In der Karwoche las ich über den deutschen Künstler Erwin Bechtold, der
gerade 97 Jahre alt geworden war. Ihn hatte sein Leben lang die Farbe schwarz
interessiert und sein Werk geprägt. Er
erinnert mich an Malewitsch, an das schwarze Quadrat, an eine Ikone der Moderne.
In der Natur gibt es kein Quadrat und
auch schwarz verbinden wir nicht mit der Natur. Das schwarze Quadrat steht für das
menschliche Denken, für dessen Beschränktheit, für das Gefangensein in der
Dunkelheit des Nichtwissens. Es wartet darauf seine Schranken zu durchbrechen und Licht in die
Dunkelheit zu lassen.- Und jetzt ist es
soweit, das Ostererlebnis, die Schranken des Nichtwissens werden
durchbrochen, Licht tritt in die Dunkelheit, die künstlichen Formen fallen in
sich zusammen, die Verwandlung tritt ein,
das Gegenständliche wird zum Nichtgegenständlichen, Dunkelheit zu
Licht. - Wenn dieses Bild von Malewitsch in einer byzantinischen Kirche
hinge, dann verdiente es die gleiche Beachtung wie die heiligsten der Ikonen. Wir brauchen die Kunst, um unser Leben besser
zu verstehen, die Erinnerung, dass jedes Gegenständliche aus dem
Nichtgegenständlichen entsteht und wieder dorthin vergeht. - Ostern gedenken wir dieses Wandels: Die
Bilder der leeren Grabkammer, wo gestern noch der tote Körper war, ist jetzt
Leere, der Körper hat sich aufgelöst, ist auferstanden. Auferstehung ist nur möglich, wenn Verwandlung stattfindet,
wenn Materie zu Geist wird. Das Gegenständliche wird zum Nichtgegenständlichen,
Körper zur Seele, Dunkelheit zu Licht. Alles befindet sich in diesem ewigen Wandel,
nichts bleibt wie es ist. Und doch leben wir nicht in einer Welt des Chaos,
alles folgt Gesetzen, die vor Ewigkeiten da waren, auch diese Gesetze im ewigen Wandel, Gesetze
die unser Verstand nur teilweise nachvollziehen kann, Gesetze von Wachsen und
Vergehen, von Geburt und Tod, von Abschied und Wiederkehr. Ostern feiern wir die Wiederkehr des Lebens
in der Natur, - da wo noch gerade Tod und Leere war, beginnt etwas Neues. Wir feiern den
Frühlingsanfang, das Erwachen des Lebens, das Fest des Neubeginns. Ein sehr
esoterisches Fest, wenn wir begreifen, dass Auflösung und Neubeginn EINS sind,
Tod auch Auferstehung, und Leere das Allumfassende. Diesmal hat mir ein Bild
das Ostererlebnis vermittelt, und gleichzeitig habe ich mich in dieser Nacht in
den Klöstern des Athos befunden, wo die Mönche in ihren Gesängen die Ewigkeit
in die Endlichkeit des Menschseins bringen und wo ich als junger Mensch um Mitternacht
zur Ostermesse ging.
Sonntag, 17. April 2022
Ostern und das schwarze Quadrat
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen