Möchte ich durch
Schreiben im Gedächtnis bleiben? Habe ich nichts mehr anderes zu tun?
Vielleicht will ich eine Art
geistigen Nachlass schreiben? - Wenn wir ein Testament schreiben, regeln wir
unseren weltlichen Nachlass. Das ist schnell getan. Noch besser, wir haben uns schon zu Lebzeiten
weitgehend von den Gegenständen getrennt, die uns durch unser Leben begleitet
haben und immer mehr zum Ballast geworden sind. Aber was machen wir mit unseren
Gedanken, unseren Emotionen und unseren Gefühlen - das sind auch Gegenstände dieser Welt und nur
da, weil sie mit unserer Existenz in dieser Welt verbunden sind? Da wird es schon schwieriger ein Testament zu
hinterlassen, zumindest keines im herkömmlichen Sinn.- Wenn ich ein berühmter
Schriftsteller wäre, könnte ich meine Bücher, meine Rechte, meine
Tantiemen durch ein Testament regeln.
Aber meine Gedanken und Gefühle scheinen nur mit meiner Person verbunden zu
sein und wenn ich gehe, werfe ich sie ab und sie sind nicht mehr. Solange ich
aber lebe sind sie da und oft beunruhigen sie mich, weil sie so schwer zu
beherrschen sind. Gerade noch habe ich meditiert und mich über die Stille
gefreut, die in mir eingetreten ist und plötzlich fällt mir meine Steuererklärung
ein, die ich noch zu erledigen habe. Und schon ist die Stille verflogen und die
Welt hat sich wieder zu Wort gemeldet. Wenn ich diese Gedanken und Worte in
meinem Kopf einfange und zu Papier bringe, stellt sich eine gewisse Ordnung
ein, ich konzentriere mich auf diese Gedanken, sie entwirren sich und es entsteht
ein Gedankenfluss und ich merke, dass ich mich diesem Fluss anvertrauen kann,
es entsteht eine Strömung und ich bin selbst über mich erstaunt, was oft aus diesem Gedankenfluss entsteht - Einsichten, die sich mir sonst nicht
erschlossen hätten, wären sie ihrem
ungeordneten Lauf überlassen worden. Für mich ist dieser FLOW das, was mich
veranlasst, meine Meditation in einen geordneten Gedankenverlauf übergehen zu lassen.
Auch wenn das was ich niederschreibe
Worte sind und dieser Welt entstammen, führt mich das geordnete Niederschreiben
über die Welt hinaus, ich verbinde mich in diesem Moment mit dem Raum, aus dem
alles fliesst, auch meine Gedanken. Ob
es sich lohnt diese Gedanken niederzuschreiben?
Für mich schon, denn es ist meine
Welt die ich ordne. Vielleicht auch für andere, die sich mit ähnlichen Gedanken
beschäftigen? Vielleicht sind einige Gedanken
doch eine Art Nachlass, den ich aber
nicht zu regeln brauche, weil ihn nur der erhält, der sich für ihn
interessiert? Für mich hat mein
Schreiben den Sinn, Ordnung in meine
Gedanken und Ideen zu bringen, die genauso bunt und vielfältig wie am ersten
Tag meines Lebens sind, und vor Allem beim Schreiben den Fluss des Lebens zu fühlen,
der mich mit meinen Gedanken mit sich
nimmt. Es ist dieser Fluss des Lebens, der mich durch meine Zeit geführt hat,
dem ich mich anvertraut habe und der mich nie enttäuscht hat.
