Sonntag, 15. März 2020

Am Stab des Aeskulap

In der Schöpfungsgeschichte der Menschheit wird das Absinken des Göttlichen in die Materie als Schlange dargestellt, die sich an einem Baum nach unten ringelt. Aus dem ewigen Sein sinkt die übergeordnete Intelligenz herab und schafft Energie und Materie. Es entsteht das Universum in seinen vielfältigen Formen. Jede Form enthält Sein und Materie, ordnende Intelligenz und energetische Form. Der ungeheure Reichtum der sich entwickelnder Formen führte in Milliarden von Jahren zu den organischen Formen und zum Menschen. In jeder dieser Formen ist die gleiche Intelligenz am Werke, sie ist das schaffende und ordnende Element in allen organischen und anorganischen Formen, sie ist das Leben, das allem innewohnt, sie ist das Ewige im Endlichen. Wenn die Form stirbt, sich auflöst, wird das Ewige frei, um sich gleich in einer neuen Form zu manifestieren. In der Entwicklung unseres Planeten hat die Spezies Mensch erstmalig eine Ausgestaltung erhalten, die in der Lage ist, nicht nur die Form selbst, die sie ist zu begreifen, sondern auch die zugrundeliegende Intelligenz bewusst zu erfahren. Wir nennen dies, das Erwachen der Menschheit. Während es allen anderen Formen des Planeten noch nicht gegeben ist, die ihnen innewohnende Intelligenz wahrzunehmen, wird erstmalig dem Menschen die Möglichkeit gegeben sich aus dem Traum von seiner Form zu befreien und sich seines Seins bewusst zu werden. In der griechischen Mythologie wird dies als die eigentliche Gesundung des Menschen begriffen, ein Vorgang der dem Gott der Heilung zugeordnet wird, dem Gott Asklepios, der den Stab in seiner Hand hält, an dem die göttliche Schlange aus ihrer Erdgebundenheit wieder nach oben steigt, Heilung symbolisierend, - das Ewige befreit sich von seiner an die Materie gebundenen Form und sucht den Weg in seine höhere Intelligenz. Es bedarf in dieser Mythologie des göttlichen Heilers, der es dem Menschen ermöglicht sich nicht nur als Form zu sehen. Nur der göttliche Impuls lässt den Menschen aus seinem Traum erwachen, aus dem Traum, er sei nur die Form die er mit seinen Sinnen erfassen kann. Es handelt sich bei diesem Traum von unserer physischen Form, nicht um eine selbstverschuldete Unmündigkeit im Sinne von Kant, sondern das Ewige in uns hat uns in diesen Zustand des Träumens versenkt, des Traums, wir wären der Mensch, der sich in seinen äusseren Formen ausdrückt. Erst wenn die uns innewohnende Intelligenz den Zeitpunkt für gekommen hält, ermöglicht sie uns zu erwachen und uns in unserer Gesamtheit zu sehen. Eine Ahnung erhalten wir wenn sich unserer Blick in den Makrokosmos richtet und das ungeheure Geschehen erblickt und die Schönheit des ewigen Entstehens und Vergehens erfasst, um dann in unseren eigenen Mikrokosmos zu blicken und uns als Abbild dieses Geschehens zu begreifen und die kindlichen Schauer und die Treue in unserem Herzen zu spüren, von der Goethe in seinem Gedicht „Grenzen der Menscheit spricht“.

Keine Kommentare: