In der letzten Zeit stosse ich immer wieder auf Bücher, die
sich mit der Geschichte des letzten Jahrhunderts beschäftigen. Ich bin in
dieses Jahrhundert hineingeboren, mitten
in den Krieg, in das Jahr 1940. - Ich glaubte, immer mehr als die meisten
meiner Zeitgenossen über diese Zeit zu wissen. Und plötzlich häufen sich
Ereignisse, die mich an diese Zeit erinnern, so als ob ein Kapitel meines
Lebens noch nicht abgeschlossen wäre. Ein inzwischen verstorbener Freund,
schenkt mir ein Buch über seinen Vater Ribbentrop, in dem dessen Leben
gerechtfertigt wird. Ich stiess auch auf ein Buch meiner Tante Ingeborg
Breitenbuch, Das Gästehaus, in dem sie die Täter trifft, die sich dem
Nürnberger Tribunal stellen mussten, unter anderen J.v. Ribbentrop, den Aussenminister
des NS-Regimes. Ein anderer Freund
schenkte mir ein Buch von Jonathan Littel, Die Wohlgesinnten. Ich konnte dieses Buch nicht zu Ende lesen, so
entsetzlich sind die Grauen, die darin geschildert werden. Meine Schwägerin
schenkt mir ein Buch von Ulrich Becher, Murmeljagd, in dem es um Emigration
geht, um das heimatlos werden, und in
meiner Bibliothek finde ich zufällig ein Buch, das ich immer zur Seite gelegt hatte,
von Philippe Sands, Rückkehr nach Lemberg. Es ist, als ob das Schicksal an
meine Tür klopft und mich an etwas erinnern will: Du hast noch einen Teil Deines Lebens nicht verarbeitet, es ist Zeit, Dich auch mit Deiner Herkunft zu beschäftigen.
- Ich gehöre von meiner Geburt her
mehreren Völkern an, dem deutschen und dem ukrainischen Volk, und über meine
Urgrossmutter auch dem polnischen, alles
Täter- und Opfervölker. Meine Mutter hat nie über den Tod ihrer Eltern gesprochen, die 1941 nachts vom
KGB abgeholt und ermordet wurden – ich
war gerade ein Jahr alt, - das Verbrechen meiner Grosseltern, sie waren
Akademiker und damit Staatsfeinde. Bis heute wissen wir nicht, wo sie begraben
sind. - Meine Mutter stammte aus Galizien,
aus der Gegend von Lemberg, dem Ort, in dem die westlichen Kulturen und die östlichen sich über Jahrhunderte
friedlich trafen. Die Kirchen in Lemberg und die zerstörte jüdische Synagoge
künden von der friedlichen Vergangenheit und dem Miteinander der Völker. Das
Schicksal meiner Mutter zeigt den ständigen Wechsel der politischen Dominanzen,
sie hatte erst eine österreichische Nationalität, dann eine polnische und
zuletzt eine deutsche, niemals aber eine ukrainische.- Das Schicksal ist grausam
mit diesem reichen Land Galizien umgegangen: Die Ermordung der Intelligenz durch die
Bolschewiken, die Ermordung der gesamten jüdischen Bevölkerung durch die Nazis,
die Vertreibung und Umsiedlung der polnischen Bevölkerung durch Moskau, die
Verschleppung und Ermordung der ukrainische Bevölkerung, - erst russische ,
dann deutsche Täter. Sechs Millionen Tote nur in Galizien, in Polen und der
Ukraine. Und die Dämonen des Krieges waren damit nicht zufrieden. Die Täter
wurden auch zu Opfern, Millionen von Toten in Russland, Millionen von Toten in
Deutschland. - Und wieder ist der Krieg nach Lemberg zurückgekehrt, in die
ganze Ukraine, als ob es nicht genug Tote im letzten Jahrhundert dort gegeben
hätte. Und wieder werden wir erleben, wie Täter zu Opfern werden, denn der
Krieg wird immer von beiden Seiten verloren,
und wieder wird es tausende von Opfern geben. Als ob die Menschen nie
etwas dazu lernten, als ob die Dämonen des Krieges zu neuem Leben erwacht
wären. – Ich bin vor drei Jahren nach Lemberg in das Land meiner Mutter
gefahren, auch nach Kiew. Ich habe nach den Spuren meiner dortigen Identität
gesucht. Ich werde auch die nicht gelesenen Bücher über die Ukraine zu Ende
lesen. Denn ich werde daran erinnert, dass der Frieden, den ich 80 Jahre
erleben durfte, ein Geschenk an mein Leben war. Wie können wir bloss
verhindern, dass die Schrecken der Kriege in Vergessenheit geraten, und wieder
Völker übereinander herfallen. Ich bin froh, dass ich die Ukraine noch im
Frieden erleben durfte, und ich nehme tiefen Anteil an dem Schicksal dieses
geplagten Landes Ich fühle mich durch
diesen Krieg in meiner Identität persönlich angegriffen und betroffen, und ich muss erneut den Krieg in
mein Leben lassen, den ich zuletzt in meiner Kindheit erlebte. Das Schicksal ist
mächtig und voller Rätsel, und wir müssen bereit sein, uns seinen
Herausforderungen zu stellen, seinen Schrecken, seinen Opfern und vielleicht ist es uns vergönnt, das Schicksal wieder zum Besseren zu wenden.
Freitag, 30. Dezember 2022
Die Macht des Schicksals
Donnerstag, 29. Dezember 2022
Ein Frohes Neues Jahr
Die Nachrichten sind voll von Rückblicken auf das Alte Jahr
und mit Analysen zur Zukunft, zum Neuen Jahr. Keinem scheint richtig klar zu
sein, dass im Alten Jahr alles in der Vergangenheit liegt, nichts mehr geändert
werden kann, wir allenfalls etwas für unser Leben hinzugelernt haben, und alle
Spekulationen zum Neuen Jahr sinnlos, weil zukunftsgerichtet sind, und es noch
niemals einen seriösen Blick in die Zukunft
gegeben hat. Die Zukunft ist als Gegenwart immer anders eingetreten, als wir
sie uns vorstellen konnten. Wir brauchen auch keine Böller und Feuerwerke, um
die bösen Geister zu vertreiben, die bösen Geister existieren nur in den Köpfen
der Menschen, wir können sie nicht vertreiben, in dem wir noch mehr Lärm machen,
als ohnehin in unseren Köpfen herrscht. Ich meine den Wirrwarr unserer
Gedanken, die sich unablässig in unserem Kopf drehen, nutzlos, weil die
gleichen Gedanken sich ständig wiederholen. – Wenn wir zu Besinnung kommen wollen,
müssen wir die Zeit anhalten, die Gedanken in unserem Kopf zum Stillstand
bringen, uns auf die Gegenwart konzentrieren und auf das, was wir gerade tun. Dazu brauchen wir Ruhe und Selbstbesinnung. In der
Stille, die eintritt, blicken wir auf das vergangen Jahr und auf das Jahr, das
vor uns liegt. - Was
sollen wir uns zum Neuen Jahr wünschen – ein Frohes und Glückliches Neues Jahr? Hat das Wort froh nicht auch eine negative Seite, unfroh und traurig, das Wort Glück auch
Unglück im Gefolge? Das Eine ist nicht ohne das Andere zu haben.- Aber da gibt aus auch andere Wünsche wie
Freude, Liebe und Frieden, die auch eine
höhere Bedeutung haben, eine Bedeutung ohne eine negative Besetzung: die Freude am Sein, am Leben, - die Liebe zur
Schöpfung, zu den Menschen, zur Natur,- und den Frieden jenseits unserer
Vernunft, wenn wir in den Raum der Stille eintreten, wenn wir das Rad unserer
Gedanken zum Stillstand bringen . - Freude, Liebe und Frieden, das sind meine
Wünsche zum Neuen Jahr, das wünsche ich allen Menschen, in Urbi et Orbi, wie
man in Rom sagt.
Montag, 26. Dezember 2022
Eine Geschichte um Weihnachten
Weihnachten habe ich meinen Enkeln die Geschichte von
Christi Geburt erzählt, nicht mit den Worten der Lutherbibel, sondern eine Geschichte die für ihr kindliches Herz verständlich war. Für mich selbst war
Weihnachten immer die Geburt des Lichtes, der Erkenntnis des Göttlichen im
Herzen des Menschen, ein zutiefst seelisches Erlebnis. - Auf der Nachhause
Fahrt las ich dann einen Artikel im Kulturteil der NZZ über den norwegischen Autor
Jon Fosse über den Glauben. Er beschreibt in einem Interview, wie er zu einem
gläubigen Mensch wurde, wie er über Heidegger und Meister Eckhart zum Glauben
fand. Und von diesem Interview inspiriert, habe ich dann einen Artikel gefunden, wieder bei der NZZ vom 24.12
2019 von Thomas Ribi, mit dem Titel «Gott will, dass der Mensch Gott wird», in
dem der Autor, anhand eines Bildes von Fra
Angelico , eine Weihnachtspredigt aus dem Mittelalter von Meister Eckhart erläutert: In der Geburt Christi wird Gott zum Menschen und der Mensch zu Gott, aber nicht als einmaliger Vorgang, den das Neue Testament schildert, sondern in
der Geburt eines jeden Kindes. Ein
wunderbarer Artikel, den ich mit Freude las. - Und es ist genau diese
Weihnachtsgeschichte, die ich seit vielen Jahren mir selbst erzähle, sie ist der
Beginn einer neuen Zeit, in der jeder Mensch seinen göttlichen Ursprung
erkennen kann, wenn er das Licht der Erkenntnis in sein Herz lässt, wenn er
sich seines göttlichen Ursprungs bewusst wird.
- Weihnachten mit Kindern feiern ist von so grosser Bedeutung, weil wir alle Kinder Gottes sind, Weihnachten werden wir daran erinnert. - So
habe ich die Weihnachtsgeschichte gleich mehrfach erlebt, von meiner Geschichte
für meine Enkel, bis zur Weihnachtspredigt von Meister Eckhart. Weihnachten war wieder ein grosses Geschenk an
mich.
Freitag, 23. Dezember 2022
Zukunft planen
«Es kommt immer anders als man denkt» - sagt das Sprichwort.
So geht es uns wenn wir versuchen, die Zukunft zu planen. Jeder braucht nur
sein eigenes Leben anzuschauen, was er geplant hat, und was aus der Planung
entstanden ist. Zukunftsplanung bringt
selten die gewünschten Resultate – oft das Gegenteil. Die grossen Utopien der
Menschheit, Sozialismus, Kommunismus – Zukunftsplanungen die in der totalen Katastrophe
endeten. Zukunft lässt sich nicht planen, wir können allenfalls die Gegenwart
verwalten. Aber immer wieder kommen Utopisten, die glauben ihre Ideen
verwirklichen zu müssen, das einzige was sie erreichen ist Chaos und bestenfalls
Stillstand. Jetzt soll die Natur gerettet werden. Grosse Planungen für die
Zukunft sollen das Klima und die Menschheit retten. Die Natur lässt sich nicht
planen, sie plant sich selbst, sie ist im ewigen Wandel begriffen und hält immer neue Überraschungen parat. So
hat es schon immer Klimawandel gegeben, ganze Erdteile sind verödet oder
verreist, andere Erdteile, haben sich in
blühende Landschaften verwandelt. – Das Artensterben soll bekämpft werden: Schon immer haben die stärkeren Arten andere
unterlegene Arten vernichtet. Uns sind nur die grösseren Arten bekannt, die
ohne Einwirkung des Menschen zu Grunde gingen, Millionen Arten sind im Lauf der
Erdgeschichte verschwunden und von anderen Arten ersetzt worden. Artensterben ist von der Natur gewollt
und unterliegt dem Gesetz des Wandels.