Sonntag, 27. Februar 2022
Warum ich im Alter schreibe
Freitag, 25. Februar 2022
Die Begegnung mit dem Bettler
Eine Geschichte aus meiner Kindheit, die mir heute noch im
Gedächtnis ist, die mir meine Mutter erzählte, - wie wir in jedem Bettler vielleicht Gott antreffen, der
die Gestalt des Bettlers angenommen hat. Seitdem, habe ich Bettler immer mit
anderen Augen angesehen. Kinder haben eine
wundervolle Phantasie und die Gabe, das zu sehen, was wirklich ist. Heute weiss ich, dass ich nicht nur im Bettler dem Göttlichen
begegne. Ich treffe in jedem Menschen auf das Ewige, in meinen Kindern und Enkeln zeigt sich das
Göttliche, in meiner Frau kann ich die Göttin sehen, in meinen Freunden, wohin ich auch schaue, überall treffe ich auf
das gleiche Leben, denn Gott ist das
Leben. Meine Kinder können sich noch daran erinnern, dass ich Weihnachten losging,
um nach Bettlern zu suchen, um ihnen einen grösseren Schein als Geschenk zu
bringen. Es sind diese kleinen Geschichten, die uns im Gedächtnis bleiben. –
Vielleicht würden wir die Menschen um uns ganz anders betrachten, wenn wir uns
daran erinnern würden, dass jeder, dem wir begegnen von dem gleichen göttlichen Leben erfüllt
ist, wie wir selbst. Bei den meisten Menschen um uns ist das Göttliche in
Vergessenheit geraten, das Leben ist zur
Selbstverständlichkeit geworden, man hat es einfach. – Aber wenn wir uns an das
Leben erinnern, täglich, schon beim Zähneputzen beginnen, durch den Tag gehen
und immer in uns das Leben spüren, wenn
wir in unserem Beruf auf andere Menschen
treffen und uns daran erinnern, dass sie voller Leben sind, wenn wir in unserer Partnern den Gott oder die
Göttin sehen können, dann tritt ein ganz andere Dimension in unser Leben. Wir sehen plötzlich in Allem den ungeheuren
Reichtum, die Schönheit die Fülle, die uns das Leben schenkt. – Das ist aber
ein hoher Anspruch, höre ich manchen
sagen - ich kann nicht dauernd das Göttliche in mir und um mich sehen, dafür
habe ich keine Zeit. - Im Gegenteil,
dafür brauchen wir keine Zeit, nur einen Moment des Innehaltens, des Erinnerns,
wer wir sind und wer die anderen sind. Der Bettler wie der Präsident – alle tragen
sie die göttliche Handschrift, alle sind sie aus dem gleichen Geist geboren,
alle sind sie unsere Gefährten auf unserem Weg durch die Welt. – Und am Ende
unseres Weges werden wir alle wieder wie Bettler. Wir werfen die Dinge dieser
Welt ab, unsere äusseren und unsere inneren Dinge,
alle Reichtümer die uns die äussere Welt und die innere Welt unserer
Gedanken schenkte, was bleibt ist noch eine kurze Erinnerung und dann das Nichts, von dem wir hoffen, dass
es das Alles ist.
Sonntag, 20. Februar 2022
Wie ich Ordnung in meine Welt bringe
Schon früh lernen wir, schon als Kinder, unsere Spielsachen in Ordnung zu halten, nicht alles in eine Kiste zu schmeissen, einen Überblick zu behalten, was wir in der Kiste haben. Es geht uns um die Ordnung der Dinge, die uns umgeben, eine Ordnung die nötig ist, wenn wir in der Welt zurecht kommen wollen. Entspricht diese Ordnung im Äusseren auch der Ordnung, die in unserem Inneren herrscht? - Wenn wir unseren Körper anschauen, dann scheint eine Kraft die Atome und Moleküle in einer Ordnung zu halten, um die wir uns nicht zu kümmern brauchen. Fast alle Funktionen unseres Körpers, aber auch der ganzen Natur um uns, sind von einer Kraft geordnet, die sich unserem Denken entzieht. Aber in einem Bereich in uns herrscht eine grosse Unordnung, im Bereich unserer Gedanken. Was sind denn Gedanken anderes als Energieimpulse, also auch Gegenständliches, den Atomen mit ihren Energieimpulsen ähnlich? Aber diese