Wer jetzt erwartet, ich würde die dunklen Geheimnisse meiner
Vergangenheit aufdecken, den muss ich enttäuschen. Ich blicke vielmehr von meinem Heute auf die
Vergangenheit zurück und merke, wie sich langsam der Nebel des Vergessens über
meine Vergangenheit legt. Wenn an meinem Wohnort am Bodensee, im Herbst und
Winter die Nebel sich über den See legen, verschwindet das Umfeld, und an
klareren Tagen kann man nur noch die Gipfel der Berge über den Nebeln sehen. Und ähnlich geht es mir im Herbst meines Lebens, noch sind einige Gipfel über dem Nebel des Vergessens auszumachen, und das soll alles sein, was von
meiner Vergangenheit bleibt? Nur noch
einige wenige sichtbare Höhepunkte, die mein ganzes Leben ausmachen sollen? Dunkel legt sich über meine Vergangenheit und eine
Nebelwand hüllt meine Zukunft ein, und es fällt mir auf, dass ich eigentlich nie
eine Vergangenheit oder eine Zukunft hatte, sondern allenfalls Träume über
etwas nicht Existierendes. - Es hat immer nur Gegenwart gegeben, das Leben das sich mir in
seinen jeweiligen Momenten zeigte. - So legt sich endlich im Alter der Mantel der
Dunkelheit über das, was wir Vergangenheit nennen und natürlich erst recht über
das, was wir Zukunft nennen, und ich kann mich auf das konzentrieren, was mich
ausmacht, auf meine Gegenwart, auf mein Leben. Da gibt es keine Illusionen mehr
über das was ich erreichen möchte und kein Kopfkino, über die glorreichen Zeiten meiner Jugend, - da bin ich endlich dort angelangt, wo ich schon
immer war, in diesem Augenblick meines
Lebens, dem wichtigsten auf meinem Weg durch die Zeit. Und jetzt lichten sich
auch die Nebel, die so manches verdeckt haben, und ich nutze diesen Moment, um mich auf das
zu konzentrieren , was mein Leben ausmacht. Denn
erst im Innehalten kann ich eine andere Dimension meines Lebens wahrnehmen, den Zustand der Tiefe, die andere
Dimension meines Lebens. Erst wenn ich
diesen Moment wahrnehme, taucht aus der Tiefe mein Leben aus der Ewigkeit auf, mein Leben in der Unendlichkeit des
Raumes, den ich in mir und in Allem um mich spüre. – Und in diesen Momenten, wenn sich die Schleier der Dunkelheit und des
Vergessens sich über mein Alter legen,
ist mein Geist schon längst in
der Helligkeit angelangt, die über den Gipfeln, den Nebeln und Wolken liegt, dorthin wohin ich schon seit meiner frühesten
Jugend wollte, in die Helligkeit der
Erkenntnis, dorthin wo mein Leben ist.
Mittwoch, 9. Februar 2022
Meine dunkle Vergangenheit
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