Es gibt nur ein Gesetz, das über Jahrmillionen im Kosmos und auf diesem Planeten
gilt: Alles ist im Wandel. Alles entsteht und vergeht, nichts bleibt so wie es ist. So sind es nicht die Utopisten, die die Welt
retten, es sind die Pragmatiker, die überleben, die den Wandel beobachten, sich
anpassen und aus dem was ist, Neues
schaffen. Zukunftsplanung ist eine Utopie und wie alle Utopien zum Scheitern
verurteilt. Das gilt im Grossen für die Welt, und es gilt auch im Kleinen, wenn
der Mensch für seine Zukunft plant.
Donnerstag, 22. Dezember 2022
Weihnachten 2022
Es herrscht Krieg in Europa. Weihnachten steht vor der Tür. Ich
denke an die Soldaten, die bei eisiger Kälte in den Schützengräben aushalten
müssen, an die Gefangenen von verbrecherischen Regimes in Lagern und
Gefängnissen, die unterdrückten Frauen in vielen Kulturen, aber auch an die
Menschen, die in weltweiter Armut leben müssen - alle sind unsere Brüder und Schwestern,
unabhängig von Religion und Nationalität. Ich wünsche allen Menschen, gerade an
Weihnachten, Wärme und Zuwendung und vor Allem, dass sie nicht vergessen
werden. Weihnachten ist das Fest des Lichtes, das die Finsternis durchdringt.
Weihnachten ist die Geburt des reinen Kindes, als Sinnbild für den Menschen,
bevor er seine Unschuld verliert. Und wenn wir Weihnachten richtig verstehen,
dann ist es auch unsere eigene Geburt, an die wir uns an diesem Tag erinnern.
Jeder von uns wird als dieses Kind geboren, als das menschgewordene Göttliche. Weihnachten besinnen wir uns zurück woher wir
kommen und wohin wir gehen und wer wir wirklich sind. - Wenn wir uns mit unseren Familien
versammeln, die Lichter am Baum anzünden, dann tritt Stille ein, Frieden
breitet sich in uns aus, es ist der weihnachtliche Frieden, der jenseits unsere Vernunft liegt,
der göttliche Frieden der aus der Stille fliesst, und uns ganz erfüllt. In der
weihnachtlichen Stille werden wir wieder eins mit dem Leben, dessen Geburt wir
jedes Jahr auf das Neue feiern. Ich wünsche Euch allen diesen weihnachtlichen
Frieden und vor allem wünsche ich auch den Menschen, die kein Weihnachten
feiern können, dass Frieden in ihre Herzen einkehrt.
Dienstag, 20. Dezember 2022
Ehrfurcht haben
Vor der Natur habe ich Ehrfurcht, vor dem Göttlichen. Ich ehre die Vollkommenheit der Schöpfung, aber woher kommt die Furcht? Dem Göttlichen nicht gerecht werden zu können? Kann ich auch vor Menschen Ehrfurcht haben? Nur wenn Sie dem Göttlichen nahekommen, wenn ich in ihnen die gleichen schöpferischen Kräfte wie bei Gott erkennen kann. Ich habe Ehrfurcht vor den Frauen, die neues Leben aus sich selbst erschaffen, was käme Gott näher? Ich habe Ehrfurcht vor den Kindern, vor der gewaltigen Kraft des Lebens, das sich in ihnen äussert. Vor den Menschen, die göttliche Begabungen haben, in denen ich die gleichen Kräfte erkenne, die den Schöpfergeist ausmachen. Künstlern, Poeten, Schriftstellern, Erfindern, Naturwissenschaftlern, allen, die sich über den menschlichen Verstand erheben und den göttlichen Funken des Allumfassenden in sich haben. Woher dann aber die Furcht – vielleicht das Bewusstsein, dass jeder von uns. von dem gleichen göttlichen Geist beseelt, zu wenig aus sich gemacht hat, zu selten die eigenen göttlichen Gaben in sich wahrgenommen hat? Furcht vor den Zweifeln an sich selbst, ein Van Gogh, der sich ein Ohr abschnitt, weil er an sich zweifelte? Vielleicht könnten wir uns von dem Zweifel befreien, wenn wir uns klar machten, dass jeder einzelne von uns, ein vollendetes Kunstwerk der Schöpfung ist, ein Gedanke Gottes, der sich in uns verwirklicht hat? Vielleicht wenn wir ein wenig mehr Ehrfurcht vor uns selbst hätten, vor dem vollendeten Göttlichen in uns? Furcht könnte der Wegweiser aus dem Zweifel sein, um das zu ehren was vollendet ist, das was sich in allem zeigt und in uns selbst zu Hause ist, das Unnennbare, das Ewige. Verzweiflung ist das Zurückfallen in die Dunkelheit unseres Unwissens, ein Fehlen von Ehrfurcht vor der gewaltigen Schöpfung, deren Teil wir sind. So hat das Wort Ehrfurcht eine Bedeutung, die den Weg des Menschen beschreibt, der Zugleich Ehrung der Schöpfung sein kann, aber auch Furcht vor der Dunkelheit unseres Nichtwissens.
Sonntag, 18. Dezember 2022
Vornamen
Wenn ich auf Taufen über die Namen der Kinder nachdachte,
dann sagten mir diese viel über die Eltern, waren das Modenamen oder waren die
Eltern seelisch mit ihrem Kind so verbunden, dass sich das Kind selbst seinen
Namen geben konnte. Oft habe ich bei den Vornamen ein Lebensprogramm der Kinder
entdeckt, dass intuitiv von den Müttern erahnt wurde. Meine Mutter
gab mir zwei Namen, die der tief gläubigen orthodoxen Tradition entstammten.
Christian, der Christliche oder
Christos, der Reine, der Gesalbte. Ich habe diesen Namen auch als
Lebensprogramm gesehen, als Identität für meinen Weg. Je länger ich über diesen
Namen nachdachte, desto mehr verstand ich, dass der Name nicht eine
Religionszugehörigkeit bedeutete oder ein Heilsversprechen, sondern dass der
Mensch Jesus wollte, dass jeder Mensch sich seiner Christusnatur bewusst werden
sollte, dass jeder Mensch Gottessohn ist, Teil des menschgewordenen Göttlichen.
Meine Namensgebung war auch ein Lebensprogramm, der Weg durch eine scheinbar gottlose Welt, als verlorener Sohn
des göttlichen Alles, zurück in das allumfassende Sein. Und auch mein zweiter Name Bohdan, der
Gottgegebene, deutet in die gleiche Richtung, aus dem Göttlichen an die Welt
gegeben, zwei Menschen in einem, ganz der Welt angehörend und ganz ewiges Sein.
Der Name als Lebensprogramm hat mich auf
meinem Weg hinaus in die Welt begleitet, mich nie verlassen, auch in den
dunklen Stunden des Vergessens nicht, als ich nur noch die Welt sehen wollte
und das Leben in mir vergass. Die Zurückgewinnung des Seins, die Erkenntnis,
dass wir mit unseren Sinnen nur die Welt erfassen, und unser kleiner Verstand
nur einen winzigen Teil der Wirklichkeit zeigen kann, das ist der Durchbruch
zum eigentlichen Ich, das grösste Geschenk, das mir das Leben machen konnte,
mich wieder zurückzunehmen in das Allumfassende, der Verlorene Sohn ist
zurückgekehrt. Ein ganzes Lebensprogramm in zwei Namen. Es lohnt sich seinen
Namen genauer anzuschauen.
Donnerstag, 8. Dezember 2022
Die Rückkehr ins Paradies
In der Mythologie lebten die ersten Menschen im
Paradies. Erst als sie die Früchte vom
Baum der Erkenntnis assen, mussten sie
das Paradies verlassen. Sie fielen aus der Einheit mit der Natur, der Einheit
mit ihrem Schöpfergeist, und ihr Verstand erwachte. Der Zweifel war geboren, sie hatten das
Paradies verlassen.- Wenn ich mich hier
im Südbereich des Amazonasbecken von Natur umgeben sehe, glaube ich ins
Paradies zurückgekehrt zu sein. Die Natur, die Tiere und Pflanzen, der
gewaltige Urwald, die Sonne und der Regen, selbst die Berge und die Wolken,
alles ist voller Leben, voller Schöpfergeist, ich scheine ins Paradies
zurückgekehrt zu sein. Aber dann fällt ein Schatten auf das Paradies, mein
Verstand, seine Zweifel : Gibt es das überhaupt, einen Schöpfergeist, eine
Einheit mit der Ganzheit des Seins?
Warum versuche ich Allem einen
Namen zu geben, alles einer Wissenschaft zu unterwerfen, zu kategorisieren? Warum mache ich es nicht wie die Tiere und
Pflanzen, die der Kraft des Lebens folgen und einfach sind? - Als
die Menschheit ihre ersten Schöpfungsmythen schufen, da war es dieser Zweifel,
den sie entdeckt hatten. Die Ursünde Zweifel die sie erfüllte. Und sie sehnten
sich zurück aus der Zweiheit des Zweifels, zurück in die Einheit und die Unschuld der Natur. Seitdem
ringen wir mit unserem Verstand, der sich zwischen uns und die Natur gestellt hat, zwischen den
Menschen und zwischen den Schöpfergeist.
Aber hier mitten in einer
Landschaft, die von der Schöpfung geschaffen wurde und in der die Spuren der Menschen zu sehen sind,
die in dieser Natur leben, werden wir immer wieder überwältigt von der
Vollendung der Schöpfung. Jeden Morgen, wenn die Sonne aufgeht, die Natur erwacht,
die Stimmen der Tiere zu hören sind, hört mein Verstand auf zu denken. Ich
fühle mich eins mit dem was mich umgibt, als Teil dieser Schöpfung. Ich habe
den Denker in meinem Kopf zum Schweigen
gebracht, ich bin in die Einheit zurückgekehrt, in das Paradies, das nicht in
einer unerreichbaren Ferne liegt, sondern mitten um uns und in uns. Das ist
das, was ich hier gelernt habe, und
warum mir dieser Platz so lieb und teuer
ist, ein kleiner Ort, am Araguaia, wo
ich das Paradies wieder entdeckte.
