Die Mehrheit der Menschheit in den modernen Zivilisationen denkt bei ihrer Ernährung nur an das Essen, das auf den Tisch kommt. Kaum einer ist sich bewusst, dass er nicht nur aus Materie und Energie besteht, sondern auch aus einer Seele, aus dem Geist, der Träger jeglicher Materie ist. Wer ist sich schon bewusst, dass unsere Seele auch Nahrung benötigt, und ohne diese Nahrung verkümmert, genauso wie jeder Körper, der unzureichend ernährt wird.
Wenn wir Kinder sind, ernähren wir uns nicht nur von der
Muttermilch, sondern auch von der Liebe, die mit der Muttermilch in uns
hineinfliesst, ernähren uns von der zärtlichen Zuwendung unserer Mütter. Wenn
Mütter früher bei der Geburt starben, übernahmen Ammen diese Funktion, und
zogen die Babys an ihrer Brust gross. Ihre Liebe zum Säugling ersetzte die
Mutterliebe, und der kleine Mensch konnte in Liebe aufwachsen. Wer in
Waisenhäusern gross werden musste, entbehrte dieser Liebe und Zuwendung, seine
Seele verkümmert und konnte sich nicht entfalten. Es ist die Liebe, die unsere
Seele braucht, um gesund aufzuwachsen.
Auch die Seele des erwachsenen Menschen braucht ständig
Nahrung. Wir finden diese Nahrung in unseren Gedanken, in unseren Gebeten, in
der Meditation. Die wichtigste Nahrung unserer erwachsenen Seele ist die Stille, der Moment, wenn wir Stille in
uns eintreten lassen, jeden Gedanken aus unserem Kopf verdrängen und in uns hineinhorchen,
auf die Stimme unserer Seele hören, auf die Stimme, die unsere Ohren nicht
hören können, aber unser Herz . - Viele
Menschen nehmen sich nicht mehr die Zeit, Stille in sich eintreten zu lassen,
mit ihrer Seele zu sprechen. Sie sind auf die Stunden des Schlafes angewiesen, wenn
sich unsere Seele mit ihrem eigentlichen
Zuhause verbindet, ihre Erlebnisse des Tages verarbeitet und Kraft schöpft, für
den nächsten Tag.
In fast allen Artikeln die wir täglich in den Medien über
unsere Nahrung vorgesetzt bekommen,
vermisse ich diesen Aspekt unserer geistigen Ernährung, die für die
Menschheit genauso wichtig ist, wie unser tägliches Brot. Erst wenn wir
erkennen, dass unser Körper der Tempel der Gottheit ist, einer Gottheit, die
wir Leben nennen, kommen wir der
eigentlichen Wahrheit über unser Menschsein näher. - Wenn in der Antike von Gottheiten
die Rede war, denen Opfer zu bringen waren, dann waren symbolisch die
Gottheiten gemeint, die in uns und in allen Lebewesen sichtbar sind. Mit Opfern waren die geistige und physische
Ernährung gemeint, die wir unserem
Körper und unserer Seele täglich darbringen. Wenn in den Tempeln die Opfer zelebriert wurden, sollte dies eine
Erinnerung sein, täglich
seiner Seele und seinem Leib die notwendige Nahrung zu geben. - Noch heute wird
in den Kirchen des Abendlandes das Opfer symbolisch gefeiert. Es ist der
magische Moment des Gottesdienstes. Materie verwandelt sich in Geist. Es soll uns an unsere Doppelnatur erinnern, an
unsere Bestimmung, unseren Körper in Geist zu verwandeln, das Schicksal aller
Lebewesen, die den Weg der Evolution gehen. - Nur ein Gleichgewicht von geistiger
und körperlicher Nahrung erhält unsere körperliche und geistige Gesundheit; daran erinnert uns das alte ehrwürdige Opfer
der Verwandlung.
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