Donnerstag, 3. März 2022

Das kollektive Gedächtnis der Völker - Der Holodomor in der Ukraine

Vielleicht fragen sich Viele, woher der kollektive Widerstand des ukrainischen Volkes kommt, der trotz der  Überlegenheit der russischen Waffensysteme, sich einer Besetzung entgegenstemmt.  Es ist kaum anzunehmen, dass irgendeiner unserer Politiker sich mit der Geschichte der Ukraine beschäftigt hat, mit der Bedeutung die dies Land für alle slawischen Völker hat.  Kiew ist das Zentrum der slawischen Christianisierung gewesen. Das Zentrum der Orthodoxie mit seinen uralten Klöstern und Kirchen,  eigentlicher Sitz des Metropoliten, nach dem Fall von Byzanz.  Von dort zogen Kyrill und Method  nach Norden, um die slawischen Völker zu christianisieren. Moskau war da noch Sitz der Tartaren Herrscher, und  erst in den folgenden Jahrhunderten verschob sich die politische Bedeutung des Slawentums nach Norden. Im Bewusstsein der Ukraine, sind sie es, die Träger der christlichen slawischen  Kultur sind. Es waren sie, wie der Name U kraine  sagt, die am Rande, an der Grenze der Slawengebiete lagen , die das Land vor den Einfällen der Turkvölker schützen mussten. - Mit der zunehmenden Bedeutung  Moskaus hat die Ukraine nur schlechte Erfahrungen gehabt. Die ursprünglich freien Völker der Ukraine wurden  in Fürstentümer aufgeteilt,  teilweise in Leibeigenschaft gebracht  und verloren ihren Status als freie Bauern. Der Ostteil der Ukraine gehörte politisch zu Moskau, der Westteil zu Österreich. Die  grösste Leidenszeit des Volkes begann aber nach dem 1. Weltkrieg.  Die von Russland annektierten Teile wurden ab 1929 der Zwangskollektivierung unterworfen, die Bauern wurden, soweit sie nicht sich freiwillig kollektivieren liessen, in Lager nach Sibirien deportiert (Entkulakisierung).  Wegen des erheblichen Widerstandes  in der Bauernschaft beschloss die Parteiregierung in Moskau 1932  den Widerstand der Bauern endgültig zu brechen. Es wurde die Konfiszierung sämtlicher Lebensmittel verordnet und die Bevölkerung dem Hungertod überlassen. Wer Widerstand leistete, wurde erschossen. Die Grenzen der Ukraine wurden geschlossen, keiner durfte das Land verlassen. Drei bis 5 Millionen Ukrainer  fielen dem Holodomor (Hungertod) zum Opfer.  In Literatur und Filmen wird beschrieben, wie in den Dörfern kein Hund und keine Katze mehr am Leben war, und die Toten in dem eisigen Winter nicht mehr bestattet werden konnten. Vielfach haben die Menschen nur durch Kannibalismus überleben können. Für die Ukraine verbindet sich mit den Herrschern in Moskau die Erinnerung an  Schreckensherrschaft,  Tod und Leiden.  Es sind nicht die Menschen, die sich als Russen und Ukrainer fremd sind.  Sie sprechen die gleiche Sprache  und im Westen des Landes das Ukrainische, das dem Russischen eng verwandt ist.  Es sind die schrecklichen Erfahrungen, die  die Ukrainer mit den Herrschern in Moskau gehabt haben. Wenn die Ukraine von  der Regierung in Moskau wieder überfallen wird, dann stehen den Menschen die Bilder vor Augen,  welche Leiden ihre Grosseltern  unter der Herrschaft Moskaus erdulden mussten. In Kiew  steht die Skulptur eines kleinen verhungerten Mädchens. Es weist den Weg auf  ein Museum, das dem Hungertod gewidmet ist.  Es sind die Bilder dieser Zeit, die sich in das kollektive Gedächtnis dieses freiheitsliebenden Volkes der Ukrainer eingebrannt haben,  das nie wieder unter der Herrschaft Moskaus leben möchte.


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