Energieimpulse werden nicht von der gleichen Kraft in Ordnung gehalten, die unsere körperliche Energie, Atome und Moleküle, aus denen wir uns zusammensetzen, von sich aus allein regelt. - Unsere Gedankenenergie scheint losgelöst von der Urkraft unseres Lebens, uns persönlich anvertraut zu sein, damit wir lernen, mit ihr umzugehen, sie zu ordnen, sie zu beherrschen. – Aber keiner hat uns gelehrt, diese Gedanken zu ordnen, weil die Menschen, die unsere Lehrer sein sollten, ihre eigene Welt der Gedanken nicht ordnen können, wir also auf uns selbst allein gestellt sind, wenn wir die Welt unserer Gedanken verstehen möchten. - Bei den meisten Menschen dreht sich ein ständiges Rad im Kopf, ein Rad von unsinnigen, sich ständig wiederholenden Gedanken, die sich kaum kontrollieren lassen. - Es sind diese Gedanken, die uns den Blick auf das Wesentliche verstellen, auf das was hinter den Gedanken liegt, auf die Quelle und den Ursprung allen Denkens. Wie ein Vorhang verhüllen unsere Gedanken das, was hinter dem Vorhang liegt. Wenn ich hinter den Vorhang sehen möchte, dann muss ich meine Gedanken zum Stillstand bringen, aus meinem Kopf verdrängen - dann erst, wenn Stille in mir herrscht, kann ich den Vorhang zur Seite ziehen, kann einen Blick auf den Bereich jenseits meiner Gedanken werfen, auf den Bereich, den wir nicht sehen, nicht denken und nicht fassen können. - Gedanken sind Energieimpulse, wie auch die Atome und Moleküle, aus denen unserer Körper besteht. Aber anders als die Funktionen unseres Körpers, die wohl geordnet sind, herrscht in unseren Gedanken Chaos, wir scheinen aufgefordert, selbst Ordnung in diesen Bereich zu bringen. Wie aber Ordnung in einen Bereich bringen, der sich scheinbar unserer Kontrolle entzieht? Uns stehen doch wieder nur die gleichen Gedanken zur Verfügung, um die Gedanken, also sich selbst, zu ordnen. Wenn wir der Schöpfer unserer Gedanken sind, dann müssen uns auch die Mittel zur Verfügung stehen, Ordnung in unsere Gedanken zu bringen. Vielleicht hat die Natur dem Menschen den Bereich der Gedanken zur eigenen Verwaltung überlassen, damit der Mensch lernt mit seinen Gedanken umzugehen, vielleicht sogar zu lernen, wie die Natur zu denken? Aber noch ist zwischen uns und der Natur dieser Vorhang vorhanden, der den Blick auf den Ursprung unseres Denkens verstellt. Erst wenn wir hinter die Welt unseres Denkens gelangen, ist uns ein Blick in die Dimension erlaubt, die wir den Ursprung des Lebens und des Denkens bezeichnen. – Dorthin zu gelangen ist die Aufgabe die uns das Leben stellt, hinter die Geheimnisse unseres Denkens zu kommen . Der Weg dorthin bedeutet, das Rad der Gedanken zum Stillstand zu bringen, Stille in uns eintreten zu lassen, - nur dann können wir den Vorhang zur Seite ziehen und einen Blick auf das werfen, was hinter dem Vorhang liegt: Wir sehen das NICHTS als Teil dessen, was wir auch sind, das Leben hinter den Gedanken, das Leben das sich in der Stille und im Nichtdenken zeigt, das Leben in seiner ureigensten Form, das sich nicht in Worten und Gedanken fassen lässt.- Das ist auch die Antwort auf Einsteins Wunsch, wissen zu wollen, wie Gott denkt: Gott denkt nicht, ER IST, - er ist die Stille, er ist das Nichtdenken, er ist das was sich unserem Denken entzieht. - Einen Blick hinter den Vorhang werfen, das versuche ich, wenn ich meine Gedanken ordne, zu Papier bringe, Gedanken, die darauf warten in ihre göttliche Ordnung zurückzufinden. So versuche ich, im Reich meiner Gedanken Ordnung zu halten und Hinweise zu geben auf das Nichtdenkbare, auf das was hinter meinen Gedanken liegt und für das es keine Worte gibt.
