Donnerstag, 27. Juni 2013

Geburtstag


Ein erstes Bild,  der Kuchen mit den Kerzen,  ich blase die Kerzen aus.  Die Kerze als Sinnbild für unser Leben? Warum blase ich die Kerze aus, sollte sie nicht so lange brennen wie sie dauert?  Bestimme ich darüber, wie lange die Kerze brennt?  Wer ist dieses Ich, das über das Licht bestimmt?
Ein neues Bild,  ich denke an die Geburt, noch bin ich im Mutterleib, behütet, es geht mir gut. Dann werde ich von gewaltigen Kräften gepackt, geschoben und gepresst und in diesem Pressen, in dem ich mich ganz klein mache, werde ich   ins Licht geworfen, ich schreie vor Schmerzen,  auch vor Schmerz, weil mein behütetes Leben sich verändert hat.
Ein neues Bild,  die Mutter erschöpft, aber glücklich,  ich liege in ihren Armen,  jetzt sind wir zwei Menschen, wir sind noch ganz fertig von der Anstrengung, aber glücklich.  Und heute zum ersten Mal  rührt sich der Hunger in mir,  ich suche nach Nahrung,  die Welt hat mich angenommen. Ich muss daran denken zu leben.
Geburt und Tod sind eins. - Ich werde geboren und mit der Geburt stirbt das was vorher gewesen ist.  Was war vor meiner Geburt?  Wo kommt mein Leben her, aus meiner Mutter?  Was erfüllt meine Mutter mit Leben, was erfüllt mich mit Leben, was macht aus der Materie aus der ich geschaffen bin einen lebendigen  Menschen, was erfüllt mich  mit Leben? Ist das Leben eine höhere Ebene die sich mir verschliesst?    Unterliegt Leben  dem Wachstum und    Verfall ?    Leben  ist einfach da, es war immer und wird immer sein.
An meinem Geburtstag  blicke ich  in den Spiegel, der Spiegel ist trüb,  auf dem Spiegel steht „Blindspot“.   Der  „Blindspot“ das bin ich.   Was weiss ich über mich, wer bin ich?   Bin das ich, den ich da sehe, bin ich in der Lage mich zu sehen, sind meine Sinne nicht so beschränkt, dass ich nur Teile von mir sehe?  Bin ich der, den ich sehe oder der den die anderen sehen?
Ich denke an die Leere aus der ich komme. Ich  falle aus dem Zeitlosen in die Zeit,  aus dem Undenkbaren in das Denkbare,  aus der Nichtform in die Form, aus dem Unsichtbaren in das Sichtbare, aus dem Unendlichen in das Endliche. Wer fällt da?  Falle ich oder werde ich gefallen?  Schaffe ich oder werde ich geschaffen,  lebe ich oder werde ich gelebt?
Ich werde mit grossen Geschenken und Schätzen aus dem Haus meines Vaters auf meinen Lebensweg geschickt.  Auf meinem Weg vergesse ich, dass ich reich bin,  ich vergesse auch woher ich komme.  Und  eines Tages erinnere ich mich an meinem Geburtstag, an mein Vaterhaus, an das  woher ich komme und erkenne, welcher Reichtum mir mit auf meinen Weg gegeben wurde. Und ich entdecke wieder die Schätze in mir, nur in einer viel tieferen Dimension, als am Anfang meines Lebens. Und  ich kehre zurück in das Haus aus dem ich gekommen bin.

Stefan George schrieb über die Flamme  in uns:

Wer je die flamme umschritt
Bleibe der flamme trabant!
Wie er auch wandert und kreist:
Wo noch ihr schein ihn erreicht
Irrt er zu weit nie vom ziel.
 
An meinem Geburtstag blase ich die Flamme auf meinem Kuchen aus.  Und ich entdecke, dass sich die Kerze immer wieder von selbst aufs neue  entzündet. Ich packe meine Geschenke aus und entdecke  die Geschenke, die mir das Leben mit auf den Weg gegeben hat.  Und das ist das was ich an meinem Geburtstag erlebe, die Flamme in mir und  die Geschenke meines Lebens. 

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