Sonntag, 21. Juli 2019

Liebe und Enttäuschung


Hochzeiten sind heute  das grosse Ereignis im  Leben der jungen Menschen.  Es wird ein grosser Aufwand getrieben. Was wird gefeiert?  Welche Motive stehen hinter der Verbindung?  Sehen wir einmal von dem natürlichen Akt der Paarung ab, der allein der Erneuerung des Lebens dient, stehen viele weitere Motive hinter einer Eheschliessung.  Da ist zunächst  das Gefühl der Unvollkommenheit des Menschen,  die Dualität von Mann und Frau, der Mangel am anderen Geschlechts, den wir mit der Verbindung von zwei gegensätzlichen Menschen aufzuheben hoffen. Finden wir  Erlösung von unserer Unvollkommenheit im Anderen ? Für eine kurze Zeit  der ersten Verliebtheit  scheint dieser Wunsch   in Erfüllung zu gehen.  Wir projezieren unsere Wünsche in den anderen und hoffen, dass uns der andere unsere Wünsche erfüllt. Es ist vorallem die Sehnsucht nach Liebe, die wir als Kinder erfahren haben. Wir wollen geliebt werden, aber sind wir bereit auch den anderen zu lieben?  Es kommt   der Moment, in dem  wir erkennen, dass der andere Mensch nicht die Wünsche erfüllen kann, die  wir haben.   

 Viele Verbindungen scheitern, wenn diese Erkenntnis zu einer Enttäuschung führt, aber es ist nicht der andere der mich enttäuscht, ich selbst befreie mich von meinen Täuschungen. Ist das das Ende der Liebe?  Viele junge Ehen ersetzen dann die Liebe zu ihrem Partner durch die Liebe zu ihren Kindern. Es sind die Kinder die uns bedingungslos zurücklieben. Es ist diese Liebe, die wir in unserem Partner gesucht haben.  Alle eigenen Wünsche werden jetzt in die Kinder projeziert.  Kinder sind die grossen Lehrmeister, wenn es darum geht Liebe zu begreifen.   

Wir schauen unsere Kinder an, da ist nicht mehr Überlegung im Spiel, da werden keine Verstandesmuster aktiviert, da wird nicht mehr abgewogen. Wir erkennen das  Leben im Kind, das eigentliche Sein hinter der äusseren Erscheinungsform unseres Kindes. Und dieses Leben kommt direkt aus uns selbst, es  äussert sich in uns, so wie es sich im Kind äussert, so wie wir es an unser Kind weitergegeben haben. Wenn uns unser Kind in die Augen schaut, dann geht dieser Blick tief in unser Innerstes. Da ist keine Frage mehr, keine Abwägung, da schweigt unser Verstand, da ist reines pures Gefühl, da ist Liebe in ihrer reinen ursprünglichen Form. Eine tiefe Freude erfüllt uns, wie sie nur aus der Liebe entstehen kann. Wenn wir diese Liebe kennenlernen, dann wissen wir was Liebe wirklich ist, - ein Zustand des Jetzt, jenseits aller Überlegungen.  Da  ist kein Zweifel mehr, da ist nur noch die Einheit mit dem Leben, dem Leben des Kindes, mit meinem eigenen Leben. Wenn ich erkenne, dass Liebe zum Leben, zum tiefsten Sein  von uns  Selbst,  die wirkliche Liebe ist, dann  haben wir  dieses Sein in uns selbst gefunden, und wir erkennen das Sein nicht nur in unserem Kind, sondern auch in unserem Gefährten und in  der ganzen Schöpfung die uns umgibt. Da fallen alle Verstandesmuster von uns ab, alle Täuschungen und Illusionen, was bleibt ist der tiefe und innere Frieden, der jenseits unserer Vernunft entsteht, wir erkennen uns als Teil  des allesumfassenden Lebens.    Wenn wir die Liebe zum Leben entdeckt haben, dann sehen wir die Welt mit anderen Augen,  denn alles ist erfüllt von diesem Leben. So ist die Enttäuschung zum Wegweiser in die Liebe geworden, in die Liebe zum Leben.

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