Samstag, 17. April 2021

Montaigne als Vorbild

Mein Bruder schenkte mir einmal eine Ausgabe der Essais von Montaigne. Als die Zeit der äusseren Aktivitäten für Montaigne vorbei war, zog er sich zurück und schrieb in kurzen Aufsätzen über Themen, die ihn interessierten. Mich hat diese Vorgehensweise beeindruckt, man langweilt den Leser nicht mit ewigen Ausführungen zu einem Thema, zwingt sich, seine Gedanken konzentriert zu Papier zu bringen und verschafft seiner Mitwelt ein wesentlich besseres Bild von dem, der man ist. Essais haben den grossen Vorteil, dass jeder in sich geschlossen ist und kein Essai die Kenntnis eines anderen voraussetzt. Sie haben auch die Funktion eines Stundenbuches. Ich kann sie an jeder beliebigen Stelle aufschlagen und oft trifft die zufällig aufgeschlagene Seite die Situation an, die für den Leser interessant ist. Die digitale Präsentation ermöglicht auch eine Suchfunktion, so ist es aufschlussreich wenn ich ein Wort wie Liebe, Taufe, Erziehung eingebe. Ich sehe dann, wie sich mein Denken zu den einzelnen Themen über die Jahre weiterentwickelt. Was ich im äusseren Leben gemacht habe, ist nur dem kleinen Kreis der Menschen bekannt, mit denen ich gelebt habe. Was ich gedacht habe ist eine viel wichtigere Hinterlassenschaft, es ist der Bereich den ich den Nachkommenden als kleine Gedankenhilfe hinterlasse. Kommentare zu meinen Gedanken sind mir immer willkommen, auch das ist in digitaler Form möglich.

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