Donnerstag, 24. Oktober 2024

Die Sünden unserer Väter

Schon die Bibel hatte die Erkenntnis, dass die Sünden unserer Väter uns bis ins dritte und vierte Glied verfolgen. Erst spät habe ich verstanden was damit gemeint war. Es sind nicht die lässlichen Sünden des Alltags, es sind die schweren Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die nicht nur die Täter, sondern auch ihre Kinder über mehrere Generationen verfolgen. Wir versuchen heute mit der Traumaforschung die Schäden an der Seele eines Menschen zu erkennen, der im Krieg gezwungen war, oft unter Drogen, Menschen zu töten, die ihm nichts getan haben. Wir denken aber nicht über diesen Schaden hinaus. Die Seele jedes Menschen ist eingebettet in eine Gesamtseele, in die Seele seiner Vorfahren, seiner Nachfahren, in die grössere Seele der  Gemeinschaft in der wir leben und auch in die Weltseele. Jeder Schaden an meiner Seele ist auch eine Verletzung der Seele der Ganzheit und  lebt noch in Generationen fort. Das wussten schon unsere Vorfahren, nur die heutige Wissenschaft hat es wohl vergessen. Ich kenne die Kinder von Naziverbrechern, die ihr ganzes Leben von den Taten ihrer Vätergeneration gekennzeichnet waren, angefangen von ihren Rechtfertigungsversuchen für die Taten ihrer Väter, bis hin zu traumatischen Verhaltungsweisen, als ob sie selbst die Täter gewesen wären. Ich denke nicht nur an die Naziverbrechen, die ich noch immer in den Kindern der Täter gespürt habe, ich denke an die dunkle Apathie, die über ganzen Völkern liegt, den Opfern und Tätern des Kommunismus, des Faschismus, des Hasses aus religiösen Motiven,  an die Millionenmorde der Opfer und Täter. Generationen von Menschen, die das seelische Leid ihrer Vorfahren weiter in sich fühlen.  - Die Traumaforschung befindet sich erst am Anfang, wenn sie sich nur mit dem einzelnen, beschädigten Menschen beschäftigt. Es wird nicht nur die Einzelseele verletzt, jedes Verbrechen an Menschen wird über Generationen gesühnt, auch noch in den Seelen von Kindern und Kindeskindern, vonTätern und Opfern. Der einzige Weg aus Verletzung und Trauma ist Vergebung und Versöhnung, das aber würde Einsicht und Toleranz voraussetzen. Davon ist die Menschheit weit entfernt. Wenn ich den Hass und das Leid der vergangenen und heutigen Kriege sehe, dann fallen mir nur die Worte ein: Herr vergib Ihnen, denn sie wissen nicht was sie tun.

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