Schon als Schüler war ich von der Götterwelt der Antike
fasziniert. Ich las nicht nur die Sagen des klassischen Altertums, studierte
die Kunstgeschichte in dicken Wälzern, die ich in Antiquariaten erstand,
sondern auch meine erste Reise nach dem Abitur ging nach Griechenland. Noch
heute faszinieren mich die Skulpturen der Gottheiten, die in den Tempeln an den schönsten Stellen
der Inseln verehrt wurden.
Naturgottheiten, steinerne Abbilde des Menschen, mit allen menschlichen Fehlern
behaftet. Ihnen wurde nicht nur mit Opfern gehuldigt, mit Gebeten und Festen,
die immer auch menschliche Feste waren. Im Olymp ging es zu wie im Leben des
Menschen. Intrigen, Liebschaften, Mord und Totschlag. Für mich waren die
herrlichen Tempel und die steinernen Abbilder, die Opfer an die Gottheiten,
immer Ausdruck des Menschen nach der Suche des Ewigen im Diesseitigen. Aber gleichzeitig waren die entleerten Tempel,
beraubt von ihrem Schmuck, das was die Gottheit ausmacht, Raum und Leere und
Stille. Wenn ich durch die geborstenen Säulen der Vergangenheit wanderte, in den Museen die Statuen der Gottheiten
der Antike bewunderte, dachte ich an die Menschen, die diese Götter verehrten, und
vielleicht auch im Stein der Skulpturen die Gottheit sehen konnten, die in Allem sich offenbart. Sie waren sich nur der Gottheit in sich nicht
bewusst, denn es war diese, die sich in steinerner Gestalt offenbarte. Nur Gleiches kann Gleiches erschaffen, der
Mensch erschuf sein göttliches Ebenbild in Stein. Vielleicht waren die Griechen die ersten
Menschen, die erkannten, dass auch die dunklen Seiten des Lebens Teil des Göttlichen
sind, und dass Schönheit der
Vergänglichkeit und dem Tod unterliegt. Die Menschenwelt als Götterwelt
abzubilden ist keine Blasphemie, es ist eine tiefe Wahrheit, die dem Weisen
aufgeht, wenn er erkennt, dass die diesseitige Welt nur ein Spiegel der ewigen
Wahrheiten und göttlichen Welten ist.
Donnerstag, 11. Januar 2024
Die Götterwelt der Antike
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