Mittwoch, 7. Dezember 2022
Leben mit der Natur
Immer wieder bin ich vom Reichtum der Natur überwältigt, die
mich am Fluss Araguaia, im Süden des Amazonas Becken, empfängt. Ob ich will
oder nicht, ich fühle mich hier reduziert auf einen Teil der Natur. Der
gewaltige Fluss der seit Millionen von Jahren an der Fazenda vorbeifliesst, die
ursprünglichen Wälder, deren Bäume noch die Zeit des Mittelalters kennen, Pflanzen und Tiere die uns umgeben. Hier
fühle ich mich als Teil der Natur, nicht als Mensch, der von aussen auf die
Natur blickt. Die Natur ist nicht nur das, was wir als Menschen sehen, hören und
fühlen können, denn das hiesse, zu glauben, dass es nur eine Wahrnehmungsebene
gäbe, die des Menschen auf die Natur. Jedes
Lebewesen hat eine andere Sicht auf die Natur, die Ameise oder der Vogel sehen
eine andere Natur, als der Mensch sie sehen kann. Unser Blick auf die Natur
vertieft sich, wenn uns bewusst wird, dass wir eins mit allen Wesen gemeinsam haben, auch mit den scheinbar
toten Dingen, - die Essenz des gemeinsamen Seins, das innere Leben, das alles erschafft,
entstehen und vergehen lässt, alles erfüllt, bis hin zu unserem Planeten und
den ganzen Kosmos. - Wie die Indios, die
hier noch vor 70 Jahren lebten, höre ich den Fluss mit mir sprechen. Es ist nicht
das Rauschen das spricht, sondern es ist die Stille, die die hinter den Stimmen
der Natur hörbar wird, die Bäume sprechen durch Stille, die Felsen und Katarakte
singen ihr stilles Lied. Die Natur spricht nicht mit Worten, sie spricht mit
der Stille, die sie erfüllt. Stille ist die Sprache Gottes, mit der er zu uns
spricht, wir müssen nur wieder hören lernen.- Es ist die Stille, die die Naturvölker
empfunden haben, wenn sie am Ufer dieses Flusses standen und dem geheimnisvollen
Raunen der Wasser lauschten. -Mein Freund Paulo Viheira hat diese Stille in
einem Fries eingefangen, das das Leben der Urbewohner schildert. Paulo hat den
früheren Menschen ein Denkmal gesetzt, als er ihr Leben und ihr Einssein mit
der Natur, in seinen Bildern schilderte. Ich
hoffe die Bilder bleiben erhalten, als Erinnerung an Menschen, die noch in der
Einheit mit der Natur lebten, und die in der Stille die Sprache Gottes verstanden.
Freitag, 2. Dezember 2022
Geschenke des Lebens
Wie vielfältig das Leben auf uns zukommt. Ich bin auf der
Fazenda mitten in der Natur. Wohin ich auch blicke sehe ich Leben. Der Regen
der uns hier täglich begleitet bringt Leben, die Tiere um uns, die Weiden, die aus dem Regen neue Kraft
schöpfen, die Brüllaffen, die den Regen begrüssen, alles atmet Leben. Es ist unser Blick, der uns das Leben
erkennen lässt, und es ist der gleiche Blick, der in Allem auch die
Vergänglichkeit sieht. Wer in allem das Leben sehen kann, sieht das Göttliche, das
Ewige, wer überall Vergänglichkeit und Ende sieht, der blickt auf die Welt in
ihrer Endlichkeit. – Ich habe immer
versucht das Wunder des Lebens zu sehen, auch in den Zeiten, in denen
ich noch als Kind an den Folgen des Krieges litt, an den Krankheiten, dem
Mangel, den Entbehrungen. Immer hat das Schicksal, mitten aus dem Chaos der Nachkriegszeit, einen Weg in die Zukunft gezeigt, und immer
wieder kam ich gestärkt aus jeder Krise.
Geholfen hat mir die Liebe meiner Eltern, die Verantwortung, die ich für
meine Brüder fühlte und jeder Tag, der mich lehrte, dass oft der Weg durch die
Not, auch ein Weg des Lebens ist. - Die wunderbaren Menschen, die mich auf
meinem Weg durch das Leben begleiteten, alle ein Geschenk des Lebens an mich,
und ich versuche dieser Geschenke würdig zu sein, den Kindern, die mich so viel
gelehrt haben, die mich noch immer begleiten und an meiner Seite sind, die
Frauen, die mir so viel von ihrer Liebe und Energie geschenkt haben, die Freunde mit denen ich durch das Leben ging,
und die immer weniger werden, und ich versuche allen, so viel wie ich kann,
zurückzugeben. Es ist eine grosse Weisheit, dass wir nicht nur Geschenke
erhalten, sondern auch Geschenke zurückzugeben haben. Alles was mir Menschen
schenken, erfordert ein Gegengeschenk und wir müssen genau hinschauen, um das
richtige Gegengeschenk zu finden. Wenn
mir ein Mensch sein Leben schenkt, dann schenke ich ihm mein Leben, meine
Zuneigung und meine Hilfe. Alles was das Leben mir schenkt, gebe ich auf meinem Weg zurück. Und wenn ich alles richtig
mache, verlasse ich diese Welt im gleichen Zustand, in dem ich sie betreten
habe und es ist dann, wann ich mein reichste Geschenk zurückgebe, mein Leben.
Dunkle Momente
Wie viele Menschen erreichen in ihrem Leben einen Moment, in
dem sie nicht mehr weiter wissen. Vielleicht ist die gesamte Menschheit an
einem solchen Moment angelangt. So wie
wir als einzelne Menschen, mit all unserem Wissen und Können oft an einen Punkt
kommen, wo wir kein Licht mehr sehen, das unseren Weg erleuchtet, geht es der
ganzen Menschheit, die nicht mehr wissen, wie es weiter geht mit dieser Welt,
in der wir leben. Meine Erfahrung sagt mir,
immer wenn es am Dunkelsten ist, dann ist das Licht ganz nahe. Beim
einzelnen Menschen der in Dunkelheit und Depression verfällt und nicht mehr
weiss, wie es weitergeht, da ist die Lösung direkt vor ihm. Es sind nicht die
Psychologen die ihm helfen können, es ist das Licht des Lebens, das ihm hilft, wenn
er den Vorhang der dunklen Gedanken beiseite zieht und das Licht in sich
hineinlässt. Wer nicht die Kraft hat, den Vorhang aufzureissen, dem wird das
Leben zur Hilfe kommen. - Wer in seinem
Haus die Läden schliesst und in der
Dunkelheit nicht mehr weiss, wie die
Läden geöffnet werden, verzweifelt und
findet nicht mehr das grösste Geschenk des Lebens, das Licht. Wenn wir glauben,
es geht nicht mehr, die Depression uns in die Dunkelheit reisst, dann sollten
wir uns erinnern, dass hinter der Dunkelheit, das Licht wartet, und jeder Weg
aus der Dunkelheit wieder ins Licht führt. Es ist das Licht des Lebens, das uns
in diese Welt geschickt hat und uns wieder aufnimmt, wenn wir am Ende unseres Lebens
angelangt sind. Dunkelheit ist nur der
Träger des Lichts, sie verschwindet, wenn wir die dunklen Gedanken in unserem
Kopf anhalten und das Licht in unser Leben lassen. Dunkelheit ist die
Unbewusstheit in uns, und auch in der Mehrheit der Menschheit. Es ist diese
kollektive Unbewusstheit, die uns die Kriege bringt, die Krisen der Welt, die
Krankheiten, den Tod. Es ist diese Unbewusstheit die Jesus ausrufen liess: Vergib ihnen, denn sie wissen nicht was sie
tun. – Das war vor 2000 Jahren und es scheint sich wenig geändert zu haben. Die
Menschheit verharrt in ihrer Unbewusstheit und findet nicht zurück in das
Licht.
Sonntag, 27. November 2022
Krankheitssymptome
Die jungen Menschen haben recht, wenn sie auf den Zustand
der Welt hinweisen. Die Welt ist krank, vergiftet, zugemüllt und mit ihr auch
der Mensch. Sie weisen auf die Symptome
hin, weniger auf die Ursachen. Umweltkongresse
finden statt und, wie in der Medizin, werden nur die Symptome besprochen, und wie
bei Kranken ist der Wille, die Ursachen zu behandeln, gering. Die eigentliche
Krankheit liegt im Kopf des Menschen. In
der Vermüllung des Verstandes durch den Lärm der Welt, durch Fernsehen, Reklame, dem ständigen Wunsch nach Mehr in allen
Bereichen ,wie Konsum, Geld, Beruf, Position, Ansehen, in der
Vergiftung der Köpfe durch staatliche
Propaganda, Medien, Falschinformationen.
Das alles hat den Menschen zu einem Zombie gemacht, der blind
und schon halbtot durch die Welt
taumelt. - Jede Gesundung der Menschheit
muss im Kopf ansetzen, an der Heilung einer gefährlichen Geisteskrankheit, die die
Menschheit wieder einmal an einen
Abgrund geführt hat. - Als ich geboren wurde, stand die Menschheit an einem
solchen Abgrund, die halbe Menschheit war an Ideologien erkrankt, die Folge,
Millionen von Toten. Und wieder ist eine
neue Krankheiten ausgebrochen, die entwickelten Nationen, in ihrem Streben nach
Mehr, beuten die Welt aus, vergiften sie
durch ihre Industrien und gehen an ihrer hemmungslosen Fresssucht und Gier allmählich
zu Grunde. Menschliche Werte, wie Verantwortung, Nachdenken, Miteinander, Hilfe, werden gering geachtet und in die unfähigen
Hände des Staates gelegt. Kant würde sagen, die Menschheit ist wieder in eine
selbstverschuldeten Unmündigkeit abgestiegen. – Heilung gibt es nur, wenn der
einzelne Mensch erwacht, wieder die Verantwortung für sein Leben übernimmt und
dabei nicht den Blick für den anderen verliert. Wenn er alle Lärmquellen um sich
abstellt, wieder Stille in sich eintreten lässt und in ein bescheidenes, selbstbestimmtes Leben
eintritt. Ich habe nach dem letzten Weltkrieg eine solche Phase der
Selbstbesinnung erlebt, als die verhungerten und tief verletzten Menschen
wieder neue Kraft gewannen. Die Menschen
in der Ukraine wissen von was ich spreche, wenn sie Kälte, Hunger und Krieg
erleben und für die Werte des Lebens kämpfen. Wenn wir zur Selbstreduzierung gezwungen
werden, wenn wir um unser täglich Brot bitten müssen, wenn der Strom fehlt und
es um das nackte Überleben geht, dann
fangen wir an, uns zu erinnern, wer wir auch sind, Wesen von der Natur erschaffen und verpflichtet
diese Welt zu erhalten und mit ihr alle Mitmenschen, die Natur mit ihren
Lebewesen, und vor allem die Grundlagen, die Leben überhaupt ermöglichen. – Aber wir brauchen anscheinend immer wieder
den Absturz in die Krise, um zu gesunden. Es muss noch viel schlimmer kommen,
bevor wir aufwachen und wieder unser Schicksal in eigene Hände nehmen, wieder
anfangen verantwortlich zu denken .
Die Krankheitssymptome mehren sich, aber nur die jungen Menschen scheinen zu
ahnen, was ihnen bevorsteht. Es reicht nicht mehr die Symptome zu
behandeln, wir müssen zu den Ursachen vorstossen, zu unserem Verstand, der Segen und Fluch sein kann, und im
Augenblick in einem tief kranken Zustand ist.
