weite und Stille des Alles wahr und sehe wie die Sterne in diesem Makrokosmos ruhig ihre Bahn ziehen, alles geordnet und nach Gesetzen, die sich unserem Wissen entziehen. Und ich stelle mir vor, dass es diese Weite und Stille ist, die diese Ordnung hervorruft. Und ich öffne mich selbst diesem Gedanken, gehe hinein in meinen eigenen Mikrokosmos, sehe die ungeheure Weite und Leere zwischen meinen eigenen Atomen und Molekülen, nehme die gewaltige Ordnung war, die meine eigenen Körperwelten so zusammenspielen lässt, dass mein beschränktes Auge mich so wahrnehmen kann wie es es tut und fühle die Kraft in mir, die die Energie so schwingen lässt, dass sich Form bildet, fühle die Kraft meines Lebens. Und tief in dieser Meditation bin ich nur noch ein kleines Quant, dass durch die Wunderwelten meines Körpers tanzt, und in dieser gewaltigen Leere und Stille meines Körpers das Wunder des Lebens bestaunt, das mich so geschaffen hat wie ich bin. Du hast jetzt wunderbar Zeit, Dich mit Dir selbst zu beschäftigen und Dich selbst wahrzunehmen. Ich hoffe, dass Tristan Dir diesen Brief vorlesen kann. Es gibt wunderbare Hörbücher von Eckhardt Tolle, oder gehe über Dein Ipod in Youtube und höre Dir dort von ihm seine Meditationen an. Ich denke es wird Dir gefallen, es ist tief philosophisch und führt Dich zurück in Dein eigentliches Sein. Es ist jetzt zwei Uhr nachts und ich denke an Dich, so wie ich mein ganzes Leben an Dich gedacht habe und an die schönen Jahre, die wir zusammen verbringen konnten. Danke für alles was wir zusammen erleben durften und meinen Segen für Dein weiteres Leben und Deinen Weg.

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