Mittwoch, 16. Februar 2022
Langeweile und Zeitvertreib
Man ahnt es schon, es geht um die Zeit. Bei Kindern hören wir oft, Mama, mir ist langweilig. Da scheint eine längere Weile, ohne eine Beschäftigung, in der Wahrnehmung des Kindes, negativ besetzt zu sein. Kurzweilig hingegen hat einen positiven Klang, wenn die Zeit einem kurz erscheint. - Zeitvertreib scheint ebenfalls etwas positives zu sein und Zeit totschlagen wieder negativ. Neben der Zeitmessung, die wir für unseren Tagesablauf brauchen, scheint uns Zeit ständig zu beschäftigen, der Hintergrund scheint die Lebenszeit zu sein, die Endlichkeit der uns zustehenden Zeitspanne. So gehen wir durch die Zeit und versuchen unsere Zeit möglichst zu füllen, mit den Beschäftigungen für Ausbildung und Beruf, mit Freizeitbeschäftigungen, wie Sport, Lesen, Fernsehen, alles vollgeplant, nur keinen einzigen Moment finden, in dem einmal ein Moment ohne Beschäftigung eintritt. – Wenn ich jung bin, scheint eine unendliche Zeit vor mir zu liegen. Wenn ich alt werde, kommt es mir vor, als ob alles erst gestern gewesen wäre. Ich blicke auf meine Lebenszeit zurück: Es war doch erst gestern als ich ein junges Mädchen heiratete. Und jetzt befinden sich unsere Kinder schon in der Mitte ihres Lebens und haben eigene Kinder. Aus dem jungen Mädchen ist eine Grossmutter geworden, schon in ihren Sechzigern. Und die Lebensgefährtin, die vor zwanzig Jahren in mein Leben getreten ist, auch schon stark auf sechzig Jahre zugehend. - Alles scheint wie in dem Psalm zu sein, der von dem Grashalm spricht, der sich morgens noch im Wind bewegte und abends verdorrt ist. Und wenn das Leben gut und wertvoll gewesen ist, dann war es viel Mühe und Arbeit. – Zeit anscheinend ein blutiger Tyrann, der Dir Dein Leben rauben will und Zeit als das Kostbarste, das uns geschenkt wird. - Wenn Zeit ein so kostbares Gut ist, wie kann ich dann ernsthaft daran denken, Zeit totzuschlagen, sich in der Zeit zu langweilen, muss ich nicht jede Minute meines Lebens nutzen, die mir geschenkt wird? - Wie relativ Zeit ist wird uns klar, wenn wir die Zeit einer Fliege beobachten, die nur an einem Tag ein erfülltes Leben hat oder die Zeit die diesem Planeten Erde gegeben ist, der noch in Millionen Jahren bestehen wird. Die Fliege klagt nicht über die Kürze ihrer Zeit, der Planet nicht über die Millionen Jahre, die er schon durch das All kreist. - Nur wir Menschen klagen über die Kürze unseres Lebens, und wie schnell alles verfliegt. Die Wenigsten von uns verstehen die Zeit anzuhalten, sich von der Illusion des horizontalen Zeitablaufs zu trennen und sich dem Moment der Gegenwart zu widmen. Wenn ich die Zeit anhalte, mich diesem Moment mit meiner ganzen Aufmerksamkeit zuwende, trete ich in die Gegenwart ein, dem einzigen Moment, der in meinem Leben wirklich zählt. Wenn ich diese Momente aneinander reihe, dann gibt es keine Zeit, kein Alter, es gibt nur diese jeweiligen Momente meines Lebens, es ist dieser Moment in dem ich mich mit der Ewigkeit verbinde. - Wenn ich in den Morgenstunden dies niederschreibe, dann schreibe ich nicht in der Zeit, die Worte kommen aus einem Raum, der sich meinem Denken entzieht, Endlichkeit und Ewigkeit verbinden sich in diesem Moment. Es ist dieser Moment, der der kostbarste in meinem Leben ist. Wenn es nur diesen Moment gäbe, hätte ich schon ein reiches und erfülltes Leben, denn das Leben hat sich in diesem Moment offenbart. – So gehe ich durch die Zeit, - wie viele reiche Momente hat mir doch das Leben geschenkt. Nicht einen Moment, der mir lang vorgekommen wäre, nicht ein Moment, den ich missen möchte. Zeitvertreib ist etwas mir Unbekanntes, ich reihe diese wichtigen Momente des Lebens bewusst aneinander, Momente die aus der Ewigkeit kommen. Wenn ich die Zeit anhalte gibt es kein positiv oder negativ für diesen Moment, in welcher Form der Moment sich auch zeigt, ich weiss, es ist das Leben selbst, das in diesen Moment eintritt.
