Täglich lese ich kritische Kommentare über Flüchtlinge. Vor 70 Jahren war ich selbst noch ein
Flüchtling, unser halbes Volk befand sich auf der Flucht, haben wir das schon
vergessen? Uns Flüchtlingen schlug Ablehnung und Hass entgegen. Wir nahmen denen,
die noch Besitz hatten, etwas von ihrem Besitzstand weg. Es war nach dem Krieg,
und die im Westen lebten hatten auch viel verloren. Heute sind die Flüchtlinge
der damaligen Zeit vergessen, wir haben gemeinsam ein neues reiches Land
aufgebaut. Aber wir sind fett und bequem geworden. Flüchtlinge, die
sollen woanders hin. Etwas abgeben, kommt nicht in Frage. Die wollen unser
Sozialsystem ausbeuten, die haben eine andere Kultur, das sind keine Christen,
die wollen sich nicht integrieren. Wie wäre es, wenn wir einmal auf die positive
Seite schauen die es auch gibt. Flüchtlinge wecken uns aus unserer satten
Lethargie. Sie bringen Menschen mit Initiative und dem Willen es zu schaffen ins Land. Und da sollten wir
es nicht schaffen? Aber unser Sozialsystem schafft es nicht, -dann ändern wir
unser Sozialsystem. Unsere Schulen
schaffen das nicht, - dann ändern wir unser Schulsystem. Für jedes Problem gibt
es eine Lösung, man muss sie nur wollen.
- Wenn Flüchtlinge nur ein vorübergehendes
Problem sind, dann gibt es in 50 Jahren keine Flüchtlinge mehr, sie sind zurück
in die Länder gegangen, die ihre Heimat sind, sie sind gestorben oder sie haben
sich integriert. Ist aber die ganze Welt
in Bewegung geraten, weil die Kriege kein Ende nehmen wollen und die Dürre ein
Leben in manchen Ländern unmöglich macht, dann müssen wir unseren Lebensraum mit anderen teilen, dann
wird auch unser Land anders aussehen. Unsere Grenzen schliessen, das ist keine
Option, wenn die Menschenströme zunehmen. Unsere Technologien einsetzen um
verdorrte Länder wieder bewohnbar zu machen, Bildung in unterentwickelte Zonen
unseres Planeten zu transferieren, um
dem Bevölkerungswachstum durch zunehmenden Wohlstand zu begegnen, das wären
Optionen. Auch das fordert Abgabe von unserem Wohlstand. Wenn wir nicht
freiwillig teilen wollen und unsere Augen vor dem Leid anderer verschliessen,
dann wird sich die Welt nehmen, was uns ohnehin nur eine kurze Lebensspanne
gehört. - Können wir nicht das Positive sehen, das jede Veränderung mit sich
bringt? Sind wir so blind, dass wir nicht die ständige Veränderung sehen die
Leben bedeutet? Glauben wir wirklich unseren Besitzstand wahren zu können, und
den Lauf der Welt anhalten zu können?
Ich sehe nur die grosse Herausforderung, die das Leben ständig an uns stellt, die Flüchtlingsströme sind eine
solche Herausforderung. Wir schaffen
das, ist für mich eine Selbstverständlichkeit. Ich möchte mich nicht vor meinen
Kindern schämen, weil ich mein Haus verschlossen habe und Menschen in Not nicht
beigestanden habe. Meine feste Überzeugung ist, was ich mit anderen teile,
bekomme ich doppelt und dreifach zurück.
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