Wittgenstein hätte seine Freude an dem Wort «Verantwortung». Nicht nur in unserer Lebenszeit verändert es
ständig seine Bedeutung, sondern auch in Generationen ging die Menschheit in
unserer Kultur und in den Kulturen der Welt, immer unterschiedlich mit
Verantwortung um.
Wenn wir Kinder sind,
tragen unsere Eltern die Verantwortung für uns, die Verantwortung betrifft uns
noch nicht. Zu den wichtigsten Aufgaben
der Eltern gehört es, den Kindern langsam Eigenverantwortung zu
übertragen. Verantwortung zu übernehmen,
setzt die Fähigkeit voraus, die Folgen des eigenen Handelns einschätzen zu
können. Ab wann kann ein Kind
einschätzen, wie hoch das Risiko ist, auf einen Baum zu klettern? Eltern können das nur schwer einschätzen und müssen
ein Risiko in Kauf nehmen, dass sich das
Kind wehtut, nur so lernt es Risiken zu beurteilen. Das gilt für alle Bereiche
des Lebens, in denen sich Kinder bewegen.
Langsam lernt das Kind von den Eltern, Eigenverantwortung zu übernehmen.
Die Eigenverantwortung ist ein weites Feld. Sie betrifft Ausbildung, gesundes Leben, Nutzung der angeborenen
Talente, einfach alles, was den Menschen betrifft. In der Jugend sind wir noch
begierig, alles aufzunehmen, um verantwortungsbewusste Erwachsene
zu werden. Bei Erwachsenen lässt dieses
Verantwortungsbewusstsein oft nach. Wir gehen nachlässig mit uns um, vernachlässigen unseren Körper und unseren
Geist. Was auf der körperlichen Ebene
stattfindet, spiegelt sich auch in der geistigen Entwicklung wider. Mit dem Ende
der schulischen Ausbildung setzt auch die Verantwortungslosigkeit
gegenüber unseren geistigen Fähigkeiten ein.
Ein Grossteil der Menschheit überlässt den Anderen die Verantwortung für ihr Leben, dem Staat,
den Schulen und den Vorgesetzten.
Von der Eigenverantwortung zur Fremdverantwortung ist es nur
ein kleiner Schritt. Am natürlichsten ist dieser Schritt, in dem Augenblick, in
dem wir Eltern werden. Die Familie hilft uns, Verantwortung zu übernehmen . Wenn
wir das Wort Verantwortung als Wegweiser
für uns selbst betrachten, fällt uns auf, dass in fast allen westlichen Sprachen das Wort «antworten» in Verantwortung enthalten
ist, zB «respondere» in «responsibility». Es scheint, als ob wir mit der Übernahme von
Verantwortung eine Antwort geben, oder
eine Antwort erhalten. Nur der Mensch kennt Verantwortung, gegenüber seinem
Selbst, den Anderen, Tieren und Pflanzen
und dem Planeten gegenüber. Wenn der Mensch dieser Verantwortung nicht
gerecht wird, antwortet die Natur mit Veränderung in der Schöpfung, mit dem
Aussterben von Tieren und Pflanzen, mit
Veränderung in Natur und Klima. Ist das
die Antwort der Natur auf
fehlende Verantwortung? Oder ist die Antwort
im Leben selbst zu suchen, im verantwortungsbewussten Handeln? Wenn wir
in der Einheit mit der Schöpfung leben,
antwortet uns die Schöpfung, sie
offenbart sich in ihrer Gesamtheit, in ihrer unermesslichen Fülle, in ihrer
Schönheit. Der Schritt in die Verantwortungslosigkeit aber bedeutet, - wir
verlieren die Schöpfung und damit den
Zugang zu unserem Leben. Es ist nur ein
kleiner Schritt in die Verantwortung und in die Fülle des Lebens, und ein kleiner Schritt in die
Verantwortungslosigkeit. Es ist eine
Entscheidung zwischen Leben und Tod. Das
ist für mich die Antwort, die wir versteckt im Wort Verantwortung
finden, eine Entscheidung, die unser Leben bestimmt.
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