Sonntag, 13. Februar 2022
Ein Leben ohne Gott
Früher ging man in die Kirche, dort war ja das Haus Gottes und der Pfarrer war da, um Gott zu vermitteln. Die Kirche vermittelte einen Gott, zu dem sie scheinbar einen exklusiven Zugang hatte. So entstand ein Machtmonopol, wer sich nicht der Macht unterwarf, wurde mit den Schrecken der Hölle bedroht. Die modernen Naturwissenschaften fingen an vieles zu erklären, was vorher geheimnisvoll und Gott zugeschrieben wurde. Und so leerten sich die Kirchen, verloren ihre Macht über den Menschen. Jetzt lebt der Mensch scheinbar ohne Gott, scheinbar gottlos. - Wie wäre es aber, wenn wir einfach ein anderes Wort an die Stelle von GOTT setzen würden, ein Wort was auf das Wunder unseres Lebens, auf das Wunder dieser Welt hinweisen würde? Vielleicht LEBEN, SEIN, GEIST, ALLES? Plötzlich würden wir merken, dass ein Leben ohne Gott nicht möglich ist, denn Leben ist in Allem, in jedem Lebewesen, in jeder Blume, selbst im Stein äussert sich das Leben. Leben kann auch kein Naturwissenschaftler erklären, es ist da, es scheint etwas völlig Selbstverständliches zu sein, so selbstverständlich, dass man es einfach vergisst. Und so haben wir das Leben einfach vergessen, und erinnern uns erst, wenn der Tod uns berührt. Aber das Leben, das in uns und um uns ist, hat uns keinen einzigen Moment vergessen. Es ist vom ersten Moment da, es begleitet uns durch die Welt und verlässt uns scheinbar erst mit unserem Tod. Und wenn wir das alte Wort Gott anstelle von Leben verwenden, dann wird uns klar, dass es Gott ist, der in uns ist, uns begleitet und uns keinen Moment verlässt. Ein absurder Gedanke, dass etwas gottlos sein könnte, was GOTT ist. Ein grosser Lehrer hat schon vor 2000 Jahren verlangt, dass wir den Tempel Gottes in uns selbst errichten. Denn das ist es, was jeder Mensch in Wirklichkeit ist, das Haus, in dem Gott zu Hause ist. Und den Tempel errichten heisst, sich Gottes in uns bewusst zu werden, IHN, den wir so leicht vergessen. Gestern ging ich in eine alte Kirche in einem kleinen Ort ,auf der Insel auf der ich lebe. Die Kirche war leer und dunkel. Ich dachte an die Menschen, die durch Jahrhunderte Gott in diesem Raum verehrten. Und in der Leere und Schönheit dieses alten Sakralgebäudes spürte ich die Anwesenheit Gottes. In der Leere und in der Dunkelheit sind wir Gott am nächsten. Leere ist das was dem Göttlichen am ähnlichsten ist. Aus der Tiefe der Leere fliesst uns das zu, was wir diese Welt nennen, es ist die gleiche Leere, die den Kosmos erfüllt und die Sterne trägt. Wenn ich eine Predigt halten würde, dann über die Leere aus der wir kommen, und über die Welt in die wir gehen, eine Predigt über das Vergessen, wer wir wirklich sind, und über das Leben, das uns keinen Moment vergisst, das Leben, das wir auch GOTT nennen. Wenn wir das Selbstverständlichste, unser Leben vergessen, sind wir dann gottlos, führen wir dann ein Leben ohne Gott? Ein absurder Gedanke, denn Gott ist das Leben, und ohne das Leben gäbe es uns nicht. SEINSVERGESSENHEIT hat Dürckheim diesen Zustand des Menschen genannt, der vergessen hat, wer er ist, der scheinbar gottlos durch die Welt geht, den aber Gott in keinem Moment verlassen hat. Wir sollten vielleicht häufiger eine alte Kirche betreten und uns erinnern, wer wir wirklich sind, besser noch, uns selbst betreten, den Raum in uns, der uns mit dem Göttlichen verbindet.
