Wenn sich die Nebel über den See legen, die letzten
Blätter noch nicht den Novemberstürmen zum Opfer gefallen sind, lockt
es uns nicht mehr ins Freie hinaus. Es ist die Zeit der trüben Gedanken – wer
unter Depressionen leidet ist jetzt besonders betroffen. Uns wird der Ablauf
des Jahres bewusst, der Verlust von Zeit
und Leben.
In der Natur beobachten wir, wie sich die Bäume in ihr Wurzelwerk zurückziehen,
um im nächsten Jahr wieder in das Leben zurückzukehren. Pflanzen, deren Lebenszeit abgeschlossen ist, setzen
sich über ihren Samen fort, es ist die Zeit des Wandels, der Erneuerung. Es ist nicht nur eine Zeit des Abschieds, es
ist die Zeit der Metamorphose. - Im menschlichen Leben entspricht der November
den 70er und 80er Jahren, wenn Frühling, Sommer und Herbst hinter uns liegen
und wir alle Äusserlichkeiten ablegen, alle Attribute eines erfolgreichen
Lebens. Es ist der Monat, in dem wir viel über unser Leben erfahren können.
Wenn die Nebel über dem See liegen und wir nicht mehr das jenseitige Ufer sehen
können, wird uns bewusst, dass sich nichts geändert hat. Noch immer liegt der
See da, in seiner unergründlichen Tiefe – die Oberfläche verhüllt sich und wir
ahnen die Geheimnisse der Tiefe. Es ist nicht umsonst, dass Menschen, die im Alter den Verlust von allen äusseren
Attributen erleben, sich in kognitive Krankheiten flüchten. Der November ist
der Monat, in dem der Mensch mit den Worten des Dichters zu sprechen in die
Einsamkeit fällt - wer jetzt allein ist,
wird es lange bleiben, wird wachen
lesen, lange Briefe schreiben und in den Alleen hin und her unruhig wandern,
wenn die Blätter treiben.- Der November
ist der Monat in dem wir lernen können zu sterben bevor wir sterben und zu erfahren, dass Tod
nur Wandel ist und nur das Leben verdeckt, das sich hinter den Nebelschwaden unseres Bewusstseins
versteckt. Ein wunderbarer Monat kann der November sein, wenn wir ihn zu nutzen
wissen, Gedanken von Abschied und Tod verwandeln sich in Verheissung und Leben
und Neubeginn.
Sonntag, 28. November 2021
Novembertage
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