Mittwoch, 13. Januar 2021

Die Zeit nach unseren Kindern

Ich hatte schon über die wichtige Zeit des Elternseins geschrieben. Unser Leben besteht aber nicht nur aus dieser Zeit. Es kommt auch die Zeit des Loslassens, unsere Kinder in die Welt entlassen, sie ihr Leben leben lassen. Auch die Zeit der Kindheit und der Ausbildung geht einmal zu Ende, und damit die Elternschaft, die für viele von uns die erfüllendste Zeit ihres Lebens war, - was gibt es grösseres als das wachsende Leben in seinen Kindern zu sehen? Aber auch diese Zeit geht zu Ende und wir fragen uns erneut, was ist unsere Rolle in unserem Leben – unser Beruf, etwas Aufzubauen, etwas in dieser Welt zu hinterlassen? Wir blicken zurück auf die sorglosen Zeiten unserer Kindheit, auf die Zeit der Liebe und Paarung, auf die Zeit mit unseren Kindern, - nichts lässt sich wiederholen, vor allem dürfen wir uns nicht an der Vergangenheit festhalten, denn die Gegenwart liegt vor uns. Wenn wir unsere Kinder in die Welt entlassen, haben wir die Mitte unseres Lebens überschritten. Wir machen eine Bestandaufnahme, wo stehen wir, wie geht es weiter mit unserem Leben, lässt sich irgendetwas wiederholen? Haben wir vielleicht nur Rollen gespielt auf der Bühne des Lebens? War unser Leben nicht nur dauernd durch Tun und Handeln bestimmt, haben wir jemals Zeit gehabt zu sein? Waren wir es, die vielleicht nur als die Spieler in einem Stück, als Liebhaber, Väter und Mütter, Figuren in Funktionen, Beruf und Ämtern dargestellt haben, waren wir überhaupt einmal wir selbst ? Was ist aus unserem Leben geworden? – Es ist der Moment des Innehaltens, der Moment des Nachdenkens, - haben wir unser Leben gelebt oder das Leben der Anderen? Vielleicht haben wir garnicht unser Leben gelebt, sondern nur die Erwartungen anderer erfüllt? Und dann kommt die grosse Frage: Welche Erwartungen hatte ich an mein Leben – oder welche Erwartungen hatte mein Leben an mich? An diesem Punkt in unserem Leben haben wir eine Entscheidung zu treffen. Wollen wir uns nur weiter treiben lassen im ewigen Tun und Handeln und die restliche Zeit damit verbringen die Herausforderung des Lebens zu ignorieren oder wollen wir uns dem Leben stellen, und die wichtigste aller Fragen beantworten: Wer bin ich? – Was ist das: Mein Leben? - Habe ich vielleicht das ignoriert, was das Wichtigste an mir ist - Mein Leben? – Und was ist der Sinn und Zweck meines Lebens? Wer beantwortet mir meine Fragen – Lehrer, Philosophen, Psychologen, Pfarrer? - Es ist der Moment des Lebens, wo uns bewusst wird, dass da eine andere Ebene in uns ist, die diese Fragen stellt. Es ist nicht der Kopf und der Verstand, der da mit uns spricht. Es ist die Ebene, die wir vor lauter Tun in dieser Welt aus den Augen verloren hatten und die sich mit Macht wieder meldet. Sie fragt uns: Wie konntest Du mich solange vergessen, ich bin es Dein Leben das da zu Dir spricht, das immer da war, aber das Du übersehen hast vor lauter Tun und Handeln. Halte inne mit deinem Lauf durch die Zeit, komme dort an, wo ich Dich so lange erwartet habe, jetzt in diesem Moment, bei mir Deinem Leben. – Es ist der Moment gekommen, wo wir anhalten und uns unserem Leben stellen. Wir halten die Zeit an, wir stellen den Denker in unserm Kopf ab, wir betreten den Raum der Stille, der Stille in uns, wir lassen das andere Leben von uns Besitz ergreifen, das immer da war, das wir aber in einer Abstellkammer vergessen hatten. Wir werden uns bewusst, wer wir wirklich sind, - Wir sind das ewige Leben, wir sind nicht nur Teil der Welt und des Universums, wir sind auchTeil dessen, was das Universum geschaffen hat, wir sind ein Teil des göttlichen Alles, der übergeordneten Intelligenz - Wir sind das ewige Sein - Wir hatten vor lauter Tun und Schaffen nur vergessen wer wir sind. – Und wenn wir zu dieser Erkenntnis kommen, dann gehen wir mit einem neuen Bewusstsein durch die Zeit, die das Leben für uns noch bereit hält, aber jetzt in der Gewissheit, dass auf die Zeit die unseren Blick auf die Welt gerichtet hatte, nun die Zeit angebrochen ist, in der der Blick sich nach innen richtet, auf das was die Welt durchdringt, auf das was unserem Verstand verborgen bleibt, auf das alles erschaffende und erfassende Leben, unser eigentliches Sein. Wenn die Welt und die Nichtwelt zusammen in unser Bewusstsein treten nennen wir das Erleuchtung, dann haben wir verstanden, wer wir wirklich sind.

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