Freitag, 11. Februar 2022
Was in den Lehrplänen fehlt
Unsere Kinder werden in den Schulen manches gelehrt. Sie werden mit Wissen und Informationen überschüttet. Die Philosophie dahinter scheint zu sein, je mehr ich lerne und weiss, desto besser für mein Leben. Die gleiche Maxime scheint dann für das Leben zu gelten, je mehr ich anhäufe an äusseren Titeln, an Gütern, an Geld, desto erfolgreicher ist mein Leben. Vielleicht haben wir aber ein Unterrichtsfach in unseren Lehrplänen vergessen, ich nenne es die Stille. Eltern, die ihre Kinder abends zu Bett bringen, wissen wovon ich spreche: Stille eintreten lassen. Unsere Gedanken ruhen zu lassen. Vielleicht durch ein Gebet die Verbindung in das Reiche der Träume herstellen. Das ist der wichtigste Moment am Abend, der Eintritt der Stille. Alle Gedanken kommen zum Stillstand, alles Spielzeug wird vergessen. In diesem Moment werden wir eins mit unseren Kindern. Dieser Moment ist wichtiger, als alles mit was wir den Tag gefüllt haben. In den Schulen und Lehrplänen kann Stille nicht gelehrt werden. Es würde keiner die Stille verstehen. Aber Eltern verstehen Stille und geben sie an ihre Kinder weiter. Die Stille ist das Reich des Seins, das Reich jenseits unserer Gedanken. In der Stille lassen wir die Welt hinter uns und treten in eine andere Dimension. In der Hektik des Tages gerät dieser Raum der Stille leicht in Vergessenheit. Aber dann treten die Kinder in unser Leben, und wir erinnern uns an die Momente, wenn unsere Eltern uns abends zu Bett brachten und der Engel der Stille über unserem Bett verweilte. Aber nicht nur die Kinder brauchen diese Momente der Stille. Auch wir Erwachsenen haben sie nötig, diese Momente, wenn die Gedanken von uns abfallen und nur Stille bleibt. Dann fliegt auch bei uns ein Engel durch den Raum, und was wir nicht am Tag lösen konnten, löst sich vielleicht in der Stille der Nacht. Für mich sind diese Momente der Stille die wichtigsten des Tages. Morgens, wenn ich aufwache und aus der Stille komme, fliegt ein erster Gedanke durch den Raum, er kommt noch aus der Stille, ich fange ihn ein und bringe ihn zu Papier, damit meine Enkelkinder vielleicht das später lesen, was sie nicht in den Lehrplänen der Schulen finden können.
Mittwoch, 9. Februar 2022
Meine dunkle Vergangenheit
Wer jetzt erwartet, ich würde die dunklen Geheimnisse meiner
Vergangenheit aufdecken, den muss ich enttäuschen. Ich blicke vielmehr von meinem Heute auf die
Vergangenheit zurück und merke, wie sich langsam der Nebel des Vergessens über
meine Vergangenheit legt. Wenn an meinem Wohnort am Bodensee, im Herbst und
Winter die Nebel sich über den See legen, verschwindet das Umfeld, und an
klareren Tagen kann man nur noch die Gipfel der Berge über den Nebeln sehen. Und ähnlich geht es mir im Herbst meines Lebens, noch sind einige Gipfel über dem Nebel des Vergessens auszumachen, und das soll alles sein, was von
meiner Vergangenheit bleibt? Nur noch
einige wenige sichtbare Höhepunkte, die mein ganzes Leben ausmachen sollen? Dunkel legt sich über meine Vergangenheit und eine
Nebelwand hüllt meine Zukunft ein, und es fällt mir auf, dass ich eigentlich nie
eine Vergangenheit oder eine Zukunft hatte, sondern allenfalls Träume über
etwas nicht Existierendes. - Es hat immer nur Gegenwart gegeben, das Leben das sich mir in
seinen jeweiligen Momenten zeigte. - So legt sich endlich im Alter der Mantel der
Dunkelheit über das, was wir Vergangenheit nennen und natürlich erst recht über
