Sonntag, 22. März 2020

In Zeiten von Coronas

In Zeiten von physischer Bedrohung der Menschheit lohnt es sich den Blick auf den einzelnen Menschen und auf sich selbst zu werfen und nicht nur auf die physische Bedrohung unserer Existenz sondern auch weiter zu blicken, bis zu dem Bereich in uns, der uns die formlosen Tiefe in uns selbst spüren lässt. Unser Blick aber ist fixiert auf das, was bedroht ist und was wir mit unseren Sinnen und unserem Verstand erfassen können. Unser Verstand aber kann nur unsere physische Erscheinungsform erfassen, nicht aber die formlose Gesamtheit unseres Seins begreifen. Wir machen uns falsche Vorstellungen, wie unsere physische Form beschaffen ist und meistens haben wir gar keine Vorstellung, wenn es um die Bedeutung unseres formlosen Seins geht. Wir fühlen unser Leben bedroht, und meinen damit unsere physische Existenz, und vergessen, dass unser eigentliches Leben, die formlose Seite unserer Existenz nicht der Vergänglichkeit unterliegt und durch keine äusseren Ereignisse bedroht werden kann. Es ist diese formlose übergeordnete Intelligenz, die uns trägt und unser Leben bestimmt und es sind die Gesetze der Natur die das Leben auf dieser Erde prägen. Vielleicht wird uns in diesen Tagen klar, in denen wir uns auf uns selbst zurückgeworfen sehen, dass auch das menschliche Leben auf dieser Erde nicht ewigem Wachstum unterliegt, sondern dass auch wir den Gesetzen der Natur folgen. Nach diesen Gesetzen folgt auf Wachstum der Niedergang, auf eine Phase der Expansion eine Phase der Kontraktion . Ich erlebe zum zweiten Mal in meinem Leben dieses Gesetz des Werdens und Vergehens, im 2. Weltkrieg in dem wir am Ende auf den Tiefpunkt unserer Existenz zurück geworfen wurden und heute in Zeiten von Corona, wo der Ausgang ungewiss ist und wo sich innerhalb weniger Tage unser ganzes Leben bereits geändert hat. Der Mensch wird wieder reduziert auf sich selbst, auf seine Existenz. Ihm wird bewusst, dass es nicht nur Mehr und Mehr gibt, sondern dass auf Mehr Weniger folgt. Es ist nicht mehr das Streben nach mehr Spass und mehr Haben, es ist Verzicht auf die meisten Annehmlichkeiten unseres bisherigen Lebens. Durch Corona wird uns vor Augen geführt, wie ein Leben aussieht ohne die Dinge, an die wir uns so leicht gewöhnt haben. Name, Titel und Besitz verlieren ihre Bedeutung. Wir werden auf das reduziert was wir wirklich sind: Wir sind nicht nur unser Körper und Verstand, sondern auch Teil unserer übergeordneten formlosen Dimension, die wir solange vergessen haben, die aber in uns und um uns ist und dafür sorgt, dass kein Tag unseres Lebens vorzeitig verloren geht. Wenn Corona uns zu dieser Erkenntnis bringt, dann kann in dieser Bedrohung auch eine Hoffnung auf eine andere, vielleicht bewusstere Welt und Menschheit liegen. Über eins müssen wir uns im Klaren sein: Wenn wir diese Krise überleben, wird für jeden von uns diese Welt nicht mehr dieselbe sein.

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