Donnerstag, 28. Februar 2019

Besitz und Erbe


Schon bei  Goethe heisst es im Wilhelm Meister: „Was Du ererbt von Deinen Vätern, erwirb es, um es zu besitzen.“  Besitz ist  nicht etwas Statisches, und er geht verloren, wenn er nicht ständig aufs Neue erarbeitet wird. Besitz ist etwas Lebendiges, das immer auf das Neue erworben sein will. Wenn ich darüber nachdenke wie Besitz bei mir entstanden ist, dann war da am Anfang  etwas, was auf mich zugekommen ist und aus dem eine Idee entstanden ist. Aus der Idee wurde ein Wille zum Handeln. Jedes Handeln bei mir ist mit Freude und Überzeugung verbunden. Auch wenn sich die Idee nicht gleich verwirklichen liess, dann habe ich oft Jahre zugewartet und mit Beharrlichkeit schliesslich erreicht, dass das entstand, was ich mir einmal vorgestellt habe. Ich denke, wenn diese Idee in uns einfliesst, dann entstehen Wille und Freude zum Handeln. Das entstandene hat solange Bestand, wie es jemanden gibt, der mit seiner ganzen Überzeugung dahintersteht und bereit ist, das Entstandene zu erhalten und weiterzuentwickeln. Nichts ist statisch, sondern ist einem ständigen Wandel unterworfen. Daher ist auch Erbe so wenig von Bestand, wenn der Erbe den Besitz übernimmt und nicht die Dynamik versteht, die mit Besitz verbunden ist. Ich sehe im Besitz eher die Verpflichtung, die ich mit dem übernehme  was ich schaffe, die Menschen,  denen ich Brot und Arbeit gebe.  Nichts gehört mir wirklich, es ist mir nur geliehen,  um etwas zur Evolution der Erde  beizutragen. Solange ich das mir anvertraute Gut  entwickele und nicht nur erhalte, bleibt es mir erhalten, aber es entschwindet und wird mir genommen, wenn ich es als mein Eigentum und meinen Besitz betrachte. Auch ein Verlust von Besitz durch Krieg und Enteignung ist kein Unglück, solange der Mensch da ist, der durch seine Ideen und seinen Willen wieder Neues schafft.  Das erklärt vielleicht den schnellen Aufstieg unseres Landes nach dem 2. Weltkrieg. Besitz der auf Erben übergeht die keinen Willen haben, den Besitz selbst zu erwerben, geht unweigerlich verloren. Keine Lösung beim Übergang von Besitz ist die staatliche Teilenteignung durch Besteuerung. Man sollte den Erben die Möglichkeit geben, den Besitz zu erwerben. Indem sie ihn erwerben, geben sie der Allgemeinheit mehr zurück als sie bekommen haben.  Wenn sie in dieser Aufgabe versagen, löst sich der Besitz von allein auf und fliesst wieder zurück in das grosse Ganze.  

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