das, was wir Zukunft nennen, und ich kann mich auf das konzentrieren, was mich
ausmacht, auf meine Gegenwart, auf mein Leben. Da gibt es keine Illusionen mehr
über das was ich erreichen möchte und kein Kopfkino, über die glorreichen Zeiten meiner Jugend, - da bin ich endlich dort angelangt, wo ich schon
immer war, in diesem Augenblick meines
Lebens, dem wichtigsten auf meinem Weg durch die Zeit. Und jetzt lichten sich
auch die Nebel, die so manches verdeckt haben, und ich nutze diesen Moment, um mich auf das
zu konzentrieren , was mein Leben ausmacht. Denn
erst im Innehalten kann ich eine andere Dimension meines Lebens wahrnehmen, den Zustand der Tiefe, die andere
Dimension meines Lebens. Erst wenn ich
diesen Moment wahrnehme, taucht aus der Tiefe mein Leben aus der Ewigkeit auf, mein Leben in der Unendlichkeit des
Raumes, den ich in mir und in Allem um mich spüre. – Und in diesen Momenten, wenn sich die Schleier der Dunkelheit und des
Vergessens sich über mein Alter legen,
ist mein Geist schon längst in
der Helligkeit angelangt, die über den Gipfeln, den Nebeln und Wolken liegt, dorthin wohin ich schon seit meiner frühesten
Jugend wollte, in die Helligkeit der
Erkenntnis, dorthin wo mein Leben ist.
Sonntag, 6. Februar 2022
Grosse Momente meines Lebens
Grosse Momente meines Lebens erlebe ich, wenn ich auf ewige
Wahrheiten stosse. Ewige Wahrheiten sind
immer paradox. Vielleicht kennt nicht
jeder das Wort «paradox». Es
bedeutet: In sich widersprüchlich – oder
das Gegenteil könnte genauso wahr sein. Paradoxe Wahrheiten schaffen ein
Spannungsfeld zwischen den Welten, die jede Wahrheit beinhaltet. Fast immer,
wenn ich nachdenke und vielleicht auch schreibe, beschäftige ich mich mit diesen
Spannungsfeldern . Als Beispiel nehme ich das LEBEN. Das LEBEN
auf dieser Welt , das manifestierte LEBEN,
so wir es mit unseren Sinnen wahrnehmen, und gleichzeitig ist da das LEBEN, das wir nicht wahrnehmen können, das aber der
Urgrund allen Seins ist, das wir auch den Seinsgrund oder auch Gott nennen. Fast
jeder von uns beschäftigt sich mit diesem LEBEN und stellt immer wieder seine
Fragen an das LEBEN. Zwei Formen des LEBENS, die doch Eins sind. - Und dann die LEERE auf die wir stossen. Wir schauen nachts in die Sterne und nehmen die ungeheure LEERE
des Alls wahr, und gleichzeitig wissen
wir, dass diese LEERE nicht leer ist,
sondern auch das Alles enthält den
Urgrund des Kosmos, aus dem das All entsteht und vergeht. LEERE ALS
ALLES, wie paradox.- Und nicht
weit von der Leere liegt die STILLE. Wir
lassen STILLE in uns eintreten, wenn wir meditieren und doch kann die STILLE zu uns sprechen und uns in die Dimension der Tiefe
führen, die in jeder Stille liegt, in
die Tiefe, aus der jedes kreative Denken
entsteht, die Dichtung, die Musik, und auch die Stimme Gottes, die zu uns
spricht. Die STILLE, die spricht, welch wunderbarer Gedanke. - Und
wenn wir ANWESEND sind, können wir neben
unserer körperlichen Präsenz auch das WESEN
spüren das in dem Wort ANWESEND enthalten ist,
das WESEN, das wir auch sind.
Unser Körper und unser WESEN, in Wirklichkeit eins. - So
sind alle wirklichen Wahrheiten paradox,
das Gegenteil von dem was wir wahr haben ist genauso wahr. - Nehmen
wir die ZEIT: die ZEIT
als Masseinheit für unseren täglichen
Gebrauch und die ZEIT als Symbol für den
jetzigen Moment, die wirkliche ZEIT, denn
die andere ZEIT existiert nur in unserer
Gedankenwelt, wenn wir Vergangenheit und Zukunft in unserm Kopf erschaffen.
