Donnerstag, 12. August 2021

Der Ablauf von Zeit

Ich beobachte die Zeit. Wir messen die Zeit in Tagen und Jahren. Ist das nicht ein sehr willkürliches Verfahren? Könnte es nicht auch sein, dass es immer noch der gleiche Tag ist, wie der erste Tag meines Lebens? Vieles in mir fühlt sich noch genau so an, wie vor 40 oder 50 Jahren. Mein Äusseres hat sich verändert, aber innen schlägt noch das gleiche Herz, die gleichen Adern versorgen mich mit Blut und noch immer kann ich aufrecht gehen und unterscheide mich vom Vierbeiner. Shakespeare nennt die Zeit den blutigen Tyrannen. Ist sie das wirklich? Ist Zeit nicht nur ein Hirngespinst, - wie das Wort so schön sagt, eher ein dünnes Geflecht von Fäden, ähnlich dem Netz einer Spinne, durch das wir hindurchsehen können, das Netz ersonnen von unserem Verstand. Wir nähern uns dem Netz unserer Gedanken - und je dichter wir dem Geflecht kommen, das so sorgfältig von unserem Gehirn gestrickt wurde, desto weniger sehen wir die Fäden des Netzes und hinter den Fäden sehen wir die Wirklichkeit durchleuchten, das ewige Leben ohne Anfang und ohne Ende. Jeden Morgen, an dem ich erwache ist es immer noch der gleiche Tag, noch immer das gleiche Leben. Ich zähle nicht die Tage, ich zähle nicht die Jahre, es ist immer noch der gleiche Körper, es sind immer noch die gleichen Augen, und vor allem ist es noch das gleiche Leben, das mich erfüllt. Hat sich an den entscheidenden Dingen in mir etwas verändert? Bin ich noch der gleiche Mensch, der vor mehr als 80 Jahren diese Welt betrat? Nein - das bin ich immer noch. Im Aussen hat sich manches verändert, im Inneren ist alles gleich geblieben, die gleichen Augen blicken auf die Welt und was sie sehen ist eine Welt der Wunder, der strahlenden Schönheit. Und überwältigt, von dem was ich sehe - welch grosser Geist hat diese Welt erdacht, wer hat mich erdacht? Wer hat aus mir ein vollendetes Werk erschaffen? Vielleicht bin ich das Auge dessen, der durch mich sieht, der mich geschaffen hat, um durch mich zu sehen. Ein wunderbarer Gedanke, dass ich Teil dieses schöpfenden Geistes sein kann. Der erste Tag meines Lebens hat nie geendet, noch immer bin ich das staunende Kind, das die Schönheit dieser Welt durch die Augen des Schöpfers betrachtet, ich bin Schöpfer und Geschöpf in einer Person. Und wenn ich diese geöffneten Augen schliesse, werde ich erneut zum Schöpfer. Zeit hat es nie gegeben, ein Konstrukt meiner Gedanken. Es ist immer noch der erste Tag und dieser Tag wird nicht enden, nicht in meinem Leben, nicht im Leben der vielen Erscheinungsformen, die mich umgeben. Es ist noch der erste Tag dieses Planeten, dieses Universums, ein ewiger Kreislauf von Energie ,frei schwebend in den ewigen Räumen aus denen wir sind und die uns umgeben. Ich gaukle wie ein Falter durch diese Welt der Wunder, ich lasse mich nicht fangen von den Spinnenweben der Zeit, Zeit ist etwas klebriges, etwas was uns abhält die Blumen der Schöpfung zu besuchen. Ich fliege zu der wunderbaren blauen Blüte die sich vor mir zeigt, ich rieche den süssen Duft des Honigs, der mich lockt, ich taumle trunken durch die Wunder die mich umgeben, selbst ein Wunder, das sich seiner bewusst wird, ewig und zeitlos.

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