Mittwoch, 23. November 2022
Zurück zur Natur
Zu allen Zeiten wurde der Weltuntergang prophezeit. Wir
sollten besser vom Untergang der Menschheit sprechen. Wenn wir heute von
Klimakrise reden, vom hemmungslosen Ausbeuten der Natur, des Landes, der Meere,
so ist das ein Erwachen der Menschheit aus der Vorstellung, die Natur wäre nur
da, dem Menschen zu dienen. Der Mensch ist nur Teil der Natur, der Schöpfung,
des Planeten und unterliegt deren Gesetzen. Aus menschlicher Sicht scheinen
diese Gesetze grausam zu sein: Alle Lebewesen dienen sich gegenseitig als
Nahrung, die stärkere Pflanze verdrängt die schwächere Pflanze - ohne den
Eingriff des Menschen, wäre die Welt heute weitgehend von Wäldern bedeckt, es
gäbe keine Wiesen, keine Blumen mehr. Nur der Mensch erklärt die Zustände der
Natur als gut oder schlecht. Die Natur kennt nicht diese Unterscheidung, eine
höhere Intelligenz ist in der Natur am Wirken und entscheidet auch über das
Schicksal der Spezies Mensch. Wenn die Ressourcen der Welt nicht mehr reichen,
die Menschheit zu ernähren, dann wird nur der Mensch untergehen, nicht aber die
Welt oder die Natur. Auch das ist weder gut noch schlecht. Der Mensch übersieht, dass die ganze Natur ein
lebender Organismus ist, ausgestattet mit einer eigenen Intelligenz, die den
kleinen Verstand des Menschen bei Weitem übertrifft. Wenn diese höhere
Intelligenz den Menschen als Fehlentwicklung begreift, dann beschliesst sie
seinen Untergang.- Es scheint aber ein Wandel im Verständnis
des Menschen einzutreten, was Natur bedeutet. Teile der Menschheit begreifen
sich wieder als Teil der Natur, nicht als Einzellebewesen, die nur am eigenen Überleben
interessiert sind. -- Welche Auswirkungen
wird es haben, wenn grosse Teile der Welt unbewohnbar werden, weil das
Klima sich verändert? Wenn es nicht mehr
genügend Nahrung gibt, um 8 Milliarden Menschen zu ernähren? Wenn sich
Menschenströme in Bewegung setzen, um in noch bewohnbare Gebiete des Planeten
zu gelangen? Was wenn Land und Wasser nicht
mehr genug Nahrung bieten, die Luft zum Atem weniger wird, welche Folgen wird das haben? Die Natur stört es nicht, wenn die
Nahrungsgrundlagen einer Spezies zu Ende gehen. Die Welt wird für den Menschen
unwirtlich, die Folgen können wir noch nicht absehen. Die Welt wird sich weiter
wandeln, und es wird Neues entstehen, so
wie in den Millionen Jahren vor dem Entstehen der Menschheit. Die jungen
Menschen sprechen von einer letzten Generation. Soweit sind wir noch nicht,- aber
zu glauben, wir könnten mit Demonstrationen das Klima und die Welt retten, scheint utopisch. - Wir
könnten damit beginnen, in den Schulen den Blick für die Natur zu
öffnen, ein neues Bewusstsein zu
entwickeln, wenn wir etwas für die Erhaltung der Spezies Mensch tun wollen, - die Erkenntnis vermitteln, dass Natur nicht
uns dient, sondern wir, als Teil der Natur, uns so verhalten müssen, dass die
Lebensgrundlagen auch für künftige Generationen erhalten bleiben.
Sonntag, 20. November 2022
Nur ein Stein
Meine Enkel haben mir vom Strand einen runden Kieselstein
mitgebracht. Er ist rund und
abgeschliffen. Was für ein wunderbares Geschenk, sage ich. Und ich meine auch,
was ich sage. Schon seit Beginn der Schöpfungsgeschichte existiert dieser
Stein. Vielleicht noch nicht in dieser Form, die er erst nach Millionen Jahren
durch die Bewegung des Meeres erhalten hat.
Welche Kostbarkeit, die eigentlich in ein Museum gehört, aber dort
werden nur Gegenstände verwahrt, die viel jüngeren Datums sind. Und schon hat
mich der Stein in seinen Bann gezogen. Ich fühle das, was mich mit dem Stein
verbindet. Aber etwas in mir öffnet den Stein, dieses
seit ewigen Zeiten so feste und sichere Werk der Natur. Ich fühle die gleiche Substanz im Stein, wie
in mir, die Ewigkeit, den Raum, der diesen Stein erfüllt, die Energie, die
Atome, die in ihm ihr Werk tun. Die
anscheinend tote Materie fängt an zu leben, es ist das gleiche Leben, das mich
erfüllt, nicht mit meinen Sinnen erfahrbar,
nur mit meinem inneren Gehör. Es ist die Stille, die aus dem Stein zu
mir spricht, das Ewige, das mich und den Stein erfüllt, das gleiche Leben, das
den Stein und mich geschaffen hat. Die Natur ist in Form eines Steines zu mir
gekommen und erinnert mich daran, wer ich bin. Welch wunderbares Geschenk,
dieser Stein, welche Verbundenheit in mir entstanden ist.
Freitag, 18. November 2022
Dem Gefängnis entkommen
Sobald wir anfangen zu denken, fangen wir an zu lernen, Wissen anzuhäufen, Ideen zu entwickeln und plötzlich hat unser Verstand die Regierung über unser Leben übernommen. Ich kenne nur wenige Menschen, die der Herrschaft ihres Verstandes entkommen können. Der Verstand entwickelt Theorien, Dogmen, Wissen, er will immer mehr und mehr. Eine innere Stimme sagt uns, ich bin das einzige Wichtige in Deinem Leben, ich bestimme Dein Leben, ich bin Dein Herrscher. Wir merken gar nicht, dass der Verstand uns in ein Gefängnis steckt, das uns die Sicht auf die Freiheit versperrt, auf die Freiheit, mit der wir zur Welt gekommen sind, auf die Freiheit des Lebens, die wir nur erfahren, wenn wir uns aus den Fesseln des Verstandes befreien. Wir brauchen nicht in den Osten zu pilgern, um wieder zu lernen, mit der Stille zu leben, auch kein Yoga zu betreiben, um uns vom Diktat des Verstandes zu befreien. Es genügt, wenn wir uns neben uns stellen, uns beobachten und zu sehen, dass das Rad im Kopf langsamer wird, ganz zum Stillstand kommt, und wie aus der Leere plötzlich das Leben sichtbar wird, das uns erfüllt und alles erfüllt das um uns ist. Und es ist das, was wir wieder lernen müssen, zu sehen, wie Alles mit Allem verbunden ist, das nichts so ist wie es erscheint, wir ein Teil eines nicht mit menschlicher Intelligenz erfassbaren Ganzen sind, ein Teil der göttlichen Energie, die alles erfüllt. Wenn wir innehalten, uns ganz auf uns selbst konzentrieren, oder auf das was wir gerade tun, fallen alle Gedanken von uns ab, der Verstand kommt zum Stillstand, wir sind dem Gefängnis unserer Gedanken, den engen Mauern unserer Gedankenwelt entkommen. Es tritt Stille ein und Weite, und wir öffnen uns dem Leben.
Sonntag, 13. November 2022
Ein Sonntagmorgen
Wenn wir älter werden, brauchen wir weniger Schlaf. Oft
wache ich früh auf. Es ist die Stunde
der Meditation. Es ist still draussen und es ist still im Inneren. Es ist die Stille, aus der Gedanken fliessen,
die nicht vom Verstand entwickelt werden. Erst wenn sich ein Fenster öffnet
kommt ein Gedanke, der es wert ist, weiter verfolgt zu werden. – Wenn wir uns die Weisheitslehren ansehen, dann
bestehen diese Lehren aus wenigen Gedanken und
doch werden dicke Bücher über das Wenige geschrieben. Nicht umsonst sind
die Worte Leere und Lehre so ähnlich - Das gilt auch für alle Buchreligionen, sie
bestehen aus nur wenigen ewigen Weisheiten, in wenigen Sätzen zusammenfassbar. Aber
Weisheiten die nicht in immer neue Gleichnisse verpackt werden, sind für die
meisten Menschen kaum verständlich, und so wird das Wenige in viele Worte
verpackt. - Ich stelle mir manchmal vor, ich wäre ein Pfarrer und müsste meine
Sonntagspredigt schreiben. Es stehen mir nur wenige Wahrheiten zur Verfügung. Jeden
Sonntag müsste ich diese Wahrheiten in andere Worte kleiden. Und manche dieser
Wahrheiten lassen sich kaum in Worte fassen. Wer kann schon über das Nichts und
über die Stille schreiben? Aber wenn die
Worte aus der Stille fliessen, werden sie Welt, und wenn die Welt aus dem Nichts entsteht, erhält die Welt und die Worte für den Menschen
einen Sinn. Wir vergessen nur oft woher die Welt und wir selbst und die Worte,
die wir sprechen ihren Ursprung haben, woher sie kommen und wohin sie gehen. –
Als ich heute morgen meine tibetische Meditationsübung machte, meine Chakren in Bewegung zu setzen, fiel mir auf,
dass ich immer bei der Erde, meinem Wurzelchakra beginne und dann aufsteige,
bis ich im Kronenchakra im Himmel ende, - jeden Morgen, mit wenigen Drehungen
meines Körpers das ganze Leben darstellen. Ein schöner Sonntagsbeginn und eine
Predigt, die aus den Bewegungen meines Körpers um sich selbst besteht. Die
Bewegung, ganz aus dieser Welt und der Geist mit dem Himmel verbunden. Welch
tiefe Einsicht in das Geheimnis des Lebens.
Sonntag, 6. November 2022
Horchen und Hören
In der benediktinischen Ordensregel ist das Horchen eine der
wichtigsten Vorschriften. Das Horchen ist die Vorstufe zum Hören, ich versuche
etwas zu hören, was ich noch nicht hören kann. Gemeint ist nicht, das was die
Welt unter hören versteht, es ist nicht die Musik, die ohne Unterlass aus den
Ohrstöpseln dröhnt, die so viele Menschen heute tragen, nicht die Geräusche der
Fernseher, die Tag und Nacht laufen. Es sind auch nicht die Gedanken im Kopf,
die, ohne Laute, sich von früh bis spät in unserem Kopf bewegen. Dieses Hören, ist
nicht gemeint. - Wir müssen nicht in ein Kloster eintreten, um das Horchen zu erlernen.
Es reicht, wenn wir in die Natur gehen und den Tönen der Natur lauschen, dem Rauschen des Windes in den Blättern,
dem Zwitschern der Vögel, und wenn es gelingt, die Stimme in unserem Kopf
zum Schweigen zu bringen, die, mit ihren unablässigen Gedankenströmen, das wirkliche Hören verstellt, fangen wir an, die leisen Töne zu hören. Wir müssen das Horchen wieder erlernen,
erst die sanften feinen Töne der Natur und am Ende, das Horchen
auf die Stille.- Die Mönche in früheren
Jahrhunderten haben die Litanei benutzt, die ewige Wiederholung von Worten und Gesängen, um die Welt der
Gedanken zum Stillstand zu bringen. Ob das der richtige Weg war, wissen wir
nicht – eins wissen wir, am Ende sollte die Stille stehen, die Stille in der
Klosterzelle, in die sich der Mönch zurückzog, die Stille im Kopf, wenn die
Töne verklungen waren. - Heute suchen wir die Stille in der Natur, in der
Meditation, in Yogaübungen, in denen wir die Gedanken abschalten und uns auf
unser Tun konzentrieren. Der Mensch scheint intuitiv zu wissen, dass die Stille
zum Wertvollsten gehört, das wir besitzen. Und wir horchen, nicht um Töne zu hören,
sondern um Stille zu hören. Wieder eine dieser paradoxen Wahrheiten, die unser
Leben begleiten. -Stille enthält jeden Ton, jedes Wort, jede Weisheit, - alles kommt aus der Stille, wird zu Energie
und Leben und kehrt in die Stille zurück. - Die Buddhisten verwenden die Klangschale, der Ton erklingt
und kehrt in die Stille zurück. Ein wunderbares Symbol für das Leben, das aus
dem Raum und der Stille entsteht, anschwillt und vom ewigen Raum wieder zurückgenommen wird.
Wenn wir lernen wollen zu hören, dann sollten wir uns vielleicht eine
Klangschale besorgen. Sie zeigt uns im Klang,
wie Leben entsteht und vergeht. Sie zeigt uns das Ziel des Horchens,
das Horchen auf die Stille - und wenn die Stille eintritt, dann hören
wir die ewigen Wahrheiten des Lebens: - Es ist
die Stille, aus der Gott spricht und der
ewige Raum aus dem Leben entsteht.