Zwei Bedeutungen, die sich gegenseitig ausschliessen und doch unser Leben
bestimmen - Immer wenn ich auf Worte und
Begriffe stosse, deren tiefere Bedeutung
sich mir erschliesst, empfinde ich eine Berührung durch den Geist, der alles durchdringt. Ich
halte diese Berührung fest, denn die
Berührung ist das Leben selbst, das sich mir zeigt. Es ist ein grosser Moment, wenn sich das Leben
im Paradoxen äussert. Es ist der Moment, in dem sich die Tiefe meines Seins
zeigt.
Freitag, 4. Februar 2022
Das Leben als Traum
In meiner Jugend las ich mit Begeisterung «Traumdeutung» und bewunderte Freud und die
Psychologen für ihre tiefe Einsichten in das Leben. Heute stelle ich alles in
Frage, was die Wissenschaft uns zu bieten hat und gehe wie ein Dialektiker
davon aus, was wäre, wenn das Gegenteil wahr wäre. Was wäre, wenn der Traum im Schlaf das Leben
wäre und das Leben ein Traum? Vielleicht liegt die Wahrheit in der Mitte. Die
grosse Mehrheit der Menschheit geht davon aus, dass Leben nur das sei, was sich
auf der Ebene der Welt und der menschlichen Wahrnehmung abspielt. Die modernen
Naturwissenschaften lassen aber inzwischen grosse Zweifel an diesem Weltbild
zu. Der Mensch der durch die Brille seiner Sinne blickt, sieht nicht, dass die
Welt im Wesentlichen aus leerem Raum besteht. Selbst unserer Körper besteht zu
mehr als 99 % aus Leere, in dem Energiekörperchen kreisen. Die Wirklichkeit ist
also anders, als sie uns erscheint. Und
dann zieht sich jeder Körper täglich in die Welt des Schlafes und der Träume
zurück. Wir sind also auch ein Teil von der Leere und und der Welt der Träume. Was wäre, wenn diese Welt des Schlafes und der Träume unsere wahre
Lebenswelt wäre und das Leben eher einem Traum gliche? - Wenn wir unsere sinnliche Wahrnehmung der Welt
genauer ansehen, dann scheint das was wir sehen eher auf Täuschung zu beruhen
als auf Wahrheit. Wir glauben ein einzelnes Lebewesen zu sein, sind aber ein Kosmos
von Lebewesen, ein Körper bevölkert von Milliarden Kleinstlebewesen. Aber niemand will dies
wahrhaben, jeder scheint die Täuschung vorzuziehen, obwohl auch jeder über
dieses bessere Wissen verfügt. Und auch
unser Leben im Schlaf, in den Träumen wird nicht als real wahrgenommen - das war doch nur ein Traum - und doch ist es das gleiche Leben, das uns
auf unserem Weg durch die Welt des Wachseins begleitet. Dabei
betreten wir im Schlaf die Welt des Ewigen, aus der wir gekommen sind, die ein
Teil von uns ist, der Teil der ewig ist, ohne Geburt und Tod, ohne Anfang und
Ende. Im Schlaf betreten wir den Himmel und sagen,
das sei nur ein Traum. Und in der Welt
begleitet uns der Himmel, ohne das wir ihn wahrnehmen. Der Himmel als das Ewige ist das was die Welt
erschafft, und den gesamten Kosmos, aber nicht getrennt ist von dem was ist. Unsere traumwandlerische Existenz ist ewig und
endlich, Traum und Wirklichkeit zugleich,
denkbar und nichtdenkbar. Wenn das Nichtdenkbare in unser Leben eintritt, erwachen
wir zum Leben, erst in der Einheit von Himmel und Erde verliert sich die
Illusion von Welt und wir werden eins mit dem Leben. Träume sollten wir nicht
gering erachten, sie sind die Wegweiser in die Wirklichkeit des Lebens, wie es
Gott versteht.