Sonntag, 24. März 2024

Sinnkrisen

Wenn wir die Mitte unseres Lebens erreicht haben, geraten viele Menschen in eine Sinnkrise. Möglicherweise haben wir schon viel erreicht, aber dennoch fragen wir uns, ob das alles gewesen sein soll. Wir möchten am Liebsten alles noch einmal leben, vielleicht noch ein zweites Leben, nach dem ersten  Leben.  Bisher war unser Weg nach aussen gerichtet, auf Familie, Beruf und Erfolg.   Vielleicht haben wir erkannt, dass Vieles, was uns vorher so wichtig war, plötzlich seinen Reiz verloren hat, vielleicht auch, weil es auf Selbsttäuschung beruhte.  Oder wir zweifeln, ob unser  Blick auf die Welt oder auf uns selbst,  vielleicht nur auf einer Sinnestäuschung beruhte und in Wahrheit, jenseits unserer physischen Wahrnehmung,   noch eine ganz andere  Ebene des Lebens existieren könnte.  Und  dann ist da das Grübeln über den Sinn des Lebens:  vorher war alles so einfach, wir haben das Leben so angenommen, wie es auf uns zukam.  Wäre es für uns nicht sinnvoller,  uns in der zweiten Hälfte unseres Lebens, mit dem Aspekt der Tiefe des Lebens zu beschäftigen, unseren Blickwinkel zu ändern, unseren Zeithorizont anders einzustellen, und den anderen,  noch unbekannten Teil unseres Seins zu erforschen?    – Wie aber sich diesem Bereich nähern?  Es gibt natürlich genügend Literatur zum Sinn des Lebens, Yogakurse und Psychologen, die uns helfen können. Wir können aber auch aus uns selbst heraus einen neuen Blick auf das Leben werfen.  Wir brauchen nur unsere Blickrichtung  auf die Welt zu ändern.  Wenn wir bisher immer nach vorne blickten, unser Leben auf einer horizontalen Zeitachse sahen,  so halten wir jetzt inne und ändern unsere Blickrichtung in die Vertikale. Wir blicken nach unten, und sehen die Dimension der Tiefe in uns, ähnlich geheimnisvoll wie ein Blick über die Wasser des Meeres, bei dem wir nur die Oberfläche sehen und unter der Oberfläche in eine eigene Welt des Lebens treten. Oder wir blicken nach oben und sehen die ungeheuren Räume des  Universums, und wir begreifen, dass wir eine Spiegelung des Universums im Kleinen sind, ungeheure Weiten und Räume in uns, in denen unsere Energiekörper ihre Bahn ziehen.  Mit einer kleinen  Änderung der Blickrichtung entdecken wir ein Leben in uns, von viel gewaltigeren Dimensionen, als es in unserem bisherigen Leben der Fall war.   Alles was wir dann tun erhält eine neue viel tiefere Bedeutung, weil es mit dem ganzen Universum verbunden ist. Wir erkennen, dass wir nicht ein isolierter Teil in einer Welt voller Individuen sind, sondern das alles was existiert miteinander verbunden ist.    So wie ich diesen Text nicht schreiben könnte, wenn ich nicht ganz in diesem Text wäre, der Text und ich eins werden,  so ist die ganze Schöpfung Ausfluss einer einzigen grossen Energie, deren Teil wir sind. Dann erhält das Leben einen neuen Sinn, oft auch eine neue Richtung,  die uns viel weiterbringt, als wenn wir uns unbewusst im Tageseinerlei  verlieren, und in unserem Tun und Gedanken längst woanders sind, nur nicht hier und jetzt.  Wenn wir  ständig gegenwärtig sind, dann sind wir in der Gegenwart angekommen. Die Zeit ist dann nicht mehr der Tyrann, der unser Leben bedroht, sie kommt zum Stillstand und entpuppt sich als Illusion, wie so manches Andere, was uns unsere Sinne vortäuschen.  Mein Leben  zu ändern heisst, es  nicht nochmals  an der Oberfläche zu leben, sondern in der Gegenwart anzukommen, die horizontale Zeitschiene gegen die Gegenwart zu tauschen. Wenn jeder Moment zum Wichtigsten in meinem Leben wird, gleich was ich tue, dann erlebe ich eine ganz neue Welt, voller Lebenskraft, Lebensfreude und Lebenssinn.

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