Ich schreibe dies in ersten Stunden des Tages, die Morgenröte
kündet den Tag, vor mir liegt das Meer und
ich höre das sanfte Rauschen der Wellen. Ich kann mir
keinen besseren Platz vorstellen, für meine morgendliche Meditation. Die Stille
ist hier ganz nahe – ich kann sie hören.
Donnerstag, 3. November 2022
Ein Blick in die Vergangenheit
Wenn wir älter werden, richtet sich unser Blick häufiger in die Vergangenheit. Dabei ist es durchaus zweifelhaft, ob es eine objektive Vergangenheit gibt. Es gibt den Blick auf die eigene Vergangenheit und es gibt den Blick des Umfeldes, auf meine Vergangenheit, von Kindern, Freunden und Bekannten. Jeder verfügt nur über Bruchstücke meiner Vergangenheit, die er in seinem Gedächtnis festgehalten hat – eine objektive Gesamtschau einer Vergangenheit wird es daher niemals geben, auch nicht der eigenen Vergangenheit. So erscheint die Vergangenheit nur als ein Gedankenkonstrukt, das mit den tatsächlichen Gegebenheiten zu einer vergangenen Zeit wenig zu tun hat. - Auch über die Zukunft brauchen wir nicht zu sprechen, es ist nicht nur der ältere Mensch der keine Zukunft mehr hat. Es hat noch nie eine Zukunft gegeben hat, es gab immer nur die Gegenwart, das Jetzt und die Vergangenheit, die vielleicht länger zurückzuliegen scheint, war auch nur das Jetzt in der damaligen Gegenwart, das sich in jeder Sekunde nur durch ein neues Jetzt fortsetzte. So ist der Blick in die Vergangenheit trügerisch und bringt uns kaum eine Erkenntnis, was Vergangenheit früher war. - Natürlich gilt das gleiche auch für die Geschichtsschreibung, - selbst wenn wir die Summe aller Geschichtsschreibungen addieren, wird kaum etwas zustande kommen, was der damaligen Wirklichkeit entsprechen würde und nichts, was wir als Geschichte bezeichnen könnten. - Natürlich glaube ich, über mich selbst etwas aussagen zu können. Aber kann ich da von Objektivität sprechen, vielleicht blickt mein Umfeld mit ganz anderen Augen auf mein Leben, und muss ich nicht auch das berücksichtigen, was die Anderen über mich denken, und wie sie mein Leben sehen? Könnte die Summe aus meiner Sichtweise und der Sichtweise meiner Umgebung sich zu einem objektiven Bild meines Lebens zusammenfügen lassen? – Aber wie soll ein Anderer meine Motivation kennen, wie soll er deuten, warum ich mich so und nicht anderes verhalten habe? – Zweifel über Zweifel. - Die Geschichte meines Lebens scheint eher einem Märchen als der Wahrheit zu entsprechen. So scheint es allen reflektierenden Menschen zu allen Zeiten gegangen zu sein. - Wenn ich an den Sinnspruch des Orakels von Delphi denke: «Mensch erkenne Dich selbst!» dann scheint es mir um eine Aufforderung zu gehen, die der Mensch nicht erfüllen kann: Er kann sich nicht erkennen oder als Paradoxon: Er erkennt, dass er sich nicht erkennen kann. - Und so wie dieser Spruch über dem Eingang zur Wahrheit stand, so sah auch ein Orakelspruch aus, den ein Besucher erhielt: Es wurde keine eindeutige Wahrheit verkündet - Die Wahrheit lag in der Vieldeutigkeit des Orakels. – Natürlich ist die nächste Frage, die ich mir zu meiner Vergangenheit stelle, welches waren wichtige Momente in meinem Leben? - Vielleicht der Moment, als sich mein Blick nicht mehr so sehr auf die Welt ausserhalb von mir richtete, sondern in die Welt in mir? Das wäre dann der Blick auf meine physische Existenz, auf die Welt der Energie, die Welt des ewigen Wandels, der Bereich in mir, den meine Sinne erfassen können. - Aber dann auch der notwendige Schritt in die Wahrnehmung dessen, was nicht von den Sinnen erfasst werden kann, die Stille in mir, der Raum in mir. Und dann die Erkenntnis, dass ich das Nichtexistierende in mir nur wahrnehmen kann, weil ich existiere, dass ich vielleicht nur geschaffen bin, weil das ewige Nichtwahrnehmbare durch mich wahrnehmbar wird – dass das Nichtexistierende, das was wir Gott nennen und der Mensch ineinander fliessen, das Eine ohne das Andere nicht sein kann. - Wahrscheinlich ist der Moment dieser Erkenntnis der wichtigste in meinem Leben gewesen. Vielleicht ist das der Moment der Erleuchtung, der Moment in dem wir die Bedeutung des Satzes verstehen - Erlöse uns von dem Übel - von der Vorstellung, wir wären nur Welt und nicht das grenzenlos Ewige, und die Vorstellung, es wäre da noch ein Gegenüber, an den wir diese Bitte richten könnten. - So ist wahrscheinlich der grösste Moment in meinem Leben, als ich begriffen habe, dass Leben oder Gott in allem enthalten ist, was existiert, und dass meine Existenz mit dem Göttlichen Sein identisch ist, dass Welt und Gott in mir und in Allem um mich, eins sind, das eine ohne das andere nicht denkbar. – Ich sollte häufiger einen Blick in die Vergangenheit werfen, das Leben erhält dann eine ganz andere Dimension.
Freitag, 21. Oktober 2022
Zeit und Ewigkeit
Wenn ich in meinen Blog das Suchwort Zeit eingebe, dann sehe
ich wie oft mich schon die Zeit beschäftigt hat. Ständig denken wir an die Zeit,
wir tragen unsere Termine ein, wir haben nie Zeit, Zeit verfliegt – alle beschäftigen
sich mit der Zeit, und fast niemand beschäftigt sich mit der Ewigkeit.
Shakespeare nennt die Zeit einen elenden Tyrannen. Als Menschen berechnen wir die Zeit und versuchen die Zeit
als Begriff zu bestimmen. – Es lohnt sich aber einen genaueren Blick auf die Zeit
zu werfen. Ist die Zeit wirklich das Gegenteil von Ewigkeit? Könnte es auch sein, dass Zeit nur ein
menschliches Gedankenkonstrukt ist, das
uns den Blick auf die Ewigkeit verstellt? Gehen wir einmal zur kleinsten
vorstellbaren Zeiteinheit, ich meine
nicht die Bruchteile einer Sekunde,
sondern zum jetzigen Moment. Plötzlich stellen wir fest, dass unser ganzes
Leben aus jetzigen Momenten besteht, ein jetziger Moment reiht sich an den
anderen – wir betreten die Welt und es ist jetzt, und wir verlassen die Welt , und
es ist immer noch jetzt. Und alles spielt sich in der Ewigkeit ab. Trotzdem
will der Mensch die Ewigkeit nicht wahrnehmen. Sein Verstand sagt ihm, nur
solange du denken kannst, bist auch Du
da. Der menschliche Zeitbegriff verstellt die Ewigkeit, deren Teil die Zeit
ist. So hat die menschliche Sprache den Begriff Lebenszeit entwickelt, die Geschichte von
Anfang und Ende des Lebens in der Zeit, und verweist alle Hinweise auf die Ewigkeit des Lebens in
den Bereich der frommen Legenden. Dabei übersehen wir, dass Leben etwas ganz
anderes als Energie und Materie ist.
Wenn Energie und Materie von einer
übergeordneten Intelligenz zu Körpern gefügt und existent werden,
ist deren Lebensdauer beschränkt. Wir sprechen dann von Geburt und Tod, von der Geburt eines Planeten und dem Tod
eines Lebewesens. Körper haben ihre Zeit. Das Leben selbst, das die materielle
Existenz beseelt, kennt keine Zeit, es war schon immer da und wird immer
da bleiben, auch wenn unsere materiellen Sinne
das Leben und die Ewigkeit nicht wahrnehmen können. Die Ewigkeit ist das Allumfassende unseres und allen Lebens auf diesem Planeten und im gesamten
Kosmos, die Zeit nur der kleinste Teil der Ewigkeit.
Sonntag, 16. Oktober 2022
Schwierige Zeiten
Es herrscht Krieg, Pandemie, Klimakrise, Rezession,
Inflation, die schlechten Nachrichten häufen sich. Die öffentliche Meinung ist
sich einig, schwierige Zeiten sind schlechte Zeiten. Vor zwei Jahren, war die
Meinung anders, alles war gut, die sich
ankündigende Krise wurde noch nicht
bemerkt, das was als gut erschien, enthielt bereits die sich ankündigende Krise.
Dabei sollte es jedem denkenden Menschen klar sein, dass nichts eindeutig ist,
dass alles schon den Keim des Gegenteils in sich hat, alles dem ewigen Wandel
unterworfen ist. So wie es Krieg nicht ohne Frieden gibt, Krankheit nicht ohne
Gesundheit, Abschwung nicht ohne Aufschwung,
so enthält jede Krise bereits das Gegenteil in sich. - Die öffentliche
Meinung ist aber in ihrem Urteil immer eindeutig, das Etikett mit dem eine
Entwicklung versehen wird, enthält niemals die Mehrdeutigkeit. Dabei sind Prädikate
wie gut und schlecht, nur
Momentaufnahmen, sie entziehen sich der Eindeutigkeit, sie enthalten bereits alle
Möglichkeiten der weiteren Entwicklung.
Eine schlechte Börse enthält bereits den Aufschwung. Krankheit ist der
Weg zur Gesundheit, Krieg verlangt nach Frieden. Wir müssen uns frei davon machen, alles mit
eindeutigen Etiketten zu versehen, wir müssen uns dem ewigen Wandel öffnen und das
was andere als negativ sehen, als einen
Schritt in eine positive Richtung wahrnehmen.
Die Welt ist nicht eindeutig, sie enthält alle Möglichkeiten, und so wie wir die Welt sehen wollen, so wird
sie sich uns zeigen. So sind schwierige Zeiten auch Zeiten der Wandlung, der Veränderung, nicht
nur der Welt, sondern von uns selbst und je schwieriger die Zeiten sind, umso grösser sind die Möglichkeiten für uns,
die Welt zum Besseren zu verändern.
Samstag, 15. Oktober 2022
Mit Kindern leben
Den höchsten Anspruch, den das Leben an uns stellt, ist das Leben mit Kindern. Vielleicht denken viele von uns: Mit Kindern leben, das kann doch jeder. Wir
sind doch von der Natur auf Fortpflanzung programmiert, das Leben mit Kindern
ist das Natürlichste von der Welt . - So einfach ist es nicht. Kinder verlangen von uns eine vollständige Überdenkung unseres Lebens. Wenn
unser Blick vorher nach aussen gerichtet war, auf die Welt, auf unsere Stellung
in der Welt, wird er nach innen gezwungen, auf das neu entstehende Leben, weg von unserem Ich, auf etwas schon lange -Vergessenes, auf unser
tiefstes Wesen, was sich mit Macht in
Erinnerung ruft. Unsere ganze Existenz
wird mit der Geburt eines Kindes auf den 1. Tag unseres Lebens zurück versetzt.
