Samstag, 25. September 2021

- Worüber man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen -

Diesen Satz las ich kürzlich in einem Artikel über Wittgensteins Philosophie. Ohne weiterzulesen überlegte ich, ob der Satz wirklich stimmen könnte. Worüber ich nicht sprechen kann ist das Unsagbare. Das Unsagbare ist das, wofür es keine Worte mehr gibt – also das was in den Religionen als Gott bezeichnet wird. So findet sich auch immer in allen grossen Weisheitslehren das Verbot der Namensnennung. Und gerade deshalb gibt es kaum etwas über das in der Menschheitsgeschichte mehr gesprochen und geschrieben wurde. Gerade über das Unsagbare wurde mehr gesagt und geschrieben und mit nichts hat sich die Menschheit mehr beschäftigt als mit dem Unsagbaren. Es gäbe wahrscheinlich keine Religionen, keine Philosophie, keine Weisheitslehren, wenn das Unsagbare nicht die grösste Herausforderung für die Menschheit darstellen würde. Aus der Sicht Gottes scheint es, als ob er den Menschen geschaffen hätte, um aus dem Unsagbaren in die Existenz des Sagbaren zu kommen. Erst durch die Worte, die Sprache erwacht das Unsagbare zum Leben und wird existent. Anders ausgedrückt, durch Schweigen bleibt das Unsagbare auf ewig ohne Bedeutung, auf Ewig Nichts. Das grosse Bedürfnis der Menschheit über das Unsagbare zu sprechen, durch Worte dem Unsagbaren Gestalt zu geben, scheint ein Hinweis darauf zu sein, dass das Unsagbare, bei der Entstehung der Welt den Wunsch gehabt zu haben scheint, durch die Form des Wortes erkannt zu werden und damit ebenfalls existent zu werden. - Beim Weiterlesen des Artikels kam ich dann zu einer Aussage von W. , die meine Überlegung bestätigte : W. benutzt seine Sätze, damit der welcher sie versteht, sie als unsinnig versteht, und diese Sätze als Leiter benutzt, um zum richtigen Verständnis der Welt zu kommen. – Also eine Provokation um den Leser zum eigenständigen Nachdenken zu bringen, was ihm bei mir gelungen ist. Das Unsagbare wurde für mich zum Sagbaren, Existenz und Nichtexistenz zu einer Einheit.

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