Mittwoch, 27. Dezember 2023

Das Portrait

Für Weihnachten  habe  ich bei unserem polnischen Malerfreund LS  drei Portraits, von mir für meine Söhne, als Andenken an unser gemeinsames Leben in Auftrag gegeben.  Auf den Bildern sieht mir ein alter vom Leben geprägter Mann entgegen.  Tiefe Linien zeichnen das Gesicht, das Alter hatte seinen Tribut gefordert. Ich habe ein expressionistisches Bild erwartet,  nicht ein Portrait, das mir schmeichelte, und das bekam ich.  Ich sehe auf dem Portrait einen entschlossenen Menschen, der nach vorne blickt, niemals zurück, der vom Leben gezeichnet ist, aber sein Leben lebt. Was man nicht sieht, sind die Augen, die lebendig geblieben sind, und noch immer voll Neugier am Leben teilnehmen. Auch das innere Gefühl ist nicht erkennbar, das Lebensgefühl, das sich genau so jung anfühlt wie am ersten Tag. Anders als ein Foto ist das Portrait auf  das Wesentliche beschränkt, es versucht den Menschen einzufangen und für die Nachwelt zu erhalten.  Was mögen wohl die Kindeskinder denken, wenn sie später über das Portrait rätseln, wie ihr  Ururgrossvater einmal war? Ich kann ihnen versichern, nicht anders  als sie, -  jung wie am ersten Tag, voller Kraft und Lebensfreude, nie verzagt, mit einem Leben voller Tiefen und Höhen,  ein wundervolles reiches Leben, von dem er keinen Tag bereut. Vor allem aber ein Leben voller Wunder, die  er erleben durfte, das Überleben von Tod und Hunger im  2. Weltkrieg,  ein Leben ohne jede materielle Voraussetzungen, wunderbare Eltern und Brüder, die  aus dem Nichts Grosses schufen, in meinen kühnsten Träumen hätte ich mir ein solches Leben nicht vorstellen können.  Ich hoffe, mein Gesicht, das mich aus dem Portrait anschaut spiegelt dieses Leben wider. 





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