Es ist so, als ob unser eigenes Leben neu beginnt. - Mütter wissen, von was ich
spreche. Schon in der Schwangerschaft erwacht
in ihnen die Ahnung, dass sich alles ändert, wenn neues Leben entsteht, nicht
nur im Alltagsleben, sondern auch in
ihrem Seelenleben, - die Seele des entstehenden neuen Menschen verbindet sich
mit ihrer Seele, Mutter und Kind werden eins. Und die Geburt, das schmerzliche Ereignis der
Trennung, wenn nicht nur das Kind ihren
Leib verlässt, sondern auch die andere Seele, die bisher eins war mit ihrer
eigenen Seele, verursacht ein tiefes Verlustgefühl. Dieser Moment der Trennung
in der Geburt, kann ein Moment des Erwachens sein, wenn die Mutter erkennt, dass
die Seele, unser formloses Leben, die eigentliche Kraft ist, die sie durch die
Schwangerschaft getragen hat, und dass sie niemals von der Seele ihres Kindes getrennt
sein wird. - Zwischen Mutter und Kind besteht diese
besondere Verbindung, die es ihnen ermöglicht schon in der Schwangerschaft miteinander
zu sprechen . Es ist eine Sprache ohne Worte,
aus der Tiefe des Seins, die Sprache der Liebe, die direkt Ausfluss unseres Lebens ist Wenn Kinder unruhig sind, weinen, dann sind es
nicht immer die Windeln, oder der Hunger, der sich meldet. Oft sehnt sich das
Kind nur nach Zuwendung, nach Liebe. Wenn sich dann die Augen der Mutter mit den
Augen des Kindes verbinden, dann verschmelzen die Seelen, wie vorher im
Mutterleib, das Kind wird in der Liebe der Mutter geborgen, es wird vom Leben
umfangen, es wird ruhig, es fühlt sich geborgen. Da
sind die Eltern nicht mehr genervt, denn das Kind wird ruhig, es ist das was es
verlangt und das was nur Eltern ihm
geben können, die sich dem neuen Leben öffnen. Mit Kindern leben, ist der höchste Anspruch,
den das Leben an uns stellt und zugleich der tiefste, er geht tief in uns
selbst hinein, er lehrt uns ein neues
Leben, ein Erwachen von uns selbst.
Freitag, 7. Oktober 2022
Herrschaft und Tod des Ego
Wenn ich die Welt der
Egos betrachte, die vielfältigen Formen die das Ego annehmen kann, und wieviel
Leid und Spannung das Ego in das menschliche Leben bringt, wundere ich mich,
das der Mensch sein Ego nicht erkennt
und nicht damit umgehen kann. - Wir haben die Menschen, die ihr Ego an ihrem Äusseren
festmachen, an ihrem Körper, an ihrem Aussehen. Andere machen ihr Ego an ihrem
Beruf, ihrem Ansehen, ihrer gesellschaftlichen Stellung, ihrem Einkommen fest.
Dann treffen wir auf Egomanen, die krankhaften Egos, die Leid und Tod über ihre
Mitmenschen bringen. Am Deutlichsten
wird die Entstehung des Egos an den Kopfmenschen, den brillanten Denkern, Philosophen und
Wissenschaftler, die sich als Krone der Schöpfung sehen. Sie alle glauben an die Signale ihrer
Kopfintelligenz, an ihr Gehirn, als das Zentrum ihres Lebens, aus dem ihre
Bedeutung erwächst. – Dann gibt es aber auch die Menschen, die ihren Körper als
ein Geschenk sehen, für das sie nichts können,
ihren Kopf als eine Gabe der Natur und schliesslich diejenigen, die die wahre
Natur ihrer physischen Eigenschaften einordnen können, als weitgehende Sinnestäuschung. Wenn wir
diesen Punkt erreicht haben und erkennen, dass wir nur eine kleine Regung der
übergeordneten Intelligenz darstellen, ein
Sandkorn in der materiellen Schöpfung, ein Gedankenhauch der allumfassenden
Intelligenz, dann ist plötzlich kein Platz mehr für ein Ego, das Ego stirbt und
macht Raum für unser eigentliches Sein. Der vorher so wichtige Verstand
verliert seine Position und wird ein kleiner Teil unser übergeordneten
Intelligenz, die sich auch in ihm geäussert hat. Wir begreifen plötzlich, das wir Teil von
etwas viel Grösserem sind, von Etwas, das weit über das menschliche Verständnis
hinaus geht. Wenn wir an diesem Punkt
angelangt sind, dann ist unser Ego schon lange tot, denn in der Schöpfung ist
kein Platz für den kleinen, auf sich selbst bezogenen menschlichen Verstand. Etwas
anderes tritt an seine Stelle, das Bewusstsein, Teil der allumfassenden
Intelligenz , Teil der Schöpfung, die Himmel und Erde umfasst. Wenn wir den
Schritt schaffen aus unserer Selbsttäuschung, und eintreten in das Zentrum der Welt, in das umfassende Alles, werden wir uns unserer bescheidenen
Position in der Schöpfung bewusst, wir werden ganz klein und gleichzeitig ganz
gross, weil wir Teil des allumfassenden Alles werden. Für ein Ego ist dort kein
Platz mehr.
Sonntag, 2. Oktober 2022
Ein langes Leben
Wenn man die 80 Jahre überschritten hat, schauen einen
andere Menschen oft mit dem Blick an, -
der Arme, er wird sicher nicht mehr lange zu leben haben. Leider entgeht ihnen
mein freundlicher Gegenblick, - Du Armer, du weisst nichts vom Leben und traust
Dich ein solches Urteil abzugeben? - Es gehört
nicht zum Lehrstoff der Schulen zu
erklären, was Leben ist. Bei Naturwissenschaftlern
wie Schroedinger und Paul Nurse wird das Leben als Biologie der Zelle, das Gen, die Evolution, die Chemie
und die Information erklärt. Ich verstehe alle diese Erklärungen allenfalls als
Äusserungen des Lebens, das Leben selber
erfassen sie nicht. Eine sinnvolle Erklärung - Was das Leben denn nun sei?-
konnte ich bei keinem der Wissenschaftler entdecken. – Für mich stellt sich die Frage,
ob ich ein Leben habe, oder ob ich das Leben bin? - Wenn ich ein Leben habe, dann
bin ich die Person, und das Leben ist etwas was diese Person besitzt, das könnte
das Leben sein, dass meine inneren Organe und meinen Körper am Leben hält, aber niemand weiss, welche geheimnisvolle
Kraft das ist.- Oder verstehe ich das Wort
Leben als historische Betrachtung der Ereignisse, die das Leben eines Menschen bestimmt
haben, wie es bei den runden Geburtstagen geschieht, wenn wir die 80
überschreiten? – Wie aber wenn ich selbst das Leben bin, wenn
das Leben Allem innewohnt, sowohl dem Gegenständlichen
als auch dem Nichtgegenständlichen, jedem Lebewesen und der gesamten Natur, jedem
Stein und jedem Meer, dem All und den
Sternen, und wenn dieser Planet und wir selbst
reines Leben wären? - Wir wissen,
dass alles Gegenständliche eine Sinnestäuschung ist, dass alles was als
Festkörper erscheint, aus Energie und zu fast 100 % aus leerem Raum besteht.
Was der menschliche Verstand erforschen kann, ist der energetische Bereich
unseres Lebens. Der nichtgegenständliche Bereich, der nicht fassbare leere Raum
in uns und um uns, ist für unseren Verstand und unsere Sinne nicht begreifbar,
weil die Leere und das Nichts nicht begriffen werden können. Es ist aber dieser
Bereich der Leere, der alles erfüllt, alles umfasst, vielleicht sogar die übergeordnete Intelligenz enthält, die alles
entstehen lässt. Was wenn das NICHTS das ALLES wäre und das ALLES das NICHTS ist? Ein Paradox,
wie alle grossen Wahrheiten. - Vielleicht wird der Bereich des NICHTS
verständlicher, wenn wir die Stille wahrnehmen, die auch ein NICHTS ist :
alle Töne kommen aus der Stille und kehren in die Stille zurück. Töne
sind Energie, die Stille, die scheinbare
Leere schafft diese Energie und nimmt die Energie zurück, wenn die Töne
verklingen. - Und die Analogie dazu wäre:
Die Leere schafft die Energie des Lebens und nimmt das Leben zurück, sie schafft
Materie und nimmt Materie zurück. - Nichts geht jemals verloren, die
Stille und die Leere sind das Absolute ,
der Bereich der unbeschränkten Möglichkeiten, das Reich des Nichtbegreifbaren, die
Heimat allen Lebens. - Und wie wäre es, wenn Geburt und Tod nur energetische
Vorgänge wären, Wandlungen von Materie, mit der sich das Leben als ewige
schaffende Intelligenz für eine beschränkte Zeit verbindet und der Materie seine Intelligenz einhaucht? - Energie wandelt ihre Struktur, bleibt aber immer erhalten,
und Raum als die ewige übergeordnete
Intelligenz in uns, bleibt immer mit dem
ewigen Raum um uns verbunden. So gibt es Nichts, was jemals
vergeht, weder Leben noch Materie, alles
ändert nur seine Struktur und seine Inhalte. – Der Tod wird dann nur zur Wandlung, die Leere als das Ewige bleibt, die in uns
gebundene Energie sucht neue Horizonte – alles eine Schwingung des Lebens. Wir nennen das, was nicht benannt werden kann: Ewiges Leben. – Goethe hat vor seinem Tod
gesagt: Ich bin gespannt, was jetzt
kommt. – Ich hoffe in Kürze mehr zu wissen.
Samstag, 24. September 2022
Mein bester Freund
Schon früh in meinem Leben lernte ich meinen besten Freund
kennen. Eigentlich war es ein Fuchs, der uns bekannt machte. Da las ich, dass
der Fuchs den «Kleinen Prinzen» das
Sehen mit dem Herzen lehrte und erkannte, dass unser Herz unser bester
Freund ist. Das Herz spricht zu uns, ist immer für uns da, wir hören mit dem Herzen, wir sehen mit dem Herzen, wir
fühlen und lieben mit dem Herzen. Es ist auch das Herz, das uns mit unserer Seele verbindet, mit dem Leben, das uns erfüllt, mit dem Teil unseres Wesens, den unser
Verstand nicht verstehen kann. - Viele Menschen gehen durch ihr Leben und sehen
in ihren Herzen nur ein Organ, das einen physischen Dienst zu erfüllen hat. Bei
ihnen verkümmert das Herz, leidet und friert, oft wird es zu einem Eisblock. Es
sind die Menschen mit toten Herzen, die das Leben nicht wahrnehmen, denen das
Leben ihrer Mitmenschen nichts bedeutet, die diesen Planeten fast unbewohnbar
gemacht haben. - Wer aber ständig mit seinem Herzen in Berührung ist, mit ihm
spricht, es bewusst wahrnimmt, sieht die
Welt mit anderen Augen. Er hat einen
Freund an seiner Seite, der ihn nie verlässt, immer für ihn da ist. Das Herz ist auch der Wegweiser zu unserem
tieferen Sein, wenn wir, auf unserem Weg durch die Zeit, nach der Tür zu unserem eigentlichen Ich suchen,
- es ist das Herz, das diese Tür öffnen kann. Was für ein wunderbares Geschenk
haben wir mit unserem Herzen erhalten, wir haben einen Freund für unser Leben. -
Und so gehe ich durch die Zeit, schaue
mit meinem Herzen auf die Menschen, die mich begleiten, meine Familie, meine
Freunde, und mein Herz lässt mich tief schauen, denn ich sehe die Welt mit den
Augen meines Herzens, es ist eine andere Welt als die Welt der Sinne, die Welt
des Verstandes. Wenn du einen echten
Freund für dein Leben brauchst, musst du nur in dich hineinschauen, der Freund,
den Du dort findest, wird immer für Dich da sein.
Sonntag, 18. September 2022
Mit Kindern beten
Eine der stärksten Erinnerungen meiner Kindheit ist immer
noch das abendliche Gebet mit meiner Mutter. Vielleicht verstand ich nicht viel
von den Worten, die ich sprach, aber immer breitete sich ein tiefer Frieden in
mir aus und am Ende des Gebetes schlief ich ein. Ich wusste, ich war geborgen
in der Liebe meiner Mutter und in der Liebe dessen an den sich mein Gebet
richtete. Wenn ich heute bei meinen Enkeln bin und die Mutter ihre Kinder ins
Bett legt und mit ihnen betet, weiss ich, was in den kleinen Herzen vor sich
geht. – Kinder begreifen noch, dass sie
nicht nur in der Liebe ihrer Eltern geborgen sind, sie haben noch dieses
Wissen, dass sie auch Teil eines höheren Wesens sind, dass sie liebt, so wie
die Eltern sie lieben. Es ist ein tiefes
Wissen, das uns bleibt, auch wenn wir auf unserem Weg durch die Zeit das
Elternhaus verlassen, auch wenn wir vergessen, woher wir kommen und wohin wir
gehen, es kommen die Momente, an denen wir uns erinnern, an dieses Gefühl der
Geborgenheit und des Einsseins, und an denen wir vielleicht die Kinderworte in
unserem Herzen bewegen, die plötzlich wieder da sind. - Gute Gebete sind nicht Worte, sind nicht Bitten, um Etwas, es sind das Gefühl, mit unserem tiefsten Sein
in Verbindung zu stehen, es ist das nach
innen schauen, das Eins werden mit unserem Leben, es ist die Zwiesprache mit
unserer Seele. - Wenn wir im Gebet
unseren inneren Raum betreten, dann begreifen wir, dass nichts was aussen ist, uns
je nehmen kann was innen ist. Wir treten in das Haus des Friedens, in dem sich
Welt und Ewigkeit vereinen. Wenn Meister
Eckhart vom Gebet sagte, das Wichtigste am Beten sei das Danken, dann meinte er
das Danken für das Wissen, dass sich in uns das Göttliche verwirklicht hat. Wenn
wir mit Kindern beten, dann erinnern wir uns an dieses tiefe Wissen. Es sind
nicht die Worte, die uns bewegen, es ist die Erinnerung an ein lange vergessenes Land.
Mittwoch, 14. September 2022
Der Verlust der Mitte
In einem Gedicht «Wer je die Flamme umschritt» beschreibt
Stefan George das Gesetz der Mitte, solange wir die Flamme des Lebens sehen
können, entfernen wir uns nie zu weit vom Leben. Leider ist in den westlichen
Zivilisationen weitgehend der Verlust der Mitte eingetreten, wir haben uns dem
fremden Schimmer unserer Gedanken anvertraut und die Verbindung zu unserem eigentlichen Sein, unserem Leben verloren.
Wir streben nach Wissen, nach Besitz, nach Macht und Position und vergessen was
uns eigentlich ausmacht, unser Leben.
Solange wir Geschichtsschreibung haben, ist es immer das Gleiche
geblieben, wir sorgen uns um Güter, um das Morgen, und vergessen darüber unser
eigentliches Leben, unser Jetzt, wir
verlieren unsere Mitte, wir sehen nicht mehr die Flamme in uns, die uns leitet, unser Blick ist nach
aussen gerichtet, auf die Welt, und wir vergessen, dass viel wichtiger unser
Innen ist, unser Sein, unser Leben, unsere Schöpfernatur. Unsere heutige Welt
hat weitgehend die Verbindung zu ihrem Inneren verloren, und mit dem Verlust dieser
Verbindung vergessen wir langsam, wer wir wirklich sind. Wir treiben in die Welt hinaus, wir begreifen
die Welt nicht mehr als einen Teil der Schöpfung, als ein Teil von uns selbst,
sondern als eine Sache, als ein Ding, das wir nur noch benutzen . Wir schneiden
uns ab von unseren Wurzeln, die uns nähren, wir sind die verdorrte Traube am
Weinstock, der uns keine Nahrung mehr zuführt. Die Welt, die uns heute Sorgen macht, mit
ihrer Verschmutzung, mit ihrem Klimawandel, ist nur ein Spiegelbild von uns
selbst, eine vertrocknete Innenlandschaft, fast mehr ohne Leben. So sieht es in
der Mehrheit der Menschheit aus, sie
sehen die Flamme in ihrem Inneren nicht mehr, sie sind tot , bevor sie
gestorben sind, und so sehen sie auch
die Welt als etwas Totes, zu dem keine Verbindung mehr besteht, wie innen, so
aussen. – Wen kann es verwundern, dass die Rettung des Planeten kaum gelingen
kann, weil wir uns selbst nicht mehr retten können, weil wir den Blick für unsere innere Welt verloren
haben, sie vergessen haben und wie gespannt auf eine Welt blicken, die uns nur
ein totes Wesen ist, das wir nicht mehr
als den Weinstock wahrhaben wollen, der uns ernährt. So wie die Mehrheit der Menschheit den Blick nach
innen verloren hat, das Licht des Lebens
nicht mehr wahrnimmt, das in uns brennt, sieht sie auch die Welt mit toten
Augen und sieht nicht, das Leben und die Tiefe und die Gesamtheit und
Vollendung der Schöpfung, den lebenden Organismus, der sie umgibt, schützt,
ernährt und trägt. Wenn wir die Welt und unser Leben wirklich
retten wollen, müssen wir bei uns selbst beginnen, jeden Tag der Flamme in uns
neue Nahrung geben, uns als Teil eines einzigen grossen Organismus begreifen,
der ernährt werden will, ernährt durch
jeden einzelnen von uns, der sich wieder als Teil des Lebens begreift, das
alles erfüllt. Wir müssen bei uns selbst
beginnen, jeden Tag in unser Innerstes
blicken, in unsere Mitte, in die Flamme unseres Lebens, und das Feuer des Lebens in alles tragen, das mit
uns in Berührung kommt. Die Rettung der Welt kann gelingen, wenn jeder seine eigene Mitte wieder findet und dazu
beiträgt, die Welt als das zu sehen, was sie ist, ein grosser Gesamtorganismus,
deren Teil wir sind.
Sonntag, 11. September 2022
Reicht ein gesunder Menschenverstand?
Es ist in der Religion wie in der Politik. Überall sind wir von Verwaltern umgeben, von Mittelmässigkeit und Ignoranz. Anscheinend reicht ein Psychologie-, Soziologie-oder Politikstudium, um für höhere Aufgaben geeignet zu sein. Ein Theologiestudium um Pfarrer zu werden und höhere Einsichten zu verkünden. - Persönlichkeit, Erfahrung und Charisma sind wenig gefragt und scheinen eher hinderlich zu sein, die Anderen könnten ja befürchten, die eigene Mittelmässigkeit könnte auffallen. Ängstlich wird auf Aktivisten, auf immer verrücktere Trends geschielt, bloss nichts Falsches sagen, das könnte ja einen Shitstorm auslösen. Die grüne Selbstgefälligkeit ist an ihre Grenzen gelangt, selbst eine Physikerin, die Einiges über Energie wissen sollte, trifft Entscheidungen, die ihr Land energiewirtschaftlich in das letzte Jahrhundert zurückwerfen. Vielleicht glauben ja sogar die Verantwortlichen, sie hätten einen gesunden Menschenverstand und träfen ihre Entscheidungen nach bestem Wissen und Gewissen. Sieht man aber die Ergebnisse der politischen Entscheidungen, dann muss man am Wissen der Entscheidungsträger zweifeln, am Gewissen erst recht, wenn es nur um den Erhalt der eigenen Position geht. – Von einem gesunden Menschenverstand müssen wir erwarten können, dass er sich seiner Gedanken und seiner Gefühle bewusst ist. Schon diesen Satz versteht die Mehrheit der Entscheidungsträger nicht. Wie soll der Verstand sich seiner bewusst werden, welche Instanz soll meine Gefühle deuten? Und wie soll jemand, der diesen Text liest verstehen, was er bedeutet, wenn er selbst nicht bei Bewusstsein ist? Die Mehrheit unserer Mitmenschen glaubt, sie hätten einen klaren Verstand und ist sich nicht bewusst, dass der Verstand nur der kleinste Teil einer uns innewohnenden höheren Intelligenz ist. Nur wenn es gelingt, unsere Gedanken und Gefühle von unserer höheren Intelligenzwarte aus zu betrachten, werden sie Teil des kosmischen Gedankengutes und gut geheissen oder verworfen. Glaubt jemand ernsthaft, dass wir viele Wissenschaftler und Politiker haben, die sich bewusst neben ihre Gedanken und Gefühle stellen können und sich fragen, ob ihr Wissen und ihre Entscheidungen einer höheren Instanz standhalten können? - Ich habe einige Menschen in meinem Leben gekannt, die sich der höheren Intelligenz in sich bewusst waren, es waren aber nur einige Wenige. Es waren die Menschen, die sich in Frage stellten oder die, wie Sokrates es ausdrückte: Die wussten, dass sie Nichts wussten. - Von einem gesunden Menschenverstand muss ich erwarten, dass er in der Lage ist, sich neben seine Gedanken und Gefühle zu stellen und sie von dort aus zu betrachten. – Wer aber kann das schon?
Sonntag, 4. September 2022
Die Verortung des Himmels
In der Mythologie wird der Himmel in der Unterwelt, im Reich
der Toten vermutet. Der Fährmann Charon schifft die toten Seelen über den Fluss Styxx.
Bei Dante betreten wir die Kreise der Hölle. In den christlichen Mythen wird
der Himmel in Wolken mit Cherubinen dargestellt. Und der Wächter des
Himmeltores ist Petrus. In Brasilien trägt die afrikanische Gottheit Iansà, die
Göttin der Winde, die toten Seelen davon. -In den monotheistischen Religionen werden
dem Paradies irdische Dimensionen zugeschrieben, von Gärten und Früchten, Mann
und Frau. – Das Christentum hat dabei vergessen,
dass bereits Jesus den Himmel (Paradies) mitten unter den Menschen gesehen hat,
nicht an einem fernen Ort und nicht erst
nach dem Tod des Menschen, sondern mitten unter uns, an jedem Ort, in jedem Lebewesen, in jedem Ding. Im Buddhismus
ist die Vorstellung vom Nirwana , der Vorstellung vom Himmel mitten unter uns, sehr
nahe. – Durch Meditation wird die Dualität aufgehoben,
es ist die Rückkehr in den Zustand der
Vollkommenheit, in dem Gut und Böse nicht mehr existieren und eine Wandlung des Menschen, nicht durch den Tod, sondern als Teil des Lebens eintritt, - wir erschaffen
durch unsere Wandlung eine neue Welt, den Himmel mitten unter uns und kehren zurück in die Einheit, in das Vaterhaus,
in uns selbst. Durch unsere eigene Wandlung
erscheint die gesamte Schöpfung wieder in
ihrem paradiesischem Zustand, einem
Zustand, in dem es kein Gut und Böse gibt, wir finden zurück in den HIMMEL. - Alle
Tiere, alle Pflanzen, der Planet Erde der gesamte Kosmos, befinden sich in einem paradiesischen
Zustand, in dem nicht zwischen Gut und Böse unterschieden wird. Nur dem Menschen ist es vorbehalten, in diesem Himmel eine Hölle zu schaffen – und
diese Hölle ist, wie der Himmel, mitten unter uns Menschen. - Wenn wir den Himmel wieder finden wollen,
müssen wir verstehen, was die Hölle ist. Die Hölle ist menschengeschaffen, es ist der Mensch in seinem Glauben an seinen
Verstand und sein Wissen, der die Welt
in eine Hölle oder einen Himmel verwandeln kann. - Jedes
menschliche Lebewesen kommt aus der Einheit und wird sich seines Verstandes
bewusst. Erst aus dem Verstand erwächst die
Zweiheit, die Dualität, der Zweifel.
Jeder Einzelne geht auf seinem Weg durch das Leben durch den Zweifel und
sehnt sich zurück in die Einheit. Das Danaergeschenk
an das Leben des Menschen ist sein Verstand und mit ihm der Zweifel, ob es denn
eine Einheit gäbe. Es ist der Zweifel,
der dem Menschen den Zutritt zum Himmel verwehrt, zum Leben in der Einheit mit
dem Göttlichen. -Es ist dieser Zweifel, der in den mystischen Figuren der Religionen Gestalt annimmt und den Zutritt zur anderen Welt verwehrt, den
Zugang zum Paradies, das nicht jenseits von uns liegt, sondern in jedem Einzelnen
von uns Menschen, und dessen Eingang von
Zerberus, unserem Verstand, verstellt wird. Wenn ich das Paradies zu verorten
habe, dann muss ich die grösste Hürde, meinen Verstand überwinden, um den
Eingang zu mir selbst und zu meinem
Himmel zu finden, der mitten in mir selbst liegt.
Sonntag, 28. August 2022
Bilanztage - am Ufer des Araguaia
Für mich sind Bilanzen, wenn sie mich selbst betreffen, mehr als blosse Zahlen. Gestern erhielt ich die Zahlen des vergangenen Jahres für unseren Betrieb an einem der schönsten Flecken der Erde. Vor mir lag plötzlich die Geschichte der letzten 20 Jahre. Die langen Jahre des Aufbaus, die Menschen die mich begleiteten, die Enttäuschungen und Widerstände mit denen ich leben musste. Aber ich sah immer den gewaltigen Fluss an meiner Seite, der dort seit Millionen von Jahren durch Felsen und Katarakte schäumte, unbeeindruckt von allen Widerständen. Für mich sind die Bilanzen mehr als Zahlen, sie erzählen Geschichten, sie legen Zeugnis ab vom Leben, von Menschen, die in mein Leben traten und wieder gingen, von Menschen, die halfen und Menschen, die Schaden mit sich brachten. Und die Kraft, die alles bewegt und alles zusammenhält, ist man selbst, zusammen mit den Menschen, die ihre Lebenskraft mit einbrachten. Und wie der grosse Fluss an meiner Seite, bin ich unbeeindruckt von allen Widerständen, meinem Ziel entgegengegangen, um meinen Teil der Geschichte dieses Ortes zu erfüllen. - Die Bilanz vor mir erzählt den Anfang, als wir begannen, sie erzählt von den Widerständen, die unsere Entwicklung zurückwarfen und wie wir unbeirrt unseren Weg gingen. Sie erzählt von den Menschen, die diesen Weg mitgingen oder die dem Fluss des Lebens Widerstand geleistet haben. Sie berichtet aber auch, wie wir heute in ruhigere Wasser gelangt sind und die Früchte unseres Tuns vor uns liegen. Als der Philosophenkaiser davon sprach – Sein Schicksal zu erfüllen - da ging es darum, zu begreifen, dass wir unser Schicksal annehmen müssen, in welcher Form es auch immer auf uns zukommt. -Mir hat das Schicksal wunderbare Jahre an diesem legendenreichen Fluss gegeben und ich habe begriffen, warum so viele andere Schicksale mit meinem verbunden waren. Wunderbar, was eine Bilanz so alles erzählen kann.
Donnerstag, 25. August 2022
Rollenspiele
Ich erinnere mich, dass ich einmal besorgt war, weil eines
meiner Kinder mit Freunden Rollenspiele
veranstaltete. Es erinnerte mich an Theaterspielen, die eingenommene Rolle
beschäftigte stark ihre Phantasie, und ich befürchtete, dass diese
Phantasiegestalten von einem noch nicht
stark ausgebildeten Verstand vielleicht
als falsche Realitäten wahrgenommen werden könnten. – Ich beruhigte mich bei
näherem Nachdenken, dass es vielleicht eine Imitation der Erwachsenen sein
könnte, die doch auch nichts anderes taten, als Rollen zu spielen. Wohin ich
auch schaute, Erwachsene die sich mit einer Rolle identifizierten, die sie nur dem Namen nach, aber nur in den seltensten
Fällen in der Realität auch waren.- Der gute Ehemann, die brave Hausfrau, der
allwissende Arzt, der moralische Pfarrer, der rechtsprechende Richter, der
kluge Advokat, - alle meistens nur Rollenspieler. Vielleicht hatten die Kinder
das erkannt und spielten in ihrer Zauberwelt die Rollen der Erwachsenen als
Märchengestalten nach. -Heute sehen wir
in den Social Media eine ähnliche Entwicklung,
Jugendliche die als glückliche, schöne Menschen wahrgenommen werden wollen,
aber es in den seltensten Fällen sind. Und andere Jugendliche, die ständig an
ihrem Handy hängen und diese Selbstdarsteller idealisieren. Trugbilder als
Ideale. Denjenigen, denen es am Besten gelingt sich als glücklich und schön darzustellen,
erhalten von der Werbeindustrie Aufträge und verdienen schon in jungen Jahren
gutes Geld. Eine Scheinwelt wird als
reale Welt von ihren Followern wahrgenommen und idealisiert, eine Welt, die keine negative Seite zu kennen
scheint. Was aber, wenn die
Protagonisten in dieser Scheinwelt
scheitern, weil die Wirklichkeit eine andere ist? Und was, wenn im späteren Leben die
Rollenspiele der Erwachsenen an ihre Grenzen gelangen und die Rollen als die
Aufführung schlechter Schauspieler entlarvt werden? - Wie
können Jugendliche, die schon so früh an falsche Selbstdarstellungen herangeführt
werden, zu selbständig denkenden, selbstkritischen Menschen werden? Die Wahrscheinlichkeit ist grösser, dass aus
ihnen Zombies werden, die sich nicht
mehr aus den Fängen der Werbeindustrie befreien können. Für mich gilt, wo immer ich auf Rollenspiele
stosse, - ich senke meinen Daumen.
Sonntag, 21. August 2022
Im Fluss des Lebens - und was wir vergessen haben
Dem Fluss des Lebens können wir uns nicht entziehen. Von der
Geburt an sind wir in eine Lebenssituation hineingeboren, in eine Familie, ein Land, eine
politische Situation. Wir schwimmen mit der Strömung, und unsere Kräfte reichen
nicht, gegen die Strömung zu schwimmen. Was wir ändern können, sind unsere
Lebensumstände, das was sich durch
Intelligenz, Anstrengung, Ausbildung und Energie ändern lässt. Man könnte dies
die dynamische Dimension unseres Lebens nennen, das was wir beeinflussen
können. Was aber die Meisten von uns vergessen, ist
die Dimension der Tiefe, das was sich
nicht bewegt, und doch ein Teil des Lebensflusses ist, das was von der
Oberfläche des Wassers nicht sichtbar und doch da ist , und ohne das es den Lebensfluss
nicht gäbe. Es ist die statische Dimension unseres Lebens, das was uns ausmacht, unsichtbar und doch da, für die Sinne nicht
erfassbar und doch Ursprung aller Sinne und allen Denkens, Ursprung unseres
Lebens. Wenn wir uns an diese Dimension der Tiefe, in uns erinnern, sind wir direkt mit der Kraft des Lebens
verbunden, aus der Alles fliesst, und doch in uns ruht, unveränderlich und
unergründlich. Wem es gelingt seine eigene Dimension der Tiefe zu entdecken, der
gewinnt Zugang zu den Kräften des Lebens, und sein Weg wird anders verlaufen, als
wenn er nur an der Oberfläche geblieben wäre. Es ist der Zugang zu uns Selbst, den ein Einstein,
Beethoven und Goethe wahrscheinlich gefunden haben, der Weg aus dem Zweifel,
aus der Verzweiflung, zurück in die Einheit,
in die Einheit von Tiefe und
Oberfläche, von Raum und Energie, von Leere und Materie, von Dualität in Unität.
Das Einzige was es dazu braucht ist das
Erinnern, an das was wir vergessen haben, unsere Dimension der Tiefe.
Mittwoch, 17. August 2022
Wenn ein Physiker heiratet
Die meisten Menschen besinnen sich bei einer Hochzeit auf
alte kirchliche Bräuche zurück, selbst wenn sie den Kirchen bereits entglitten
sind. Oft ist es nur der äussere Rahmen, der den Menschen etwas bedeutet, oft
auch der Wunsch der Ehe einen tieferen Sinn zu geben. Bei Physikern gelten noch
andere Gesetze, aus der tieferen Einsicht in die Funktionen des Kosmos. .- Mit den modernen Naturwissenschaften,
entdeckten die Physiker, dass der Mensch im Wesentlichen aus leerem Raum besteht und nur zu einem sehr
kleinen Teil aus Materie und begaben
sich auf der Suche, welche Eigenschaften der leere
Raum wohl enthalten könnten. - So wäre es nicht verwunderlich, wenn ein
Physiker sich fragt, was geschieht, wenn sich zwei Menschen, also zwei leere
Räume verbinden? - Derjenige der glaubt,
der leere Raum enthalte nichts als
Leere, kommt zu dem Schluss, eine Verbindung von zwei leeren Räumen könne nicht
stattfinden. Für ihn findet eine Verbindung nur auf der Ebene der Materie, der
Polarität statt, zwei unterschiedliche
Pole werden voneinander angezogen. Er
denkt wie der überwiegender Teil der Menschheit und begreift die Verbindung von
Mann und Frau nur auf der materiellen Ebene. - Wer aber den Raum der Leere als das allumfassende
Potential begreift, als die
übergeordnete Intelligenz, die Allem
innewohnt, der ist in eine andere
Dimension gewechselt, er hat zu seiner eigentlichen
geistigen Identität gefunden. Er erkennt
in der Leere das Eigentliche, das ihn ausmacht, das
Leben selbst, die Kraft, in der sich alle Polarität der Welt aufhebt .- Ein Bild, um dies zu veranschaulichen: Wir stehen vor einem See, was wir sehen ist
die Oberfläche und wir sind die Welle, die sich im Wind des Schicksals bewegt.
Aber unter der Welle, die geheimnisvolle Tiefe der Wasser, unbewegt und ewig, und die Welle ohne die Tiefe der Wasser nicht
denkbar. - Der leere Raum ist vergleichbar mit der Tiefe des Wassers,
ohne die Dimension der Tiefe ist die
Welle nicht zu verstehen, ohne die Dimension der Leere ist das Menschsein
unbegreifbar. - Es ist das was die
Schöpfung von Anbeginn der Menschheit
anstrebt, das Erwachen des Menschen, ein neues Sehen, das Begreifen der
Dimension der Tiefe, das Erfassen der Leere als die eigentliche Kraft aus der
wir entstehen und in die wir auf unserem Weg durch die Zeit zurückkehren. – Wenn zwei Menschen sich für einen gemeinsamen Weg verbinden, dann wird für wenige Momente die Dualität des Menschseins aufgehoben. Wenn sie auch die Dimension der Tiefe in ihrem
Leben erkennen, dann werden sie zur
Einheit, dann kommt es zu einer Fusion
der Seelen, dann entsteht neues Leben. Es ist der heiligste Moment im Leben
eines Menschen, das Erwachen und das Erkennen der Fülle des Seins in sich und im Anderen, die Leere als die allumfassende
Fülle, als die tiefste Wahrheit unseres Lebens. Wer könnte dies besser verstehen als ein Physiker?